Kapitel 17: Spiel mit dem Feuer

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„Wir können los." meinte Till.

„Na dann. Wir sind eh schon spät dran."

Wir nahmen alles was wir brauchten, also eigentlich nur unsere Jacken, und gingen zum Auto. Geschenke hatten wir nicht, da wir vor Jahren festgelegt hatten, dass wir uns nichts mehr schenkten. Paul fuhr und Till und ich hatten uns nach hinten gesetzt.

„Ich hör schon Mama: Ihr seid 5 Minuten zu spät. So kenn ick euch. Wir hatten schon Sorje, ihr würdet jar nicht mehr kommen." wendete ich mich an Paul und versuchte unsere Mutter nach zu machen.

„Mach dit nicht nochmal! Du klangst wie sie!"

„Hilfe! Mein Albtraum!"

„Oder Großtante Elisa: Ihr Kindchen. Euch hätte ick bald nicht wieder erkannt. Und wer ist denn der hübsche Mann an deiner Seite, Kiki Schatz?"

„Paul hör auf! Ich hab's grade verdrängt...." jammerte ich. Ich war immer noch fertig vom letzten Familientreffen und dass, obwohl es schon länger her war.

„Du hast noch ne halbe Stunde, um dich seelisch vorzubereiten."

„Das reicht nicht!"

Da Till nur dasaß und nicht wirklich mitreden konnte, beschloss ich die halbe Stunde zu nutzen, um ihn ein bisschen mehr in Kenntnis zu setzen.

„Na komm. Ich erzähl dir jetzt von unserer tollen Familie." begann ich und drehte mich mehr in seine Richtung.

„Ich bin gespannt."

„Ich bin ein typisches Papakind. Wir kommen echt gut klar. Also wenn ich sage, dass ich nicht zu meinen Eltern will, dann will ich eigentlich nicht zu meiner Mutter. Wir telefonieren ab und an. Das klappt auch, aber wenn du mit ihr in Person zusammen bist, hältst du sie nicht aus. Es ist egal, was du erzählst. Es interessiert sie nicht. Sie wird nichtmal richtig zuhören und einfach das Thema wechseln, also nicht wundern, falls dir das passiert." Till nickte. „ Mama und ich hatten nicht viel Zeit gemeinsam. Sie hat wieder angefangen zu arbeiten, als ich 2 war. Und dann auch den ganzen Tag. Aber unser Verhältnis war trotzdem gut. Bis wir nach Russland gegangen sind. Wir hatten nur noch Streit. Sie wollte nicht verstehen, dass ich nicht in Russland bleiben wollte. Seit meiner Jugend findet sie immer etwas an mir, dass sie kritisieren kann. Meistens ist es mein Gewicht. Oder mein Style. Irgendwas ist immer. Das einzige Mal als sie richtig stolz war, war als ich mein Abitur bestanden habe. Mehr nicht. Sie fand es schon immer schlimm, was Paul für Musik gemacht hat. Überhaupt, dass er Musik macht. Es war ihr immer unangenehm zu sagen, dass er ihr Sohn ist. Trotzdem hat sie ihn immer mehr geliebt als mich. Ich war aber immer ihre letzte Hoffnung. Ich wollte Lehramt studieren. Also etwas „anständiges". Als ich dann aber zu euch gekommen bin, war sie eher weniger begeistert. Sie weiß nicht, was wir für Musik machen. Sie hat es noch nicht geschafft, sich die CD anzuhören."

„Na das können wir ja nachher ändern."

„Bloß nicht! Die reißt uns den Kopf ab, wenn sie Sätze hört wie: Ich will ficken, dein weißes Fleisch erregt mich so oder er liebt die Schwester und von hinten. Dann werden wir enterbt!"

Paul begann zu lachen. „Wat willste denn von denen erben?"

„Das Haus?"

„Das krieg ich!"

Ich wartete, bis er mich im Rückspiegel anschaute und zeigte ihm lächelnd den Mittelfinger.
Den Rest der Fahrt verbrachten wir damit, Till zu erklären, was er machen und sagen konnte und was lieber nicht.

„So da sind wa. Welcome home." trällerte Paul.

„Ich fühl mich hier nicht zu Hause, aber gut." entgegnete ich. Wir holten die Jacken aus dem Kofferraum und gingen zur Tür.

Wie ein DiamantWo Geschichten leben. Entdecke jetzt