Kapitel 37

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Kurz fasste ich den Inhalt dieser Begegnungen im Kopf zusammen und versuchte eine Schlussforderung daraus zu ziehen.
Erst der Kuss mit Erdem, dann der schreckliche Anfall, das Auftreten meines Vaters und jetzt die Entscheidung.
Ob ich ihm verzeihen soll? Ob ich meinen Bruder für seine Aktion mit Kaan verzeihen kann? Ob ich bei alldem, was passiert ist, ein Auge zudrücken soll? War es nicht mein Wunsch? Meine Eltern bei mir zu haben, meine Familie bei mir zu haben, um die Sorgen loszuwerden? Es war wie eine Drehung meines Schicksalsrades, egal welchen Weg ich wählen würde, es wäre der Falsche.
Erdem ging plötzlich ohne sich zu verabschieden raus, während Aylin zu mir sah und an ihrer Stelle blieb.
"Wohin geht er?", fragte ich verwundert und blickte zur Tür, als diese geschlossen wurde.
"Ich hab ihm gesagt, dass er gehen soll, weil ich mit dir reden muss", sprach sie ernst.
"Was denn?", fragte ich kühl.
"Ich wollte mich entschuldigen, du wolltest wissen, was los ist. Ich hab auf diese Frage überreagiert, immerhin bin ich deine beste Freundin. Ich hätte dich nicht anschnauzen dürfen gar meine schlechte Laune an dir ausüben."
"Angenommen", lächelte ich.
Durch ihre Gesichtszüge wusste ich, dass sie diese Entschuldigung Ernst meinte, also wieso weiterhin stressig damit leben?
"Aber was hattest du oder hast du? Nicht nur ich sondern deine ganze Familie macht sich Sorgen."
"Okay also", begann sie, doch brach ab und umarmte mich blitzschnell. Sie atmete laut aus.
"Özlem", hauchte sie weinend in meine Schulter und weinte schrecklich.
So sensibel wie ich war, füllten sich automatisch meine Augen.
"Was ist passiert?", fragte ich sie und strich über ihren Rücken.
"Ich hab was schlimmes gemacht. Ich kann es mir selbst garnicht verzeihen."
"Ist was mit Serhat passiert?"
Zitternd nickte sie.
"Habt ihr euch gestritten?", fragte ich ruhig und versuchte die Ursache für ihr Verhalten herauszufinden.
"Nein, aber wir haben. Oh Gott Özlem ich bin so eine Schlampe!", wurde sie lauter und löste sich von mir.
"Pscht", beruhigte ich sie, da Erdem sie höchstwahrscheinlich von außen hören könnte.
"Ihr habt miteinander geschlafen stimmts?", fragte ich sie, als sie zu ihrem Bauch sah.
Entsetzt nickte sie und sah hilfesuchend zu mir.
Fest nahm ich sie in den Arm und stand minutenlang in dieser Position. Solch schwerige Gedanken hatte ich noch nie. Was sollte sie tun? Man könnte es niemanden verschweigen, dass sie schwanger sei. Innerlich freute ich mich ein Stück, doch, dass ihre Eltern Wert auf die Ehre ihrer Kinder legten, hatte Aylin beschmutzt. Sie hat die Ehre ihrer Familie gebrochen und genau das ist ein Punkt für einen großen Konflikt. Dazu noch die Schwangerschaft, die sie hoffentlich rechtzeitig herausgefunden hatte.
"Hast du mit Serhat geredet?"
"Nein, das ist es ja. Ich trau mich nicht."
"In welcher Woche bist du?"
Kurz überlegte sie.
"In der sechsten."
"Du musst dich beruhigen und musst als aller erstes Stress vermeiden. Das tut weder dir noch dem Baby gut. Mit Serhat redest du am besten morgen. Er muss es als Vater wissen! Ich schlage vor du stellst Serhat schnell wie möglich deinen Eltern vor. Ihr müsst die Hochzeit geplant haben, bis sie von der Schwangerschaft erfahren!"
"Wie soll das gehen?"
"Wenn wir zum Beispiel in zwei Monaten heiraten, werden meine Eltern fragen in welcher Woche bist du. Es sind neun Monate und nach der Hochzeit würden es fünf Monate bleiben. Meine Eltern würden sich fragen, wie ich es innerhalb fünf Monaten geschafft hab ein Kind auf die Welt zu bringen. Die sind nicht dumm!"
"Aylin glaub mir, so scharf achtet niemand auf die Schwangerschaft. Serhat wird sich schon was gutes überlegen."
Sie war völlig aus dem Wind, was ich nachvollziehen konnte. In ihrer Haut würde ich nicht sitzen wollen.
"Du redest mit Serhat. Er wird hinter dir stehen Aylin. Egal was ist."
"Und das morgen. Zusammen überlegt ihr euch etwas, ansonsten müssen wir schauen. Mir wird bis morgen schon was einfallen."
Plötzlich platzte Erdem herein, was uns beiden vor Schock den Atem raubte.
"So langsam musst du los", sprach Erdem Aylin an.
Er hatte nichts mitbekommen, zum Glück.
"Achso verstehe, du willst allein mit meiner besten Freundin sein", sah Aylin uns verführerisch an und musste lächeln.
"Erdem geht gleich", unterbrach ich beide und musste mir mein Lachen verkneifen.
"Aus euch wird noch was", nuschelte Aylin, als sie mich in den Arm nahm und zur Verabschiedung meine Wange küsste.
"Halt den Mund", nuschelte ich zurück und schlug leicht gegen ihren Kopf.
Schon war sie weg.
"Nächstes Mal streite ich mich mit dir mit Absicht, damit alle raus müssen und wir beide allein sind", sprach er zuckersüß.
Recht hatte er. Erst musste er vor die Tür, als mein Vater mit mir sprechen wollte, danach musste er erneut vor die Tür, als Aylin sich bei mir entschuldigen wollte.
Schomollend blickte ich bemitleidend zu ihm, weswegen er wütend wurde und sein Gesicht verzog.
"Ich hab den Rest des Tages nichts zu tun, das heißt du wirst mich diese stundenlang ertragen müssen."
"Besser als allein auf dem Bett zu sitzen und nichts zu tun."
Er legte sich zu mir, da es recht kühl in meinem Zimmer war und er darauf bestand sich zu mir zu legen.
"Morgen wird seine Psychologin dich besuchen. Frag sie, wie es jetzt aussieht und ob sie bereit wäre, dich in Laufe der Monate zu entlassen."
"Erdem das wird Jahre dauern", sah ich frustriert zu ihm.
"Nein. Özlem du bist jetzt volljährig und außerdem bist du im Gegensatz zu früher viel besser geworden. Mal ehrlich, man sieht dir es nicht an, dass du so ein Mensch bist, der sich das Leben nehmen will. Im Gegensatz zu früher strahlst du jetzt und glaub mir das ist einer der Gründe, wieso man sich bereit erklären sollte, dich zu entlassen. Außerdem hast du durch dir Therapien doch gelernt oder?"
Es war peinlich, was Erdem alles über mich wusste und er weiß was für eine Person ich bin. Ich wollte nicht, dass er jedes Detail meines Lebens kannte, doch es war meine Schuld.
Ich fragte mich, was überhaupt aus mir werden würde. Ich kann weder den schulischen Stoff nachholen, noch kann ich dabei verdienen. Ein Unterschlupf wäre überhaupt zu teuer für einen Menschen wie mir. Dazu müsste ich Nebenkosten an Kleinigkeiten zahlen. Eins stand fest. Ein normales Leben für mich war zu unrealistisch. An den Menschen, mit denen ich früher zusammen gelebt hatte, genau an diese Menschen wollte ich erst gar nicht denken, denn durch ihnen würde ich sofort auf Prostitution eingehen.
Jedoch hatte ich ein Stückchen Hoffnung, dass mir mein Vater Unterstützung bei diesen Problemen bieten könnte, doch auch diesen Hauch Hoffnung würde meine Mutter wegpusten. Mazlum Abi würde mit mir bis zu meinem Tod keinen Wort auswechseln, er hasst mich. Das heißt meinen Vater konnte ich aus der Liste streichen. Erdem würde ich nicht fragen, es war einerseits auch armselig von seinem Geld zu leben. Auch wenn es andererseits nur für eine kurze Zeit sein sollte, traute ich mich nicht, ihn auf dieses Thema anzusprechen. Aus diesem Konflikt konnte ich schließen, dass ich meine Bildung aufgrund meiner Lage nicht fortführen könnte. Ich müsste mir schnellstmöglich einen Job aufsuchen, was schwierig werden würde, da ich keinen vernünftigen Abschluss hätte und meine Dokumente nicht vorlegen könnte.
Durch Erdem wurde ich wieder in die Realität katapultiert, weswegen ich ihn fragend ansah und nicht wusste, was er zu mir gesagt hatte.
"Über was hast du wieder so lang nachgedacht?", fragte er mich.
"Nichts Besonderes", lächelte ich ihn warm an.
"Ich hab dich gefragt, ob dir die Therapien geholfen haben", schob er diese Frage in den Vordergrund.
"Ich kann es nicht beurteilen. Ich versteh nicht mal, ob ich bereit dazu bin", meinte ich unsicher dazu und spielte mit meinen Fingern.
Ich wollte darüber nicht reden. Nicht jetzt, wo ich allgemein schon durcheinander war
"Wenn du-
"Ist doch egal", unterbrach ich ihn schüchtern.
Wir schlossen mit diesem Thema ab und ich schloss meine Augen, da ich heute ziemlich erschöpft war. Diesen Tag würde ich nicht vergessen. Soviele Ereignisse und Geheimnisse in nur wenigen Stunden, das war zu viel. Ohne es zu merken, holte mich der Schlaf ein und schon schlief ich in seinen Armen ein.
[...]
Erdems Sicht:
Nachdem sie einschlief, deckte ich sie zu, zog ihre Hausschuhe aus und verließ stumm das Zimmer, nachdem ich ihre warme Stirn mit meinen Lippen berührte. In meinen Augen war sie bereits mein Mädchen, doch der Gedanke, das sie anders denken würde, beunruhigte mich. Wahrscheinlich erwartet sie, dass ich ihr einen Antrag mache oder sonst was, aber gerade das ist schwer, wenn sie in einer Psychiatrie bleiben muss. Auf dem Weg nach Hause ließ ich alles in mir durchgehen und verdaute die Ereignisse vor paar Stunden. Der Vater dachte tatsächlich, sie sei meine Freundin, was wiederrum stimmt, aber mich seine Ruhe so umbrachte. Er müsste doch wütend werden, naja irgendwas stimmte an diesem Mann nicht, außer er denkt, ich sei vernünftig, was wiederrum ebenfalls stimmt. Doch eine Frage müsste er mir beantworten: Wär ich die perfekt geeignete Wahl für Özlem?
Ich verstand nicht, wieso gerade sie? Sie hatte etwas an sich, was andere nicht hatten, eher war es ihre Unschuld, in der ich mich verliebt hatte. Ich bin eher der Typ, der Wert auf die Figur, auf das Aussehen und erst danach auf den Charakter legte. Ohne Hintergedanken, sie war wunderschön, das musste ich zugeben. Ihr Charakter ist goldwert, doch sie ist zu schlank.
Sie hat Gründe fürs abmagern.
Stimmt, sie wurde gemobbt. Wie kann man so ein hübsches Mädchen nur erniedrigen?
Ich schämte mich dafür, so zu denken. Ich zweifelte tatsächlich an meine Liebe. Zuhause angekommen ging ich duschen und erledigte Aufgaben für unsere Firma. Nach harter Arbeit gelang ich es mir, schneller einzuschlafen und schlief sorgenfrei ein.
Özlems Sicht:
Mit feuchten Augen wachte ich mitten in der Nacht auf und hustete stark auf. Mein Husten hatte sich verschlimmert, mein Hals ließ mich leiden. Meine Nase lief pausenlos und mein Gesicht brannte als auch mein gesamter Körper. Abrupt rief ich die Krankenschwester und erfuhr, dass ich mir eine starke Mandelentzündung mit hohem Fieber geholt hatte. Erschöpft legte ich mich nach einer kurzen Untersuchung der Krankenschwester hin und schloss meine Augen, nachdem sie gegangen war und nochmal nach mir schauen würde. Dazu bekam ich wenig später meine Periode, was mich zur Weißglut brachte und ich mittlerweile weinte, weil dieses Gefühl so schrecklich war. Erdem würde heute nicht erscheinen, da er kurzfristig einen Termin fürs Meeting hatte.
Mein Unterleib schmerzte und meine Beine taten mehr als mein Unterleib weh. Mir war übel und ich war heiser. Ich war ein Pechvogel.
Aylin war mitten im frühen Morgen gekommen und holte sich bei mir einen Rat, wie sie Serhat darauf ansprechen solle. Nach einer knappen Stunde war sie weg und ich hoffte, dass alles gut gehen würde. Ich freute mich, Patentante zu werden, doch, dass sie dies vor der Ehe getan hat, war ein Nachteil, vorallem für sie.
Den Rest des Tages verbrachte ich im Bett und um 18 Uhr würde meine Psychologin eintreten. Ich war nervös, immerhin würde sie halbwegs die Entscheidung treffen, ob ich hier endlich raus darf oder nicht. Kurze Zeit später kam sie herein, lächelte mich freundlich an und setzte sich zu mir auf mein Bett.
"Wie gehts dir?", fragte sie ruhig und strich über meine Hand.
"Gut."
"Özlem, darf ich dich etwas fragen?"
"Ja?", lächelte ich sie leicht an, doch erschrack, als sie meinen Ärmel hochzog und negativ staunte.
"Ich dachte, du hättest Fortschritte gemacht", flüsterte sie enttäuscht und hatte beinahe Tränen in den Augen, was ich nachvollziehen konnte. Jahrelang versuchte sie mir zu helfen, doch scheiterte an ihren Varianten und Plänen.
Ich schwieg. Ich hasste es, wenn jemand enttäuscht von mir war. Sowas verpasste mir innerlich Feuerfackeln direkt ums Herz.
"Ich will einfach nicht, dass ein Mensch über mein Leben bestimmt."
"Wie meinst du das Özlem?"
"Damit meine ich, dass niemand zu bestimmen hat, ob ich raus darf oder nicht. Es ist meine Sache, ich will über mein Leben bestimmen. Hier in der Psychiatrie behandeln sie mich so, als wäre ich ein Gegenstand, was sich gegen nichts wehren kann."
"Özlem, es wäre niemals dazu gekommen. Es ist dein Schicksal und du kämpfst nun gegen dein Schicksal. Schau, Erdem und Aylin stehen hinter dir und unterstützen dich. Du musst durchhalten. Bis du raus darfst, bist du anhand des Durchhaltevermögen daran gewöhnt und wirst es für immer lassen. Natürlich wirst du weiterhin Reaktionen auf verschiedenen Ereignissen haben, aber genau das wirst du vermeiden. Du musst nur dich selbst bekämpfen, dann hast du es geschafft!"
Nach einer langen Stunde, in der sie mir versuchte, mir klar zu werden, wie wichtig es war, mich zu ändern, ging sie. Ich stimmte ihrer Aussage zu, aber das war viel zu viel von mir verlangt. Trotzdem hatte sie meine Frage nicht beantwortet. Sie hatte um den heißen Brei gelabert, nur nicht meine Frage beantwortet.
In den nächsten Tagen darauf konnte mich Erdem wegen mehreren Treffen mit wichtigen Leuten nicht besuchen, was meine Lage verschlechterte. Ihm hatte ich nicht erzählt, dass ich krank war und ich mich wie ein sterbender Mensch fühlte, denn mein kompletter Körper war verkrampft. Aylin hingegen war mich besuchen gekommen und half mir, wo sie nur konnte. Mit Serhat hatte sie gesprochen und er war bereit dazu, in den nächsten Wochen ihre Hand zu halten zu gehen. Schnellstmöglich müssten beide ihren Eltern Bescheid geben, doch ich hielt nichts vom Plan beider Verliebten. Den nächsten Tag nutzte ich für meine Ruhe, denn es war der vierte Tag, an dem ich hohes Fieber hatte.
Verschwitzt stand ich auf und mir fiel als erstes die Nässe an mir auf. Ich hatte wegen den Tabletten durchgeschwitzt und deshalb war meine Kleidung nass. Es klebte alles an mir. Selbst meine Bettwäsche war feucht, was mich anekelte, doch mir fehlte jegliche Kraft gar aufzustehen.
"Du bist wach", hörte ich plötzlich wie aus dem Nichts.
Schwach blickte ich zu Erdem, der mich besorgt anlächelte.
Auch ich lächelte zurück und setzte mich mühevoll aufrecht hin. Noch nie hatten meine Augen so stark gebrannt und noch nie war ich am glühen wie in den letzten Tagen.
Erdem sah ziemlich gut mit seinem karierten rotblauen Hemd aus, was er in eine etwas engere Jeans gesteckt hatte und darüber einen Sako trug. Seine Haare waren elegant zur Seite gegelt und sein Bart wurde perfekt zur Geltung gebracht. Ich konnte seinen Aftershave bis zu mir hin riechen, trotz, dass meine Nase wie wild am laufen war und mein Riechorgan wie zerstört war.
Ich hingegen sah wie eine leblose Leiche aus, was wie eine Irre am schwitzen war.
"Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du seit Tagen krank bist?"
Charmant lächelte er, was mir den Rest gab und ich umfallen könnte.
"Weil du sonst nicht zur Arbeit erscheinen würdest."
"Ja du hast Recht", lachte er.
Ich fühlte mich immernoch mit meinen verschwitzten Sachen unwohl und die kalte Luft auf mir machte es nicht besser.
Augenblicklich stand ich auf und nahm mir Sachen aus dem Kleiderschrank.
"Ruf mal bitte die Krankenschwester und sag ihr, sie soll meine Bettwäsche wechseln."
In der Zeit zog ich mich aus und säuberte mich mit einem feuchten Handtuch, da mir die Kraft fürs duschen fehlte.
Frierend zog ich mir die neue Kleidung an und öffnete die Tür. Die Bettwäsche war bereits gewechselt worden und Erdem war an seinen Handy beschäftigt, bis ich herauskam und er zu mir joggte.
"Du taumelst ja richtig", kommentierte er besorgt und legte seine Hand auf meine Stirn.
Abrupt hob er mich hoch und ging vorsichtig zum Bett, danach deckte er mich zu und gab mir ein Glas Wasser. Er war heute komisch drauf, eher ruhiger, als er schon immer war, doch wahrscheinlich auch deshalb, weil ich nicht gesprächig war.
"Kannst du mir eine Wärmeflasche holen?", fragte ich ihn, da mein Unterleib wieder schmerzte. Es konnte doch nicht wahrsein, dass ich in meiner Periode tagelang schmerzen hab, obwohl es meist nur beim ersten Tag so sein sollte.
Erdem bejahte darauf und ging. Was war bloß los mit ihm? Vielleicht lag es auch daran, dass sein Tag stressig verlaufen war und er sich gezwungen hat mich zu besuchen. Oder er ist sauer auf mich, aber aus welchem Grund? Nein. Sauer kann er garnicht auf mich sein.
Jedenfalls schaltete ich damit ab und schloss meine Augen. Ich war erschöpft, dieser Fieber brachte mich um. Mal war es mir kalt, mal heiß. Eben war es mir heiß und jetzt zitterte ich vor Kälte.
Nach einer kurzen Weile kam er mit einer warmen Wärmeflasche zu mir, die ich sofort an meinem Unterleib hielt und als Bemerkung ein "Opfer" von Erdem bekam. Er lachte mich tatsächlich eiskalt aus, doch wurde schnell wieder leise, so distanziert wie vorher.
Plötzlich zog er mich in eine kräftige Umarmung und schon verging mir die Kälte. Seine Arme schützten jede Körperstelle von mir und die Wärme drang in mir ein. Ein Stoß des Käfigs der Schmetterlinge machte sich in mir gefasst, schon kitzelte es in meinem Bauch wild. Dieses Gefühl, wenn er mich berührte, war wunderschön. Beschämt schmunzelte ich in seine Brust und drückte mich mehr an ihn, weshalb er seinen Kopf in meine Schulter vergrub und ich seine Atemzüge auf mir spürte.
"Du erdrückst mich", keuchte ich lachend, als er mich immer fester in den Arm nahm.
Sofort lockerte er seine Arme doch umarmte mich weiterhin.
Ich genoss diese Umarmung bis in die letzte Sekunde und erstarrte, als seine Lippen mit meiner Wange in Berührung kam. Erneut explodierten Zoos in meinem Bauch.
"Ich bin es nicht gewohnt, dich tagelang nicht zu sehen", hauchte er gegen meine Wange, als er sich von mir löste.
"Hättest du mir gesagt, dass es dir schlecht geht. Du hast durch den Fieber so abgenommen", fiel ihm auf.
"Ich bin allein klargekommen, Aylin war auch gekommen."
"Naja egal, ich hab in den letzten Tagen nicht allzu viel zu tun."
Er sah zum Tisch und bemerkte die Suppe mit Brot, Käse und Butter.
Bevor er auch nur sprechen wollte sprach ich ein.
"Ich hab keinen hunger. Habe eben noch gegessen."
"Vorallem wenn man Fieber hat, sollte man essen, damit man mehr Kraft zu sich bekommt, los steh auf."
Vorsichtig setzte er mich wie ein Kind aufrecht auf das Bett und fütterte mich mit der Suppe. Gezwungen aß ich mit und stoppte, als ich die Hälfte verschlungen hatte.
"Das reicht nicht."
"Komm schon, ich hab wirklich keinen hunger!", bettelte ich ihn an.
"Warte dann ich hol dir noch einen Apfel oder so."
Seufzend lehnte ich mich nach hinten und nach zehn Minuten erschien er wieder.
Mit einem scharfen Messer, was er sich ebenfalls geholt hatte, schnitt er die Schale des Apfels ab, da ich die nicht mochte und schnitt den Apfel in kleine Stücke. Genüsslich aß ich den kompletten Apfel, trank ein Glas Wasser mit der Tablette und lehnte mich nach hinten.
"Du hast nichtmehr so stark wie vorher Fieber", merkte er an, als er seine Hand an meine Stirn legte.
"Achja was hat die Psychologin gesagt? War sie letzends hier?"
"Ja sie war hier und keine Ahnung, sie ist garnicht so beeindruckt davon, naja so hab ich es zumindest empfunden."
"Wieso?"
"Ich weiß es nicht. Aber naja ich soll einfach weiter so machen."
"Mittlerweile sind Wochen vergangen, Monate sogar, an denen du dir nichts angetan hast und die wollen dich ernsthaft trotzem hier haben?"
"Die sind dazu verpflichtet Erdem. Entlassungen dauern lang, weil man den Patienten noch unter Beobachtung haben soll. Es kann vielleicht sogar Jahre dauern, man muss ihnen klarwerden lassen, dass man nicht wieder rückfällig wird."
"Du verkaufst mich für dumm. Irgendwas musst du doch getan haben, dass jetzt plötzlich Probleme aufgetaucht sind."
"Nein ich hab nichts getan."
"Kannst du mir dann erklären, wieso deine Arme aufgekratzt sind und ich frische Narben daran sehe?!"

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