30. Du wolltest es doch auch

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*Roberts POV*

Christian lächelte gequält und kaute ewig lang auf einem der Kekse rum. Die waren aber auch wirklich sehr trocken. Beruhigend legte ich meine Hand auf seinen Schenkel und strich mit meinem Daumen auf und ab. „Ob es funktioniert oder nicht, ich bin bei dir. Wir schaffen das.", ermutigte ich ihn. Er nickte nur und atmete schwer aus. „Christian?", ich hatte etwas im Kopf, das ich vor dem heutigen Abend unbedingt noch loswerden wollte. „Ja?" „Ich liebe dich. Noch nie war ich mir bei etwas sicherer." Als ich das aussprach, formte sich endlich ein richtiges, aufrichtiges Lächeln auf seinem angespannten Gesicht. „Ich liebe dich auch", erwiderte er und gab mir einen sanften Kuss.

In mir flog mehr recyceltes Papierkonfetti, als an all unseren schönen Momenten zusammen. So viele schöne Emotionen hatte schon lange niemand mehr in mir ausgelöst und ich fiel ihm freudestrahlend um den Hals, weil ich von allem so überwältigt war. „Was würde ich nur ohne dich machen?", fragte Christian glücklich säuselnd. „Dasselbe frag ich mich auch.", antwortete ich, wobei ich mir gar nicht mehr vorstellen wollte, wie es ohne meinen Chrissi wäre. In diesem Moment vergaß ich sogar kurz was eigentlich los war.

Nach einer Weile verabschiedeten wir uns dann doch vorerst voneinander, schließlich mussten wir ja eigentlich auch noch arbeiten. Er küsste mich noch ein letztes Mal und brachte mich mit den Worten: „Nie gab es mehr zu tun!" zur Tür. Für diesen dummen Spruch schlug ich ihm noch einmal neckend auf den Po und ging schließlich leise lachend in mein Büro.

Am Ende des Arbeitstages trafen wir uns schließlich alle in der Tiefgarage.

„Das klappt doch niemals.", raunte ich Annalena zu, als wir uns vor Christians Porsche in der Tiefgarage trafen. Wir hatten beschlossen ihn zu begleiten und uns auf der Rückbank zu verstecken. Alice würde mit ihrem Auto nachkommen. „Du hast Christian gehört. Er scheint sich mit diesem Plan sehr sicher zu sein, hab ein bisschen vertrauen!", ermutigte sie mich. Ich schenkte ihr nur ein müdes Lächeln. In dem Moment kam der Blonde auch schon. Er sah völlig fertig aus und machte einen angespannten Eindruck auf mich, weshalb ich ihn fest umarmte, bevor wir einstiegen. „Ich bin bei dir.", flüsterte ich in sein Ohr und wir küssten uns noch einmal theatralisch. „Nehmt euch ein Zimmer!", rief Alice von weitem, bevor sie schon in ihren Wagen einstieg. Wir lachten in unseren Kuss hinein und ließen schließlich voneinander ab.

*Christians POV*

Ich war nervöser, als vor allen Wahlergebnissen der letzten Jahre zusammen. Ob unser Plan aufgehen würde war unklar, das wussten wir alle - allerdings wollte ich meine Angst nicht vor Robert zeigen. Mit Annalena und Robert auf dem Rücksitz fuhren wir zügig los, um den Erpressern endlich zu begegnen. Zur Beruhigung machte ich noch etwas Taylor Swift an, ihre Musik half mir einfach immer. Für Celine Dion war jetzt auch einfach nicht die passende Stimmung. Der Beat von "Blank Space" beruhigte mich erstmal etwas und half mir dabei, meine Gedanken zu sortieren. Wenn einer von denen wirklich Amthor war, mussten wir uns sowieso keine großen Sorgen machen. Diese Witzfigur von Politiker würden wir mit links (oder eher rechts mit Alice im Schlepptau) erledigen.

Linda glitt wie ein wildes Jagdtier über die berliner Straßen, was mir etwas mehr Selbstsicherheit gab. Was konnten die uns schon groß anhaben? Mein Porsche brummte gleichmäßig an der letzten Ampel vor dem Parkhaus und ich bildete mir ein, sie würde mir gut zusprechen. Vielleicht verlor ich jetzt aber auch langsam den Verstand. Robert hatte bei der Fahrt seine Hand auf meine Schulter gelegt und strich sanft über den Stoff meines Hemdes. Bevor ich schließlich in das Parkhaus fuhr, lehnte er sich ein letztes Mal nach vorne und drückte mir noch einen Kuss auf die Wange. Danach duckten er und Annalena sich, allerdings konnte man ihre Köpfe durch die verdunkelten Scheiben wahrscheinlich sowieso nicht richtig sehen. Alice fuhr hinter uns und hatte sich eine riesige Sonnenbrille aufgesetzt, ihre Perlenkette abgenommen und ihre Haare aus ihrem Markenzeichen-Zopf gelöst, um nicht direkt erkannt zu werden.

Ich fuhr wie in den Anweisungen hoch bis aufs Parkdeck. Ich war mittlerweile Schweißgebadet und betete an den heiligen Markt, dass alles gut gehen würde. Als wir ankamen, sah ich schon einen schwarzen SUV von weitem. Das mussten sie sein. Alice wartete wie abgemacht eine Etage unter uns. Langsam rollte ich mit Linda vor, bis ich ca. 10 Meter von dem anderen Auto entfernt zum Stehen kam. Ich ließ den Motor vorsichtshalber laufen, falls ich schnell flüchten wollen würde, allerdings machte ich die Musik erstmal aus - "All Too Well (10 Minute Version)" war jetzt gerade nicht sonderlich angebracht. Ich atmete noch einmal tief ein und aus und stieg endlich aus meinem gelben Wagen aus. Nervös ging ich auf den BMW zu, dessen Beifahrertür sich öffnete. Schwer schluckend ging ich zielstrebig auf das Auto zu und setzte mich schließlich auf den Beifahrersitz. Als ich die Person, die auf der Fahrerseite saß, ansah, musste ich erschrocken auflachen.

„Hallo Christian." „Hallo... Jens." Er richtete seine Streberbrille verlegen. Das war doch alles lächerlich hier?! „Lang nicht mehr von so nahem gesehen...", begann Spahn mit zittriger Stimme. Ich nickte nur. Der hatte mir gerade noch gefehlt! „Zuletzt vor 4 Monaten", beendete ich seine Wortsucherei. Irritiert und überfordert vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. „Was willst du, Jens? Hör auf uns zu terrorisieren. Ich hab keine Angst vor dir.", sagte ich genervt. „Da wär ich mir aber nicht so sicher!", ertönte eine quakige Stimme auf den hinteren Sitzen. Ich zuckte vor Schreck kurz zusammen - mit Amthor hatte ich gerade gar nicht mehr gerechnet.

„Was willst du mit dem Grünen?", fragte Jens forsch, „Ich dachte, ihr könnt euch nicht leiden." „Du denkst viel, wenn der Tag lang ist.", zeterte ich. „Was geht dich das überhaupt an?!" Jens zuckte nur die Schultern und tippte auf dem Lenkrad rum. Er schien das ja alles super durchgeplant zu haben. So wie wir in seinem Auto saßen, überfluteten mich die Erinnerungen wieder plötzlich. Ich hatte das alles so sehr verdrängt, dass ich die letzten Wochen gar nicht mehr an Jens gedacht hatte.

*Rückblick*

„Ja, bitte?", sagte ich genervt, als es an meiner Bürotür klopfte. Meine Stimmung besserte sich nicht, als Jens Spahn die Tür einen Spalt öffnete und in mein Büro luscherte. „Hast du kurz Zeit?" „Eigentlich nicht." Er setzte sich trotzdem in mein Büro und rutschte nervös auf meinem Designerstuhl hin und her. „Ich verstehe einfach nicht, was deine letzten Nachrichten bedeuten sollen." Ich guckte wahrscheinlich richtig verdutzt aus der Wäsche, als er das sagte. Was gab es da denn nicht zu verstehen?! „Hat dir unser Abend nichts bedeutet?" „Nein und das weißt du auch. Ich bin an jemand anderes interessiert." Er schaute bedröppelt auf den Boden und drehte Däumchen in Lichtgeschwindigkeit. Er sollte ja nicht glauben, bei mir, Christian Lindner, eine Chance zu haben. Manchmal muss man die Menschen auch humblen, damit sie von ihrem Höhenflug mal runterkommen können.

„Aber...", begann er. „Nein!", unterbrach ich ihn direkt. „Ich dachte, wir gehen einfach als zwei Kollegen was nach der Arbeit essen, mehr nicht. Und dass ich dich danach nach Hause gebracht hab war einfach aus Nettigkeit." „Aber was hatten dann deine Nachrichten zu bedeuten?" Da war ich mir leider selbst auch nicht so ganz sicher. Ich mochte Robert jetzt schon seit einigen Monaten, seit mehreren Wochen glaubte ich sogar richtig in ihn verliebt zu sein. Ich wusste langsam einfach nicht mehr wohin mit mir und dachte, ich teste mal die blauen Wasser aus, um meine grüne Brille wieder absetzen zu können. Eigentlich sollte es mit einer harmlosen Flirterei anfangen, allerdings sprang Jens sofort drauf an. Das war aber trotzdem kein Grund dafür übergriffig zu werden! „Christian, du wolltest es doch auch!", sagte er jetzt hilflos und zupfte an seinem Hemdkragen. „Als du mich geküsst hast, hab ich sofort den Kopf weggezogen und dich gebeten auszusteigen. Ich wollte das wirklich nicht, rede dir ja nichts ein." Jens blies laut Luft aus seinem Mund und er runzelte die Stirn jetzt verärgert. „Okay, du hast es nicht anders gewollt. Das wirst du noch bereuen, Lindner." Er stürmte aus dem Büro, ohne sich noch einmal umzudrehen. Wieso war der denn so komisch?! Zur Sicherheit blockierte ich seine Nummer - das war ja wirklich schon etwas unheimlich.

Habt ihr mit Jensi gerechnet? 🤪

Lindner meine Schmerzen (Christian Lindner x Robert Habeck)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt