Kapitel 51

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"Du bist aber meine Familie", hauchte er verführerisch gespielt.
Mürrisch sah ich ihn an und schlug seine Hand weg.
"Fällt dir aber schnell ein", wiederholte ich seine Worte von vorhin.
"Erdem", sagte jemand anderes hinter mir.
Ich drehte mich um und sah seine Mutter an der Tür stehen.
Sofort nahm Erdem seine Hände von meinen Hüften und sah zu seiner Mutter, die fix und fertig war.
"Kommt doch rein", lächelte sie zerbrechlich.
Auch ich schenkte ihr ein mutiges Lächeln und nahm sie als Begrüßung fest in den Arm.
"Wie gehts?", fragte ich sie und bekam von ihr einen Kuss auf die Wange.
"Ganz okay. Ich bin etwas durch den Wind", sagte sie und nahm anschließend Erdem in den Arm.
Sie weinte. Erdem versuchte sie zu beruhigen, doch sie weinte.
Da ich nunmal so mitfühlend war, stauten mir Tränen in den Augen.
Sie bat uns herein. Es war todstill im Haus. Sein Vater begrüßte uns und setzte sich auf dem Sofa.
"Wie war euer Urlaub?", lächelte er.
"Super. Ihr Sohn hat mir einen Antrag gemacht", grinste ich über beide Ohren und hielt meine Hand mit dem Ring nach oben.
Beide sahen sich den Ring an und strahlten für einen kurzen Moment.
"Es freut mich für euch beide", schwärmte die Mutter.
"Wo ist Aylin?", fragte Erdem wie aus dem Nichts. Es wurde still.
"Sie ist abgehauen, weg."
Jetzt würde es losgehen, dachte ich mir.
"Özlem hat sie angerufen und ihr gesagt, dass sie, Serhat und seine Familie hier pünktlich erscheinen sollen. Sie will mich verarschen oder?", sprach er zornig und wählte ihre Nummer.
Sie ging nicht dran.
"Wie habt ihr es herausbekommen?", fragte er, ließ sich neben mich nieder und legte einen Arm um meine Schulter.
"Mir war ihr runder Bauch aufgefallen und es sah nicht nach Speck aus. Ich hab sie darauf angesprochen und allein an ihrer Gestik und Mimik erkannt, dass sie schwanger ist. Sie hat sofort das Haus verlassen und per Anruf gesagt, dass sie mit Serhat verschwindet."
Wieder fing die Mutter an zu weinen, doch wurde von ihren Mann in den Arm genommen.
"Ich verstehe nicht, was ich in ihrer Erziehung nur falsch gemacht habe", flüsterte sie frustriert.
"Ich habe so ein großes Vertrauen zu meinen Kindern. Erdem, hätte ich kein Vertrauen zu dir, hätte ich dich niemals mit Özlem losgeschickt, doch auf euch ist Verlass. Ich habe Aylin stundenlang rausgelassen, sie kam immer so spät nach Hause, trotzdem habe ich mir keine negativen Gedanken gemacht."
Beruhigt strich ihr Mann über ihren Rücken.
Plötzlich klingelte die Tür.
"Ich geh schon", sagte ich und empfang Serhat mit Aylin.
Sie sah bedrückt aus, er hingegen neutral.
Ich ging vor und stellte mich etwas vor Erdem, denn seine Augen spuckten Feuer.
"Du Missgeburt willst nicht wissen, wie stark ich mich zusammen reiße, um dir keine zu klatschen", zeigte er bedrohlich zu Aylin.
"Und du?", sagte Erdem nun zu Serhat.
"Du bist der ehrenloseste Bastard, den ich jemals gesehen habe. Ich hoffe, dass du mich draußen begegnest und ich dir so richtig eine Lektion erteilen kann."
"Özlem was schaust du so blöd? Sag was", sagte Aylin mit einer Mischung aus Wut und Enttäuschung.
"Wieso soll sie reden? Bemerkt hast du es nicht, aber deine Freundin hat sich die ganze Fahrt lang für dich eingesetzt und sich mit mir gestritten, damit du am Leben bleibst und nicht an meinen Schlägen stirbst du Dreckige", schrie Erdem.
"Setzt euch erstmal alle", sagte der Vater.
"Es war ein Fehler, ein sehr großer sogar, aber es ist nunmal passiert. Ich schlage vor, dass wir die Hochzeit früher stattfinden lassen, damit die Schwangerschaft nicht auffällt", sagte Serhat ruhig.
"Halt die Fresse du möchtegern Schlichter", wurde Erdem wieder wütend.
"Wieso hast du es getan?", fragte die Mutter entsetzt und weinend.
"Ich kann es einfach nicht fassen", hauchte sie weinend.
Auch Aylin fing an zu weinen und umarmte ihre Mutter.
"Anne(Mama), es tut mir so Leid. Ich weiß selbst nicht, wie naiv ich sein konnte", weinte sie in ihre Schulter, doch die Mutter tat und sagte nichts.
"Ich werde es kurz und knapp sagen. Du bist nicht mehr meine Tochter", sagte der Vater.
"Geh, verlass uns, wie du es eben noch tun wolltest und bau dir dein eigenes Leben auf. Du bist 18, auf eigenen Beinen stehen wird dir nicht schaden. Du interessierst mich nämlich nicht mehr", fügte er enttäuscht hinzu.
Er ging ohne weiteres gesagt zu haben und ließ Aylin in einer schrecklichen Situation stehen. Ich weinte, sie weinte, die Mutter weinte.
Ich fühlte mit ihr und es tat mir schrecklich im Herzen weh, meine beste Freundin so leiden zu sehen.
Die Mutter konnte sich kaum auf Beinen halten und stützte sich bei mir ab, als ich ihr meine Hilfe bat. Erdem sah ruhig zu Boden und sagte nichts. Serhat ebenfalls.
Sanft strich ich über ihren Kopf und versuchte sie zu beruhigen.
"Verpiss dich Aylin, bevor ich es mir anders überlege", sagte Erdem.
Aylin wollte erst nicht, doch Serhat schaffte sie aus dem Haus. Nur noch wir drei waren anwesend.
"Lass sie nie wieder mehr ins Haus. Ab jetzt ist sie für uns gestorben."
Ich fühlte mich wie damals, genau dies hatte ich erlebt. Den Moment, andem meine Eltern mich angefangen haben zu hassen und zu verabscheuen. Der Moment, andem ich für sie gestorben war.
Den ganzen Tag blieben wir bei der Mutter und versuchten irgendwie was Gutes aus dem Tag zu machen. Erdems Vater kam am späten Abend zurück und wir unterhielten uns über die Tour in Paris. Das vorherige Thema erwähnte niemand, dabei war jeder von ihr enttäuscht. Zusammen mit meiner Schwiegermutter kochten wir etwas fürs Abendessen und aßen stillschweigend.
"Ich sollte jetzt gehen", sagte ich schüchtern, denn es war wirklich schon dunkel.
"Bleib doch hier. Ihr seid bestimmt beide sehr erschöpft. Deine Eltern und Mazlum sind sicherlich am schlafen", sagte seine Mutter.
"Schlaf hier diese Nacht und besuch sie lieber morgen", meinte der Vater.
"Ja Özlem bleib", provozierte mich Erdem aufs Krasseste.
Ich nickte nur, denn sie hatten recht und widersprechen wollte ich ebenfalls nicht.
"Schlaf ruhig in Erdems Zimmer. Er hat auch eine Couch, wo er schlafen kann", lächelte sie ihren Sohn provokant an.
Ich bedankte mich und wartete, bis Erdem die Koffer reinholt. Zuletzt putzte ich mir die Zähne, machte mir einen unordentlichen Dutt und sah Erdem auf seinem alten Bett liegen.
"Gehorch deiner Mutter und lass mich da schlafen", versuchte ich ihn aus dem Bett zu schubsen.
"Kriege immer Rückenschmerzen von der Couch, komm einfach", brummte er.
Seufzend verdrehte ich meine Augen, packte zur Decke und dem Kissen und legte mich auf die Couch.
"Gute Nacht Prinzessin."
Ich ging auf seine weitere Provokation nicht und drehte ihm den Rücken zu.
Plötzlich erschreckte er mich, weshalb ich laut aufschrie und auf den Boden fiel.
"Was ist denn hier los?", stampfte seine Mutter herein und stemmte ihre Hände an ihren Hüften.
"Er hat mich erschrocken. Ich bin hingefallen und-
"Lässt er dich auf der Couch schlafen? Erdem ich zähl bis drei. Du hilfst ihr aufzustehen und legst dich auf die Couch. Sei doch ein Gentleman", lachte sie und zählte bis drei.
Er hob mich hoch, warf mich regelrecht ins Bett und sprang auf die Couch.
"Kriegen wir einen Gutenachtkuss?", fragte er wie ein Kind.
"Weißt du, was heute mit ihm passiert ist?", fragte sie lachend.
Ich schüttelte lachend meinen Kopf und bekam einen langen Kuss an meiner Wange. Nachdem sie Erdem ebenfalls einen Kuss gab, ging sie.
Erdem schloss ab und legte sich neben mich. Ich schloss meine Augen und drehte ihm meinen Rücken zu.
"Ich war scheiße zu dir und wollte mich entschuldigen, aber dann ist ja meine Mutter gekommen und ich kam nicht mehr dazu."
"Fällt dir aber schnell ein", sagte ich zum zweiten Mal.
"Özi bitte", flehte er mich an und versuchte mich zu ihm zu ziehen.
"Wieso hast du dich nicht einfach früher entschuldigen können, stattdessen die ganze Fahrt so eine Miene gezogen?", drehte ich mich zu ihm und setzte mich aufrecht hin.
"Du hast mich die ganze Fahrt so scheiße behandelt und entschuldigst dich danach, als wäre es das Einfachste, was es gibt", ergänzte ich.
"Ich war sauer und wusste nicht, wie ich mit der Wut umgehen soll. Kommt nicht mehr vor, versprochen", küsste er meine nackte Schulter, da mein T-Shirt verrutscht war.
"Ist jetzt sowieso egal. Mussten uns schließlich stundenlang wie ein Paar verhalten", murmelte ich müde.
"Zieh dir ein Shirt an, das wird zweideutig rüber kommen, wenn deine Mutter uns morgen weckt", zeigte ich beschämt auf seinen Oberkörper.
"Tür ist abgeschlossen. Schlaf jetzt Melegim", küsste er zuletzt meine Stirn.
Am nächsten Morgen war ich die Einzige, die zwei Stunden mehr als die anderen geschlafen hatte. Erdem hatte mich nichteinmal geweckt, irgendwie war es schon unangenehm die Schlafmütze zu sein. Erdem brachte mich nach Hause, da er sich mit seinen Freunden treffen würde. Ich hoffte innig, dass er keinen Mist baut und Serhat in Ruhe lässt.
Aufgeregt klingelte ich und sprang meinem Vater um den Hals, als er geschockt die Tür öffnete.
Auch Mazlum war überrascht und nahm mich fest in den Arm.
"Schaut mal!", rief ich lachend und zeigte ihnen stolz meinen Ring.
"Rate mal wer dabei war und mit Erdem den Ring ausgesucht hat", lächelte nun mein Vater.
Fest umarmte ich ihn und bekam einen langen Kuss auf die Stirn.
"Wie ich sehe bist du zurück", sagte jemand trocken hinter mir.
Die Stimmung änderte sich rasch. Meine Freude verschwand.
"Ja", sagte ich ebenso kühl und ging zu meinem Koffer, der an der Tür stand.
"Ich geh dann mal auf mein Zimmer", sagte ich leise und rollte mit dem Koffer in mein Zimmer.
Diese Frau hatte mir den Tag versaust. Ich hatte grundlos schlechte Laune.
"Hast du Hunger? Wir haben gerade erst gekocht", kam mein Bruder ohne zu klopfen rein.
"Nein Danke, wir waren die ganze Nacht bei Erdem. Ich hab gefrühstückt", lächelte ich und setzte mich auf das Bett, als er sich dahin setzte und in die Leere starrte.
"Ich hab ein Mädchen kennengelernt. Wir sind fast zusammen", sprach er rau und grinste.
"Was heißt fast?", zog ich lächelnd meine Augenbraue in die Höhe.
"Ich weiß nicht, wie ich ihr den Antrag machen soll. Es ist ja kein Heiratsantrag, deshalb ach keine Ahnung. Ihr Frauen seid so kompliziert", seufzte er.
"Frag sie einfach. Bei sowas braucht man nicht unbedingt Kerzen und alles."
"Wie hat dich Erdem gefragt?"
"Wir haben uns geküsst und waren zusammen. Er hat nur kurz gefragt, ob wir jetzt offiziell zusammen sind. Sagen mir mal so, mein Nicken hat uns zusammen gebracht", lachte ich schwärmend.
Diesen Tag würde ich niemals vergessen. Vorallem unsere Wette, dass alles gut ist und er mich rausholt. Er hatte die Wette gewonnen.
"Okay dann küss ich sie einfach. Boah nein stell dir vor sie klatscht mir eine."
"Wenn sie dich mag oder du ihr ansiehst, dass sie auch mehr als nur Mögen empfindet, dann küss sie. Das einfachste ist, sie irgendwo einzuladen und dann zu fragen."
Er grinste.
"Wie heißt sie und hast du ein Bild?", fragte ich neugierig.
"Cansu."
Er zeigte mir Bilder von ihr, mein Atem stockte.
"Sie trägt Kopftuch?", fragte ich geschockt.
"Ja", lächelte er.
Dass mein Bruder so vernünftig ist und eine so ernste Beziehung beginnt hätte ich nicht gedacht. Sie war aufjedenfall stylisch und bildhübsch. Ich war neidisch. Haare machten bei einem Menschen so viel aus, sie sah einfach nur atemberaubend perfekt aus, obwohl sie ihre Haare nicht zeigte.
"Du küsst sie nicht!", sagte ich sofort.
"Wieso?"
"Vielleicht, weil sowas haram ist?"
"Habt ihr doch auch", zickte er.
"Ja, aber ich glaub sie will bis zur Ehe warten. Oder weißt du was? Mach ihr einen Antrag hier zuhause. Ich überrede Anne und Baba rauszugehen und organisiere alles mit den Kerzen und dem Zeugs. Ist besser."
"Nein, das ist voll pussy. Ich gehe einfach mit ihr und frage sie. Sie ist sowieso schüchtern und wird ja sagen."
"Was willst du bei deinem Heiratsantrag machen? Sie drohen, dich heizuraten?"
"Gibts das Wort? Heizuraten?"
"Bestimmt."
"Naja egal. Danke für deine schwulen Tipps. Das nächste Mal stelle ich sie euch alle persönlich vor. Kein Wort zu Baba."
"Versprochen", rief ich und packte meinen Koffer in den Schrank.
Als es kurz vor Abend wurde, beschloss ich schlafen zu gehen, da ich müde wurde. Schnell schlüpfte ich in meine graue Jogginghose und zog mir ein weißes Shirt an. Auf Abendessen verzichtete ich.
Plötzlich rief mich jemand an. Es war Erdem.
"Hallo?", fragte ich.
"Yenge?"
"Tarik?", fragte ich verwundert.
"Wo ist Erdem?", fragte ich, als nichts von ihm kam.
"Ich stehe vor deiner Haustür. Er ist im Krankenhaus und will dich sehen. Komm ins Auto, ich erklärs dir."
"Wie ist das passiert?", fragte ich erschrocken und mein Herzschlag verdoppelte sich.
"Komm einfach", sagte er.
Schnell stand ich auf und schlüpfte in meinen Schuhen.
"Was ist los?", fragte mein Vater, der mich verwirrt anblickte.
"Baba", schluchzte ich und fiel ihn um den Hals.
"Erdem ist im Krankenhaus", flüsterte ich besorgt und weinte bitterlich.
"In welchem Krankenhaus liegt er? Ich fahr dich", sprach er rasch.
"Sein bester Freund holt mich ab."
"Ich lass dich niemals mit einem Fremden mitgehen Özlem. Ich will ihn erst sehen."
Ich nickte und machte Tarik ein Zeichen, das er sich meinem Vater vorstellen soll.
Nach zu langem Überlegen und Handynummeraustausch zwischen meinem Vater und Tarik durfte ich mit Tarik mitfahren. Er hatte einen Unfall mit seinem Motorrad gemacht, meinte Tarik. Mehr wusste er selbst nicht.
Angekommen führte er mich zu Erdems Zimmer. Mein Herzklopfen wurde noch schlimmer und meine Lungen wurden enger.
Angekommen riss ich die Tür auf und sah ihn schwach dort liegen. Sein Arm wurde eingegipst, ebenso wie ein Bein von ihm. Er hatte einen Verband um seinen Kopf und Kratzer an seinem Gesicht. Er sah schlimm aus.
Flennend lief ich auf ihn zu und umarmte ihn, doch löste mich sofort von ihm, als er stöhnte.
"Wie konnte das passieren?", fragte ich tränenüberströmt.
"Und seit wann hast du einen Motorrad?!"
Schwach nahm er meine Hand.
"Amir hat mich provoziert. Er hat mich dazu aufgefordert. Beim Rennen ist er mit Absicht in mir reingefahren. Er selbst ist auch ausgerutscht und hat schlimmere Folgen als ich."
"Wer ist Amir?", fragte ich die Beiden.
"Eine Art Feind", antwortete Tarik.
"Wieso gehst du auf seine Provokation ein? Wie oft hab ich dir gesagt, dass du nicht auf sowas eingehen sollst? Wieso machst du bei so einem Rennen mit? Was wirst du der Polizei sagen? Dass du bei einem illegalen Rennen teilgenommen hast?", schluchzte ich und sah ihn wütend an.
"Erdem ich erkenne dich nicht wieder! Du warst damals nicht so, was ist nur in dich gefahren-
"Ich mach das nie wieder, versprochen."
"Und jetzt pscht", hielt er seinen Finger an meinen Mund und putzte mir mit aller Kraft die Tränen weg.
Das sagte er immer. Er hatte sich tatsächlich sehr verändert. Damals, Anfangs in der "Kennlernphase" war er vernünftig, ein guter Mensch. Heute schlägt er sich nurnoch oder macht schwachsinnige Sachen. Erst heute wurde mir dies bewusst.
"Ich geh mir einen Kaffee holen. Wollt ihr was?"
"Hol mir Saft und Özlem heiße Schokolade."
Er nickte und ging.
Er trug keinen T-Shirt, sondern hatte Kabeln mit diesen Klebepunkten an seinem Brustbereich. Er war an das EKG Gerät angeschlossen.
"War das wirklich so schlimm?", piepste ich und drückte seine Hand. Ich wollte nicht wieder weinen, doch ich machte mir unheimlich schreckliche Sorgen, trotz, dass er vor mir saß.
"Ist es nicht, wirklich. Die haben nur so einen Drama draus gemacht. Ich hatte kaum Schmerzen. Melegim, wein nicht. Du bist doch hier und siehst, dass es mir einigermaßen gut geht", lächelte er.
Ich erwiderte dies.
"Ich muss pissen, hilf mir mal bitte", grinste er.
"Hast du nicht diesen Beutel?", runzelte ich meine Stirn und sah mich um, doch fand keinen Beutel
"Zum Glück nicht. Ich habe denen gesagt, dass sie es später machen sollen, ich will das nicht. Seh ich so aus, als würde ich in einen Beutel neben meinem Bett pissen?", fragte er ernst.
"Okay, okay ich helf dir", grinste ich und wusste nicht wo ich anfangen sollen.
Es waren zwei Geräte mitzuschleppen plus sein gebrochener Arm und sein Bein.
Er stützte sich bei mir ab. Ich nahm ein Gerät zur Hand, er ebenfalls. Es war schwer, er war garnicht in der Lage zu gehen, ihm ging es nicht gut, nur er wollte männlich rüberkommen. Nach etlichen Minuten schaffte ich es und blieb vor der Tür stehen.
"Schließ nicht ab", machte ich ihm deutlich, denn die Angst, er würde umfallen oder sonst was, war groß.
Nachdem er fertig war, kam er taumelnd heraus.
"Mir ist schwindelig", murmelte er und umarmte mich plötzlich. Ich konnte gerade noch sein Gewicht halten und konnte ihn schnell ins Bett legen.
"Du zitterst", bemerkte ich und nahm vom Stuhl seinen Pullover, da seine Familie noch kommen würde.
Er passte nur in einen Ärmel rein, da sein Gips zu dick war, doch ich konnte doch noch mehr als die Hälfte seines Oberkörpers mit seinem Pullover zudecken.
Er machte ein Zeichen, dass ich mich auf seine Brust legen soll. Ich zögerte und legte mich stattdessen neben ihm.
"Er hat mich provoziert. Er kennt dich, ich weiß nicht woher, aber er kennt deinen Namen. Du weißt, ich kenne bei dir keine Grenzen. Seine Worte haben mir den Rest gegeben und ich konnte nicht anders. Du machst dir wieder soviele Sorgen, aber ich versprechs, ich schwörs, ich werde niewieder mehr sowas machen. Du hast Recht, ich komme hinter Gittern, wenn das so weiter geht."
Seine Worte beruhigten mich. Sie waren ein Medikament für meine Seele.
"Lan was treibt ihr schon wieder? Deine Eltern kommen!", sprach Tarik aufgebracht mit drei zwei Kaffebechern in der Hand.
Abrupt löste ich mich von ihm und richtete meine Haare.
Scheiße, meine Schwiegereltern kommen und ich sehe schlimm aus. Besonders meine Kleidung.
Tarik nahm die Saftflasche aus seiner Jackentasche und gab sie Erdem.
Sie lächelten, als sie mich sahen und ich küsste aus Respekt ihre Hände, Tarik ebenfalls. Wir gaben beiden zwei Stühle.
"Was ist passiert?", fragte seine Mutter fürsorglich.
Tarik erklärte beiden die Situation. Dass es ein Rennen mit einem Feind war wurde nicht erwähnt. Der meiste Teil bestand nur aus Lügen, doch ich schwieg.
Ich sortierte Erdems Kleidung in den Schrank ein und hörte ihnen aufmerksam zu.
"Soll ich hier bleiben?"
"Nein die Schwestern haben sowieso noch Nachtschicht. Ich komme schon klar", lehnte Erdem ab.
Die Besucherzeit endete. Flüchtig küsste ich ihn, als die Eltern draußen waren und versprach ihm, morgen zu kommen.
"Und wehe du machst dir Sorgen, okay?", sah er mich gespielt wütend an.
Ich nickte und fragte noch, ob er was bräuchte.
"Ja einen fetten Kuss auf meiner Wange", sprach er verführerisch.
Ich ignorierte ihn und wartete, bis sich Tarik ebenfalls verabschiedete.
"Wärst du eigentlich nicht morgen gekommen?", fragte ich Tarik.
"Es war ohne euch langweilig und wir hatten sowieso nichts mehr zu tun."
Angekommen bedankte ich mich und ging nach Hause. Meinem Vater erzählte ich kurz gefasst, was angeblich passiert sei.
Kurz darauf schlief ich endlich ein.

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