Kapitel 52

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Nun wusste auch meine Familie, was passiert war. Schließlich waren unsere Eltern beste Freunde und mein Vater hatte bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Von Aylin haben wir nichts gehört. Ich hab mir Sorgen gemacht und versucht sie zu erreichen, doch Erdem hat es mir verboten, jeglichen Kontakt zu ihr zu haben. Natürlich hab ich sie heimlich angerufen, doch sie ist nie dran gegangen. Meine Familie hat Erdems besucht und da Erdem mir neulich einen Antrag gemacht hat, möchte jeder, dass die Hochzeit noch dieses Jahr stattfindet. Erdem fuhr mich zu sich, da ich ein wenig müde war und wir den ganzen Tag schon unterwegs waren.
"Wieso bist du so dagegen?", fragte er plötzlich.
"Wegen Aylin. Sie wollte zuerst heiraten, das ist unfair", antwortete ich ehrlich.
"Vergiss sie. Sie hat es nicht verdient. Nimm ihren Namen niewieder mehr in den Mund, du verschmutzt dich nur selbst", wurde er wütend.
Ich bekam Tränen in den Augen. Sie fehlte mir, ich brauchte sie. Ich vermisste sie sehr und ich wollte für sie da sein.
Angekommen zog ich mir gemütliche Sachen an und legte mich ins Bett. Ich fühlte mich komisch, als würde ich etwas schweres in meinem Kopf tragen. Erdem legte sich ebenfalls zu mir und küsste fest meine Wange.
"Was los du Denker?", grinste er.
"Nichts, irgendwie ist mir langweilig"murmelte ich und hörte seine Atemzüge an meiner Wange.
Nun war eine ganze Woche vergangen. Erdem und ich hatten uns in dieser Woche persönlich einen Standesamttermin genommen, der schon relativ bald anstehen würde, da Erdem alles schnell haben wollte, während ich es mir etwas beruhigter vorgestellt hatte, da wir noch ein Kleid für mich besorgen wollten. Wir überlegten, ob wir genau an dem Tag, andem wir standesamtlich heiraten würden, auch eine Halle reservieren sollten und dann auch das Feiern hinter uns hätten, doch dann müssten wir mir mehrere Kleider besorgen, da der Hennaabend nicht fehlen dürfte. Der Gedanke, das wir in zwei Monaten verheiratet sein würden und ich bei ihm offiziell wohnen würde, verschaffte mir Bauchkribbeln. Ich war so froh, ihn heiraten zu dürfen, niemals hätte ich damit gerechnet, dass gerade er mein Zukünftiger wird.
Gestern waren wir in der Stadt, um nochmal alles zu organisieren. Heute blieb ich zu Hause, da ich meine Periode bekommen hatte und mein Körper darauf ziemlich schlimm reagiert. Mit Unterleib-, Bein-, Kopf-, und Steißbeinschmerzen würde ich sicherlich nicht rausgehen. Warm in meinem Micky Mouse Pyjama und der Wärmeflasche schlief ich noch bis 16 Uhr. Während meiner Periode aß ich kaum was, wieso auch immer. Trotz, dass ich nur einen Brötchen runtergeschluckt bekommen hatte, hatte ich keinen Hunger.
Erdem würde gleich doch noch kommen, da meine Eltern weg waren und es mir schlimmer als erwartet ging. Das grauenhafteste war, dass ich schon zwei Tabletten zu mir genommen hatte, doch kein Tick hatte sich in mir gebessert.
"Siehst schlimm aus", hörte ich plötzlich Erdem, der hinein marschierte und die Tür schloss.
"Vielen Dank", murmelte ich genervt und machte ihm Platz.
Er gab mir einen kurzen Kuss auf die Stirn und legte sich zu mich. Plötzlich zuckte ich auf, als ich seine eiskalte Hand um meinen Bauch spürte und er anfing zu lachen.
"Lass es", zickte ich, doch er nutzte meinen warmen Bauch, um seine Hände zu wärmen.
"Du kannst auch deine Hand auf die Wärmeflasche liegen, falls du die nicht bemerkt hast", verdrehte ich meine Augen.
"Oder so", lächelte er und tat dies.
Sein Gesicht vergrub er in meine Schulter und atmete erschöpft aus.
"Ich hab die ganze Nacht durchgearbeitet, nur zwei Stunden geschlafen", seufzte er.
"Schlaf ruhig. Meine Eltern kommen später erst", drehte ich mich zu ihm und strich durch seinen Dreitagebart.
"Nein, nein aushalten kann ich das schon. Ich hab RedBull getrunken", küsste er meine Schläfe und spielte mit meinem Gesicht.
"Wie gehts dir so?", fragte er rau und tief, was kalte Schauer über meinen heißen Rücken liefen ließ.
