Lincoln
Dicke Wolken verhangen den ansonsten strahlenden Lapislazuli blauen Himmel. Ließen diesen Oktobertag trist und grau wirken. Versetzten einen in die Stimmung des bevorstehenden Novembers. Dieses Wetter, schien der Bote dessen zu sein.
Micahs Anruf hatte mich überrascht. Ich hatte nicht mehr mit ihm gesprochen seit ich den Vertrag unterschrieben hatte und wir unser Verhältnis beendet hatte. Nach wie vor, hatte ich das gesamte Gefühlschaos nicht verarbeitet und ich schätze ich hatte es nur Mathias zu verdanken, dass ich ganz gut zurechtkam. Auch wenn ich tief im Inneren wusste, dass ich mich nur selbst belog. Micahs Worte hatten mich knallhart getroffen. Er hatte seine Faust in meine Brust gerammt, mein Herz gepackt und es herausgerissen. Ich hatte mit dem Feuer gespielt und mich verbrannt. Naiv. Dumm.Ich saß auf einer Parkbank als Micah mich anrief. Einen warmen Kaffee Latté in meinen Händen um meine kalten Fingerspitzen zu wärmen. Für Oktober, war es schon verflucht kühl.
„Okay. Ich bin gleich da ..."
Die Worte, sprudelten aus mir heraus ohne dass ich große darüber nachdachte. Wie automatisiert trugen meine Beine mich zum Hauptgebäude von CP Publishing. Wie in Trance, betrat ich die Lobby und fuhr mit dem Fahrstuhl hoch in Micahs Büro, wo ich mit zitternden Fingern seine Türe öffnete und hinter mir schloss. Den Latté hatte ich bei der Parkbank stehen lassen.
Sein Gesicht war in seinen Händen vergraben. Die ansonsten gepflegten Haare zerzaust, der Bart ungepflegt und überragte beinah seine Oberlippe. Ob ihn das nicht störte? Als hätte er mein Starren bemerkt, blickte er auf und betrachtete mich aus seinen von Augenringen gezierten müden blauen Augen.
„Du siehst mitgenommen aus", sagte ich kalt. Nur keine Emotionen zeigen. Wobei ich nicht wusste, ob ich ihm gegenüber noch etwas empfand. Es war alles verwirrend. Ich mochte Mathias. Sehr. Doch irgendwie wollte sich das prickeln, welches ich stets in Micahs Nähe hatte, einfach nicht einstellen.
„Was ist los?", fragte ich als er nicht reagierte. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und ging auf ihn zu. Stellte mich ihm gegenüber und versuchte mich nicht von meinen Gefühlen beherrschen zu lassen.
„Ich habe Mist gebaut. Lin" Seine Stimme war so zerbrechlich. Hatte nichts von dem dominanten selbstsicheren arroganten Arschloch das ich auf Tinder kennengelernt hatte, an sich.
„Was du nicht sagst", sagte ich mit sarkastischem Unterton und seufzte schwer. Micah hob seinen Kopf und blickte mir direkt in die Augen.
Da war es. Das Prickeln.
Da war es. Das Verlangen.
Da war sie, die Hitze die Augenblicklich in mir emporstieg.
Seine dunkelbraunen Haare hingen ihm Strähnchen weise ins Gesicht, der ungepflegte Bart umrahmte seinen strengen markanten Kiefer als wäre es ein Gemälde. Überwucherte es wie Moos und trotzdem hatte sein abgedroschenes Aussehen etwas. Als wäre er ein desertierter Rotrock vergangener Tage, der zu den Piraten übergelaufen war. Seine starken Schultern hingen schlaff herab, schienen unter der Last, die er zu tragen hatte, zerdrückt zu werden. Ich wollte nichts lieber als ihn hochzuziehen und fest an mich zu drücken. Seinen Schmerz zu nehmen, trotz all der Wut, die ich ihm gegenüber empfand. Wut, die sich auch gegen mich selbst richtete. Weil ich mich auf ein Spiel mit dem Feuer eingelassen und verbrannt hatte. Wut, weil ich es eigentlich besser wusste und mich von meinem Schmerz und meiner Einsamkeit leiten ließ.
Nun stand ich da. Ihm gegenüber. Dem Mann, der mich Dinge empfinden ließ, die ich nicht für möglich gehalten haben. Der mir eine Chance als Autorin gegeben hat denn letztlich, lag die Entscheidung bei ihm. Es juckte mir in den Fingern ihn zu berühren. Ihm zu sagen, dass alles wieder gut werden würde, was auch immer ihn so sehr mitnahm. Dass wir das schon hinkriegen würden. Aber es gab kein wir. Es hatte nie eines gegeben. Letztlich waren wir einfach nur ein One night stand gewesen der in eine kurze Affäre ausgeartet war.
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Eden - Craving Love
Storie d'amoreOft passieren einem im Leben die besten Dinge, wenn man noch nie dagewesene Entscheidungen trifft. Das zumindest hat mir mal einer meiner Professoren erzählt. "Wenn du nie ein Risiko ein gehst, wirst du als Person nie wachsen Lincoln. Du wirst nie d...