[30 - Tobiramas Zwiespalt]

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Dieser letzte Teil des Gespräches mit seiner Cousine geht Tobirama einfach nicht mehr aus dem Kopf und er könnte sich selbst dafür ohrfeigen überrascht gewesen zu sein.
Im Gegensatz zu ihrer letzten Frage fällt ihm die Antwort diesmal allerdings nicht so leicht. In ihren Worten steckte nicht einmal der Hauch einer Spur. Was hat sie also vergessen? Sie wirkte gereizt als er ihr diese Frage gestellt hatte. Es ärgert sie demnach, dass sie diese Sache vergessen hat. Aber wie kann sie wissen, dass es etwas ärgerliches war, wenn sie sich nicht erinnert? Oder ist es die Tatsache, dass es überhaupt etwas gibt, das sie vergessen hat?

Doch wie Shiori es angekündigt hat, wird er noch am selben Abend mit einem anonymen Schreiben an einen Pier bestellt, wo er sich mit einem Mann namens Kabuto trifft, der mit ihm die Forderungen Orochimarus durchgeht. Natürlich geht es ihm gegen den Strich sich mit Kriminellen einlassen zu müssen, doch hätte er einen anderen Weg gesehen, wäre er bei diesem Treffen gar nicht erst aufgetaucht.

Im Großen und Ganzen wird von ihm genau das verlangt, was Shiori schon geahnt hatte. Nur einen einziger Punkt in dieser Abmachung bereitet ihm wirklich Sorgen. Weder mündlich noch schriftlich darf Orochimarus Name in irgendeinem Kontext während diesen Ermittlungen genannt werden. Und das gilt für jeden, weder seinen Kollegen noch seinen Vorgesetzten darf er also verraten, wer sein neuer Informant ist.

Er weiß selbst genau, dass Orochimaru genug Feinde in Reihen der Regierung hat und Tobirama muss sich mit diesem Punkt einverstanden erklären, aber er weiß genau, dass dies vermutlich der kniffligste Punkt wird. Keiner vertraut gerne auf einen namenlosen Informanten von dem man nicht weiß, was für ein Mensch er ist und es wird nicht gerade leichter anderen zu erklären, dass er ihnen auf keinen Fall etwas sagen kann. Sowieso ist ein Deal mit einem Kriminellen einzugehen schon eine gefährliche Wahl, aber was soll er machen?

Zwar sollte es so sein, dass er den Ton angibt, doch ist Shiori einfach nicht kleinzukriegen.
Nicht mal Tobirama wüsste, wie man sie bedrohen könnte. Es gibt Nichts und Niemanden, der oder das ihr etwas bedeutet und ihr eigenes Leben stellt sie andauernd aufs Spiel. Wenn sie sagt, dass sie nichts weiter Preis gibt, dann ist das eine endgültige Entscheidung. Sie tut also nichts, was sie nicht tun will.

Das Einzige, was sie nicht ausstehen kann, ist, wenn etwas nicht nach ihrer Vorstellung läuft. Er sollte also seine Verbindung zu ihr nicht aufs Spiel setzen, indem er etwas tut, das ihr missfällt, sonst spricht sie am Ende mit gar keinem mehr. Oder es geschieht schlimmeres, nicht auszuschließen.

Und wenn er sich nicht noch Jahre mit dieser Informationsbeschaffung auseinandersetzen will, fällt ihm nur eine Möglichkeit ein mit Shiori weiter zu kommen. Er muss ihr das geben, was sie möchte und das wären wohl vorrangig Sicherheit und Spaß.


"Verschwinde wieder.", brummt Shiori verstimmt als sie Tobiramas Schritte näher und hinter der dicken Scheibe, die sie trennt, zum Stehen kommen hört. Den Klang seines Ganges könnte sie unter Tausenden erkennen.

"Wieso so schlecht gelaunt?", fragt Tobirama nach. Er hat nicht vor einfach wieder zu gehen oder sich von seiner Cousine auf der Nase herumtanzen zu lassen.
"Huh? Als wenn es dich wirklich interessieren würde, selbst wenn ich hier drinnen verrotte."

"Wer weiß.", entgegnet er und beobachtet sie, auch wenn Shiori es scheinbar immer noch nicht für nötig hält sich zu ihm umzudrehen. So verkrampft wie sie da sitzt, erkennt er sofort, dass sie Schmerzen hat.

"Was ist passiert?", hackt der Senju nach und ein trockenes Lachen ertönt von Shioris Seite. "Das weißt du doch selbst."
"Erzähl es mir.", natürlich kann er sich denken, dass sie hier nicht gut behandelt wird, doch er möchte es trotzdem von Shiori selbst hören. Er möchte wissen wie sie diese Folter hier drinnen übersteht. Er will es aus ihrem eigenen Mund hören.

"Verschwinde.", ist das einzige, was sie dazu sagt und Tobirama steht unsicher da und wünschte er könnte einfach durch dieses Sicherheitsglas brechen und sie solange schütteln bis sie mit der Sprache rausrückt. Er verlangt nicht einmal zu wissen wie es ihr geht, er will doch nur, dass sie ihm selbst sagt, dass sie noch so viel Menschlichkeit übrig hat, dass die Folter hier drin sie nicht kaltlässt. Der Gedanke alleine macht ihm nämlich bereits zu schaffen. Er saß nur ein einziges Mal auf einem elektrischen Stuhl und das war als man damals nach Shioris Verschwinden dachte, er hätte ihr zur Flucht aus der psychiatrischen Einrichtung geholfen. Dies war natürlich kompletter Schwachsinn, aber Shiori hat es mit Absicht so aussehen lassen, um ihm eins auszuwischen, weil er mit Schuld daran war, dass sie dort gelandet ist. Die Stromschläge waren damals - er war ja selbst noch nicht einmal richtig erwachsen - nicht so stark, dass er daran gestorben wäre, doch ist dies eine furchtbare Erinnerung.

Selbst wenn also in den Berichten steht, dass das nur dazu dient sie weich zu kriegen und man (noch) nicht so weit gehen würde, dass sie stirbt; kann kein Mensch das auf Dauer aushalten. Selbst wenn sie versorgt wird und ihre Wunden immer wieder geheilt werden, ist das nicht nur körperliche, sondern auch psychische Folter.

Zudem kann er beim besten Willen nicht verstehen, wieso solche Methoden überhaupt noch angewendet werden müssen. Vor allem aber, da sie sowieso lieber sterben würde als wie gesagt etwas zu tun, das sie nicht möchte. Wenn sie also bisher nichts gesagt hat, wird sie das auch nicht tun.

"Das werde ich nicht tun.", entgegnet Tobirama endlich. Er muss die Ruhe behalten. Er hat alles versucht, wenn er nicht rund um die Uhr an ihrer Seite ist, wird es immer so weiter gehen. Sein Einfluss reicht nicht um sie vor den Spinnern dieser Welt zu schützen.

Shiori antwortet nichts darauf.

Noch einige Minuten steht Tobirama da und beobachtet seine Cousine, die zwar auf stark tut, aber trotzdem zittert wie Espenlaub.
Irgendetwas muss er tun können. Und er hat auch eine Idee, doch das wird keinem Gefallen. Es ist eigentlich so gut wie unmöglich, dass er diesen Vorschlag bei den Zuständigen durchkriegt, doch er muss es versuchen. Wenn sie weiter nur hier drin sitzt, wird Shiori garantiert nicht mehr lange die Füße still halten. Er muss also etwas tun, bevor sie oder sonst wer auf die Idee kommt ihm bei seinem Vorhaben in die Quere zu kommen.

Doch dafür muss er erstmal einen riesigen Vorschuss an Orochimaru zahlen, denn wenn er nicht mit Akatsukis Aufenthaltsort zu seinen Vorgesetzten gehen kann, werden die ihn nicht einmal aussprechen lassen.

Er muss es so aussehen lassen als wären es Informationen, die er direkt von Shiori bekommen hat. Sonst räumt man sie sowieso aus dem Weg. Er muss genügend Sachen in Erfahrung bringen, um es dastehen zu lassen als wäre Shiori kooperativ und würde ihnen einen Deal vorschlagen.

Ihre vorzeitige Entlassung gegen ihre Hilfe Akatsuki dingfest zu machen. Sie würde dabei niemals mitmachen, schließlich hat sie sich freiwillig einsperren lassen, doch es gibt keinen anderen Weg. Er muss es für die da oben so aussehen lassen als wäre es ihr Kompromiss und Shiori muss er es als Plan seiner Vorgesetzten verkaufen. Ansonsten lässt sich keine Seite auf diese wahnwitzige Idee ein und in dem Fall wäre ein bevorstehendes Unglück unvermeidlich.

Police - Unverhoffte WiedersehenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt