Kapitel 1

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Lincoln

Ich wurde jäh aus meinen Gedanken gerissen als eine dicke Mappe vor mich auf den Tisch geknallt wurde und mich aus meinem Tagtraum aufweckte.

„Wieder nur am Träumen, was Fräulein Maddox?", ich blickte in die dunkelgrauen Augen meines Dozenten, welcher mit strengem Blick auf mich herabblickte und ungeduldig mit seinem Zeigefinger auf meinem Tisch tippte.

„Tut mir leid, ich war nur in Gedanken", sagte ich und blickte ihm in die Augen. Versuchte mich nicht unter ihnen wegzuducken und mein Kinn weiterhin erhoben zu halten. Nur kein Zeichen von Schwäche zeigen, oder, dass er mich einschüchterte. Mein Dozent stützte sich an meinem Tisch ab, rückte seine Brille zurecht, während mir der starke Geruch seines After Shaves in die Nase stieg. Hugo Boss, kein Zweifel. Der Geruch war unverwechselbar.

„Vielleicht wollen Sie diese Gedanken mit uns mitteilen?", er hob vielsagend seine Augenbraue nach oben, stieß sich ab und deutete in die Runde. Meine Augen klebten an dem Schwarzen Hemd, welches er sorgfältig in die schwarze Jeans gesteckt hatte und die Muskeln, die darunter spielten, während er sich bewegte. Ein kurzer Blick in die Runde meinerseits, bestätigte meinen Gedanken, dass die anderen Studentinnen genauso am Gaffen waren und einige von ihnen, warfen mir einen schnippischen Blick zu.

„Nun ... ich ..."

„Ja Miss Maddox?", die Worte kamen süß wie Honig aus seinem Mund. Seine Mimik, blieb ruhig, aber bestimmt.

„Ich habe nur an etwaige Serienmörder gedacht. Über ihre Motive, ihre Hintergrundgeschichte und warum sie zu dem geworden sind der sie sind. Ich finde es einfach faszinierend, wie fehlende Liebe einen Menschen so psychisch beeinträchtigen kann, dass er willentlich andere Menschen abschlachtet und sich auch sichtlich daran aufgeilt. Oder was Pädophile an Kindern finden und wie auffällig ähnlich sich das Männliche Geschlecht gemeinhin ist. Wollen nicht alle Männer eine Frau die klein ist, wenig bis gar keine Behaarung besitzt – abgesehen vom Kopf natürlich – schlank ist ohne auch nur einen Fett Gramm an ihrem Körper, großer Arsch, große Titten, kindliches Verhalten ..."

„Okay das reicht Miss Maddox", sagte mein Dozent, wandte sich ab und ging mit großen Schritten zurück zu seinem Rednerpult.

„Maddox hat gerade einige interessante Gedanken geäußert ... würdet ihr, ihr zustimmen?", fragte er nun in die Runde. Einer nach dem anderen nickte oder hob die Hand.

„Schon ja", sagte Luca. Eine weiter Studentin. Nicht lange und weitere erhoben zustimmend ihre Stimmen. Unser Dozent, begann zu lächeln, ehe er auf seine Uhr blickte und in die Hände klatschte. Ein schwer seufzender Laut verließ seine Kehle und seine Schultern sackten ein wenig zusammen, als er in die Hände klatschte.

„Also gut Leute, wir werden bei der nächsten Vorlesung diese Gedanken wieder aufnehmen und darüber weiter diskutieren. Ich wünsche euch noch einen schönen Nachmittag und passt auf euch auf"

Schwer aufseufzend packte ich meine sieben Sachen, suchte meine FFP2 Maske und verließ den Hörsaal. Draußen auf dem Campus atmete ich erstmal erleichtert die frische Luft ein und steckte die Maske in meine Jackentasche. Wie lange begleitete Corona uns bereits? Ich hatte keine Ahnung und aufgehört zu zählen. Mir ging das ganze Getue viel zu sehr auf den Sack, aber wenigstens, war es jetzt wieder möglich sich beinah frei und ohne Einschränkungen zu bewegen. Fragte sich nur für wie lange noch.

Für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen und genoss, wie der Wind durch meine kurzen Haare wehte und mir die Kleidung an den Körper presste. Hier und da konnte man das Laub hören, wie es in der Luft mitgetragen wurde und der Campus war erfüllt vom Gelächter der Studenten und den Diskussionen von einigen Dozenten.

„Nicht erschrecken", ich zuckte zusammen als sich einfach ein paar Hände vor meine Augen legte und ich den Atem der bekannten Stimme an meinem Ohr spürte, was mir sofort einen Schauer durch den Körper jagte.

„Scheiße Micah!", fluchte ich und drehte mich um. Blickte dem Größeren in seine dunklen stahlblauen Augen, die mich hungrig ansahen.

„Du hast mich erschreckt"

„Und du nicht auf meine Nachrichten geantwortet, geschweige denn deine Aufgabe erfüllt"

Scheiße.

Ich begann auf meiner Unterlippe herumzukauen und seinem Blick auszuweichen.

„Ich hatte viel zu tun"

„Ich kenne deinen Stundenplan Lincoln", sagte er lachend. Ich tat einen Schritt zurück. Umklammerte unsicher den Henkel meiner Tasche.

Micah und ich kannten uns nicht lange. Erst ein paar Wochen und ich wusste noch immer nicht was mich geritten hatte, mich auf ihn und diesen einen Abend einzulassen. Ich war auf der Suche nach einer Beziehung. Er nur nach jemandem zum Ficken. Zum Dampf ablassen. Aber irgendwas an ihm, zog mich an. Vielleicht war es seine bestimmte, dominante Art die einen Teil von mir triggerte, den ich bis dato unterdrückte und ignoriert hatte. Denn, wenn ich zu 100 Prozent ehrlich zu mir war, dann würde ich mir eingestehen, dass ich vor diesem Teil bloß davonlief wie ein Reh vor einem Rudel Wölfe.

Und genauso fühlte ich mich, wenn ich bei Micah war. Wie ein Reh, welches vor einem ausgehungerten Wolf steht, umzingelt von Dickicht und Felsen, ohne einen Ausweg außer sich dem Wolf zu stellen und sich ihm hinzugeben, wissend, dass es des Rehs Untergang bedeuten würde.

„Lass uns einen Kaffee trinken. Ich will noch ein paar Dinge mit dir besprechen" ich nickte nur. Ließ mich von ihm zu seinem Auto bringen, in welches ich sogleich einstieg.

Die ganze Fahrt über blickte ich nicht einmal zu ihm. Ich wusste, dass er gut aussah. Verdammt gut sogar mit seinen mittellangen dunkelbraunen beinah schwarz aussehenden Haaren, welche er nach hinten gekämmt hatte und dennoch fielen einige Strähnen widerspenstig in sein Gesicht. Und den stahlblauen dunklen Augen die mich immer wieder interessiert von oben bis unten musterten.

Was Micah an mir fand konnte ich nicht sagen. Anders als ich, sah er gut aus und konnte jede haben die er wollte. Das war so sicher wie die Sonne, die am Morgen aufging.

Anders als ich ... Ich warnormal. Durchschnitt. Nicht sonderlich hübsch, okay ich fand mich totalhässlich und unattraktiv, nicht gertenschlank, aber auch nicht dick. Was konntejemand wie Micah schon an einer 1,69 großen Frau mit kurzen braunen Haaren,braunen Augen und 77kg schon finden? Es gab tausende, die hübscher und besserwaren als ich. Als Kind, hatte man mir das oft genug klar gemacht. Was also ...fand er an mir?

Eden - Craving LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt