25. Die Überraschung

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*Christians POV*

"Na gut, ich hab mir schon gedacht, dass du dich nicht mit Astrologie auskennst. Ist nicht so schlimm. Ich wollte dir aber noch eins meiner Lieblingsgedichte zeigen. Kannst du mit sowas mehr anfangen? Es erinnert mich an dich." Ich war überhaupt nicht belesen und präferierte eher Ratgeber über Finanzen und Biographien wie z.B. die von Elon Musk (der war aber auch ein toller Mann). Gedichte hatte ich zuletzt in der Schule widerwillig lesen müssen, aber das war ja schon Jahrzehnte her. Ich zuckte daher nur mit den Schultern. Robert suchte kurz im Internet danach und las es dramatisch vor:

"Shall I compare thee to a summer's day?
Thou art more lovely and more temperate:
Rough winds do shake the darling buds of May,
And summer's lease hath all too short a date;
Sometime too hot the eye of heaven shines,
And often is his gold complexion dimm'd;
And every fair from fair sometime declines,
By chance or nature's changing course untrimm'd;
But thy eternal summer shall not fade,
Nor lose possession of that fair thou ow'st;
Nor shall death brag thou wander'st in his shade,
When in eternal lines to time thou grow'st:
So long as men can breathe or eyes can see,
So long lives this, and this gives life to thee."

Als er fertig war, strahlte er mich an. "Das ist das 18. Sonnet von Shakespeare." Ich nickte nur nachdenklich, die Hälfte hatte ich nicht richtig verstanden, aber das würde ich ja wohl nicht vor Robert zugeben! Wieso musste dieser Shakespeare auch immer so mit seinem ach so besonderen Wortschatz flexen. "Das war sehr schön.", sagte ich deshalb einfach nur und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Als könnte er schon wieder meine Gedanken lesen, begann er die einzelnen Verse zu erklären und analysieren, eigentlich war es tatsächlich ein sehr schönes Gedicht.

Ich war von seiner Gedichtanalyse und dem Astrologiegeschwafel schon fast eingeschlafen, da schreckte Robert plötzlich aufgeregt hoch: "Weißt du was Chrissi? Sperma ist eine Metonymie!" "Was??", fragte ich irritiert und rieb mir die Augen. Was wollte er jetzt schon wieder - heute war er wirklich sehr literarisch unterwegs. "Naja eine Metonymie ist ein Stilmittel, bei dem ein Begriff mit einem anderen ersetzt wird. Das kann dann sowas sein wie 'Ich lese Shakespeare', weil du ja nicht wortwörtlich den Autor Shakespeare liest sondern seine Werke. Oder wenn du sagst 'Ich zähle die Köpfe'." Was für eine Deutschstunde war das denn hier gerade, ich las doch sowieso kein Shakespeare. "Sowas sag ich doch gar nicht." "Aber theoretisch, Christian!" Ich verstand nicht, was er von mir wollte. "Und wieso ist Sperma jetzt sowas?" "Eigentlich sind die Spermien nur ein Teil von dem Ejakulat, aber es wird trotzdem einfach Sperma genannt! Ist das nicht interessant?" Roberts Augen blitzten auf. "Ähm, ja, sicher...", sagte ich verunsichert. (Kleine Randnotiz: So fasziniert waren dilflover-69 und ich auch, als wir genau das festgestellt haben. Just Germanistik things Für sowas lernen wir gerne die sprachlichen Stilmittel im Studium lol deshalb musste das in diese Story, für irgendwas muss dieser Bachelor ja gut sein)

Robert freute sich einen Ast ab und kuschelte sich enger an mich. Diese Vorliebe für Literatur hatte er bisher noch nicht sehr raushängen lassen. Das war ja schon ziemlich süß, aber ich konnte da sowieso nichts mit anfangen. Dann sollte er mir lieber was aus seinen eigenen Büchern vorlesen.

"Hast du morgen schon was vor?", fragte ich nach einigen Momenten zaghaft, während ich mit meiner Hand durch sein volles Haar fuhr. Er verneinte und sah mich erwartungsvoll mit seinen großen Robertaugen an. "Ich habe da eine kleine Überraschung für dich." Ich schmunzelte und malte mir schon mal aus, wie ihm meine Idee gefallen würde. Robert war aufgeregter, als ein kleiner Junge einen Abend vor Weihnachten. Er löcherte mich mit Fragen, allerdings schwieg ich wie ein Grab, um die Überraschung nicht zu versauen. Gespielt enttäuscht gab er irgendwann auf und schlief laut atmend neben mir ein. Sein Kopf lag auf meiner Brust und sein Atem kitzelte auf meiner Haut. Ich hatte mit Robert wirklich meinen persönlichen Hauptgewinn gezogen. Er war meine persönliche Glücks-Cashcow.

Im Bundestag gab es am nächsten Tag viel zu tun, nachdem wir gestern so viel über den Tweet diskutiert hatten. Robert und ich hatten keine Möglichkeit uns zwischendurch abzusprechen, weshalb ich ihm schon mal erste Anweisungen für heute Abend schrieb.

Um 18:00 Uhr bei meinem Porsche. Dann fahren wir zu deiner Überraschung 👀

Wie vereinbart wartete er geduldig in der Tiefgarage auf mich. Er lehnte lässig an der Beifahrerseite und sah glücklich von seinem Handy auf, als er meine Schritte hörte. Ich hatte schon alles geklärt und glitt zügig über die Straßen zu einem Fisch Gosch Restaurant. Ich kannte die Besitzer ziemlich gut, da es einfach mein absolutes Lieblingsrestaurant war und ich immer ziemlich viel Trinkgeld daließ. Uwe, der eine der beiden Besitzer, hatte bereits auf meine Anweisungen hin alles für ein romantisches Candlelight Dinner vorbereitet und sogar extra nur Vegetarisches vorbereiten lassen, da es sonst eher nichts Gutes für Robert auf der Speisekarte gab.

Robert stellte auf der Fahrt nochmal ein paar neugierige Fragen. "War ich schon mal da?" "Ich denke nicht.", lachte ich. Das war nun nicht gerade sein Milieu. Als wir ausstiegen und vor dem extra für uns geschlossenen Restaurant standen, guckte der Grüne mich nur irritiert an. "Was machen wir denn bei Gosch? Die haben ja zu." "Warte nur ab.", entgegnete ich zwinkernd und holte den Schlüssel aus dem vereinbarten Versteck. "Treten Sie ein, Herr Habeck." Ich öffnete die Tür und ließ ihn vorgehen. Es war komplett dunkel und ich musste mit einiger Mühe erst einmal den Lichtschalter finden. Uwe meinte, unser Tisch würde in einer extra Nische sein, den man vom Eingang aus nicht sehen könnte. Ich nutzte die (dornige) Chance und legte meine Hände sanft über Roberts Augen. Er grinste verstohlen und ging mit Hilfe meiner Führung etwas unbeholfen zu unserem Tisch.

Als er seine Augen öffnen durfte, starrte Robert ungläubig drein. "Das ist alles für uns?", fragte er überrascht, woraufhin ich stolz nickte. Ich war zwar nicht sehr belesen oder so philosophisch wie Robert, dafür hatte ich ganz andere Dinge (Geld), die ich mir aus dem Ärmel schütteln konnte. Wir hatten ein kleines Buffett für ein ausgeschildertes 3-Gänge-Menü und der Raum war in warmes Kerzenlicht getaucht. Uwe hatte sich wirklich ins Zeug gelegt, ich wusste, er würde mich nicht enttäuschen. Ich holte Robert aus seiner Schockstarre indem ich über seinen Arm strich. "Setz dich doch." Bevor er genau das tat, zog ich den Stuhl ein Stück für ihn zurück. "Oh, wie ein Gentleman.", kommentierte Robert lächelnd. Ich erwiderte das Lächeln und beugte mich für einen Kuss zu ihm runter.

"Wie hast du das hinbekommen? An so einem Tag haben die doch bestimmt ganz normalen Betrieb." "Ich hab da eben meine Connections. Schließlich bin ich nicht umsonst Christian Lindner." Ich zwinkerte ihm zu und stellte ihm den ersten Gang hin - es war eine Holsteiner Kartoffelsuppe (ja, das haben die tatsächlich auf der Speisekarte). Ich bevorzugte ja eher Fisch und Fleisch in meiner Haupt- und Vorspeise, aber das war eben mein persönliches grünes Kompromiss mit ihm.

*Roberts POV*

Mit meinem Chrissi schwebte ich wirklich auf Wolke 7. "Sowas romantisches hat noch nie jemand für mich gemacht.", gab ich begeistert zu und hielt seine beiden Hände in meinen, während wir uns gegenüber saßen. Er schenkte mir sein weißes Zahnpastalächeln als ich das aussprach. Wahrscheinlich hatte er sowas schon öfter mit anderen gemacht, aber das war mir egal. Das war Vergangenheit.

Zum Essen servierte Christian einen teuer aussehenden Wein und wir stießen auf unsere gemeinsame Zukunft an. "Du, Robert", begann er, als wir beide einen kleinen Schluck genommen hatten. Ich sah ihn aufmerksam an. "Du weißt, ich liebe dich." Ich nickte. "Und du hast auch Gefühle für mich." Christian wirkte überraschend nervös, so hatte ich ihn eigentlich nur an unseren ersten Dates erlebt. Um ihn zu beruhigen griff ich wieder nach einer seiner Hände und strich mit meinem Daumen über seinen Handrücken. Er lächelte selig und sprach dann endlich das aus, was ihm auf der Zunge gelegen hatte: "Möchtest du mit mir zusammen sein?" Die Frage überwältigte mich so sehr, dass ich zuerst nichts antwortete. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht, aber jetzt, wo wir hier so zusammen waren, war es klar wie Kloßbrühe, was ich antworten würde.

Kann sein, dass ich das nächste Kapitel nicht wie geplant am Montag poste, weil ich bis Dienstag noch bei ner Freundin bin, um *Überraschung* nochmal auf ein Harry Styles Konzert zu gehen 😌😌😌
Wie fühlen wir uns hier eigentlich mit 🆑's Traum-Sylthochzeit?

Lindner meine Schmerzen (Christian Lindner x Robert Habeck)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt