17. Es ist nicht das wonach es aussieht

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*Roberts POV*

Bei dem Essen mit meinen Söhnen hatte ich schon fast wieder vergessen, was mich vorhin so zum Weinen gebracht hatte, allerdings kam es wieder hoch, als ich sie zurück zu ihrer Mutter brachte und mit ihr noch ein wenig zusammensaß. Mein Herz blutete bei jedem Gedanken an Christian. Wieso tat er mir sowas nur an? Andrea konnte sehen, wie schlecht es mir ging und erkundigte sich nach mir, während wir zusammen noch etwas Wein tranken. Eigentlich war es immer schlecht, wenn ich in so einem emotionalen Tief Alkohol trank, allerdings wusste ich mir gerade auch nicht anders zu helfen. Sie tröstete mich, ich behielt den eigentlichen Grund aber erstmal für mich. Ich wollte jetzt nun wirklich nicht mit ihr über meine neue Liebschaft sprechen, auch, wenn es jetzt bestimmt gut getan hätte.

"Ich kenne dich zu gut, Robert. Du hast Liebeskummer.", sagte sie irgendwann fürsorglich und legte ihre Hand auf meine. Ich schaute nur geknickt drein und wich ihrem Blick aus. "Es ist so kompliziert mit ihm.", war alles, was ich gerade dazu sagen konnte und wollte. "Manchmal lässt sich das nicht verhindern. Aber das vergeht wieder.", versuchte sie mich aufzubauen. Ich nickte nur und sagte für eine ganze Weile nichts und genoss die angenehme Stille zwischen uns.

Es war bereits spät abends, als ich mich auf den Weg machen wollte. Sie brachte mich noch zur Tür. Zum Abschied umarmten wir uns noch einmal - morgen würde ich ja sowieso wieder zurück nach Berlin fahren. Ihre Nähe tat gut, weshalb ich sie noch eine Weile fest in den Armen hielt und ihren so vertrauten Duft einatmete. Mit ihr verheiratet zu sein war immer so einfach gewesen. Bis die Liebe eben einfach nicht mehr ausreichte. Als wir uns langsam wieder voneinander lösten, wurde ich schwach. Ich dachte nicht groß nach und küsste sie einfach. Ich konnte dabei nur an Christian denken und es machte mich traurig, dass mich dieser Moment hier mit Andrea nach unserer eigentlich schönen und harmonischen Ehe nun so kalt ließ. Wahrscheinlich war es nicht gerade das Beste, was ich jetzt hätte tun können, aber ich sehnte mich gerade nach der alten Vertrautheit. Sie erwiderte den sehr innigen Kuss und so standen wir noch eine Weile im Türrahmen, bis ich mich schließlich von ihr löste, um nun tatsächlich zurück in mein Hotel zu fahren. "Du weißt, dass das mit uns nichts mehr wird oder?", sagte ich immer noch traurig, woraufhin sie nur nickte. "Regel deine Probleme mit Christian. Ich sehe doch, wie viel dir an ihm liegt. Vergiss nicht, dass ich immer da bin, falls du reden möchtest." Ich bedankte mich bei ihr und umarmte sie noch ein letztes Mal. Das hier würde ich morgen definitiv bereuen.

Im Hotel angekommen legte ich mich schnell ins Bett und las den BILD Artikel endlich richtig. Das, was dort berichtet wurde, wirkte nicht gerade glaubwürdig, allerdings sprachen die Bilder Bände. Meine dicken Krokodilstränen kullerten in das fremde Kopfkissen und die Leere des Hotelzimmers ließ mich nur noch einsamer fühlen. Was hatte ich mir bloß mit Christian eingebrockt?! Das tat ja mehr weh, als eine Doku über Massentierhaltung zu schauen.

Als ich am nächsten Tag im Zug zurück nach Hause saß, zerbrach ich mir den Kopf darüber, wie ich jetzt vorgehen wollte. Ich entschloss mich vorerst dazu, weiter Abstand zu Christian zu halten und erst in ein paar Tagen mit ihm darüber zu reden, wenn es (hoffentlich) etwas weniger wehtat. Er meldete sich ebenfalls nicht mehr bei mir, was mich nur noch mehr glauben ließ, dass er seine Zeit wieder mit Franca verbrachte.

*Christians POV*

So langsam machte ich mir wirklich Sorgen um Robert, weshalb ich ihn am Sonntagabend schließlich anrief. Jetzt müsste er sowieso wieder in Berlin sein und Zeit haben. Ich ließ ein paar Mal klingeln, aber er nahm den Hörer einfach nicht ab. Enttäuscht und leicht genervt schrieb ich ihm daraufhin nochmal:

Meidest du mich? Geh doch bitte ans Telefon, ich würde gerne mit dir sprechen.

Ich wartete noch eine halbe Stunde und rief dann nochmal an. Dieses mal ging Robert endlich ran. "Ja?", sagte er mit dünner Stimme. "Robert! Hey!", entgegnete ich erleichtert. "Wie war Flensburg? Ist alles okay bei dir?" "Flensburg war gut. Und bei dir?", antwortete er nur kühl. Was war denn bitte bei ihm los? Ich berichtete von meinem 'Spaziergang' im Wald und fügte noch hinzu, dass er mir die letzten Tage sehr gefehlt hatte. Ein "Aha" war das einzige, was er dazu sagen konnte. Langsam riss mir hier wirklich der Geduldsfaden mit ihm. "Robert, wieso bist du so komisch? Ist was vorgefallen?" "Das könnte ich dich auch fragen.", meinte er daraufhin nur. Was meinte er denn plötzlich? Wir schwiegen uns am Telefon einige Sekunden an und als ich versuchte, etwas aus ihm herauszukitzeln, behauptete er schnell auflegen zu müssen. Das sollte mir aber bloß recht sein. Was für eine Laus war ihm denn bitte über die Leber gelaufen?!?

Wenige Sekunden nach dem Auflegen erhielt ich noch eine Nachricht von ihm. Es war der Link zu einem BILD Artikel, in dem über Franca und mich berichtet wurde. Die Schlagzeile suggerierte, dass wir 'turtelnd' zusammengesessen hatten, was ja nun wirklich nicht stimmte. Glaubte er etwa dieser Zeitung anstatt mir? Ich rief ihn sofort erneut an, doch Robert ging schon wieder nicht ran. Wieso ließ er mich auch nichts erklären? Um das Missverständnis irgendwie klären zu können, schrieb ich ihm erneut:

Es ist nicht das wonach es aussieht. Bitte glaub mir.

Robert antwortete dieses mal tatsächlich:

Ja, ist klar. Wir sehen uns auf der Arbeit. Gute Nacht, Christian.

Was für Kinderspielchen spielte Robert hier eigentlich gerade mit mir? Sein Verhalten machte mich wütend und traurig zugleich und ich beschloss, mir mein schönes Wochenende jetzt nicht davon komplett ruinieren zu lassen. Das sollten wir sowieso besser persönlich klären.

*Roberts POV*

Genervt und traurig trottete ich am Montagmorgen zum Bundestag. Dabei hörte ich laut Mitski, obwohl mich ihre Musik nur noch trauriger machte - allerdings passte ihr Text viel zu gut zu meiner Gefühlslage. Ihr Lied „Nobody" hittet einfach anders, jetzt, wo ich so schlimmen Liebeskummer habe.

Eigentlich war das restliche Wochenende bei meiner Familie sehr schön gewesen, aber der gestrige Abend hatte mir nochmal den Rest gegeben. Ich konnte Christian einfach nicht vertrauen. Ich kam durch den BVG sowieso schon etwas zu spät zu unserer heutigen Vollversammlung und machte mir auch keine Mühe, noch rechtzeitig anzukommen. Am Ende würde Christian mich noch vor allen ansprechen. Als ich den Raum betrat, schnellte sein Blick umgehend zu mir. Mein Magen zog sich wie ein Tornado zusammen und ich setzte mich schnell neben Annalena, die schon wieder erschreckend gut gelaunt war. Er und ich tauschten noch ein paar Mal Blicke aus, bis mein Handy vibrierte. Christian hatte mir geschrieben:

Nach der Sitzung in meinem Büro? Ich glaube, wir haben da noch was zu besprechen.

Eigentlich war das keine schlechte Idee, allerdings hatte ich im Anschluss noch ein Meeting, weshalb ich ihm absagen musste. Als wir hier endlich fertig waren, packte ich meine sieben Sachen langsam in meine second-hand Ledertasche und blieb noch einen Moment sitzen. Ich fühlte mich einfach hundeelend. Christian wartete ebenfalls und ging auf mich zu, als wir die letzten im Raum waren. Er begrüßte mich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und reichte mir den Stift, der mir gerade heruntergefallen war. Unsere Blicke trafen sich und ich fror unmittelbar in meiner Bewegung ein.

Und wieder ein Cliffhanger 🫣

Lindner meine Schmerzen (Christian Lindner x Robert Habeck)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt