Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der Robert Christian immer wieder beruhigend zu sprach, öffnete sich die Tür und ihre Sicherheitsleute sowie ein Arzt betraten den Raum. Schnell begab sich Robert dann etwas zur Seite, damit sich der Arzt Christian widmen konnte. Nachdem er irgendwelche kurzen Untersuchungen durchgeführt hatte, beschloss dieser, Christian an die frische Luft zu bringen. Selbstverständlich folgte Robert nach draußen, auch wenn er eigentlich längst im Sitzungssaal sein sollte. Doch er konnte Christian jetzt nicht alleine lassen. Nicht, bevor er nicht wusste, was mit ihm los war. Denn er hatte nach wie vor ein schlechtes Gewissen. Hatte er das alles ausgelöst?
Nun saß Christian draußen in einem Hinterhof und bekam langsam wieder besser Luft. Und auch sein Blick wurde wieder etwas klarer. Gefühlt kam wieder etwas Leben in ihn zurück. Robert saß neben ihm, währenddessen der Arzt noch einige Dinge prüfte. Robert hoffte einfach, dass es nicht sonderlich schlimm war. Auch wenn Christians Zustand etwas anderes andeutete. Doch dann begann der Arzt endlich zu sprechen.
"Herr Lindner, es sollte ihnen nun so langsam wieder besser gehen, auch wenn das wahrscheinlich noch etwas dauern wird, bis sie sich auch wieder vollkommen gut fühlen. Sie hatten typische Symptome einer Panikattacke, die durch hohe psychische und emotionale Belastung ausgelöst werden kann. Allerdings kann ich dies hier nicht vollumfänglich feststellen, deshalb empfehle ich Ihnen, sofern Sie wieder in Ihrer Heimat sind, dringend erneut Ihren Arzt aufzusuchen. Und sollte sich diese Diagnose bewahrheiten, dann sollten Sie auch dringend die Ursachen für diese ausfindig machen. Keine Sorge, dafür gibt es selbstverständlich sehr geschultes Personal. Jetzt kann ich Ihnen allerdings nur ein Mittel zur Beruhigung geben, damit Sie sich etwas erholen."
Perplex starrte Robert abwechselnd zu dem Arzt und zu Christian, der das Gesagte wohl einfach so aufnahm. Eine Reaktion konnte er auf jeden Fall nicht erkennen. Vielleicht lag es auch an den Beruhigungsmitteln. Dann wandte sich der Arzt auch noch an Robert.
"Herr Lindner sollte nun dringend in eine ruhige Umgebung, in der er sich etwas ausruhen kann. Sein Körper wird noch etwas Zeit brauchen, um sich von dieser Extremsituation wieder zu erholen. Am besten lassen Sie ihn auch nicht alleine, falls erneut solch eine Reaktion auftreten sollte."
Robert nickte nur, fand er doch angesichts der Situation keine passenden Worte. Er war selber absolut überfordert. Ließ sich dann jedoch gemeinsam mit Christian in ihr Hotel bringen. Es hatte für ihn in diesem Moment keinen Sinn ergeben, noch zu der Konferenz zu gehen. Er wollte für Christian da sein. Ja, er musste es. Denn er wusste genau, dass er schuldig oder zumindest mitverantwortlich an der Situation war. Aber dass es so schlimm kommen würde? Das hatte doch jegliche Vorstellung übertroffen, die Robert nach ihrem Gespräch hatte.
Christian war schon auf dem Weg hin zu ihrem Hotel geistig nicht mehr anwesend. Er hatte zwar noch die Augen geöffnet, doch sein Verstand war schon abgeschaltet. Deshalb verfrachtete Robert ihn im Hotelzimmer dann auch direkt in ihr großes, gemeinsames Bett. Und schon nach wenigen Sekunden waren Christian die Augen zugefallen.
Robert setzte sich an die Bettkante und betrachtete Christian. Sein Gesicht, was für ihn so schön und anziehend war. In welches er sich jedes Mal wieder verliebt hatte. Verliebte. Und seine Haare, die im Schlaf immer so wild abstanden. So, wie es bei Robert normalerweise immer der Fall war. Ganz sanft strich Robert ihm eine Sträne aus seinem Gesicht und merkte sofort, wie sehr er Christian eigentlich vermisste. Diese Nähe zu ihm. Diese Zärtlichkeiten. Aber gleichzeitig tauchte immer wieder ein Begriff in seinen Gedanken auf. Panikattacke. Christian hatte wohl eine Panikattacke gehabt. War das schonmal vorgekommen? Hatte er ihn wirklich so weit getrieben, dass Christians Körper so reagierte? War er wirklich an all dem Schuld? Dieser Gedanke war schrecklich. Denn er hatte ja genau gesehen, wie sehr Christian unter diesen Symptomen gelitten hatte. Und er wollte nicht der Grund dafür sein. Nicht der Grund dafür sein, dass Christian keine Luft mehr bekam. Dass er nicht mehr stehen konnte. Dass er seinen Körper nicht mehr kontrollieren konnte.
Verzweifelt fuhr Robert sanft durch Christians Haare. Bedacht darauf, dass er ihn nicht aufweckte. Er wollte es nicht noch schlimmer machen. Er hatte die ganze Situation eh schon zum eskalieren gebracht. Es war ein schreckliches Gefühl. Ihm war nicht klar, dass es Christian so fertig machte. Zumindest nicht auf diese Art. Wie könnte er denn jetzt nur weiter machen? Am liebsten würde er sich einfach neben Christian legen. So wie damals. Es war doch alles gut gewesen. Sie waren doch glücklich. Warum hatte er das nur alles aufgegeben, fragte sich Robert. Aber natürlich wusste er es.
Nach einiger Zeit, Robert hatte nicht auf die Uhr geschaut, bewegte sich Christian langsam wieder und wurde unruhig. Robert stand auf und setzte sich wieder auf die Bettkante und beobachtete Christian. Verwirrt schaute er zu dem besorgten Robert. Er wusste nicht mehr, was passiert war. Er war sehr verwirrt. Was wahrscheinlich an den Beruhigungsmitteln lag, die man ihm verabreicht hatte. Robert griff nach der Hand des Jüngeren, die zum Glück nicht mehr zitterte.
"Christian, wie geht es dir? Ist es besser?"
"Was ist überhaupt passiert? Warum liege ich hier und wieso sind wir nicht bei der Konferenz?", fragte Christian verwirrt. Der Nebel in seinem Kopf hatte sich noch nicht wirklich gelichtet.
"Du weißt es nicht mehr? Wir waren bei der Konferenz, aber dir ging es überhaupt nicht gut und dann habe ich einen Arzt holen lassen und er hat dir etwas zur Beruhigung gegeben. Er meinte, dass es wohl Symptome einer Panikattacke waren. Dann habe ich dich hierhin gebracht und du hast geschlafen."
Langsam erinnerte sich Christian wieder. Dieses schreckliche Gefühl der Enge in ihm, was einfach nicht verschwunden war. Diese Angst, die er plötzlich verspürt hatte. Und immer der Gedanke an Robert. Er wusste nicht, wie das passieren konnte. Allein bei dem Wort Panikattacke stellten sich ihm alle Haare zu Berge. Nie im Leben hätte er gedacht, dass er mal so etwas erleben müsste. Erleben würde. Und es war ihm unfassbar unangenehm vor Robert. Er wollte nicht wieder so schwach sein. Sich so vor ihm zeigen. Er wollte doch gar nicht, dass Robert wirklich sah, wie schlecht es ihm mit der Situation ging. Wie schlecht er damit umgehen konnte.
"Robert, bitte vergiss, was passiert ist. Ich kann es mir auch nicht erklären. So schlecht ging und geht es mir eigentlich gar nicht. Und jetzt erst Recht nicht mehr. Wir sollten nicht hier sein, sondern bei der Konferenz. Lass dich nicht von mir hier aufhalten. Es gibt doch deutlich wichtigeres."
Christian versuchte tatsächlich die Situation zu relativieren. Das war natürlich auch Robert klar. Denn er hatte ja mitbekommen, wie schlecht es ihm ging.
"Vergiss es. Ich habe doch genau gesehen, wie schlecht es dir ging. Und jetzt bist du mit Beruhigungsmitteln voll gepumpt. Natürlich geht es dir jetzt besser. Du kannst dir nicht vorstellen, was ich mir für Vorwürfe gemacht habe. Und für Sorgen. Man Christian, es tut mir Leid, was ich heute Morgen gesagt habe. Natürlich liebe ich dich noch. Ich wollte es nur nicht so direkt sagen, weil wir doch beide genau wissen, dass es nichts ändern wird. Es tut mir Leid, dass es so gekommen ist."
Christian war hin und her gerissen. Einerseits wollte er einfach aus dieser Situation heraus. Andererseits ließen diese Worte sein Herz sofort schneller schlagen. Robert liebte ihn nach wie vor. Und er hatte in dem Moment nur einen Wunsch. Nachdem er diese Worte gehört hatte. Er brauchte jetzt dieses unbeschreibliche Gefühl, was nur Robert in ihm auslösen konnte.
"Robert, darf ich..."
Robert nickte nur. Er wusste, was Christian meinte. Er wollte doch auch einfach nur Christians Lippen auf seinen spüren. Nachdem was in den letzten Stunden passiert war. Er wollte es wieder gut machen. Und so lagen nach einigen Sekunden Roberts warme Lippen auf Christians. Zum zweiten Mal an diesem Tag. Und dieses Mal dachte Robert einfach nicht darüber nach, dass es ein Fehler sein könnte. Sie brauchten sich einfach in diesem Moment gegenseitig.
DU LIEST GERADE
Die Leere in uns
FanfictionFortsetzung von "Der ganze Lärm um uns" Acht Monate waren vergangen seit der Trennung. Acht Monate, in der sich die Welt für Christian und Robert neu sortierte. Acht Monate, die für beide unfassbar hart waren. Doch beide hatten gelernt, mit dieser s...