Kapitel 11

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"Wie fühlst du dich?"

Ich zeigte mit meinem Daumen nach oben, um meine Psychologin zu überzeugen, doch laut meinem Gesichtsausdruck wusste sie, dass ich am lügen war und so senkte sie ihre Mundwinkel.

"Du hast es bald hinter dir, aber das auch nur, wenn du dich gegenüber jemandem öffnest und endlich ein Ziel hast", sprach sie und atmete hoffnungslos aus.

Ich war einfach zu stur.

"Denkst du denn noch an deine Eltern Özlem?"

Ich erwischte mich selbst dabei, wie ich mir die kullernde Träne wegwusch und zur Seite sah.
Ich denke jeden Abend an sie.

"Würdest du deinen Eltern denn verzeihen?"

Ich schüttelte meinen Kopf unter Tränen.

"Wieso? Was hält dich auf?"
Verdammt nochmal, sie haben mich verletzt.

Sie sah mich an und dachte nach.

"Dir ist reden nicht lieber stimmts?"

Ich nickte und so holte sie ein Blatt Papier mit einem Stift heraus. Sie überreichte mir dies und forderte mich auf, darin zu schreiben, was ich gerade fühle.

"Lass deine Wut am Schreiben heraus. Ich werde es auch nicht lesen", sprach sie sanft und lehnte sich nach hinten.

Unsicher fing ich langsam an und vertiefte mich Minute zu Minute. Wörter, Sätze, die sich in meinem Kopf befanden, ließ ich an dieses Blatt Papier heraus und fing an zu erzählen . Zu erzählen, wie ich mich fühle.

Meine Hand war gebunden an meinem Herz und so schüttete ich mein Herz ans Schreiben aus.
Es war hart für mich zu akzeptieren, dass mich niemand mehr akzeptierte und mich verabscheute. Anfangs befand ich mich in einer Phase, in der ich oft nachts weinte. Jetzt bin ich hier gefangen und fühle mich Tag zu Tag schwächer. Mein Herz schmerzt vor Sorge und Angst, was auf mich zukommen wird. Mein Schicksal hat mich an meiner Schwachstelle getroffen und tretet mir knallhart ins Gesicht. Gegenüber mir empfinde ich puren Hass und wenn ich könnte, würde ich mich selbst leiden sehen, doch wozu? Ich bin nichtmal dafür wert, ich warte auf den Tag, an dem mein Herz keine Bewegung von sich geben wird und ich still unter der Erde liege. Ich warte auf den Tag, an dem meine Seele frei ist und ich in Frieden leben werde, glücklich sein werde. Ich bin einsam, krank und am Ende. Das Leben ist kein Wunschkonzert und hart, doch, dass ich soviel ertragen muss, wusste ich selbst nicht. Wie gern ich bei meiner Familie wäre und grundlos lachen würde. Wie gern ich diese Zeiten endlich loswerden möchte, doch ich war ein Schloss, der bereits abgeschlossen wurde. Mein Leben hat keinerlei Sinn mehr und es wird der Tag kommen, an dem ich ahnungslos einschlafe und niewieder mehr aufwache. Ich sehne mich nach meiner Familie und meinem alten Leben, doch jetzt bin ich allein. Tag zu Tag sterbe ich und es herrscht schwarz in mir. Aus mir wurde innerlich ein Teufel, weshalb ich ein negativer Mensch bin. Ich warte auf den Tag, den Todestag. Aylin ist die einzige Mauer, die mich davon abhält, doch diese Mauer wird schnellst wie möglich zerstört.

"Du schreibst ja viel", hörte ich links von mir.

Ich schmiss den Stift auf den Tisch und legte den Zettel, der leicht nass von meinen Tränen war, weg und sah zur Therapeutin.

Sie lächelte mich an.

"Fühlst du dich besser?", fragte sie.

Ehrlich gesagt, ja. Ich hatte Frust verloren und fühlte mich besser.

Ich zeigte mit dem Daumen nach oben und zeigte etwas Zufriedenheit.

Sie lächelte stolz.

Nach einem langen Gespräch mit ihr verließ sie den Raum. Ich lehnte mich nach hinten und las mir den Zettel durch. Erst jetzt wurde mir klar, was für ein Leben ich gerade führe. Ich verabscheute dieses Leben sehr und wäre die Letzte, die nur einmal lächeln würde.

ÖzlemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt