Christian fühlte sich unfassbar schlecht. Er konnte nicht mit Robert zum Krankenhaus fahren. Er musste gleich zu einem wirklich wichtigen Termin, der keinesfalls ausfallen durfte. Aber zum Glück war Annalena da. Sie hatte etwas mehr Zeit und konnte Robert deshalb fahren. Ja, Annalena. Sie war nur da gewesen, da Christian mit ihr über Roberts Geburtstag sprechen wollte. Er hatte die Hoffnung gehabt, dass sie ihm bezüglich eines Geschenks helfen konnte. Denn sie kannte ihn ja doch schon wirklich länger und Christian dachte, dass sie ihm vielleicht Tipps geben konnte. Aber dazu sind sie dann erst gar nicht gekommen. Er hatte gedacht, dass sich Robert mehr Zeit beim Laufen lassen würde. Aber dann kam wohl dieser Unfall dazwischen. Und das machte Christian noch größere Sorgen. Er hatte genau gesehen, dass Robert ziemlich gelitten hatte. Was wohl auch verständlich war. Und jetzt könnte er nicht für ihn da sein. Und die Situation mit Annalena konnte er auch nicht klären. Das musste Annalena jetzt tun.
Diese saß in ihrem Auto und Robert saß auf dem Beifahrersitz. Er war ziemlich still, was wirklich ungewöhnlich für ihn war. Annalena konnte nicht so ganz einschätzen, was der Grund dafür war. Immerhin hatte sie ihm eben die Situation erklärt. Dass sie mit Christian alleine sprechen musste, ohne ihn. Dass es um den morgigen Tag ging, um das Gespräch mit Merz. Und sie hoffte, dass sie damit bei Robert durchkamen. Aber Robert schien sowieso nicht ganz anwesend zu sein. Was auch wirklich verständlich war. Denn auch mit Schmerztablette konnte er vor Schmerzen nicht klar denken. Der erste Schock nach dem Sturz hatte die Schmerzen noch etwas unterdrückt. Aber jetzt? Jetzt war es umso schlimmer. Robert hoffte einfach nur, dass es bald endete. Und dass sie endlich in dieser Klinik ankamen. Er hatte wirklich nicht gedacht, dass sich dieser Tag so wenden würde. Vielleicht wäre er besser an diesem See sitzen geblieben. Dann hätte er Christian und Annalena nicht überrascht und wäre auch nicht gestürzt. Wahrscheinlich wäre das besser gewesen.
Und wenn er ehrlich war, dann zweifelte er auch ein wenig an dem, was Annalena ihm soeben erzählt hatte. Was hatten sie und Christian denn bitte zu besprechen bezüglich Morgen? Ohne, dass er dabei war. So ganz verstand es Robert nicht. Aber das war auch gerade nicht das wichtigste für ihn. Da würde er später nochmal mit Christian drüber sprechen. Er sollte sich selbst erklären und nicht Annalena vorschicken. Immerhin war Christian derjenige, der ihm gesagt hatte, dass er einen Termin hätte. Und angeblich weg müsste. Da hatte er ihn ziemlich sicher angelogen.
Nach gefühlten Stunden kamen Robert und Annalena dann in dem Krankenhaus an und beide wurden verwundert angeschaut. Natürlich erkannte man sie. Aber Robert war das gerade wirklich egal. Wahrscheinlich war es aber wirklich gut, dass er nicht mit Christian gekommen war. Denn dann wäre das Aufsehen sicherlich größer gewesen. Jetzt wurde Robert allerdings erstmal in einen Raum gelotst, den auch kurz danach eine junge Ärztin betrat. Schnell stellte sie fest, dass das Handgelenk auf jeden Fall geröntgt werden musste. Und eigentlich war Robert da schon klar, dass er sicherlich kein Glück hatte und dass es wohl doch schlimmer war, als er sich erhofft hatte. Erstaunlich schnell saß er wieder neben Annalena im Wartezimmer und hoffte, dass auch die Diagnose so schnell wie möglich kam. Damit er Schmerzmittel bekam. Und sein Handgelenk vielleicht etwas geschützt wurde. Denn jetzt hielt er seine Hand immer noch schützend vor seinen Körper, was sicherlich auch nicht optimal war.
"Also das Handgelenk ist tatsächlich gebrochen. Allerdings hatten Sie noch etwas Glück in der ganzen Sache, es ist ein einfacher Bruch, der nicht operiert werden muss. Dementsprechend werden Sie einige Wochen einen Gips und Schmerzmittel bekommen und dann sollte das mit Physiotherapie wieder in einen guten Zustand gebracht werden."
Robert wusste nicht so genau, ob er erleichtert oder schockiert sein sollte. Mehrere Wochen einen Gips. Naja, zum Glück war es nur die linke Hand und nicht seine rechte. Aber Glück hatte er auch wirklich damit, dass es nicht operiert werden musste. So bekam er jetzt einen Gips und diverseste Schmerzmittel, sodass er dann gemeinsam mit Annalena wieder nach Potsdam fahren konnte. Seine Termine hatte Robert für heute schon abgesagt. Und Annalena musste auch ziemlich schnell weg, nachdem sie Robert wieder in Potsdam abgesetzt hatte. Dann war er wieder alleine. Und die Schmerzmittel sorgten dafür, dass er mit seinen Gedanken immer weiter abschweifte, sodass er mehr oder weniger abwesend war.
Und Robert fragte sich wirklich, womit er das verdient hatte. Es war ja nicht so, dass am morgigen Tag nicht sowieso schon eine schwierige Konfrontation an stand. Dann konnte er diesen zusätzlichen Stress eigentlich absolut nicht gebrauchen. Und die Schmerzen waren zwar nicht mehr so stark, aber trotzdem so unangenehm, dass Robert aus Frust am liebsten etwas kaputt gemacht hätte. Und dann diese Sache mit Christian. Er wusste wirklich nicht, was er denken sollte. Was verheimlichten Christian und Annalena ihm? Robert verstand es wirklich nicht. Wieso sollte er nicht dabei sein, wenn sie über den morgigen Tag sprachen? Trauten die beiden ihm diese Situation nicht zu? Und war es das wirklich wert, Robert so anzulügen? Denn immerhin hatte Christian die ganze Zeit vorgegeben, dass er selber weg zu einem wichtigen Gespräch musste. Mit Wut im Magen und einer gehörigen Menge an Medikamenten schlief Robert irgendwann einfach auf dem Sofa ein.
So fand Christian ihn zumindest am späten Nachmittag dort vor. Als er Robert sah, musste er schlucken. Einerseits, weil sein Blick natürlich auf den Gips am Handgelenk fiel. Andererseits, weil dieser Anblick, wie er dort friedlich schlafend lag, Christians Herz zum Schmelzen brachte. Roberts Haare hingen ihm mal wieder wild im Gesicht und auf seinem Gesicht lag mal nicht dieser ernste Ausdruck. Christian musste automatisch lächeln und hätte sich am liebsten nie von diesem Anblick gelöst. Robert schien so friedlich zu sein, so zufrieden, ja vielleicht auch etwas verletzlich. Aber Christian war klar, dass dieser Schein trügte. Er wusste nicht, inwiefern Robert Annalena die Geschichte abgenommen hatte. Das musste er auf jeden Fall noch herausfinden. Und auch sonst war natürlich nicht alles gut. Eigentlich war gar nichts gut. Aber auch Christian wollte mal einen Moment nicht nur an ihre Probleme denken. Stattdessen setzte er sich auch auf das Sofa und zog Roberts Kopf vorsichtig auf seinen Schoß, sodass Robert einen besseren Halt hatte. Und offensichtlich hatte Robert so einen festen Schlaf, dass ihn nichtmal das störte.
Christian tat nichts anderes, als einfach nur die Nähe zu Robert zu spüren. Es war so ein besonderer Moment für ihn, da es einfach so selten war. Dass er mal Zeit hatte, Robert einfach so bei sich zu haben. So nah. Da konnte Christian sogar mal einige Zeit drauf verzichten, seine Aktien zu checken. Das passierte sonst wirklich selten. Aber wenn er mal soclch einen Moment erlebte. Es gab gerade einfach nichts schöneres, als sanft Roberts Haare aus seinem Gesicht zu streichen und dabei seinen ruhigen Atem zu hören. Und so saß Christian wirklich solange da, bis Robert sich unter ihm anfing zu bewegen und wieder zu Sinnen kam.
"Hey, wie geht's dir?", fragte Christian leise und ehrlich besorgt. Er hatte ja immer noch keine Ahnung, was wirklich mit seinem Handgelenk war.
"Mhh, ich weiß nicht. Ich hab Tausend Schmerzmittel in mir und bin einfach nur fertig. Aber gut, es ist ein unkomplizierter Bruch. Da hab ich nochmal Glück gehabt."
Christian verzog bei diesen Worten sein Gesicht etwas. Ein Bruch also. Das war ja eigentlich zu erwarten. Schön war es allerdings trotzdem beileibe nicht.
"Oh Robert, es tut mir so Leid, dass so etwas jetzt auch noch passieren musste. Und es tut mir Leid, dass ich nicht mit ins Krankenhaus konnte. Ich wäre wirklich lieber bei dir geblieben, glaub mir. Aber diesen Termin konnte ich nicht absagen. Leider."
"War es denn dieses Mal wirklich ein Termin? Oder hast du mich schon wieder angelogen? Machst du das eigentlich regelmäßig und ich bekomme einfach nichts mit?", fragte Robert ziemlich erbost. Er war immer noch wütend. Und verstand Christian nicht. Er sollte ihm jetzt endlich sagen, was Sache war.
"Oh man, lass es mich bitte erklären."
Weiter geht's :) Sind Annalena und Christian wirklich glaubwürdig?
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Die Leere in uns
FanfictionFortsetzung von "Der ganze Lärm um uns" Acht Monate waren vergangen seit der Trennung. Acht Monate, in der sich die Welt für Christian und Robert neu sortierte. Acht Monate, die für beide unfassbar hart waren. Doch beide hatten gelernt, mit dieser s...