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Liara hat sich dazu entschlossen anzufangen, weil sie es gleich hinter sich bringen wollte.
Sie sitzt auf einem Stuhl und muss das Spice wie Kokain in einer Line durch die Nase ziehen. Sie atmet tief aus und presst ihre Augen zusammen. Währenddessen stellt sich Javier vor sie. Er hat gesagt, dass sein Ziel ist, dass wir uns trotz der berauschenden Wirkung, die das Spice auf uns hat, unserem Willen stand halten können.

Er hat uns gefragt, ob wir außer der Stimme und unsere Intuition noch mehr können, doch wir beide antwortet ihm mit nein. Ich weiß nicht ob er uns glaubt. Aber das ist mir auch egal.

Schon nach wenigen Sekunden werden Liaras Pupillen groß und auf einmal kann ich eine böse, tiefe Stimme im Raum hören. Ich sehe mich verwundert um und zu Javier, doch dieser sieht weiterhin gespannt zu Liara. Er kann die Stimme auch hören. Doch das soll wohl so sein.

„Gallini muss sterben", sagt die böse Stimme. Die Stimme spricht eigentlich nicht unsere Sprache, doch trotzdem verstehe ich sie. Und Liara auch. Wie in einer Art Simulation, steht sie von dem Stuhl auf und kniet sich hin. „Gallini muss sterben", kommt wieder die Stimme, was in mir leichte Panik auslöst.

„Dann töte mich", sagt Liara furchtlos. „Wenn du keine Angst vor dem Tod hast, töte ich Messias und mache dich unsterblich", sagt die Stimme und aufeinmal stöhnt Liara vor Schmerz auf. Sie krümmt sich auf dem Boden zusammen, hält sich Herz und Bauch. Sie weint, ohne Tränen zu verlieren.

„Nicht Messias", fleht sie voller Schmerz und die Stimme lacht Liara aus. „Du kannst dich gegen alles wehren, außer gegen ihn", sagt die Stimme und verpasst Liara weitere Schmerzen. „Du oder er!"

„Ich will für ihn sterben! Nimm meine Seele!"

Die Stimme lacht weiter. Ich sehe zu Javier. Er sieht Liara mit großen Augen an. Er kann nicht glauben, wie viel Schmerz sie aushalten kann. Genauso wie ich.

„Er stirbt, wenn du nachlässt!"
Liara kreischt auf.

„Er wird dich mit in den Tod reißen!"
Sie weint lauter.

„Du hast ihm nicht widerstanden!"

Und auf einmal wird sie ruhiger und sie schnieft ein letztes Mal auf. „Geh durch mich hindurch", befiehlt sie der Stimme und dann werden ihre Augen wieder normal.

Der Raum ist ganz still. Das war unglaublich schlimm mitanzusehen. Sie, wie sie leidet. Mein Körper ist mit einer Gänsehaut überzogen. Ich habe kurze Zeit geglaubt, sie würde jetzt sterben.

„Hätte sie sterben können?", dränge ich Javier, der Liara auf den Stuhl zurück setzt. Ich kann mich nicht bewegen. Ich bin wie versteinert.

Liara hätte sich für mich geopfert.

Javier inspiziert Liara und sieht sie etwas verwundert an. „Ich glaube wir hätten die Spicedosis verdoppeln können", sagt er und mir fällt fassungslos die Kinnlade herunter.
„Bist du irre?", frage ich ihn empört und gehe endlich auf Liara zu. Diese sitzt traumatisiert auf dem Stuhl und starrt gegen den Boden.
Ohne einen weiteren Moment zu verschwenden, lange ich unter ihre Kniekehlen und hebe sie hoch um sie in unser Zimmer zu tragen.

Ich steige vorsichtig aber trotzdem zügig die Treppen hoch und presse sie an mich. Mittlerweile hat sie ihre Augen zusammen gekniffen und ihren Kopf in meiner Halsbeuge versteckt. Sie zittert.







Ich habe den Sessel neben das Bett geschoben und starre gespannt auf Liara, die schläft. Ich warte, dass sie aufwacht. Und genau das tut sie jetzt. Meine Sorgen und Vorwürfe, die ich mir mache, könnten nicht größer sein.
Liara öffnet ihre perfekten Augen und sofort beuge ich mich zu ihr runter und nehme sie in den Arm.
„Du bist wach", hauche ich erleichtert und sie kuschelt ihre Wange gegen meine Halsbeuge.

Ich löse mich sanft von ihr und inspiziere ihr Gesicht. „Wie gehts es dir?", frage ich und halte weiterhin ihr Gesicht in meinen Händen. Ihre Augen sind wieder normal und ihre Atmung ebenfalls.

„Es geht wieder", flüstert sie tapfer, doch ich kann den Schmerz trotzdem in ihrem Gesicht erkennen. Ich sehe schuldbewusst auf die Matratze. „Ich hätte dich nicht als ersten machen sollen", murmle ich und könnte mich ohrfeigen. Ich spiele mit dem losen Faden des Bettlakens.

Doch Liara schüttelt sofort ihren Kopf und legt ihre Hände nun auf meine Wangen. „Nein, das auf keinen Fall, Paul.", sagt sie bestimmend und ich sehe ihr in die Augen.
„Wieso sagst du das?", werfe ich ihr vor und sehe sie vorwurfsvoll an. Wieso will sie das nicht einsehen?

„Weil du gestorben wärst, Paul!", sagt sie und sieht mich ernst an. „Du hast noch nicht die Fähigkeiten der Stimme so weit ausgeübt, wie dass du sowas überleben könntest. Nicht mal ich hätte es fast überlebt.", sie sieht mich ruhig und mitfühlend an. Weil ich weiß, dass sie recht hat nicke ich ihr nur zur Zustimmung zu.

Liaras Mundwinkel heben sich zu einem kleinen Lächeln. Dann zieht sie mich zu ihr und schlingt ihre Arme um meinen Nacken. „Ich bin so froh, dass sie mich dich nicht weggenommen haben", haucht sie und ich setze einen kleinen Kuss auf ihren Hals.

„Javier will beim nächsten Mal die Dosis erhöhen, aber das kann er vergessen", sage ich sauer und setze mich neben sie auf die Matratze. Sie sieht bedrückt auf ihre Hände. „Es wird mir wahrscheinlich nichts anderes übrig bleiben", verteidigt sie ihn und ich sehe sie vorwurfsvoll an.
„Was?"

Sie sieht nun auch mich an. „Paul, ich muss meine Fähigkeiten ausbauen. Ist doch klar, dass man mich dann fordern muss."

Aufgelöst stehe ich auf und stelle mich vor sie. „Liara, du wärst eben fast gestorben, wenn du denkst, ich werde dich einer noch größeren Gefahr aussetzen, in der ich dich so schnell verlieren könnte - dann bist du verrückt geworden!"
Auch sie steht auf. „Paul, ich werde aber nicht sterben! Ich werde es packen! Vielleicht nicht gleich morgen aber wenn ich so etwas übe, dann schon!"
Ich atme aggressiv aus. „Zum Glück bin ich jetzt erstmal an der Reihe.", sage ich. „Dann wirst du schon merken, wieso ich so reagiere."

Sie lächelt mich auf diese Aussage an. Dann schließt sie die Lücke zwischen uns und schlingt ihre Arme um meinen Nacken. „Ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Aber wir werden beides meistern."

Sie fährt mit ihren Fingern in meine Haare hinein und spielt mit ihnen, was ein angenehmes Ziehen hervorruft. Ich schließe meine Augen und lehne meine Stirn auf ihrer ab. Ich weiß, dass sie recht hat aber ich habe einfach Angst, dass sie es nicht schaffen könnte.
Obwohl ich mir eigentlich mehr Sorgen um mich machen sollte, dass ich es nicht schaffe. Schließlich ist sie besser als ich mit der Stimme. Um einiges.

Ich öffne leicht meine Augen. Ihre sind geschlossen. Jedes Mal, wenn ich sie bewusst ansehe, merke ich wie schön sie ist. Und wie angezogen ich mich zu ihr fühle.

„Wollen wir schwimmen gehen?", fragt sie nach kurzer Zeit und lächelnd stimme ich ihr zu. „Unbedingt."

Dunes chosenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt