"Vielleicht ist es ja wirklich eines Tages möglich, dass es ein für immer gibt. Dass wir uns das schwören können."
Überrascht schaute Christian zu Robert. Hatte er doch gedacht, dass er gerade etwas gänzlich falsches gesagt hatte. Immerhin sprachen sie beide hier gerade indirekt über Heiraten. In der fernen Zukunft zwar. Aber sie sprachen darüber. Und das war doch etwas, was Christian nicht für möglich gehalten hätte. Nie hätte er das. Und er dachte ehrlich gesagt, dass er mit seiner Aussage den falschen Nerv getroffen hätte. Aber offensichtlich verübelte Robert es ihm nicht.
"Vielleicht gibt es eines Tages den richtigen Zeitpunkt. Aber jetzt sollten wir mehr in der Gegenwart leben.", schob Robert dann doch noch hinterher. Und machte Christian damit trotzdem unglaublich glücklich. So zufrieden starrte er dann einfach zu Robert, der ihn genauso musterte. Es glich beinahe einem Wunder, dass Christian nicht über den anderen Mann herfiel. Aber er wollte sich doch ein wenig zurück halten. Wobei er das verbal ja nicht wirklich tat.
"Christian, wenn wir jetzt eh schon über solche Dinge sprechen, ich habe letztens über etwas nachgedacht. Ich weiß ja, wie sehr du dir immer Kinder gewünscht hast. Am besten viele Kinder. Aber wir haben bisher nie darüber gesprochen, dass es dir so, wie es jetzt ist, nicht möglich sein wird, Vater zu werden. Wir haben nie darüber gesprochen. Kannst du das überhaupt so mitmachen? Immerhin ist es doch ein großer Wunsch von dir."
Christian seufzte. Ja, das war ein riesiger Wunsch. Und ja, sie mussten darüber sprechen. Denn die ganze Thematik zu ignorieren, das brachte doch auch nichts.
"Ja, es ist nach wie vor ein Wunsch und Traum zugleich, aber ich weiß, dass dieser Wunsch unrealistisch ist. Und irgendwo tut es auch weh. Aber gleichzeitig weiß ich, wofür ich das aufgebe und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es deshalb akzeptieren kann. Auch wenn es nicht einfach ist."
Robert war ein Stück weit erleichtert, als er die Worte hörte. Er hatte Angst gehabt, dass Christian dies mehr zweifeln ließ, als er es sich erhoffte. Und er wollte nicht, dass dieses wichtige Thema zwischen den beiden stand. Denn das wäre sicherlich nicht förderlich für ihre Beziehung. Und Robert würde es sich sicherlich nicht verzeihen, wenn Christian deshalb eigentlich litt. Dann hätten sie eine andere Lösung finden müssen. Aber wenn es so war, dann war Robert doch etwas beruhigt. Und es zeigte ihm mal wieder, wie viel Christian eigentlich für ihn aufgab. Ganze Lebensentwürfe, die er geplant hatte. Und das bedeutete ihm dann doch ziemlich viel. Denn er wüsste nicht, wie er damit umgehen würde, wäre er in seiner Lage. Aber Robert hatte ja das Privileg, schon 4 Kinder zu haben. Apropos.
"Christian, es tut mir leid, dass du so viel für mich aufgibst. Und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie dankbar ich dafür bin und wie hoch ich dir das anrechne. Wirklich, ich weiß nicht, wie ich in solch einer Reaktion reagieren würde. Aber vielleicht wäre es so langsam mal an der Zeit, dass du zumindest meine Jungs kennenlernst. Immerhin lief es bei der Begegnung mit Andrea ja auch eigentlich gut und ich habe das Gefühl, dass ihr die Chance bekommen solltet, euch kennenzulernen. Immerhin gehörst du so langsam aber sicher zur Familie."
Robert war sich unsicher, ob es der richtige Zeitpunkt war, Christian das zu sagen. Er wusste nicht, ob er sich dafür bereit fühlte. Aber Robert war sich sicher, dass sie nicht mehr länger warten mussten. Seine Söhne hatten es mittlerweile akzeptiert und waren auch neugierig darauf, Christian persönlich kennenzulernen. Sie kannten ihn immerhin nur als Person der Öffentlichkeit. Und waren dementsprechend etwas voreingenommen. Das wollte Robert wahrscheinlich auch ändern. Und es wäre definitiv ein nächster Schritt. In ihrer Beziehung, aber auch gegenüber seiner Familie. Christian schaute ihn mit großen Augen an. In diesem Moment fehlten ihm die Worte, was nicht allzu oft vorkam. Es war wirklich etwas Besonderes, was Robert ihm da soeben gesagt hatte. Dass er zur Familie gehörte. Er, der die Familie doch eigentlich zerstört hatte. Und jetzt sollte er Roberts Kinder kennenlernen. Er wusste absolut nicht, ob er dafür bereit war. Und ob es eine gute Idee wäre. Aber allein das Angebot von Robert bedeutete ihm unheimlich viel. Nervös atmete er durch.
"Was sagst du dazu?", fragte Robert jetzt auch etwas unsicher. Er wusste nicht, was Christian davon hielt. Was er darüber dachte. Und mit jeder Sekunde die verging, wurde Robert unsicherer, ob es richtig war.
"Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das bedeutet mir wirklich viel. Aber ich bin mir unsicher, ob es richtig wäre. Immerhin war ich mehr oder weniger der Grund, warum deine Familie nicht mehr dieselbe ist. Ich weiß nicht, ob das wirklich eine gute Idee wäre. Was, wenn deine Jungs mich überhaupt nicht sehen wollen? Oder wenn... "
"Christian. Du vergisst, dass sie meine Kinder sind und dementsprechend gut erzogen sind.", lachte Robert. "Nein, im Ernst jetzt, sie sind neugierig, dich kennenzulernen. Wahrscheinlich wollen sie auch verstehen, was ich an dir finde. Also da musst du dir wirklich keine Gedanken machen. Ich denke, so langsam ist es der richtige Zeitpunkt."
"Ich bin mir wirklich unsicher. Aber wenn du so überzeugt bist, dann wirst du wahrscheinlich Grund dafür haben. Also hoffe ich, dass ich dir vertrauen kann. Auch wenn ich trotzdem Bedenken habe, dass es nicht gut läuft. Aber am besten werden wir es herausfinden."
Robert musste wirklich lächeln, als er die Worte hörte. Konnte er Christian also doch überzeugen. Und es freute ihn wirklich. Nachdem er sich vor ein paar Minuten noch so schlecht gefühlt hatte, war diese schlechte Laune jetzt verflogen.
"Also was wir machen könnten wäre, dass wir entweder bevor wir nach Dänemark fahren, einen Abstecher nach Flensburg machen. Oder eben wenn wir auf dem Rückweg sind. Wäre das für dich in Ordnung? Dann würde ich dafür sorgen, dass die Jungs auch da sind."
"Ja, aber lass uns das dann bitte direkt machen. Sonst werde ich die Tage in Dänemark absolut nicht genießen geschweige denn entspannen können. Dann haben wir es wenigstens hinter uns."
Robert nickte und war einfach froh, dass Christian so entschieden hatte. Und es waren ja nur noch wenige Tage, bis sie sich dann auf den Weg machen würde. Und Robert freute sich. So konnte er wenigstens in gewisser Weise zeigen, dass er es wirklich ernst mit ihnen meinte. So oft er auch zweifelte, so schlecht er sich manchmal fühlte, so wusste er doch, dass ihre Beziehung etwas Besonderes war. Und das wollte er auch Christian zeigen. Während Christian schonmal in das Innere seiner Wohnung zurückging, schrieb Robert noch schnell Andrea, um das Go von ihr zu bekommen. Immerhin würde sie auch da sein, wenn er mit Christian kommen würde. Aber so wie er es geahnt hatte, war sie damit einverstanden. Und war tatsächlich auch gespannt auf das Zusammentreffen von ihren Kindern mit Christian. Diese schrieb Robert dann auch noch schnell an und war froh, dass es auch für sie möglich war, dann zu kommen. Dann war dieses Vorhaben also beschlossene Sache. Und natürlich war auch Robert etwas aufgeregt. Aber es war kein Vergleich zu dem, was Christian empfand.
Dieser stand im Badezimmer und musste mal kurz einen klaren Kopf bekommen. Es war immerhin viel an diesem Abend passiert. Erst, dass er sich beim Kochen so blöd angestellt hatte. Seine Hand schmerzte übrigens immer noch. Dann die ganze Sache mit Marco. Daraufhin Roberts Zweifel und trotzdem der Umschwung der Stimmung, sodass sie beschlossen hatten, gemeinsam zu Roberts Kindern zu fahren. Dass er sie kennenlernte. Das war schon alles ziemlich viel. Und Christian ärgerte sich nach wie vor, dass Robert und er an diesem Abend nicht wirklich die gemeinsame Zeit hatten, die er sich vorgestellt hatte. Aber gut, zumindest konnte er jetzt neben Robert einschlafen. Und am nächsten Morgen wieder aufwachen. Dafür lohnte es sich doch auch. Und am nächsten Abend sollte Robert wieder bei ihm sein. Hoffentlich würde sich einfach bis dahin die Situation mit Marco schnell klären.
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Die Leere in uns
FanfictionFortsetzung von "Der ganze Lärm um uns" Acht Monate waren vergangen seit der Trennung. Acht Monate, in der sich die Welt für Christian und Robert neu sortierte. Acht Monate, die für beide unfassbar hart waren. Doch beide hatten gelernt, mit dieser s...