"Es muss offensichtlich jemand sein, der Neuwahlen will. Also wird es niemand aus unseren Parteien sein. Kubicki auch sicherlich nicht, der hätte mir das sonst direkt angedroht. Und nicht einfach sowas gebracht. Und die SPD wird auch nicht auf Neuwahlen aus sein, dafür stehen sie zu schlecht in den Umfragen momentan dar.", stellte Christian fest.
Robert murmelte leise: "CDU".
Christian nickte, ja das war auch sein Gedanke. Irgendwer aus der CDU musste dahinter stecken. Die Afd wollte ihnen zwar auch grundsätzlich schlechtes, aber die waren ehrlich gesagt zu blöd, um so etwas herauszufinden. Und alles andere ergab einfach keinen Sinn. Es musste also irgendwer aus der CDU sein, der sie da erpresste. Denn das war es ja. Erpressung. Aber sie bräuchten jetzt einen Plan. Es half alles nichts. So schlimm die Situation war, zumindest Christian wollte jetzt einen kühlen Kopf bewahren.
"Robert, wir müssen jetzt ruhig bleiben. Wir haben 7 Tage Zeit. Morgen früh fahren wir zurück nach Berlin und dann treffen wir uns auf jeden Fall mit dem Kanzler und besprechen die Lage. Am besten dann auch noch mit den restlichen Parteivorsitzenden. Dann haben wir das schonmal hinter uns. Es bringt jetzt eh nichts mehr, unsere Beziehung vor all denen zu dementieren. Das bekommen wir schon hin. Nur sollten wir uns jetzt schonmal überlegen, welche Möglichkeiten es für uns gibt."
Robert nickte leicht. Christian hatte ja Recht. Aber er selber konnte noch nicht wieder klar denken. Er war gerade in keinster Weise in der Lage, ihr weiteres Vorgehen zu planen. Deshalb überließ er Christian das Sprechen.
"Und vielleicht gibt es ja doch irgendwie eine Lösung. Zumindest habe ich einen Ansatz. Es ist ja ganz klar, dass diese Mail eine Drohung ist und obendrein unsere Persönlichkeitsrechte verletzt. Gerade das Recht am eigenen Bild. Wir müssen herausfinden, wer genau diese Mail geschrieben hat und dann können wir rechtlich vorgehen. Das sollte auch innerhalb einer Woche machbar sein. Wir müssen nur einfach herausfinden, wer dahinter steckt."
In Roberts Kopf ratterte es. Er war nicht der größte Technik Nerd, Christian hatte ihm da sicherlich einiges voraus. Aber er hatte doch mal so etwas gehört. Irgendwas war da doch, ganz tief in seinem Gehirn. Aber es kam nicht aus seinem Mund.
"Jakob...", sprach er leise aus. Schockiert blickte Christian ihn an.
"Was?", rief Christian beinahe vor Entsetzen und Verwirrung.
"Nein nein. Ich meine Jakob hatte da mal was erzählt. Ich glaube er meinte, dass er mithilfe der IP-Adresse Absender rückverfolgen könnte. Irgendwie den Standort ermitteln. Vielleicht funktioniert das ja auch. Keine Ahnung, ob das legal ist. Aber das ist mir gerade sowas von egal. Ich ruf ihn kurz an und schick ihm die Mail. Dann kann er mir sagen, ob das möglich ist."
Plötzlich hatte Robert Tatendrang ergriffen und er lief einige Meter mit seinem Handy weg, sodass Christian ihn nicht mehr hören konnte. Ausgerechnet Jakob sollte sie nun in gewisser Weise retten. Obwohl er doch derjenige war, der heute Morgen so kritisch mit ihnen umgegangen war. Heute Morgen. Christian kam es so vor, als ob seit dieser Begegnung Wochen vergangen wären. Aber nein, es waren nur einige Stunden. Da schien die Welt noch so perfekt zu sein. Und jetzt lag alles in Trümmern. Aber vielleicht war es noch nicht zu spät, um ihre Welt nicht komplett einstürzen zu lassen. Noch hatte Christian Hoffnung in sich. Immerhin hatte er mit Marco nicht nur einen wirklich guten Freund und Parteikollegen, sondern auch einen unheimlich guten Juristen an seiner Seite. Wenn er jemandem hinsichtlich Recht und Gesetz vertraute, dann war es Marco. Aber jetzt wartete Christian erstmal, bis Robert wiederkam.
"Es sollte funktionieren. Jakob setzt sich sofort dran. Er meinte, dass es ein wenig dauern könnte, aber hoffentlich hat er heute Abend noch ein Ergebnis. Dann wüssten wir zumindest, von welchem Ort und welchem Gerät die Mail geschrieben wurde. Das würde es doch schonmal erleichtern."
"Absolut. Ich melde mich dann gleich mal bei Marco, ich denke er ist der kompetenteste, was diese rechtliche Sache angeht. Dann berichte ich ihm, wie wir bisher vorgegangen sind. Aber Robert, wir müssen jetzt mal offen reden. Welche Möglichkeiten haben wir, wenn das ganze nicht so klappt, wie wir uns es erhoffen."
Robert nickte und wäre am liebsten wieder in Tränen ausgebrochen. Er war heute auch überaus emotional. Aber gut. Er empfand es als gerechtfertigt. Er wollte nicht darüber sprechen, was passieren könnte. Denn plötzlich war alles so realistisch. Alles, was vorher weit weg schien, könnte plötzlich innerhalb kürzester Zeit eintreten. Wenn sie Pech hatten waren sie am morgigen Tag, nach dem Gespräch mit dem Kanzler, ihre Ämter los. Verständlich wäre es auf jeden Fall.
"Du hast Recht. Wenn wir Pech haben, finden wir in der Koalition keine Akzeptanz. Da müssen wir wahrscheinlich die Gespräche Morgen abwarten. Dann müssten wir sowieso zurücktreten und die ganze Sache mit Neuwahlen wäre gegessen. Apropos, es ist natürlich ganz klar, dass es keine Neuwahlen geben wird. Also das ist keine Option. Auch wenn es unsere Karrieren vielleicht retten könnte. Aber unser Glück steht nicht über dem Deutschlands. Und sonst wäre es noch eine Option, einfach abzuwarten, bis diese anonyme Person unsere Beziehung veröffentlicht. Dann würden wir sehen, wie darauf reagiert wird in der Öffentlichkeit und dann unsere Schlüsse daraus ziehen. Oder wir gehen in die Offensive und verkünden es einfach selbst. Vielleicht würde uns das etwas weniger schaden. Wobei, ich denke nicht. Wenn es von dieser anonymen Person veröffentlicht wird, dann können wir uns wenigstens mit dem geltenden Recht verteidigen und das Argument bringen, dass wir unsere Arbeit nicht belasten wollten und es daher nicht veröffentlicht haben. Aber ich weiß es nicht. Ich hoffe einfach, dass wir dem Ganzen schnell ein Ende setzen können."
"Ja, das hoffe ich auch. Ich würde sagen, sollte unser Plan nicht aufgehen, dass wir die anonyme Person herausfinden, dann lassen wir es auf uns zukommen, dass diese Person es veröffentlicht. Dann sind wir vielleicht in einer Situation, in der wir uns besser erklären können. Und auf diese Drohung und Erpressung eingehen können."
"Genau. Ich denke, dass sind die realistischen Möglichkeiten. Aber ich muss mir das Ganze wirklich nochmal durch den Kopf gehen lassen. Lass uns Morgen nochmal darüber sprechen, bevor wir in Berlin ankommen. Dann ist mein Kopf vielleicht etwas klarer. Jetzt gerade weiß ich einfach nicht, was ich denken soll."
Robert wirkte wirklich bedrückt. Er hatte immer gehofft, dass sie nicht in solch eine Situation kommen würden. Dass sie vorsichtig genug waren. Dass sie bedacht waren. Und dass sie vielleicht auch das notwendige Quäntchen Glück hatten. Aber natürlich kam es anders. War das nicht immer so? Lief es nicht immer anders, als man es sich wünscht? Während Robert sich diese Gedanken machte, telefonierte Christian mit Marco. Der war genauso entsetzt und schockiert, immerhin hatte er die Mail auch gelesen. Und er beteuerte Christian, dass diese Person so nicht durchkommen konnte und durfte. Er wollte ihnen volle Unterstützung leisten. Denn es war einfach nur ungerecht. Christian und Robert hatten so etwas nicht verdient. Selbst Marco, der anfangs ja auch durchaus kritisch mit den beiden war, sah genau, wie sehr sie sich liebten. Und er sah, dass solch ein Unrecht nicht über Christian und Robert herein brechen durfte. Er wollte alles daran setzen, dass dies nicht geschehen würde. Und Christian war wirklich froh darüber, dass sie Marco an ihrer Seite hatten.
Irgendwann leuchtete erneut eine Mail auf Roberts Handy auf. Dieses Mal von Jakob. Natürlich lief er sofort zu Christian und nervös öffneten sie die Mail. Offensichtlich hatte Jakob etwas herausgefunden. Und das doch schneller, als Robert gedacht hatte. Er fragte sich zwar wirklich, wieso sein Sohn so etwas konnte. Aber in diesem Moment war er froh drum. Manchmal sollte man gewisse Dinge einfach nicht hinterfragen. Erst blickten Christian und Robert nicht durch, als sie den Inhalt der Mail lasen. Es war alles ziemlich verklausuliert und es dauerte ein wenig, bis sie den relevanten Teil der Informationen fanden.
"Hier, da steht es.", sagte Christian. "Die Adresse und das Gerät, von dem es geschickt wurde."
Es geht weiter :) Wer die Mail wohl geschrieben hat?
Ich hoffe, es gefällt euch.
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Die Leere in uns
FanfictionFortsetzung von "Der ganze Lärm um uns" Acht Monate waren vergangen seit der Trennung. Acht Monate, in der sich die Welt für Christian und Robert neu sortierte. Acht Monate, die für beide unfassbar hart waren. Doch beide hatten gelernt, mit dieser s...