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Hektisch lief Christian durch die Gänge des Bundestags. Er war mal wieder spät dran und musste dringend zu einer Fraktionssitzung. Aber dieses Mal gab es wenigstens einen guten Grund, warum er so spät war. Er war noch am frühen Morgen bei seinem Arzt gewesen, das hatte er Robert immerhin in Brüssel versprochen. Auch wenn er nach wie vor der Ansicht war, dass es keinen Anlass dafür gab. Immerhin hatte er Robert jetzt wieder und er musste nicht mehr an diese harte Zeit denken, in der er alleine war. Ohne Robert. Aber gut, jetzt hatte er Robert hoffentlich zufrieden gestellt und die Sache war vergessen. Auch wenn er genau wusste, dass es Robert nach wie vor beschäftigte.

Es waren nun 3 Wochen vergangen, seitdem sie wieder zusammen sind. Und noch immer schwebte Christian auf Wolke 7. Natürlich konnte man ihm das auch ansehen. Marco war einer der ersten, der es wusste, schon bevor Christian ihm etwas erzählt hatte. Und auch Marie-Agnes hatte er es anvertraut. Aber natürlich waren Christian und Robert unfassbar vorsichtig. Man sah sie zwar öfter zusammen in der Öffentlichkeit, aber ausschließlich so, dass keine Gerüchte aufkamen. So war der Plan von den beiden. Auch wenn es Christian trotzdem noch schwer fiel, Robert auf offener Straße nicht küssen zu dürfen. Aber er gewöhnte sich so langsam daran. Denn alles war besser, als wieder getrennt von Robert zu sein. Aber es war doch anders, als zu der Zeit im letzten Jahr, als sie zusammen waren. Es war deutlich intensiver, aber beide gingen es auch deutlich ruhiger an. Sie waren vorsichtiger und gerade Robert merkte man an, dass er nachdenklich war. Nachdenklicher, als damals. Aber sie waren glücklich. Unfassbar glücklich.

Und bald würden sie sich 2 Tage Zeit nehmen, um gemeinsam nach Dänemark zu fahren. So wie damals. Und sie würden tatsächlich auch in die Hütte von Robert und Andrea fahren, denn für Andrea war das kein Problem. Mittlerweile nicht mehr. Und es war einfach ein perfekter Ort, mit dem sie nur positives verbinden. Das größte Problem an der Sache war, diese freie Zeit zu finden. So richtig frei hatten sie tatsächlich auch nicht. Es stand einiges an Arbeit an, aber sie mussten wenigstens nicht an irgendwelchen Terminen teilnehmen und konnten dementsprechend sich auch woanders als in Berlin aufhalten. Und sie hatten es so unauffällig eingeleitet, dass auch andere Mitglieder der Regierung an diesen beiden Tagen nicht in Berlin waren. Dann würde es nicht so auffallen, dass ausgerechnet sie beide nicht da waren. Und Christian hatte schon unter seinen Kollegen rum erzählt, dass er nach Nordrhein-Westfalen zu seiner Familie fahren würde. So hatten sie zumindest schonmal alle Vorkehrungen getroffen. Und würden hoffentlich zwei schöne Tage haben. Die Voraussetzungen waren auf jeden Fall gegeben.

Doch jetzt stolperte Christian erstmal in den Sitzungsraum, in dem seine Kollegen schon saßen. Er spürte vor allem die Blicke von Kubicki und Marco auf sich, die beide so gut wie neben ihm saßen. Wahrscheinlich dachten sie sich ihren Teil dazu, weshalb Christian so spät war. Christian hingegen ignorierte dies und machte einfach seine Sachen. Sie besprachen die neue Woche, in der sie im Bundestag waren. Das ganze ging relativ schnell, sodass sie Mittags gemeinsam in die Mensa gingen. Christian lief zusammen mit Marco, als sich auch Wolfgang dazu gesellte. Marco wusste natürlich auch davon, was da vor einiger Zeit zwischen Wolfgang und Christian passiert war. Und er wusste, dass Christian nicht gut auf ihren älteren Kollegen zu sprechen war. Absolut verständlich. Und wie so oft machte dieser Christian gegenüber blöde Bemerkungen.

"Und? Heute Morgen noch Spaß gehabt oder warum warst du so spät?", raunte Wolfgang ihm zu. Es war so klar gewesen, dass so etwas kommen musste. Wolfgang nutzte wirklich jede Möglichkeit, um seinen Humor an ihm auszulassen. Früher mochte er seinen Humor ja eigentlich ganz gerne. Aber jetzt war es natürlich etwas anderes. Er war so langsam wirklich genervt, aber gleichzeitig wusste er, dass er es hinnehmen muss. Alles andere wäre sicherlich nicht förderlich.

"Ich weiß nicht, wie viel Spaß du hast, wenn du beim Arzt bist. Ich hatte nicht so viel Spaß dort.", antwortete Christian genervt. Mittlerweile waren sie in der riesigen Mensa des Bundestages angekommen und suchten sich einen Tisch. Von weitem konnte Christian Robert sehen, der ebenfalls heute Vormittag in diesem Haus war. Er wünschte, er könnte sich einfach zu seinen Freund begeben. Seinem Freund. Diese Worte waren immer noch so surreal. Aber natürlich ging das alles nicht. Zumindest nicht, wenn so viele Abgeordnete und Kollegen um sie herum waren. Doch natürlich sahen Wolfgang und Marco seine sehnsüchtigen Blicke in die andere Richtung dieses riesigen Raumes.

"Mhh genau, das nimmt man dir auch ab. So wie du gerade geguckt hast.", lachte Wolfgang. Ihm machte es offensichtlich Spaß, ihn so aufzuziehen. Und er nahm das alles nicht so sonderlich ernst.

"Ob du es glauben willst oder nicht, aber ich war tatsächlich beim Arzt. Da hatte ich nicht sonderlich viel Zeit, um andere Dinge zu tun."

Verärgert schaute Christian zu Marco, der selber abwesend zu sein schien. Christian wusste nicht, was mit Marco los war. Aber sein Fokus lag in den letzten Wochen und auch jetzt gerade eher auf sich selbst. Das würde er wohl bald mal in Angriff nehmen müssen und bei Marco nachbohren. Aber jetzt gerade versuchte er einfach, Kubicki von dieser ganzen Sache abzulenken. Deshalb sprach er einfach über die kommenden Sitzungen, womit er dies tatsächlich erreichte. Bevor er dann einen letzten Blick Richtung Robert warf, der zusammen mit seinen Kollegen lachte, verließ Christian den Raum. Er musste jetzt in sein Ministerium und hatte so ein paar Minuten Fahrzeit, in denen er erst Robert noch eine kurze Nachricht schrieb.

"Hab dich eben in der Mensa gesehen, am liebsten hätte ich mich auch zu dir gesetzt, stattdessen musste ich mit Wolfgang auseinandersetzen... Dafür freue ich mich umso mehr auf heute Abend, es bleibt doch alles dabei?"

Sie wollten sich heute Abend mal wieder bei Christian treffen. Seine Wohnung war nach wie vor der sichere Rückzugsort. Und aushalten konnte man es bei ihm ja definitiv auch. Und praktischerweise musste Robert am nächsten Tag sowieso nach Potsdam, dann konnte er auch direkt bei ihm übernachten. Dagegen hatte Christian natürlich nichts einzuwenden. Er freute sich wirklich, mal wieder einen Abend mit Robert verbringen zu können. Und er wollte sich daran versuchen, für sie beide zu kochen. Auch wenn das wahrscheinlich etwas riskant war, wenn man an seine nicht vorhandenen Kochkünste dachte. Aber er wollte Robert auch endlich mal etwas Gutes tun. Und so schwer konnte das ja wohl nicht sein.

Im Berliner Verkehr dauerte es mal wieder länger, bis Christian in seinem Ministerium ankam. Dort wartete ein riesiger Berg an Arbeit auf ihn. Und den musste er bis zum Abend dringend abarbeiten. Also dachte er nicht mehr lange über andere Dinge nach und widmete sich voll und ganz seiner Arbeit. Bis sein Handy vibrierte. Robert hatte ihm geschrieben.

"Hättest dich gerne zu uns setzen können ;) Ich befürchte allerdings, dass ich nachher etwas später kommen muss. Hab noch kurzfristig ne Besprechung rein bekommen... Tut mir Leid, aber dann machen wir uns einen schönen Abend, versprochen!"

Christian seufzte, als er die Nachricht sah. Dann hatten sie wohl doch wieder etwas weniger Zeit, als er sich erhofft hatte. Aber gut, er sollte sich nicht beschweren. Immerhin waren sie wieder zusammen. Das war eigentlich alles, was zählte. Und jede einzelne Stunde, ja eigentlich jede einzelne Minute mit Robert war eine wertvolle. Abgesehen davon wusste Christian ja genau, wie es mit den Terminen und Besprechungen war. Deshalb sollte und wollte er Robert da keinen Vorwurf machen.

Pünktlich fuhr Christian dann trotzdem am Abend nach Hause. Seine Sachen hatte er fertig gemacht und konnte dementsprechend mit gutem Gewissen das Ministerium verlassen. Zuhause angekommen machte er sich dann daran, die Sachen für das Essen zusammen zu suchen. Er wollte einen Auflauf machen. Vegetarisch natürlich. Auch wenn er sich insgeheim dachte, dass es mit Fleisch viel besser schmecken würde. Aber gut, das musste er wohl einfach akzeptieren. Und wartete sehnsüchtig, bis Robert kam. Aber das würde wohl noch etwas dauern. Jetzt musste er erstmal dafür sorgen, dass es nachher etwas zu Essen gab. Was er nicht alles für Robert auf sich nahm...


Ich hoffe, es ist nicht allzu langweilig, ich bin zumindest nicht so ganz zufrieden. Trotzdem dankeschön fürs Lesen!

Die Leere in uns Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt