Nachdem Christian Franca in ihre ehemalige gemeinsame Wohnung gebracht hatte, wusste er nicht, was er tun sollte. Er wollte eigentlich nur noch zu Robert. Immerhin hatten sie sich heute wieder geküsst. Und das, obwohl sie doch eigentlich beide Zeit brauchten. Andererseits wollte er nicht einfach verschwinden und Franca alleine lassen. Also entschied er sich diese Nacht im Gästezimmer bei Franca zu verbringen. Deshalb schrieb er Robert nur eine Nachricht. Auch wenn er ihn dringend sehen wollte. Nach allem, was an diesem Abend geschehen war.
"Wie ist es gelaufen? Was hast du den beiden noch erzählt? Es tut mir wirklich Leid, was da alles passiert ist. Ich bleibe die Nacht bei Franca und schlafe hier im Gästezimmer. Können wir uns Morgen eventuell sehen und reden?"
Es war ein komisches Gefühl, wieder in ihrer alten Wohnung zu sein. Als Christian sich umschaute, stellte er fest, dass Franca vieles verändert hatte. Andere Möbel, andere Dekoration, andere Bilder. Es war kein gutes Gefühl. Christian fühlte sich so fremd hier. Obwohl es über Jahre doch sein eigenes Zuhause war. Doch ein Bild im Wohnzimmer kam ihm sehr bekannt vor. Es zeigte Franca und ihn, nachdem er sie gefragt hatte, ob sie seine Frau werden würde. Franca hatte es nicht weggeräumt, so wie die restlichen ihrer gemeinsamen Bilder. Das versetzte ihm dann doch einen Stich in seinem Herzen. Doch gleichzeitig wusste er genau, dass er niemals mit ihr hätte glücklich werden können. Nicht, nachdem Robert so in sein Leben getreten war.
Robert hingegen lag völlig fertig auf seinem Sofa, Andrea hatte er das Bett überlassen. Er musste auch ihr erst einmal erklären, was da auf dieser Veranstaltung passiert war. Denn nach diesem Aufeinandertreffen mit den beiden FDPlern sind sie dann auch ziemlich schnell gegangen. Früher als Andrea gedacht und erwartet hätte. Doch Robert hielt es in diesem Saal keine Sekunde länger aus. Und Christian war immerhin auch nicht mehr da gewesen. Also gab es dann doch einiges an Erklärungsbedarf bei Andrea. Und so erzählte er ihr dann auch, was alles geschehen war. Und mittlerweile waren sie wieder zurück in Roberts Wohnung. Er hatte noch schnell Christian geantwortet und sie würden sich nun am kommenden Tag treffen. Sie mussten sich dringend überlegen, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollten. Und Robert gingen die Worte, die Marie-Agnes gesagt hatte, nicht mehr aus dem Kopf.
Gebt nicht auf.
Hatte Robert nicht schon längst aufgegeben? Hatte das ihre Trennung nicht gezeigt? Er hatte nicht gekämpft. Christian hätte es getan. Er hätte so viel für ihn auf sich genommen. Nur damit sie glücklich sein konnten. Aber es gab nach wie vor eine Chance. Das wusste Robert. Und Christian hatte immerhin in Brüssel bekräftigt, dass er so wie es momentan war, nicht weitermachen wollte. Aber an die Öffentlichkeit gehen? Das konnte Robert nicht. Nach wie vor nicht. Aber es wieder geheim halten? Er wusste nicht, ob Christian das konnte. Wahrscheinlich nicht. Und eine andere Lösung gab es doch gar nicht. Oder? Robert sah zumindest keine. Manchmal wünschte sich Robert, dass all das einfach nie geschehen wäre. Dann hätten Christian und er jetzt nicht diese Probleme. Und sie hätten niemanden mit hinein ziehen müssen. Aber gleichzeitig hätten sie dann diese unfassbare Zeit nicht miteinander erlebt. Und die war es ihm dann doch wert. Und er liebte Christian nach wie vor. Da erübrigten sich eigentlich solche Gedanken. Aber es war hart. Und so bekam Robert kaum ein Auge in dieser Nacht zu.
Am nächsten Morgen stand Robert auf und das erste was er sah, waren viele Bilder von Christian und Franca. Vom letzten Abend. Es versetzte ihm schon einen Stich. Immerhin sollte er doch eigentlich derjenige sein, der in Christians Armen lag. Aber das war Wunschdenken und nicht die Realität. Doch vielleicht würde ihr heutiges Gespräch ja etwas ergeben. Auch wenn Robert nicht wusste, was passieren sollte. Immerhin waren sie keinen Schritt weiter gekommen. Und dieser neuerliche Kuss hatte wohl auch kaum etwas geändert. Ihnen nur bestätigt, dass ihre Gefühle nach wie vor die selben waren. Aber Robert war einfach so zerrissen. Es war alles irgendwie so falsch und fühlte sich doch richtig an.
Mittags verabschiedete Robert dann Andrea, die sich wieder auf den Weg in den hohen Norden machte. Er hatte zwischenzeitlich natürlich wieder an seiner Arbeit gesessen, doch eigentlich wartete er nur darauf, dass Christian bei ihm klingelte. Und es schien ihm endlos vorzukommen, diese Zeit des Wartens. Mittlerweile war auch noch ein Gewitter über Berlin herein gebrochen. Es war ein typisches Sommergewitter. Es kam plötzlich und schlug ziemlich schnell nieder. Aber dann war es auch nach kurzer Zeit wieder gut. Dann war der Himmel wieder klar.
Robert hatte selten ein Gewitter so sehr nachempfinden können. Die ganze Sache mit Christian kam damals so plötzlich. Es brach beinahe über sie hinein. Ihre Gefühle waren unkontrolliert und luden sich innerhalb kürzester Zeit ab. Es wurde alles innerhalb kürzester Zeit durcheinander gewirbelt. Es gab Verwüstung, ja zum Teil auch Zerstörung, wenn Robert an Franca und Andrea dachte, aber diese war auch nur von kurzer Dauer. Ebenso wie ihre Beziehung. Sie war kurz, sehr stark, geprägt mit heftigsten Gefühlen, aber doch so schnell wieder vorbei. Wie dieses Gewitter. Kurz, stark, heftig und schnell wieder vorbei. Und doch hatte es etwas schönes. War ein Gewitter nicht auch ein besonderes Naturereignis? Etwas, was man nicht fassen konnte. Was Gefahren beinhaltet. Riesige Gefahren. War es das nicht auch mit ihrer Beziehung gewesen? Besonders, etwas was man nicht fassen konnte, mit unheimlich vielen Gefahren und Risiken. Aber letztendlich verging auch jedes Gewitter. Jeder Sturm. Jedes Naturschauspiel. Und ihre Beziehung?
Wäre Robert nicht so fasziniert von dem gewesen, was sich dort am Himmel ereignete, hätte er beinahe das Klingeln an seiner Tür überhört. Doch er wurde aus seinen Gedanken gerissen und öffnete Christian schnell die Tür. Und war wirklich überrascht, als er Christian sah. Er war vollkommen durchnässt und schien nicht besonders gut gelaunt. Aber er war doch nicht gelaufen?
"Was bist du denn so nass? Komm erstmal rein."
"Ich bin zu Fuß gekommen. Vor 30 Minuten hatte ich auch noch nicht gedacht, dass das Gewitter so schnell kommt. Ich war ja bis vorhin noch bei Franca, da dachte ich tue ich mal etwas für meine Fitness, wenn ich schon etwas Zeit habe. Aber das lief jetzt nicht sonderlich optimal."
Christian zitterte beinahe am ganzen Körper. Er sah wirklich fertig aus. Darüber hatte Robert gar nicht nachgedacht, dass er ja noch bei Franca gewesen war. Aber gut, er hatte sich selbst dazu entschlossen, zu Fuß zu kommen. Daran konnte Robert jetzt nichts ändern. Aber er konnte es vielleicht etwas erträglicher machen.
"Komm, ich geb dir was anderes zum Anziehen. Wenn du willst, kannst du auch erst noch duschen gehen. Ich hab jetzt erstmal ein bisschen freie Zeit, zumindest muss ich nirgendwo hin."
Christian nickte und war froh, dass Robert so besonnen mit der Situation umging. Fast automatisch bewegte er sich in das Badezimmer von Roberts Wohnung. Er war ja immerhin schon oft hier gewesen. Und seit ihrer Trennung kein einziges Mal. Es war also ein komisches Gefühl. Vor allem wenn er daran dachte, was in diesem Raum schon geschehen war. Schon bevor Robert ihm Klamotten gegeben hatte, stand Christian unter dem warmen Wasser. Das war auch wirklich notwendig gewesen. Das Gewitter war vorbei und er wollte die Kälte, die es in ihm hinterlassen hatte, auch endlich wieder abspülen. Robert hingegen hatte das Ganze nicht allzu sehr durchdacht und platzte irgendwann in das Badezimmer herein. Eigentlich wollte er Christian nur noch schnell einige Klamotten geben. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass Christian so schnell war. Also blieb Robert dann doch etwas das Herz stehen, als er Christian dort so sah. Und auch bei ihm weckte dies Erinnerungen.
Noch ein Kapitel heute Abend. Auch wenn ich momentan nicht so zufrieden bin, mit dem was ich schreibe. Ich hab ein wenig das Gefühl, dass es sich alles etwas zieht. Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem :)
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Die Leere in uns
FanfictionFortsetzung von "Der ganze Lärm um uns" Acht Monate waren vergangen seit der Trennung. Acht Monate, in der sich die Welt für Christian und Robert neu sortierte. Acht Monate, die für beide unfassbar hart waren. Doch beide hatten gelernt, mit dieser s...