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Marco schaute zu Christian, der ihm zunickte. Also war es beschlossene Sache, dass Marco zumindest mal die Nacht bei ihnen verbringen würde. Deshalb stand Robert auf und sorgte dafür, dass das Gästezimmer halbwegs in Ordnung aussah. Glücklicherweise hatte Christian ein Gästezimmer. Und so ließ Robert den beiden FDPlern dann auch etwas Zeit, um in Ruhe sprechen zu können. Denn er war definitiv nicht derjenige, der dabei sein sollte. So gut kannte er Marco auch nicht. Und er fühlte sich wie gesagt auch wirklich schlecht. Denn es versetzte ihn so sehr zurück in die Trennung von Andrea. Er versuchte diese Gedanken abzuschütteln, aber so richtig gelingen wollte es ihm nicht.

Christian hingegen saß weiterhin zusammen mit Marco. Er war wirklich schockiert, was Marco ihm da soeben erzählt hatte. Denn er selber hätte das nie in Betracht gezogen, dass so etwas bei Marco passieren würde. Denn eigentlich waren die beiden immer glücklich gewesen. Und jetzt saß Marco so verzweifelt vor ihm. Das ließ auch Christian nicht wirklich kalt.

"Christian, was soll ich jetzt nur machen?", fragte Marco ihn verzweifelt. So fertig hatte Christian ihn selten gesehen. Wahrscheinlich noch nie.

"Erstmal musst du dich beruhigen und dann vielleicht in Ruhe über all das nachdenken. Und mit ihr nochmal sprechen sprechen, wäre wahrscheinlich auch kein Fehler. Vielleicht gibt es ja noch eine Chance."

"Ich weiß es einfach nicht. Ich glaube, ich bin selber Schuld. Sie hat ja Recht damit, dass ich gefühlt nie da bin. Aber was soll ich tun? Mir bleibt doch nichts anderes übrig."

"So ist es, und das weiß sie doch auch. Immerhin bist du nicht erst seit gestern Politiker. Und ihr seid nicht erst seit gestern verheiratet."

Marco wusste nicht mehr, was er noch sagen sollte. So saßen sie dann noch eine ganze Weile zusammen und schwiegen. Robert hingegen saß draußen, auf der Dachterasse. Da es schon dunkel war, musste er auch nicht fürchten, dass man ihn sehen konnte. Abgesehen davon gab es auch eigentlich weit und breit keine Möglichkeit, einen Blick auf die Terrasse zu bekommen. Dementsprechend frei konnte er sich dort bewegen. Und seine Gedanken ließen ihn doch nicht los. Der Abend war mittlerweile eh schon gelaufen. Erst, dass er doch keine gemeinsame Zeit mit Christian verbringen konnte. Und dann auch noch diese Sache, die Marco erzählt hatte. Die ihm selbst ein solch schlechtes Gewissen bereitete. Wahrscheinlich sollte er sich nochmal bei Andrea entschuldigen. Wobei eine erneute Entschuldigung wahrscheinlich niemals dafür reichen würde, was er ihr angetan hatte. So wie es wahrscheinlich auch für Marco nicht reichen würde, wenn seine Frau sich einfach nur bei ihm entschuldigen würde.

Irgendwann stand auch Christian auf der Terrasse, hinter Robert und legte seine Hände auf Roberts Schultern.

"Hey, was machst du denn hier draußen?", fragte Christian mit leiser Stimme. Er wollte die Stille des Abends, der Nacht nicht unterbrechen.

"Ich wollte euch beide lieber alleine lassen und mal etwas an die frische Luft gehen, den Kopf frei bekommen. Das schadet ja nie."

"Was hältst du davon, unseren Plan mit dem Whirlpool trotzdem noch umzusetzen. Marco ist immerhin jetzt im Gästezimmer.", lachte Christian leicht und verstärkte währenddessen den Druck auf Roberts Schultern. Man merkte ihm an, dass er noch Pläne hatte, die er an diesem Abend in die Tat umsetzen wollte. Aber Robert war davon offenbar nicht so angetan.

"Ich denke das wäre keine gute Idee. Verzeih es mir Christian, aber der Abend ist ehrlich gesagt jetzt auch für mich gelaufen. Abgesehen davon hätte ich da auch kein gutes Gefühl, wenn ich weiß, dass Marco nur ein paar Türen weiter ist."

Enttäuscht schaute Christian runter zu Robert. Er wollte doch einfach die Zeit mit Robert genießen. Und endlich wieder seine Berührungen auf seiner eigenen Haut spüren. Deshalb verstand er Robert nicht. Sie wollten und mussten doch jede Sekunde nutzen.

"Ach komm schon Robert, Marco bekommt doch nichts mit. Lass uns den Abend wenigstens noch etwas genießen."

Robert schüttelte nur den Kopf. Manchmal konnte Christian auch echt nerven. Und wenn dies der Fall war, dann erinnerte ihn dies oft an die Zeit, in der sie beide einfach erbitterte Konkurrenz waren und er ihn einfach nur nervend fand.

"Nein, Christian. Du verstehst es nicht. Die ganze Sache mit Marco war gerade einfach etwas zu viel. Vielleicht kannst du es nicht so ganz nachvollziehen, aber immerhin war ich mal die Person, die ihre Frau so sehr hintergangen hat, wie Marco es von seiner Frau wurde. Ich habe eben gerade haargenau vor Augen geführt bekommen, was ich mit der Frau, die ich so lange so sehr geliebt habe, getan haben muss. Und das ist beileibe kein gutes Gefühl, Christian. Nein, wenn man sieht, wie sehr die andere Person darunter leidet, und ich habe Marco eben gesehen, da ist doch der einzige Gedanke, dass man ein schlechter Mensch ist. Klar, die ganze Sache ist durch und vorbei, aber im Grunde macht es das nicht besser. Deshalb wollte ich jetzt einfach mal kurz für mich sein."

Mittlerweile hatte sich Christian neben Robert gesetzt. Und so langsam verstand er, was in dem Grünen vor sich ging. Es waren seine eigenen moralischen Ansprüche, die ihm vor Augen geführt wurden. Denen er nicht gerecht werden konnte. Christian traute sich in dem Moment nicht, Roberts Hand zu nehmen. Denn immerhin hatte er ihn gerade eben noch ziemlich eindeutig zurück gewiesen.

"Robert, du bist kein schlechter Mensch. Andrea hat dir verziehen, deine Jungs haben dir verziehen und das ist doch das, was zählt. Ja, es war nicht gut, dass das damals so abgelaufen ist. Aber dann ständen wir heute vielleicht nicht hier. Vielleicht hatte das alles seinen Sinn und Zweck. Auch wenn es natürlich gerade für Andrea schlimm war. Aber so wie es mir scheint, konnte sie ziemlich gut damit abschließen und umgehen."

"Ja, da hast du Recht. Aber trotzdem werde ich immer ein Fremdgeher und Betrüger bleiben. Das werde ich nicht mehr los. Und wahrscheinlich ist das Problem, dass ich es mir selbst noch nicht verzeihen kann. Zumindest nicht vollständig."

"Robert, egal was du denkst, ich liebe dich. Auch wenn du fremdgegangen bist und deine Frau betrogen hast, ich liebe dich und das kann dadurch auch nicht geändert werden. Abgesehen davon bin ich ja selbst nicht besser und habe einen großen Teil dazu beigetragen. Aber auch das hat dazu geführt, dass wir jetzt glücklich zusammen sein können."

Eine ganze Weile saßen sie schweigend auf der Dachterrasse. Über ihnen waren vereinzelt Sterne zu sehen und sie konnten noch vereinzelt Vögel hören, die ihr Unwesen in der Potsdamer Nacht trieben. Wäre Robert nicht so niedergeschlagen, dann würde er es als magischen Moment bezeichnen. Die Natur so nah, so echt und Christian, den er liebte, neben ihm. Da gab es doch kaum besseres. Und so sprach er dann doch wieder über schönere Dinge.

"Weißt du, früher sind meine Freunde und ich immer in den Sommermonaten an den Strand gegangen und haben dort gezeltet. Jedes Mal, wenn ich die Sterne so klar und deutlich über mir sehe, dann muss ich daran denken. Was für wunderschöne Momente das waren. Und jetzt darf ich diese Momente mit dir verbringen. Das hätte ich mir wohl damals auch nicht denken können, dass ich mal mit einem Mann, der zusätzlich noch liberal ist, diese Momente teilen würde."

"Glaub mir, das war auch nicht meine Vorstellung.", lachte Christian leicht und war froh, dass Robert wieder positiver dachte. Auch Robert musste leicht lachen. Nein, wahrscheinlich hätte sich auch Christian nicht ansatzweise denken können, dass er mal solch eine Beziehung mit einem Grünen hätte. Sicherlich nicht. Aber umso wertvoller war es doch.

"Aber jetzt gerade gibt es nichts, was ich mir für die Zukunft mehr wünschen könnte. Einfach mit dir zusammen sein, diese Momente teilen und glücklich sein. Das würde ich mir wirklich wünschen. Am besten für den Rest unseres Lebens."

Robert musste kurz schlucken, als er diese Worte hörte. Für den Rest ihres Lebens. Das klang doch schon ziemlich verbindlich. Das hatte er bisher nur Andrea schonmal geschworen. Und auch Christian merkte plötzlich, was er da eigentlich gerade gesagt hatte.

"So meinte ich es nicht, Robert. Ich will einfach mit dir glücklich sein. Das ist Alles."

Die Leere in uns Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt