Kapitel 13

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"Junge, nicht dein Ernst oder? Du kommst heute!", sprach mein bester Freund aufgebracht ins Telefon.

"Ich hab was zu tun", argumentierte ich schwach.

"Und was? Deine Schwester ist weg. Nutz diese Gelegenheit lan!"

"Muss noch Sachen für die Firma vorbereiten."

"Du verpasst heute was, ohne Scheiß."

Wütend legte ich auf und schnaubte nach Luft, bevor ich Özlems Zimmer betrat.

Sie murmelte leise Sachen vor sich hin und schlief. Die Tür öffnete sich und eine junge Frau trat herein. Herzlich begrüßte sie mich und dachte, ich wäre ihr Freund, worauf ich lächeln musste und einfach meine Klappe hielt.

"Ihre Schwester ist in der Türkei. Sie springen also ein?"

"Könnte man sagen", sagte ich höflich.

"Gut, da sie schläft, können wir uns unterhalten. Wie sieht es aus?"

Fragend sah ich sie an. Ich hatte keinen Schimmer.

"Mit ihrem Zustand."

"Noch wird überlegt, sie weiterhin künstlich zu ernähren. An Özlem hat sich nichts geändert. Klar hatte sie die ersten Tage alles bereut und sah dauernd bedrückt aus, doch ihr macht es nichts aus, dass sie künstlich ernährt wird. Das Einzige, was ihr durch den Kopf geht ist, ob sie dadurch zunehmen wird. Also denke ich zumindest", öffnete ich mich der Psychologin.

"Mir ist was neues eingefallen. Ich habe letztends der Patientin ein Blatt Papier gegeben und einen Stift. Sie hat sich ordentlich Mühe gegeben und hat aufgeschrieben, was sie fühlt. Im Moment ist das die beste Variante, ihr die Frust zu entnehmen."

Ich nickte verständlich. Sie fing an zu labern, worauf ich müde wurde, doch ihr meine beste Seite zeigte. Nach etwa einer Stunde ging sie und sagte, dass sie später vorbeischauen würde. Sie dachte ernsthaft, ich wäre ihr Freund. Mir ging der Text durch den Kopf, den Özlem aufgeschrieben hatte. Durch lautes Atmen wurde ich aufmerksam und drehte meinen Kopf zur Seite. Ängstlich schluckte ich und blickte zur weinenden Özlem. Sie hatte alles gehört. Jetzt wusste sie, dass ich mehr über sie weiß, als sie wollte. Wahrscheinlich hasst sie mich jetzt.

Hastig stand ich von meinem Platz auf und ging auf sie zu.

"Hör zu-

Sie schubste mich nach hinten und gab mir ein Zeichen, den Mund zu halten. Sie weinte bitterlich, doch wieso war das so tragisch für sie?

"Ich will dir nur helfen", sprach ich flehend und zog meine Augenbrauen zusammen.

"I-ich brauch deine Hilfe nicht", sprach sie flüsternd, zornig und wütend aus sich.

Erfreut darüber unterdrückte ich mir mein Lächeln und strahlte innerlich. Jedoch zerstörte der Sinn dieser Worte meine Freude in Binnen von Sekunden und schüttete Wasser über die ruhige Flamme, die in mir herrschte und mich strahlen ließ. Mein Magen zog sich aufs Extremste zusammen. Ich hielt inne und blickte bedrückt zugleich leicht aggressiv zu ihr. Ich versuchte sanft zu bleiben. Nicht aufgeben Erdem.

Sie blickte aus dem Fenster und putzte sich nebenbei die Tränen mit einem Taschentuch weg. Sie war so wunderschön. Mit zur Seite geschüttelten Gedanken nahm ich ihre Hand und setzte mich auf das Bett neben sie. Mein Herz bestimmte über meine Bewegungen, die ich von mir gab. Mein Verstand blieb ruhig in eine Ecke und gab keinen Mucks von sich. Mit meinem großen Daumen strich ich über ihre Handoberfläche und spürte ihre harten Knochen an meinem Daumen, doch ich ließ mir nichts anmerken.

"Lass mich dir helfen. Ich verspreche dir, dass ich es schaffen werde, dich hier rauszuholen."

Dieses Versprechen hatte wohl eine große Bedeutung für sie, denn ihre Augen wurden groß und sie sah schnell zu mir. Ich hatte ihr so eben einen Wunsch geschenkt. Ich hatte ihr Hoffung gegeben, die sie sich tief zu Herzen nahm und ein Stück voran kam.

ÖzlemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt