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Etwas außer Atem blieb Robert stehen und machte eine kurze Pause. Es war früher Morgen und er joggte durch die Natur Potsdams. Und er stellte fest, dass seine Kondition schonmal deutlich besser gewesen ist. Die letzten Monate hatten regelmäßigen Sport zu kurz kommen lassen. Das wollte er eigentlich dringend wieder aufholen, aber gleichzeitig war ihm klar, dass dieses Vorhaben unrealistisch war. Immerhin hatte er einen so vollen Terminkalender, dass er selten freie Zeit hatte. Und die nutzte er dann lieber gemeinsam mit Christian. Aber an diesem Morgen musste Christian zu einem Termin mit seinem Parteivorstand, während er selber noch nicht los musste. Morgen stand der Tag an, an dem sie Merz konfrontieren wollten. Deshalb standen heute die letzten Besprechungen an. Und Robert würde lügen, würde er sagen, dass er nicht nervös wäre. Morgen musste alles klappen. Sie mussten Merz wirklich überzeugen. Und deshalb standen heute nochmal einige Gespräche an. Auch wenn der Plan natürlich längst stand. Sie wollten Merz am nächsten Morgen überrumpeln. Irgendwer von den anderen hatte wohl raus bekommen, dass Merz dann in seiner Wohnung sein müsste und keine Termine hatte. Und die Adresse hatten sie auch relativ einfach heraus bekommen. Sie waren wirklich gut vorbereitet. Jetzt musste einfach alles klappen.

Irgendwann stand Robert an einem kleinen See, an dem sich sonst keine Menschenseele befand. Es war ziemlich idyllisch und das genoss er. Robert war ein Mensch, der diese Nähe zur Natur brauchte. Es gab eigentlich sein ganzes Leben lang immer einen Rückzugsort in der Natur. Früher war es der Strand oder die weiten Felder im hohen Norden gewesen, jetzt musste er einen anderen Weg finden. Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, sich auch mal nach einer Wohnung umzuschauen, die etwas mehr in der Natur lag. Aber es hatte schon seine Vorteile, dass er nicht allzu weit von Regierungsviertel seine Wohnung hatte. Also dann doch wieder nicht so eine gute Idee. Aber gut, momentan war er eh so oft bei Christian. Da hatte er ja seine Natur.

Anstatt weiter zu laufen, setzte Robert sich in das Gras am See und ließ die Sonne auf sein Gesicht fallen. Ein wenig Entschleunigung tat gut. Gerade in diesen Zeiten. Und das war beileibe keine Selbstverständlichkeit. Es war so viel geschehen in den letzten Wochen und Monaten. Es war eine unheimlich hohe psychische Belastung. Und manchmal fragte er sich, warum er all das noch mitmachte. Warum er nicht einfach in sein altes Leben zurückkehrte. Ohne die Politik. Mit Christian. Als Schriftsteller. Es war sicherlich ein Gedanke, der ihn immer wieder reizte. Und manchmal würde er am liebsten laut in die Welt heraus rufen und nach Rat fragen. Was würdet ihr an meiner Stelle machen? Aber natürlich tat er das nicht. Es gab niemanden, der ihm solche Entscheidungen abnehmen konnte. Es war immerhin sein Leben und er musste wissen, was er damit anfangen sollte. Aber manchmal würde ein Rat sicherlich nicht schaden.

Statt wieder zurück zu laufen, blieb Robert noch einige Zeit dort sitzen. Sein Handy hatte sowieso keinen Empfang und so konnte er auch keine Nachrichten empfangen, die ihm hätten Stress machen können. Auch wenn er die Uhr natürlich trotzdem etwas im Blick behalten musste. Immerhin musste auch er heute wieder nach Berlin. Aber noch hatte er Zeit. Und die wollte er auch einfach mal genießen. Hatte er sich das nicht auch mal verdient? Einfach mal einen kurzen Moment für sich haben. Ohne Politik. Ohne Stress. Ohne andere Menschen. Ohne Christian. Auch das war einfach mal nötig, damit er sich nicht selbst verlor. Natürlich hatten all die Veränderungen in den letzten Monaten auch ihn verändert. Und deshalb wollte und musste er aufpassen, dass es nicht zu weit reichte. Dass er sich immer noch wieder erkennen konnte. Denn das war das, wovor er Angst hatte. Wahrscheinlich sogar am meisten Angst. Es war nichtmal seine größte Angst, dass Christian und er ihre Ämter verloren. Nein. Er hatte wohl am meisten Angst davor, dass er sich so sehr veränderte, dass er nicht mehr der selbe war. Dass er nicht mehr das sah, was ihm immer wichtig war. Dass er ein anderer Mensch wurde. Und damit dies nicht geschah, musste er sich immer und immer wieder selbst erden. Sonst hatten das immer Andrea und die Jungs getan. Jetzt musste er das selber schaffen. Denn Christian war selber viel zu sehr in der Politik Blase, als dass er Robert auf diese Art wieder erden könnte.

Nach einiger Zeit stand Robert dann wieder auf und bewegte sich wieder auf den Weg zurück, den ihn zu Christians Wohnung führen sollte. Dabei war er allerdings noch so in Gedanken, dass er beim Laufen über einen Stein stolperte und wie es kommen musste, sich nur kurze Zeit später auf dem Boden wieder fand. Dass auch so etwas noch passieren musste! So ein Mist, dachte sich Robert. Und als er dann den stechenden Schmerz in seinem linken Handgelenk spürte, da fragte er sich, was er dem Schicksal getan hatte. Das war wirklich das letzte, was er jetzt noch brauchte. Vorsichtig stand er wieder auf und spürte mit jeder Sekunde, die verging, dass er wirklich schlecht gefallen war. Die Schmerzen überkamen ihn und er musste sich kurz an einem Baum abstützen, damit er stehen blieb. Verdammt! Das konnte doch nicht wahr sein. Und ein Blick auf sein Handy genügte um zu sehen, dass er nach wie vor kein Netz hatte. Innerlich bedankte er sich bei Andi Scheuer und Co, die für diesen schlechten Ausbau des Internets verantwortlich waren. Also konnte er nichtmal Christian anrufen, der ihm sonst sicherlich zur Hilfe gekommen wäre. Er konnte also nur weiter laufen, bis er endlich wieder jemanden erreichen konnte. Oder er wartete. Denn mit jedem Schritt wurde er unsicherer auf den Beinen. Und der Schmerz ließ nicht nach.

Ein Blick auf sein Handgelenk bestätigte auch noch seine Vermutung. Es war rot und angeschwollen. Das konnte nicht gut sein. Und diese Schmerzen. Eigentlich war Robert nicht so empfindlich, was Schmerzen anging. Aber in diesem Falle. Er versuchte langsam einen Schritt nach dem anderen zu machen und so ging es dann doch voran. Auch wenn er alle paar Meter stehen bleiben musste. Natürlich hatte er auch noch das Glück, dass kein anderer Mensch auf dem selben Weg lief. Sonst hätte er vielleicht Hilfe bekommen. Aber so war er vollkommen auf sich gestellt. Und war wahrscheinlich noch nie so froh gewesen, Christians Wohnung und seinen Porsche zu erblicken. Er war also schon wieder zurück. War es nicht viel zu früh? Mit schmerzverzerrtem Gesicht klingelte er und wartete, bis Christian endlich die Tür öffnete.

Und tatsächlich stand dieser nach einigen Sekunden mit verwirrtem Gesicht vor ihm.

"Robert? Was machst du denn schon hier? Was ist passiert?", fragte er genauso verwirrt, allerdings ohne den Weg in die Wohnung frei zu machen. Was Robert dann doch ziemlich verwunderte. Er wollte doch einfach nur rein, eine Schmerztablette haben und vielleicht etwas, um seine Hand zu kühlen.

"Verdammt, ich bin gestürzt und hab mich an der Hand verletzt. Ich brauche dringend etwas gegen die Schmerzen. Also lässt du mich bitte rein?"

Etwas überrumpelt schaute Christian auf seine Hand und ließ ihn dann endlich in die Wohnung. Was Robert allerdings nicht erwartet hatte war, dass Christian nicht alleine war. In dem Wohnzimmer saß Annalena, was Robert sich absolut nicht erklären konnte.

"Annalena? Was machst du denn hier? Was soll das Alles?". An Christian gewandt schloss er dann an: "Christian, warst du überhaupt weg? Oder wolltest du mich nur loswerden?"

Wütend schaute Robert zwischen den beiden her. Er verstand gar nichts mehr. Hätte er nicht solche Schmerzen, dann hätte er sich wahrscheinlich nicht ansatzweise im Griff gehabt. Was machten die beiden nur hier hinter seinem Rücken? Christian wollte gerade sprechen, als Robert ihnen einfach den Rücken zuwendete und sich endlich Schmerzmittel besorgte. Das war gerade wichtiger. Und er war froh, als er endlich die Schublade mit den Tabletten fand.

"Robert, es tut mir Leid. Wir mussten nur etwas alleine in Ruhe besprechen. Aber lass uns da später drüber sprechen. Was ist jetzt mit deiner Hand? Das sieht wirklich nicht gut aus. Vielleicht sollten wir das lieber abklären lassen gehen."

Robert zuckte nur mit den Schultern, bevor seine Beine beinahe unter ihm nachgaben. Zum Glück konnte Christian ihn noch festhalten. Und Christian war klar, dass alles andere warten konnte. Er würde jetzt mit Robert in die Notaufnahme fahren. Ob er wollte oder nicht. Alles andere schien gerade keine Option zu sein.

Robert ist wohl ein wenig tollpatschig (damit kenne ich mich selber nur allzu gut aus) und was Annalena und Christian da bloß gemacht haben...
Ich hoffe es gefällt euch :)

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