9. Brenzlige Begegnung

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*Christians POV*

Ich war zwar erst seit einer Stunde in meinem Büro, aber ich konnte nicht aufhören, an Robert zu denken. Fieberhaft überlegte ich nach einem Vorwand, unter dem ich ihn in seinem Büro besuchen konnte. Dann flog mir auch schon ein richtiger Geistesblitz zu. In der Cafeteria gab es heute Obstkuchen, unter anderem mit ✨ regionalem und saisonalem Obst ✨ - die perfekte Aufmerksamkeit für meinen Grünen. Fast euphorisch holte ich den Kuchen und machte mich mit den Tellern auf den Weg zu ihm. Um diese Uhrzeit saßen fast alle in ihren Büros oder in Besprechungsräumen, ich war mir also sicher niemandem über den Weg zu laufen und fühlte mich unbeschwert und unbeobachtet.

Kurz vor seinem Büro angekommen hörte ich plötzlich Frau Weidels Stimme hinter mir: „Mensch, Herr Lindner, wir laufen uns heute aber häufig über den Weg!" Ich erschrak so sehr, dass mir die Teller mit den Kuchenstücken beinahe runter fielen. Fast schrie ich vor Schreck auf, aber der Schrei blieb mir im Hals stecken, als ich sie ansah. Was machte die denn immer auf den Gängen hier?! Ich lächelte müde und wollte gerade weitergehen. „Witzig, dass Sie hier bei den Grünen herumschleichen. Wollen Sie etwa Herrn Habeck besuchen?" Ich fühlte mich ertappt und druckste nur doof herum, dass ich hier eine Abkürzung zur SPD nehmen würde. Sie schien nicht sehr überzeugt und bohrte weiter. „Erst diese neue Fahrgemeinschaft, dann essen Sie zusammen hinter verschlossener Tür Kuchen... Gibt es da etwas, was Sie der Öffentlichkeit verheimlichen?" Langsam machte die Rechte mich echt wütend. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht! Außerdem könnte ich Sie genauso fragen, warum Sie hier so herumschleichen. Falls Sie Frau Wagenknecht suchen, sind Sie hier falsch.", schimpfte ich. Musste sich diese Nazitante immer in alles reinstecken? Damit hatte ich zum Glück einen Nerv bei ihr getroffen. Empört nuschelte sie noch irgendwas vor sich hin, bis sie wieder ging. Der Satz saß anscheinend richtig, was mich etwas erleichtert aufatmen ließ.

Robert öffnete vorsichtig die Bürotür, bevor ich überhaupt klopfen konnte. „Du hast alles mitbekommen, oder?", fragte ich verlegen. Er nickte und öffnete die Tür ganz, sodass ich eintreten konnte. Wir aßen den Kuchen stumm und starrten dabei ins Leere. Meinen Blicken wich er immer wieder aus. So hatte ich mir das ganz und gar nicht vorgestellt und die Enttäuschung brach mir mein gelbes Lindnerherz ein wenig. „Ich hab extra den Kuchen mit regionalem & saisonalem Obst genommen.", sagte ich irgendwann beiläufig. Er schenkte mir ein kleines Lächeln, aber sagte weiterhin nichts. „Ich hatte gehofft dir eine Freude damit machen zu können.", fügte ich noch hinzu. „Danke, ich weiß das zu schätzen.", meinte er nüchtern, wahrscheinlich, um mich wieder ruhig zu stellen. Was guckte er denn jetzt überhaupt so geknickt drein? Ich gab mir doch so viel Mühe mit ihm und so schlimm war die Begegnung mit der Weidel ja auch nicht gewesen.

„Du, Christian", sagte er endlich, nachdem wir beide aufgegessen hatten. „Wie stellst du dir das mit uns eigentlich vor? Das war eben echt knapp." „Worauf willst du hinaus? Es ist ja nichts passiert." Mein Herz zog sich zusammen, wie eine verschrumpelte Rosine. Mir gefiel sein Ton ganz und gar nicht. „Noch nicht, aber Verdacht hat sie auf jeden Fall schon geschöpft." Er atmete laut und schwer aus und stand auf, um aus dem Fenster zu sehen. Er machte eine lange Pause, bis er Folgendes aussprach: „Ich glaube ich kann das so nicht mit dir, Christian." Der Satz traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Voller Schmerzen in der Brust versuchte ich, nicht komplett die Fassung zu verlieren. Ich wusste es, ich hätte mich nicht auf Robert, den „Hetero" einlassen dürfen. „Robert, bitte...", sagte ich leise und ging zu ihm. Als ich meine Hände auf seine Schultern legte, zuckte er leicht zusammen und drehte sich zu mir um. Sein Blick war seltsam leer und ausdruckslos. In meinen Augen sammelten sich schon dicke Krokodilstränen und ich schaute schnell auf den Boden. „Ich brauche Zeit zum nachdenken." „Klar, nimm dir die Zeit, die du brauchst, Robert.", schniefte ich. „Ich glaube du verstehst nicht, Christian. Wir sollten uns vorerst nicht mehr sehen. Mir geht das alles doch viel zu schnell mit uns und ich will nicht, dass der halbe Bundestag sofort davon erfährt."

Ich war wie angewurzelt. Was sagte er da gerade?! Gestern war doch noch alles okay gewesen und vieles ging ja auch von ihm aus. Jetzt konnte ich die Tränen auch nicht mehr zurückhalten. „Hat dir das gestern denn gar nichts bedeutet? Ich lass mich doch nicht von dir verarschen!" Mein Ton wurde jetzt deutlich ernster und meine Trauer vermischte sich mit Wut. „Versuch mich doch bitte zu verstehen. Was sollen denn die Leute denken..." „Ach und was ich denke ist dir egal oder wie?", zischte ich zurück. Sowas musste ich mir wirklich nicht bieten lassen. Verletzt und wütend drehte ich mich von ihm weg und fing an wie ein Schlosshund zu heulen. Ich konnte das einfach nicht mehr. So lange mochte ich Robert schon und dann hielt er mich auch noch so hin. „Christian, beruhige dich doch.", sagte er ruhig und umarmte mich dabei fest. Das ließ mich aber nur noch mehr weinen. Ich wollte eigentlich gehen, aber seine Nähe half mir dabei, nach ein paar Minuten wieder etwas runterzukommen und ich war mir nicht sicher, wann ich jemals wieder in seinen Armen sein könnte.

Als ich den Kopf hob, hielt er mein Gesicht in seinen Händen und sah mich lange an. Dann küsste er mich plötzlich. Jetzt reichte es mir aber wirklich! Ich wurde nur fast schwach und zog hastig meinen Kopf von ihm weg und ging einen Schritt zurück. „Erst sagst du mir, du willst mich nicht mehr sehen und jetzt küsst du mich? Du weißt doch ganz genau, was du da tust! Wieso spielst du so mit mir?" Robert guckte mich mit seinen großen sturmblauen Augen an wie ein trauriger Hund. Aber auch er wurde langsam wütend. „Ach, jetzt stell mich doch nicht so schlecht dar. Du bist von uns beiden doch der große Aufreißer. Woher weiß ich denn, ob du nicht auch einfach mit mir spielst?!" Ich dachte echt, ich hörte nicht richtig. Er machte mich wirklich fuchsteufelswild mit seinem blöden Hin & Her und diesen Vorwürfen gerade. Ich war doch von Anfang an aufrichtig mit ihm gewesen.

„Man, Robert! Merkst du eigentlich irgendwas??" Er schaute mich nur verdutzt an. „Verdammt, ich liebe dich! Und das schon seit Monaten." Er wollte gerade etwas sagen, aber blieb dann doch stumm. Ohne auf seine Antwort zu warten, stürmte ich aus seinem Büro direkt zu meinem Porsche Linda. Ich konnte das nicht mehr ertragen hier bei ihm. Er würde sowieso nicht das erwidern, was ich mir am meisten wünschte.
Zum Glück hatte ich jetzt nicht nochmal Weidel getroffen - oder überhaupt jemanden. In so einem Zustand durfte mich niemand sehen, sonst zweifelten die Leute am Ende noch an meiner perfekten Lindnerfassade.

Ich brauchte dringend Zeit für mich und saß eine Weile in meinem Auto in der Tiefgarage und hörte laut Celine Dion. Das machte ich immer so, wenn ich gar nicht mehr weiter wusste. Linda spendete mir eben immer Schutz und Trost, wenn niemand mehr da war. Dieser blöde Umwelt-Fanatiker Robert sollte von mir aus dahin gehen, wo der Pfeffer wächst und seine lächerlichen drei Fans gleich mitnehmen.

Dieses Kapitel hat mir beim Schreiben selbst ein bisschen wehgetan 💔💔💔

Lindner meine Schmerzen (Christian Lindner x Robert Habeck)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt