Kapitel 17

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Ausgestiegen sprintete ich zum Eingang, suchte das Zimmer meines Geschenkes und öffnete die Tür. Unkontrollierbar fiel mir der Schlüssel aus der Hand, als ich geradeaus zu Özlem blickte, die plötzlich Tränen vergoss und sich ertappt fühlte. Wäre ich doch lieber später gekommen, dachte ich mir und lief wütend auf sie zu.

"Özlem", flüsterte ich unfassbar, entsetzt und enttäuscht.

Sie jedoch schwieg und senkte ihren Kopf.

Als ich sie erreicht hatte, lehnte ich meinen Zeigefinger an ihrem Kinn und drückte ihn hoch. Intensiv starrte ich ihr in die Augen, die drohten auszubrechen.

Ohne auch nur zu überlegen, schlang ich meine Arme um sie und atmete ruhig ihren Geruch in mich ein, während sie sich ausweinte, meine Umarmung aber nicht erwiederte.

Nach einer Zeit löste sie sich von mir und bildete ihre Lippen zu einem Strich.

"Was soll das?", fragte ich wütend.

Wütend schmiss ich die Klinge auf dem Boden und wischte mit einem Taschentuch ihr Blut weg.

"Wieso hast du das getan?", flüsterte ich ihr entgegen, sah zu ihrem Arm.

"Ich hatte keine andere Wahl, Erdem", sagte sie zittrig, flehend und hilfesuchend zu mir.

Sie hatte gesprochen! Zum ersten Mal hatte ich ihre Stimme gehört. Ein unfassbarer Moment, ich schwöre! Verdammt nochmal, sie hatte mir ihre Stimme gezeigt. Ehrlich gesagt war sie doch garnicht so schlimm? Zwar kaputt, brüchig und zittrig aber hinter dieser Stimme versteckte sich eine wunderschöne Stimme.

Ich seufzte.

Neben ihr gesellte ich mich, hielt immernoch das Taschentuch an ihrem Arm, um die Blutung zu stoppen und fing an zu reden.

Tausende Gründe wurden von mir aufgezählt, was diese Taten nur für Nachteile haben. Tausende Wörter verließen meinen Mund und erzählten dem Mädchen vor mir, wie schön das Leben doch ist, aber wie schwer sie es sich selbst macht. Stundenlang sprach ich, machte zwischendurch Witze, um sie vom Thema abweichen zu lassen und war stolz darüber, ihre Aufmerksamkeit bekommen zu haben. Sie sah mir tief in die Augen, hörte mir konzentriert zu, dachte zwischendurch nach, wodurch ich weiter erzählte, egal was, hauptsache ich konnte sie unterhalten.

"Und manchmal muss man allein gegen die schweren Tage kämpfen, außer du nimmst meine Hilfe und zusammen gehen wir den Weg zum Glück", beendete ich unsere Konversation und wartete gespannt darauf, dass sie mir endlich die Faust geben würde, da ich ihr meine vor die Nase entgegen hielt.

Unsicher bildete sie ihre kleine Hand zur Faust und schlug leicht gegen meine. Somit hatte sie dieses Angebot angenommen und war voll und ganz auf der sicheren Seite.

"Somit haben sie einen Vertrag mit Herrn Erdem abgeschlossen. Per Faust", scherzte ich kurz und lächelte breit.

Sie vergaß die vorherige Situation durch meiner langen Rede.

Es war schon spät, doch gehen würde ich dann, wenn die Besucherzeit vorbei wäre.

Naja ok, die Besucherzeit war zu Ende, aber ich werde bleiben.

"Lass uns etwas spazieren gehen. Wird dir gut tun", beschloss ich.

Nickend ging sie zum Kleiderschrank und zog sich einen Cardigan über das Shirt. In Zwischenzeit nahm ich ihre Arme in Augenschein und zog dabei meine Augenbrauen zusammen. Krass, ich würde mir niemals Klingen auf die Arme klatschen.

Zusammen spazierten wir kurz im Flur, sahen uns die langweiligen Bilder an und taten nichts außer Gehen. Während Özlem geradeaus blickte, analysierte ich ihr Profil und bemerkte was eine Wirkung ihr reines Gesicht auf mich hatte. Ihr Gesicht strahlte Schönheit aus. Man könnte sowas Naturschönheit nennen, würde sie nur mehr zunehmen.

ÖzlemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt