Langsam liefen Christian und Robert durch das Gebäude, wurden einige Male aufgehalten und kontrolliert. Dabei hatten sie immer einen angemessen Abstand, sodass niemand, der nicht von ihrer Beziehung wusste, etwas ahnen würde. Beide waren so unfassbar nervös, dass sie kein Wort mehr wechselten. Und Robert fühlte sich sichtlich unwohl. Er war die letzten Monate so oft hier gewesen. Mindestens einmal die Woche. Aber nie war es so wie jetzt. Oft stand Robert unter Druck. Die letzten Monate waren politisch ja auch nicht gerade einfach gewesen. Aber jetzt? Jetzt war es eine ganz andere Situation mit ganz anderen Gefühlen.
Mittlerweile waren sie in dem Gang angekommen, in dem der Raum lag, in dem der Kanzler wohl auf sie wartete. Beide atmeten noch einmal tief durch, blickten zueinander, nickten sich zu und Robert klopfte energisch an die Tür, bevor sie nacheinander den Raum betraten. Scholz begrüßte sie und sah so nüchtern wie nahezu immer aus. Robert konnte aus seinem Gesichtsausdruck absolut nicht lesen, was er dachte. Aber das war eigentlich nicht außergewöhnlich. Robert und Christian setzten sich ihm gegenüber und schauten angespannt zu ihm. Jede Sekunde, in denen nichts gesagt wurde, kam Robert wie eine Ewigkeit vor. Eine schreckliche Ewigkeit. Und dann sprach Scholz endlich.
"Wollt ihr vielleicht erstmal eure Sicht der Dinge schildern? Wie die ganze Situation aussieht?", fragte der Kanzler auffordernd. Robert übernahm einfach die Initiative und ließ Christian dann einfach leise neben ihm sitzen. Aber es schien in Ordnung für ihn zu sein. Also begann Robert zu erzählen.
"Ja, wenn ich anfangen darf. Also um es von vornherein klar zu sagen, wir sind zusammen. Seit ein paar Wochen. Davor waren wir 8 Monate getrennt und vor dieser Trennung waren wir schon einmal einige Wochen zusammen. Also geht das Ganze schon deutlich länger. Und wir haben ehrlich gesagt auch nicht vor, unsere Beziehung zu beenden, egal wie das hier heute ausgeht. Das sollte klar sein. Aber abgesehen davon ist es natürlich klar, dass die ganze Situation jetzt sehr schwierig ist. Wir wollten natürlich nicht, dass es herauskommt. Weder an die Öffentlichkeit, noch innerhalb der Regierung. Wir waren vorsichtig und immer professionell. Sonst hätte man es uns sicherlich schon früher angemerkt. Aber wir haben immer und tun es nach wie vor, alles private vom politischen getrennt. Es war nie eine Option, uns nicht professionell zu verhalten. Und wir haben wirklich unser bestes versucht. Nunja, jetzt weißt du es."
Scholz nickte und Christian sprach einfach weiter, er wollte erklären, was ihr Plan nun war.
"Wir haben herausgefunden, von wem die Mail stammt. Roberts Sohn kennt sich da so ein wenig aus mit der Technik und konnte den Absender rückverfolgen. Und tja, es war der geschätzte Kollege Friedrich Merz. Das konnten wir belegen. Dementsprechend könnten wir ihn damit persönlich konfrontieren und Druck auf ihn ausüben, sodass er seine Drohung nicht umsetzen kann. Das war unsere Idee. Abgesehen davon ist es ja ganz klar, dass das rechtlich auch absolut nicht in Ordnung ist, was Merz da gemacht hat. Damit sollte er wirklich nicht an die Öffentlichkeit gehen. Marco unterstützt wird uns da rechtlich unterstützen.", sprach Christian nervös. Gespannt schauten er und Robert zu Olaf Scholz. Und sie konnten immer noch keine Regung im Gesicht des Kanzlers sehen. Robert hielt es kaum noch aus. Deshalb durchbrach er dann erneut die Stille.
"Aber natürlich ist jetzt erstmal die Frage, was du zu der ganzen Sache sagst.", sprach Robert nervös. Er wollte es eigentlich nicht hören. Aber er hielt die Spannung nicht mehr aus. Und Christian schien es ähnlich zu gehen, denn auch er nickte zustimmend. Also sprach auch endlich Scholz. Und Robert befürchtete, dass es gleich mit ihren politischen Ämtern vorüber war. Alles andere war kaum vorstellbar.
"Ja, natürlich. Also gut. Natürlich ist das Ganze nicht einfach. Und in gewisser Weise auch ein Vertrauensbruch. Und glauben konnte ich es bis gerade eben auch nicht wirklich, obwohl ich die Bilder gesehen habe. Also das spricht ja eigentlich dafür, dass ihr es gut geheim gehalten habt, wenn ich so überrascht war." Der Kanzler stoppte und musterte die beiden Minister. Und Robert kam es so vor, als ob er verrückt werden würde. Konnte Scholz nicht einfach sagen, was Sache war? Gerade brachte Robert das ziemlich aus dem Konzept. Er wollte endlich Gewissheit haben. Was mit ihnen passieren würde. Deshalb räusperte sich Robert leicht und Scholz schien wieder aus seiner Starre, oder was auch immer das war, zu erwachen.
"Natürlich bin ich nicht begeistert davon. Und ich habe seit gestern wirklich viel nachgedacht, wie wir so weitermachen sollen und können. Und so richtig sicher bin ich auch ehrlich gesagt jetzt noch nicht, ob das klappen kann. Vor allem, sollte es an die Öffentlichkeit gelangen. Und das wird ja offensichtlich jeden Tag wahrscheinlicher. Aber dass ihr wisst, von wem diese Drohung kommt, ändert die Situation natürlich nochmal. Ich unterstütze auf jeden Fall, dass ihr ihn damit konfrontiert und sich die Sache so regelt. Und sonst wäre es wohl sehr fatal, wenn ihr beide zurücktreten würdet. Das möchte ich nicht verantworten. Also werden daraus zumindest zunächst von meiner Seite aus keine Konsequenzen folgen. Solange es nicht an die Öffentlichkeit gelangt, müssen wir kein größeres Problem draus machen, als es eigentlich ist. Haltet mich einfach auf dem Laufenden, was die Sache mit Merz angeht. Und macht sonst das Beste aus der Situation. Hoffen wir, dass es so schnell nicht an die Öffentlichkeit gelangt."
Unfassbar erleichtert atmete Robert auf. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er die Luft angehalten haben musste. Eine Welle des Adrenalins durchrauschte seinen Körper. Und Christian schien es ähnlich zu gehen. Er hatte ein kleines Lächeln auf den Lippen und war wieder deutlich ruhiger.
"Okay, danke für dein Vertrauen. Dass wir weitermachen dürfen. Wir werden sicherlich weiter unser Bestes geben. Hoffentlich klärt sich alles weitere.", antwortete Christian. Robert war noch nicht in der Lage, wieder zu sprechen. Er war noch ein wenig überwältigt von all seinen Gefühlen, die so plötzlich auf ihn einprasselten. Vor einigen Minuten dachte er noch, dass seine politische Karriere in wenigen Momenten vorbei sein würde. Doch jetzt haben sie erneut eine Chance bekommen. Und plötzlich standen Christian und er wieder alleine in dem Raum. Der Kanzler musste schnell weiter zu einem Termin und ließ die beiden Minister zurück. In einigen Minuten würden dann die Parteispitzen der Grünen und SPD zu ihnen dazu treffen. Aber es blieb ihnen noch etwas Zeit, in der sie alleine und ungestört waren. Robert konnte nach wie vor nicht ganz realisieren, wie einfach und schnell das Gespräch ablief. Christian nahm endlich seine Hand und schaute fragend zu ihm. Denn so ganz anwesend war Robert dementsprechend nicht.
"Oh Gott, haben wir das gerade wirklich geschafft?", fragte Robert dann endlich ziemlich durch den Wind. Christian musste leicht lachen.
"Ja, das haben wir wohl. So schnell ist es dann doch noch nicht vorbei mit uns. Alles weitere schaffen wir jetzt auch noch. Jetzt können wir uns ein wenig beruhigen."
Christian stand auf und zog Robert endlich in eine innige Umarmung. Das erste Problem war bewältigt. Und beide waren unfassbar erleichtert. Und dieser kleine Moment, den sie dort zusammen verbrachten, bedeutete beiden unfassbar viel. Sie waren zusammen durch diese Krise gegangen. Natürlich, sie ist bei weitem noch nicht bewältigt. Aber sie haben zusammen für ihre Beziehung eingestanden. Und das machte vor allem Christian unfassbar froh und stolz. Denn letztes Mal konnte Robert nicht für sie beide einstehen, als sie sich in solch einer Krise befanden. Und dann haben sie sich getrennt. Aber jetzt war es anders. Und Christian bedeutete es unfassbar viel. Es zeigte ihm, dass sich ihre Beziehung verändert hatte. Dass sie weiter waren als im letzten Jahr. Sie wussten nun beide, was ihnen an ihrer Beziehung lag. An ihnen gegenseitig. Und es schien nicht so, als ob sie irgendetwas auseinander bringen könnte. So hoffte es zumindest Christian. Aber zumindest in diesem Moment war er unfassbar überzeugt davon. Hoffentlich würde diese Hoffnung nicht vergehen.
Leider habe ich es nicht schneller geschafft, zu updaten. Aber wenigstens scheint es ja zunächst mal ganz gut gelaufen zu sein :) Ich hoffe, es gefällt euch!
DU LIEST GERADE
Die Leere in uns
FanfictionFortsetzung von "Der ganze Lärm um uns" Acht Monate waren vergangen seit der Trennung. Acht Monate, in der sich die Welt für Christian und Robert neu sortierte. Acht Monate, die für beide unfassbar hart waren. Doch beide hatten gelernt, mit dieser s...