Kapitel 48: Ich hasse und liebe dich zugleich

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Ich hatte jetzt schon zweimal geklingelt und Till hatte mir immer noch nicht geöffnet. Er musste aber zu Hause sein. Zumindest stand sein Auto hier. Ich griff in meine Hosentasche und holte meinen Schlüssel heraus. Es fühlte sich irgendwie falsch an, die Wohnung einfach aufzuschließen, obwohl es mein gutes Recht war. Immerhin wohnte ich da ja auch. Er konnte mir ja schlecht verbieten nach Hause zu kommen.

Als ich oben ankam, schloss ich auch dort die Tür auf. Hier drinne konnte auch echt mal wieder gelüftet werden. Oder allgemein aufgeräumt werden. War ja schlimm.

„Till bist du da?" rief ich. „Ich hab länger nichts von dir gehört und mir Sorgen gemacht." Ich legte meinen Schlüssel auf dem Sideboard ab.

„Ach hat Richard dich jetzt auch rausgeschmissen?" hörte ich aus der Küche, weshalb ich dorthin ging.

„Woher weißt du-"

„Lesen bildet. Hast du mir zumindest mal gesagt."

„Till ich kann dir versichern, dass zwischen mir und Richard nichts gewesen ist. Ich war bloß für ein paar Tage dort."

„Warum warst du bei ihm und nicht bei Vicky? Oder Paul? Oder hier?"

„Du wolltest mich nicht sehen, also ist es ja wohl logisch, dass ich nicht hier war. Da brauchst du jetzt nicht mir die Schuld für geben. Bei Vicky war ich nicht, weil ich mich schon das letzte Mal bei ihr ausgeheult habe, als du mich rausgeschmissen hast. Passiert ja öfter in letzter Zeit. Richard und ich haben uns zufällig getroffen und dann meinte er, dass ich mit zu ihm könne."

„Zufällig. Schon klar." murmelte Till. Ich ignorierte es einfach. „Woher soll ich wissen, dass du mir die Wahrheit sagst? Richard würde doch jede Chance nutzen und du vermutlich auch."

„Ist das dein Ernst? Du hinterfragst mich? Du vertraust mir nicht?"

„Gib mir einen guten Grund dir zu vertrauen."

„Ich hab so viel für dich getan!" Rief ich aufgebracht. „Weißt du überhaupt, was ich in der letzten Zeit nur wegen dir durchgemacht habe? Ich hatte ne scheiß Überdosis, die mich fast umgebracht hat, du hast mich als Sexspielzeug bezeichnet! Vielleicht hab ich es mir nicht anmerken lassen, aber das tat verdammt weh! Wir haben nur noch Stress, seitdem ich zu dir gezogen bin, ich bin nicht mehr mit meiner besten Freundin befreundet und das nach 21 Jahren, ich habe keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern und wahrscheinlich allgemein meiner Familie und warum? Weil ich mich für dich entschieden habe! Ich hab meine Familie für DICH aufgegeben! Du hast dich fast umgebracht! Weißt du überhaupt, was für Sorgen ich mir gemacht habe? Wahrscheinlich nicht, weil ich ja laut dir so welche Gefühle nicht kenne, weil meine Familie mich nicht liebt. Ich hätte immer wirklich alles für dich getan, weil du die erste Person warst die mich wirklich geliebt hat. Und du warst die erste Person, die ich aufrichtig geliebt habe, aber das ist vermutlich egal, weil du mir trotzdem nicht vertraust." Ich spürte wie vereinzelt Tränen über mein Gesicht liefen.

Till stand mir nur stumpf gegenüber und sagte nichts. Auch gut.

„Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe, okay? Und, dass es schwer ist, mir danach wieder zu vertrauen, aber du scheinst mir doch vertraut zu haben. Sonst hättest du mir doch keinen Antrag gemacht. Vor 6 Jahren Till..."

„Was war da?"

„Kannst du dich daran erinnern, als du mit Paul Stress hattest? Ganz am Anfang? Und dann war zwischen uns auch Funkstille? Als wir uns ausgesprochen haben, hast du zu mir gesagt, dass du Angst hattest, dass ich bei Richard lande. Du wolltest das um jeden Preis vermeiden. Und jetzt? Jetzt tust du alles dafür, dass es passiert. Es ist dir scheißegal. ICH bin dir scheißegal. Ich weiß, dass es dir scheiße geht. Du hast grad deine Oma verloren. Glaub es oder glaub es nicht, aber ich kenne diesen Schmerz und weiß, was für ein Verlust das für dich ist, aber du lässt alles an mir aus. Alles! Mir gehts damit nicht besser als dir! Aber hey, bin ja bloß ich."

Wie ein DiamantWo Geschichten leben. Entdecke jetzt