Kapitel 38

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"Du verkaufst mich für dumm. Irgendwas musst du doch getan haben, dass jetzt plötzlich Probleme aufgetaucht sind."
"Nein ich hab nichts getan."
"Kannst du mir dann erklären, wieso deine Arme aufgekratzt sind und ich frische Narben daran sehe?!"
Erstaunt sah ich ihm ins Gesicht und die Maske brach, die ihn dauerlich anlog.
Ich hatte ihn erneut enttäuscht und belogen.
"Sag doch was? Kein Wunder, das du gezweifelt hast, dass die dich nicht rauslassen. Willst du hier bis zu deinem Tod bleiben?", schrie er mich an, was mir Tritte in den Magen verschaffte und der Knoten in meinem Hals immer mehr wuchs.
"Was macht an dieser Scheiße so Spaß? Wie krank muss man im Kopf sein und sich selbst dämliche Fallen stellen?!"
Autsch. Das war ein Stich mitten im Herz.
"Verdammt red!", forderte er mich auf und schüttelte mich mit seinen Händen an meinen Schultern.
"Lass es!", flüsterte ich brüchig und versuchte gerade noch meine Tränen zu halten, was mir gelang.
"Man Özlem, du hast mich dreist verarscht, mir Hoffnungen gemacht. Tagtäglich bete ich für dich, nehme mir Zeit, damit alles gut klappt und jetzt seh ich sowas? Deine Narben haben sich im Gegensatz zu früher null geändert. Du schneidest dich immernoch so tief, was wird, wenn du deine Ader triffst?!"
"Jeden Tag leb ich mit der Angst, das der Tod nach dir greift."
Schnell stellte ich mich zu ihm und griff nach seinem Arm, als er gehen wollte.
"Ich erklärs dir."
Wütend setzte er sich auf das Bett und wartete.
"Ich kann das nicht durchziehen. Es ist wie eine Sucht!", sprach ich ehrlich.
Ich wollte nicht darüber sprechen, aber was sollte ich sonst machen? Er würde mich höchstwahrscheinlich verlassen, wenn ich ihn weiter belügen würde, also raus mit der Sprache.
Langsam zog ich den Ärmel meines Pullovers hoch und hielt ihm diese vor die Nase.
"Sieht das wirklich dämlich aus? Hinter jeder dieser Narben steckt eine Geschichte. Es ist kein Hobby, es ist Vertreibung meines Schmerzes."
Kurz schlucke ich und hielt die Luft an, als meine Tränen ihren Lauf nahmen.
Frustriert zog ich den Ärmel wieder runter. Es würde nichts nutzen, es war Zeit aufzugeben. Wie lang sollte ich mich noch zeigen, als wäre alles gut? Die Lage war so schwer, ich konnte dieses Spiel nicht mithalten.
"Erdem", flüsterte ich zittrig.
"Ich kann es nicht mithalten, ich kann vor dir nicht mehr auf glücklich tun. Es tut mir Leid."
"Was meinst du?", fragte er skeptisch, da er wohl schon ahnen konnte, worauf ich hinaus wollte.
"Es wäre besser, wenn wir diesen Kontakt zueinander abbrechen würden, das meine ich."
Stillschweigend traute ich mich nicht zu ihm zu schauen. Ich liebte ihn und würde meine Liebe verlieren. Er war mein Halt und ich würde durch sein Verschwinden fallen.
"Das heißt du willst alles beenden?"
"Es wäre besser."
"Und du denkst wirklich ich lass dich gehen?"
"Özlem das wird nicht lange halten. Wir sind mittlerweile ein Paar, wir können doch nicht einfach getrennte Wege gehen.
"Ich kann es nicht ab, wenn ich Leute mit in meine Depressionen ziehe. Wie soll unsere Zukunft aussehen? Ich will nicht, dass du mich in schlimmen Zuständen erlebst. Ich habe meine Albträume und meine Ausbrüche immer noch nicht unter Kontrolle."
"Das ist mir egal. Özlem das ist kein Grund um getrennte Wege zu gehen. Was ist der wahre Grund?"
"Das ist der Grund."
"Du willst alles perfekt, aber das geht nunmal nicht. Dein Grund ist harmlos. Für dich würde ich Nächte nicht schlafen, damit es dir gut geht. Ich bin bereit alles für dich zu opfern, mir egal, wenn es dir peinlich ist, nur weil du nicht wie die anderen Mädchen lebst. Es ist mir egal, wenn du anders bist, hauptsache ich hab dich bei mir. Ich hab mich längst damit abgefunden, dass du kompliziert bist, aber genau das hat mich angezogen. Genau aus diesem Grund sitze ich bei dir."
Fest umschlung er beide Arme um mich.
"Ich will niewieder mehr, dass du auf solche Gedanken kommst. Egal wie schwer es wird, es ist leichter zusammen etwas zu bekämpfen, statt allein zu sein."
Wollte ich eben ernsthaft den Kontakt zu ihm abbrechen? Erst nach seinen Worten wurde mir klar, wie unfair dieses Verhalten gegenüber ihm war.
"Es war scheiße von mir, dir solche Sätze an den Kopf zu werfen. Tut mir Leid wegen eben", flüsterte er in meine Schulter.
Seine Worte waren wirklich hart gewesen.
Mir war schwindelig von diesem Stress geworden, weswegen ich mich zurück ins Bett legte und Erdem mich zudeckte.
"Schlaf jetzt lieber."
"Und was machst du dann in der Zeit?"
"Deine Mutter spielen."
"Mama mir ist so schwindelig", stöhnte ich mit geschlossenen Augen.
"Ich hab dir gesagt, du sollst was trinken!", meckerte sie und deckte mich zu.
"Ich hab Essen gemacht, iss jetzt und alles wird gut", küsste sie meine Wange.
Sie sah sehr fertig aus, doch es war verständlich. Sie konnte wegen mir die letzte Nacht kaum ein Auge zudrücken, da ich Brechanfälle sowie dauerhaft Durst hatte.
So eine Mutter wünscht sich doch jeder. Ich schätzte ihre Taten sehr. Sie sorgte sich um mich, als wäre ich ein Kind, dabei war ich schon längst erwachsen.
Wie aus dem Nichts kehrte ich wieder in die Realität und schloss ungewollt meine Augen, als ich kurz vorm Weinen war. Sie hat sich in den letzten Jahren drastisch geändert. Beinahe hätte ich sie garnicht erkannt, weil sie so kalt war. Sie war so liebevoll, warmherzig und wie eine beste Freundin. Heute konnte ich sie nur mit einem Teufel vergleichen.
Diesen Druck, den ich jahrelang bei mir trug, hatte ich seit dem Besuch meines Vaters verloren. Es war nicht einfach zu glauben, dass mein Vater tatsächlich der Alte war und mir ein Verprechen gab. Ich hatte Hoffnung und hoffte zu einer besseren Zeit.
[...]
"Er ist nicht gekommen", flüsterte ich enttäuscht.
Meine Beine zitterten wie verrückt. Ich wusste nicht ob dahinter die Wut steckte. Ich hoffte nur noch darauf genug Kraft zu haben, um dies zu überstehen.
Fest schmiss ich das Handy gegen das Bett und fiel auf die Knie.
Erdems Sicht:
Schnell fuhr ich nachdem ich duschen war in die Klinik, um bei Özlem zu sein, da ich eben mit ihr telefoniert hatte. Ihr Vater hatte ihr vor einer Woche versprochen, sie zu besuchen. Die ganze Woche über hat sie gewartet, bis der Vater nicht gekommen ist. Ihr Bruder hatte sie angerufen, doch aus Angst ist sie nicht drangegangen. Möglicherweise hat ihr Bruder erfahren, dass der Vater Kontakt zu seiner Tochter hat.
Sie ist wohl möglich am Boden zerstört, weil ihre Freude die ganze Woche über zu sehen war.
Angekommen stieg ich schnell aus und ging in schnellen Schritten rein. In ihren Zimmer saß sie an ihre Kommode gelehnt und weinte. Nur die Lampe war an.
Mitreißend kniete ich mich zu ihr.
"Steh lieber auf, der Boden ist kalt", sprach ich sanft.
"Mir egal."
Letztendlich hob ich sie hoch und setzte sie auf ihr Bett ab. Ihr Gesicht versteckte sie in ihren Händen, denn sie schluchzte ununterbrochen.
Mir blieb keine andere Wahl als sie in den Arm zu nehmen, was ich auch tat und sie somit in Tränen ausbrach.
Auch sie schlang ihre Arme um meinen Rücken und versuchte aufzuhören zu weinen.
"Ich bin so naiv, ich dachte ernsthaft, dass er kommt und unsere Familie wieder vollständig ist."
"Er wird kommen. Er wird sein Wort halten", flüsterte ich und strich ihre Haare aus ihrem Gesicht.
"Schau, du darfst keinen an dich so schnell ranlassen, er hat dich mit nur einer Aktion zum weinen gebracht. Wer weiß, vielleicht kommen noch weitere Aktionen."
Mit beiden Daumen strich ich ihre Tränen aus dem Gesicht und zwang sie zu einem Lächeln.
"Wein nicht, es wird sich nicht lohnen. Weder für dich noch für deine Familie. Tränen präsentieren im Endeffekt nur Schwäche."
Vorsichtig näherte ich mich ihr und schmeckte ihre salzigen Tränen von ihren Lippen.
Eine Art Explosion war in meinem Magen, als sie meinen Kuss erwiederte.
"Ich hoffe einfach nur, dass du diese scheiß Zeit einfach hinter dir hast."
"So schnell es geht", flüsterte ich ihren Lippen entlang und küsste kurz ihren Mundwinkel.
Anscheinend hätte sie mit einem Kuss nicht gerechnet, da sie wieder schüchtern wie nie wurde.
"Ich schlage vor du gehst jetzt schlafen, denn Morgen darfst du dir meine neue Wohnung ansehen."
"Mach keinen Mist, sonst ist der Plan gestrichen", warnte ich sie, was sie zum lächeln brachte.
"Gute Nacht Melegim."
Özlems Sicht:
Aufgeregt stand ich auf und machte mich kurzfristig frisch, da ich einen Termin hatte und unten beim Arzt erscheinen musste.
Schnell stieg ich die Treppen hinunter und erwartete meine Psychologin.
"Ist es okay, wenn ich mit dabei bin?", fragte sie vorsichtshalber, was ich bejahte.
Nachdem ich gründlich untersucht wurde und alles im grünen Bereich war, durfte ich gehen. Unangenehm wurde es, als er mir Blut abnehmen wollte und ich mein halbwegs blutverschmierten Arm vor seine Nase hielt. Höchstwahrscheinlich hat er sowas schon öfters erlebt, da er völlig normal reagiert hatte.
"Mir ist schwindelig", flüsterte ich, nachdem er mir Blut abnahm.
Die Angst gegen Spritzen hatte ich immernoch nicht besiegt, doch da es mittlerweile zu meinem Leben gehörte, musste ich mich damit abfinden.
"Bleiben sie bitte liegen Frau Rashid."
Er posierte meine Beine höher, während ich meine Augen schloss und versuchte das Rauschen in mir loszuwerden. Nachdem es mir einigermaßen wieder gut ging marschierte ich nach einem kurzen Gespräch mit meiner Psychologin wieder ins Zimmer.
Nach wenigen Minuten kam Erdem, der mich als Begrüßung fest umarmte.
Netterweise zog er mir meine Jacke an, schloss diese und meinte ich solle zum Haupteingang kommen, da er noch was mit meiner Psychologin, dann noch was an der Rezeption zu klären hatte. Hier raus zu dürfen ist recht schwer, man muss verschiedenen Krims Krams ausfüllen und eine Erlaubnis beantragen, völliger Unsinn.
Als ich fertig war, begab ich mich zum Haupteingang und setzte mich auf den Stuhl neben der Schiebetür, da mir noch vom Blut abnehmen schwindelig war.
Von Weitem sah ich ihn und schon ging das Abenteuer los. Ich freute mich riesig darauf, wieder die Außenwelt in Betracht zu nehmen zu dürfen.
"Worüber ging es bei der Psychologin?"
"Zukunftspläne halt, sie meint es wird langsam Zeit dafür, weil ich hier bald raus darf."
"Siehst du? Mach weiter so."
Schonmal daran gedacht, dass sich bei mir seelisch wenig geändert hat? Trotz, dass ich mich weiterhin schnitt, meinen sie ich dürfe raus, nicht mein Problem.
"Wohin fahren wir?", fragte ich ihn, als er diesmal einen anderen Weg wählte.
"Zu meiner neuen Wohnung."
Das hatte ich völlig vergessen. Ich war neugierig, wie groß seine Wohnung wohl sein würde.
Es dauerte nicht lang, schon kamen wir an.
Im ersten Stock befand sich seine Wohnung. Vom äußeren Eindruck her waren die Häuser alle schön, auch die Umgebung sehr schick.
Innen angekommen drückte mir Erdem die Schlüssel in die Hand und meinte ich solle die neue Wohnung öffnen. Schmunzelnd schloss ich die Tür auf und betrat den riesen Flur.
"Wo ist das Wohnzimmer?", fragte ich ihn.
"Rechts."
Weiter vorn wagte ich Schritte und sah den großen Wohnzimmer. Die Wohnung war nicht ganz eingerichtet, eher die Tapeten und wenige Möbel. Zur Wohnung dazu gehörten zwei Schlafzimmer, zwei Badezimmer und eine Küche.
"Gefällt sie dir?"
"Ja ich find sowas perfekt. Nicht zu groß, nicht zu klein, aber ist das nicht teuer für dich allein?"
"Mein Vater hat eine riesen Firma, führt bekannte Betriebe, ich arbeite dort, klar reicht es", lachte er.
"Ich muss hier noch alles einrichten, aber das hat seine Zeit."
Nachdem ich durch alle Räume blickte, beschlossen wir zu gehen.
"Kannst du eigentlich Auto fahren?"
Mit einem Kopfschütteln verneinte ich seine Frage. Mein Traum war es seit ich klein war, einen Führerschein zu machen, doch jetzt wo ich volljährig bin, weiß ich, dass ich meinen Führerschein erst nach Jahren bekommen werde, dazu die Kosten.
"So, du hast jetzt die Wahl, wohin du willst."
Kurz überlegte ich, doch mir fiel kein allzu besonderer Ort ein, bis auf mein eigentliches zu Hause. Ich sehne mich nach meiner Familie, doch Erdem hat Recht. Ich darf mich nicht als schwach preisgeben.
"Özlem?"
"Ja?"
"Fällt dir nichts ein?"
"Nicht wirklich, es ist auch so kalt. Was soll man in dieser Kälte unternehmen?"
"Möchstest du in die Shishabar?"
"Nein?"
"Shoppen?"
"Nein."
"Kino, Zoo oder so?"
"Nein."
"Ich will an einen ruhigen und eher abgelegenen Ort."
"Okay", lächelte er mich warmherzig an und fuhr los.
"Nie schnallst du dich an", zickte er und schnallte mich mitten im Fahren an.
"Ich bin es einfach nicht gewohnt", gab ich ehrlich von mir.
Es war schon lang her, als ich im Auto saß, außer mit Erdem natürlich.
Es dauerte etwas, bis Erdem parkte und meinte, dass wir angekommen seien. Wir waren höher, als wir waren, als wären wir auf einem Berg.
"Komm", nahm er meine Hand und führte mich irgendwo hin. Desto mehr wir gingen, desto schöner kam mir alles vor.
Es war ein Gehweg aus Kieselsteinen, den wir entlang spazierten. Neben dem Kieselsteinweg wurde die Fläche immer steiler, sodass man von hier oben die Stadt sah.
Es war eine wunderschöne Aussicht. Vorallem wurde die Schönheit der Natur besonders an diesem Ort ausgestrahlt. Es waren hier wenige Menschen zu sehen.
"Das ist so schön", flüsterte ich und zeigte ihm die Aussicht.
"Find ich auch, aber so kalt", beschwerte er sich.
Kein Wunder, desto höher, desto windiger.
Zwei ganze Stunden verbrachten wir hier. Während ich die ganze Runde spazierte und durch den Wald wie ein Kind lief, marschierte mir Erdem müde hinterher. Er fand es nicht allzu interessant, eher langweilig. Ich hingegen betrachtete die Natur und atmete die frische Luft in mir. Wir schossen auch Bilder von uns, die meiner Ansicht nach sehr gut geworden waren.
Nach diesen wunderschönen Stunden wurde es dunkel und ehrlich gesagt sah es sehr gruselig aus. Aylin wartete in der Innenstadt auf uns, während wir zu ihr fuhren.
Erdem meinte, dass wir den Weihnachtsmarkt besuchen würden. Nach etlichen Minuten fanden wir einen Parkplatz und spazierten durch den Markt, da Aylin am anderen Ende der Innenstadt steht. Es war voll, unzählige Massen von Menschen waren verteilt. Unendlich viele Angebote waren zu sehen, da bald Weihnachten ist. Der Weihnachtsmarkt war überfüllt. Unschön waren die angetrunkenen Männer, die andere Menschen provozierten.
Plötzlich zog mich Erdem mehr zu sich, als eine Jungengruppe an uns vorbei ging. Ich fand es ehrlich gesagt süß, wie er sich bei Kleinigkeiten schon Sorgen über mich machte.
"Es ist kalt", murmelte ich und steckte meine Hände in den Taschen.
Erdem setzte mir meine Kapuze auf, was dabei führte, dass meine Haare nach vorn in mein Gesicht flogen und wir lachen mussten.
"Wir sind gleich sowieso in der Döneria erstmal."
Ich nickte und folgte ihm, nur leider ging Erdem so große Schritte, weswegen ich leicht laufen musste, weil ich so lahm war.
Angekommen sah ich Aylin in der Döneria sitzen, die ich danach herzlich empfang und mich zu ihr setzte.
"Erdem geh und bestell für uns, Bitte", bittete Aylin Erdem.
"Was wollt ihr?"
"Du kennst mich gut genug, um zu wissen, was deine kleine Schwester will."
"Hol einfach was", meinte ich und drehte mich zu Aylin.
"Und? Wie fühlst du dich jetzt, wenn du draußen bist?"
"Ich liebe es! Nur schade, dass ich wieder zurück muss", gab ich ehrlich von mir und ein wenig bedrückte es mich schon.
"Egal, du darfst immer öfters raus, sodass du dich daran gewöhnst."
"Wie gehts dir jetzt? Was meint Serhat jetzt zu der Sache?"
"Bin da", kam von hinten, aus dem Grund verstummte ich abrupt.
"Abi Serhat kommt später auch", murmelte Aylin etwas nervös.
Erdem nickte nur gereizt und widmete sich mir. Er lächelte bösartig, was ich nicht verstand, doch nach der Bestellung begriff, was er mir damit verdeutlichen wollte.
"Ich schaff das alles nicht!", zickte ich aufgebracht.
"Doch du isst das", sprach er autoritär und zeigte auf den Döner, mit einem Salat und einer riesen Sprite.
"Für später nimmst du überbackene Lasagne mit, besser als das Essen da."
"Guten Appetit ihr Opfer", lachte Aylin.
Augenverdrehend fing ich an zu Essen, war nach dem halben Döner schon satt und aß etwas vom Salat.
Diesen Abend würde ich noch brechen, das war mir klar.
Fertig gegessen standen wir auf, doch Erdem hielt mich ab.
"Özlem bitte."
"Nein."
"Ich will, dass du zunimmst, das ist gut für dich."
"Ich will aber nicht zunehmen."
Er gab auf und aß den Rest meines Döners.
"Heute machen die kurz noch einen Feuerwerk. Lass uns dann dahin gehen. Ein Freund muss mir kurz noch was geben, kommt ihr mit?"
"Ich geh Serhat holen und komme nach. Lasst uns Stadtmitte treffen, wenn das Feuerwerk beginnt."
Erdem zog mich mit sich, bis sein Freund ihm Check gab. Ich hielt meine Blicke gesenkt, da ich Null Lust hatte, ihn zu begrüßen, so unhöflich es auch klingt.
"Das ist Özlem", sagte Erdem, was meine Pläne durchkreuzte und ich ungewollt zu ihm schaute. Einen Moment lang sah auch er mich an, bis mir das Gesicht immer bekannter vorkam und ich meinen Mund innerlich weit aufriss. Koray? Etwa der Koray, aus meiner alten Schule? Ich erinnerte mich noch sehr gut daran.
"Gib her Koray!", versuchte ich meine Jacke von ihm zu nehmen.
"Wer bist du, dass ich dir gehorchen soll?", sprach er provokant und schubste mich gegen den Spind.
"Verpiss dich, oder ich zeig Kaan die Bilder du Hure."
"Er kennt sie bereits. Falls es dir nicht klar ist, er hat mich gezwungen diese Bilder zu machen."
"Hey, ich bin Koray", sprach er leicht geschockt.
Wahrscheinlich hatte er mich erkannt.
"Woher kennt ihr euch?", fragte Koray.
Ja, er hatte mich erkannt.
"Erdem ich geh zu Aylin."
"Özlem warte", sprach er, doch ich ging.
Mein Herz schlug mir bis zu meiner Brust. Selbst das Gehen fiel mir schwer, da meine Beine zitterten und sich krampfartig anfühlten.
Nicht weinen Özlem. Nicht hier, nicht jetzt. Er kann dir nichts tun, Erdem ist bei dir.
Frustriert lehnte ich mich an eine Wand in einer Gasse und schluchzte. Ich konnte es nicht wahrhaben, dass ausgerechnet Koray Erdem kannte. Ob er noch was mit Kaan zu tun hat?
Meine Angstgefühle nahmen immer mehr zu, desto mehr hatte ich das Gefühl, jemand würde mich beobachten.
Schnell wusch ich mir die Träne weg und machte mich auf die Suche nach Erdem, den ich meterweise entfernt entdeckte.
Kurz sah ich mich um ihn herum um, um sicher zu gehen, ob Koray noch in seiner Nähe ist.
Langsam verließ ich die Gasse und steuerte auf Erdem zu, der sich erschreckte und sorgenfrei ausatmete.
"Wo warst du? Ich dachte schon, du willst abhauen oder so", sprach er besorgt.
"Was wollte dieser Koray dir geben?", fragte ich zunächst.
"Mir seine Autoschlüssel leihen, wieso fragst du?"
"Reine Neugier", versteckte ich meine Lüge durch ein Lächeln.
"Wo warst du?"
"Aylin suchen, aber ich hab mich dann doch anders entschieden."
Sogern wollte ich wissen, was Koray wohl zu Erdem gesagt hat.
"Wollen wir uns schonmal einen Platz suchen?"
"Okay, Erdem?"
"Wieso findet überhaupt dieses Feuerwerk statt?"
"Ich hab Null Ahnung, wahrscheinlich wegen dem Weihnachtsmarkt."
Bevor wir losgingen, holten wir uns gebrannte Mandeln in verschiedenen Sorten. Angekommen setzte ich mich auf eine Mauer und Erdem rief Aylin an.
"Komm wir gehen weiter nach vorn", nahm er meine Hand und zog mich hinter sich, als in wenigen Minuten das Feuerwerk stattfinden würde. Aylin und Serhat hatten uns gefunden und standen neben uns.
Ich umarmte Erdem von hinten, lehnte meinen Kopf seitlich an seinen Rücken und steckte meine Hände in seine Jackentasche.
Als das Feuerwerk begann, schloss ich meine Augen und ließ eine Träne meiner Wange hinunter gleiten.

ÖzlemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt