Tatsächlich erschien Christians Namen auf seinem Handy. Aber nicht, weil er ihm geschrieben hätte. Nein. Es war ein Post bei Instagram von Christian. Was sollte das denn jetzt? Warum konnte er etwas bei Instagram posten, sich aber nicht bei ihm melden? Robert verstand gar nichts mehr. Machte Christian das mit Absicht? Ignorierte er ihn absichtlich? Aber wieso? Robert fiel absolut nichts ein, was ein Grund dafür sein könnte. Er hatte doch nichts getan, was Christian hätte verärgern können. Oder? Nein. Da war absolut nichts, was sich Robert vorwerfen konnte. Und es ärgerte ihn, dass sich Christian so verhielt. Er wusste doch genau, dass sich Robert Sorgen machte.
"Und? Ist er es?", fragte Andrea dann auch neugierig.
"Ja und nein. Er hat einfach etwas bei Instagram gepostet. Mir hat er nicht geschrieben. Ich verstehe es nicht."
Verzweifelt fuhr sich Robert über sein Gesicht. Er hatte vergessen, wie anstrengend so eine frische Liebe auch sein konnte. Weil man sich immer Sorgen machte. Oft auch zu Unrecht. Aber es lag wahrscheinlich daran, dass alles noch von Unsicherheiten geprägt war. Wenn man schon lange zusammen war, dann war es etwas anderes. Da kannte man sich besser. Da gab es diese Unsicherheiten nicht mehr. Das hatte Robert in seiner Ehe gelernt. Und jetzt stand er mit Christian wieder ganz am Anfang. Und verstand nicht, was das alles sollte. So schnell kam es eigentlich nicht, dass er verzweifelte. Aber jetzt gerade war so ein Moment. Natürlich könnte er Christian einfach nochmal schreiben, aber das hatte er ja jetzt schon oft genug getan. Jetzt war es Christian, der am Zug war. Und wenn er ihm nicht antworten wollte und stattdessen lieber etwas bei Instagram postete, dann war das für Robert doch schon ein eindeutiges Zeichen. Und wollte sich keine Gedanken darüber machen, ob es vielleicht Gründe dafür gab.
"Warte doch vielleicht einfach noch etwas ab, dann gibst du ihm zumindest noch die Chance, zu antworten. Du hast dir doch nichts vorzuwerfen."
Da hatte Andrea Recht. Robert hatte sich wirklich nichts vorzuwerfen. Und jetzt lag es an Christian. Aber zumindest etwas beruhigt war Robert mittlerweile. Immerhin wusste er, dass Christian in den USA angekommen war. Alles andere wollte er sich gar nicht ausmalen. Ihm sind ja schon diverseste Szenarien durch den Kopf gegangen. Aber wenigstens hatte er Gewissheit, dass es Christian halbwegs gut gehen musste. Trotzdem verstand er einfach nicht. Um sich von diesem Unverständnis ein wenig abzulenken, nahm er sich noch ein Bier aus dem Kühlschrank. Er wusste nicht, das wie vielte es schon war. Aber irgendwie musste er sich ja ablenken. Und Alkohol war doch immer eine gute Möglichkeit. Andrea schaute ziemlich besorgt zu Robert. Eigentlich war er nicht der Typ, der seine Sorgen in Alkohol versenkte. Und wenn er es tat, dann wurde er immer so still. Das war wirklich ungewöhnlich für ihn, konnte er doch sonst immer reden. Wahrscheinlich sollte sie ihn davon abhalten, so weiter zu machen. Aber für Andrea war die Situation auch alles andere als einfach. Aber sie wusste genau, dass sie für Robert da sein sollte. Auch wenn es um Christian ging.
"Robert, es bringt auch nichts, wenn du jetzt nur noch Alkohol trinkst. Und in Selbstmitleid versinkst. Vielleicht solltest du gleich einfach schlafen gehen und abwarten, was Morgen so passiert. Bestimmt regelt sich schon alles."
Robert nickte leicht, als er wieder zu seiner Frau aufschaute. Sie kannte ihn wirklich zu gut. Und war nach wie vor für ihn da. Unglaublich eigentlich. Es hätte alles so anders sein können. Und trotzdem war sie für ihn da. Eigentlich war Robert schon aufgestanden und auf dem Weg in das Gästezimmer, als er nochmal stehen blieb und sich erneut zu Andrea drehte.
"Ich hab dich eben unterbrochen mit der Mitteilung auf meinem Handy. Was wolltest du eigentlich auf meine Frage antworten?" Stimmt, da war noch eine offene Frage. Ob Andrea immer noch die selben Gefühle für ihn hatte. Robert wusste nach wie vor nich, warum er es hören wollte. Aber vielleicht brauchte er es, um mehr und mehr mit Andrea abschließen zu können. Diese seufzte nur auf. Sie hatte wahrscheinlich gehofft, ihm keine Antwort mehr geben zu müssen. Aber gleichzeitig konnte sie mit Robert ehrlich sein. Er würde ihr nichts verübeln. Egal, was sie sagte. Das wusste Andrea ganz genau.
"Die Frage ist eigentlich ziemlich einfach, zugleich aber auch nicht. Natürlich habe ich noch Gefühle für dich. Was erwartest du auch anderes, wenn wir gerade mal seit knapp 10 Monaten getrennt sind. Immerhin haben wir unser ganzes Leben zusammen verbracht. Und ich glaube nicht, dass es sich jemals ändern wird. Du wirst immer einen riesigen Platz in meinem Leben behalten. Das ist doch ganz klar. Aber gleichzeitig weiß ich, dass sich die Zeiten geändert haben. Natürlich würde ich manchmal gerne wieder alles zurück haben, die Zeit zurück drehen. Gerade wenn ich merke, dass wir immer noch die selben sind. Wenn wir ganz normal reden. Aber wenn ich dich hier so sitzen sehe, verzweifelt bei dem Gedanken an Christian, dann spüre ich nicht mehr diese Leere in mir, sondern weiß, dass ihr beide jetzt zusammen gehört. Es tut nicht mehr so weh. Auch wenn ich weiß, dass wir nach wie vor zusammen sein könnten. Aber es ist in Ordnung so und glaub mir, ich bin froh, wenn ihr beide glücklich seid. Du hättest mich immerhin nicht für jeden x-Beliebigen verlassen. Das hoffe ich zumindest."
Es berührte Robert, was Andrea da eben gesagt hatte. Und so zog er sie dann doch nochmal sanft in seine Arme. Eine Geste, die sie seit Monaten nicht mehr so intensiv erlebt hatten. Und natürlich war es für beide von Bedeutung. Nach wie vor. Und als Robert Andrea in die Augen schaute, da wusste er genau, wieso er sich in diese Frau verliebt hatte. Er sah in ihren Augen, dass er ihr immer noch so viel bedeutete. Und anders herum war es genauso. Andrea bedeutete Robert auch immer noch unfassbar viel. Robert verlor sich beinahe in ihren Augen, als sie sich leicht räusperte. Und dann schossen auch wieder die Gedanken an Christian in Roberts Kopf. Und er wusste, dass er sich von Andrea abwenden sollte, bevor irgendetwas geschieht, was er später nur bereuen würde. Und er musste sich wirklich unter Kontrolle halten, wenn er Alkohol getrunken hatte. Also lösten sich beide und dieses Mal machte sich Robert wirklich auf den Weg in das Gästezimmer.
"Gute Nacht Andrea. Und danke, dass du immer so ehrlich zu mir bist."
Andrea lächelte nur leicht und war froh, dass Robert es ihr offensichtlich nicht verübelte, dass sie immer noch Gefühle für ihn hatte. Und sie war froh, dass Robert sich wieder rechtzeitig von ihr gelöst hatte. Denn sie wusste genau, dass Robert mit Alkohol intus manchmal Dinge tat, die er sonst nicht tun würde. Und sie wollte wirklich nicht, dass er irgendetwas bereuen würde. Deshalb war es gut, dass sie immer noch etwas Abstand hielten. Alles andere würde nur Wunden aufreißen.
Robert saß auf dem großen Bett im Gästezimmer und starrte noch auf sein Handy. Es war mittlerweile schon ziemlich spät und wahrscheinlich sollte er so langsam mal schlafen. Immerhin musste er am nächsten Morgen schon früh zu einem Termin. Aber die Situation mit Christian bereitete ihm wirklich Sorgen. Was, wenn doch etwas passiert war? Er hatte sich immer noch nicht gemeldet. Obwohl es in Washington auch noch lange nicht so spät war, wie in Deutschland. Dank der Zeitverschiebung war es bei Robert 6 Stunden später, als bei Christian in Washington. Vielleicht meldete sich Christian ja noch.
Und tatsächlich, gerade als Robert das Licht in dem Zimmer ausschaltete, da vibrierte sein Handy noch einmal. Und tatsächlich. Christians Name erschien auf dem Bildschirm. Also nahm sich Robert nochmal schnell seine Brille und öffnete ihren Chat. Etwas nervös war er schon. Er hoffte, dass Christian ihm jetzt einfach eine gute Begründung dafür gab, dass er ihn stundenlang ignoriert hat.
"Ich melde mich später. Vielleicht rufe ich mal an."
Enttäuscht ließ Robert das Handy sinken und er fühlte sich noch schlechter, als eh schon. Er spürte förmlich, dass irgendetwas mit Christian nicht stimmte. Aber was war es nur? Was war bloß passiert? Was hatte Robert denn bitte getan?
Ja, das sind gute Fragen. Was ist denn nur mit Christian los?
Da ich gerade relativ viel Zeit habe und motiviert bin, geht's momentan ziemlich schnell hier weiter. Ich hoffe, dass das in eurem Sinne ist ;) Danke fürs Lesen!
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Die Leere in uns
FanfictionFortsetzung von "Der ganze Lärm um uns" Acht Monate waren vergangen seit der Trennung. Acht Monate, in der sich die Welt für Christian und Robert neu sortierte. Acht Monate, die für beide unfassbar hart waren. Doch beide hatten gelernt, mit dieser s...