Er sah wie immer so attraktiv und autoritär aus. Er hatte begriffen, dass die Arbeit wichtig ist, auch wenn er bei seinem Vater in der Firma arbeitet. Doch andererseits hab ich das Gefühl, das sie wissen, dass meine Familie vom Staat lebt und mein Vater schwarz arbeitet. Ich hatte erwartet, dass meine Eltern es nachdem ich in die Psychiatrie eingeliefert werde, alles auf die Reihe bekommen, denn immerhin war es angeblich meine Schuld, das sie so pleite waren, doch anscheinend war dies doch nicht der Fall, denn nach Jahren blieben sie in der gleichen Lage. Während Erdem aus einer reichen Familie kommt, bin ich neben ihm ein Mädchen aus einer armen Familie. Ja, es ist peinlich. Ich schäme mich, doch er hatte mir nie das Gefühl gegeben, dass ich arm wäre.
"Wieder denkt sie", hörte ich ihn neben mir.
Ich lächelte nur kurz und setzte mich aufrecht. Es waren nicht nur die Unterleibschmerzen, sondern die Beinschmerzen. Meine Beine verkrampften und so fühlte ich mich dadurch leblos.
Ich sah zu Erdem und lächelte ich an, als Motto, das ich etwas von ihm verlange. Er verstand.
"Was?", fragte er.
"Meine Beine tun weh. Wenn du schon Fitness machst, dann kannst du deine Muskeln ja auch beweisen. Du massierst jetzt meine Beine und später meinen Rücken, weil ich starke Rückenschmerzen habe", schmunzelte ich.
"Ohne Wiederworte", küsste ich seinen Hals und machte es mir neben seiner Brust bequem.
Er lächelte und nickte.
"Ich will nicht wissen, wie schlimm es bei deiner Schwangerschaft sein wird."
"Ich glaube das wird nicht so schlimm", dachte ich nach.
Da ich einen sehr zierlichen Körper habe, weiß ich nicht, wie ich es mit der Nahrung schaffen soll. Ich konnte nichteinmal mich selbst um meine Nahrung kümmern und muss in Zukunft ein weiteres Lebewesen versorgen.
Mir fiel plötzlich meine Psychologin ein, die ich schon lange nicht mehr gesehen hatte, doch ich persönlich hatte keine Psychologin mehr nötig.
Schnell schüttelte ich meine Gedanken zur Seite, als ich seine Blicke auf mir spürte.
Er hatte mich schonmal darauf angesprochen, dass ich nicht soviel nachdenken soll, da es mir seelisch nur schaden würde, doch ich war nunmal ein ruhiger und nachdenklicher Mensch. Ich konnte ihn verstehen. Seit Tagen war ich so ruhig, er hatte Angst, das ich rückfällig werde, doch ich war mir sicher, dass es nicht wieder vorkommen würde. Ich war eher geschockt. Geschockt, dass wir bald heiraten würden. Alles ging so schnell und ich hatte es noch nicht verdaut.
"Wo hast du denn Schmerzen?", fragte er ahnungslos, als er die Decke von meinen Beinen nahm und mich Kälte umhüllte.
"Überall", sagte ich und lehnte mich nach hinten.
"Alles klar Hexe", grinste er und fing an zu massieren. Ich fühlte mich dabei viel besser, dabei hatte er grad mal angefangen. Ich schloss meine Augen und spürte, wie sich jeder meiner Muskeln entspannte und das Verkrampfte sich löste. Seine Hände verschafften mir ein viel besseres Bild, sodass ich den Schmerz vergaß und tief in den Schlaf gelang.
Erdems Sicht:
Sie schlief ein, also legte ich mich einfach zu ihr, als ich noch paar Minuten massierte und sie anblickte. Sie hielt sich die Hand an ihrem Unterleib und sah nicht gerade glücklich aus, da sie starke Schmerzen hatte. Mein Kopf schmerzte, doch schlafen wollte ich nicht. Auf dem Balkon rauchte ich eine und machte dem Engel Tee, damit sich ihre Schmerzen abregen, aber auch, damit sie ihre schlechte Laune nicht an mir raus lässt. Da ihre Eltern noch lange weg bleiben würden, machte ich mir keinen Stress, legte diesen neben ihr auf der Kommode und deckte sie vernünftig zu. Ich spielte mit meinem Handy, schoss Fotos von ihr und lachte mir innerlich den Arsch ab. Sie zu ärgern ist während ihrer Periode riskant, aber ich konnte nicht abwarten ihr die Bilder zu zeigen.
Plötzlich klingelte es. Ohne zu gucken öffnete ich und sah den Bruder vor mir. Schnell machte mein Kopf Klick und fing an zu arbeiten. In Millisekunden überlegte ich, ob wir etwas falsches getan hätten, aber nein. Wenn ihr Bruder in ihr Zimmer gehen würde, würde er nichts auffälliges sehen. Gut.
"Willst du reinkommen oder weiter am Türrahmen stehen?", fragte ich ihn, als er mich ansah.
"Ich überlege nur, was ein Fremder in meiner Wohnung tut."
"Wie du siehst kümmert sich der Fremde um deine Schwester", gab ich lässig von mir, doch hielt mich zurück, denn für eine Schlägerei wäre ich viel zu müde.
"Wie du siehst bin ich jetzt anwesend. Du kannst gehen."
"Wieso, wenn du dich jahrelang nicht um deine Schwester in der Psychiatrie gekümmert hast? Vertrauen tue ich dir sowieso nicht, also nerv nicht."
"Ich glaube, dass das meine Sache ist-
"Nein du Bastard", sagte ich zähneknirschend.
"Gib es doch einfach zu, dass du scheiße warst und es bist. Nur, weil sie schnell verzeiht, brauchst du dir nicht denken, dass alles wieder beim Alten ist. Glaub mir verdient hast du es nicht."
Ich blieb noch nett.
"Hauptsache sie verzeiht dir, weil du mit Bahar rumgeleckt hast-
"Was wird das hier?", fragte eine überforderte Özlem, die komisch zu uns sah.
Plötzlich füllten sich ihre Augen und ich sah, wie sich Schweißperlen an ihrer Stirn bildeten. Sie ging.
"Toll hast du das gemacht", schubste ich ihn weg und ging zu ihr. Sie saß auf dem Sofa und hielt sich an ihrem Kopf fest. Schnell kniete ich mich runter.
"Was ist los?", fragte ich sie vorsichtig, da sie zitterte.
"Mir ist heiß und schwindelig", brach sie schwer aus sich und taumelte nach vorn.
Schnell packte ich ihre Beine und hielt sie nach oben, während sie flach auf dem Sofa lag und ich ungewollt den Spast dazu auffordern musste, mir das Blutdruckmessgerät zu geben. Sie war bewusstlos geworden, doch mittlerweile war das für uns beide normal, denn ich hatte es mir angewöhnt, doch dass sie pausenlos niedrigen Blutdruck hatte, verursachte mir Sorgen.
Schnell miss ich ihren Blutdruck und stellte fest, dass er ziemlich niedrig war. Dazu machte ich ihren Pullover leicht auf, damit Luft auf ihr kommt, da sie stark schwitzte.
"Gehts?", fragte ich, als sie ihre Augen leicht öffnete. So schwul es auch klang, ich hasste die Momente, an denen sie so schwach war. Sie tat mir Leid.
Sie wollte sich hinsetzen, doch ich drückte sie wieder ins Bett.
"Lass dir Zeit Özlem", beruhigte ich sie und strich über ihren Oberschenkel. Nach fünf Minuten normalisierte sie sich etwas, sodass ich sie in ihr Zimmer trug und ablegte.
"Hast du nicht genug gegessen oder getrunken?", fragte ich sie und gab ihr ein Glas Wasser.
"Ich hab heute nichts getrunken", gab sie zu und schloss wieder ihre Augen.
"Ich nehme dir ein Termin beim Arzt. Der soll der gefälligst Tropfen aufschreiben", beschloss ich, da sie mit den Tropfen besser klar kam, doch seitem die diese abgesetzt hat, ist sie ununterbrochen blass im Gesicht.
Sie schlief wieder ein und ich war froh, als ich die Tür zuknallen hörte.
Unerwartet hörte ich ihr Handy vibrieren, doch ließ es in der Schublade.
Tarik schrieb mir, wo ich sei. Ich antwortete ihm und da ihm genau so langweilig war wie mir, lud ich ihn hier hin ein. Er würde seine Shisha mitbringen. Es vergingen keine zehn Minuten, schon marschierte er herein und baute die Shisha auf. Wir befanden uns in Özlems Zimmer, obwohl sie hier schlief.
"Ich war heute bei Alican", sprach er bedrückt.
Ich vermisse meinen Bruder.
"Seine Mutter war auch da", fuhr er fort.
Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus.
"Sie hat geweint, wie am ersten Tag, als sie von seinem Unfall erfuhr."
Ich senkte meinen Haupt und empfand wieder dieses alte Gefühl. Dieses Gefühl einen geliebten Menschen verloren zu haben.
"Aber da ist noch was."
Ich sah wieder hoch zu ihm und sah ihn fragend an.
"Ihr Mann hat sie verlassen. Sie ist allein", sagte er kaum hörbar. Es zerbrach mir das Herz.
"Als ich das erfahren hab, hab ich mir vorgenommen, mich um sie zu sorgen."
"Ich unterstütze sie finanziell", gab ich von mir.
Das Bedürfnis, sie wieder auf Beinen zu bringen war groß. Sie weinte seit dem Tod und das war hart.
"Bahar hat nach dir gefragt."
"Sie soll mich in Ruhe lassen, ich hatte genug Stress mit Özlem", sagte ich ganz leise, damit Özlem nichts mitbekommt.
"Bruder ich sag dir eins. Wehe du machst wieder so eine scheiße", warnte er mich, ich nickte. Ich schämte mich, so hinterhältig und untreu zu ihr gewesen zu sein. Sie war ein Diamant und ich hatte ihr Kratzer damit verpasst.
"Tarik?", hörte ich die hohe süße Stimme hinter mir.
Sie blinzelte ehe sie fragend zu uns sah, was ihr ungemein stand und ich sie glatt küssen könnte.
"Heyo Özlem", lächelte Tarik sie an, was sie erwiderte.
Ich machte das Fenster auf und Tarik machte die Shisha bereit.
Wir setzten uns zu ihr ans Bettrand und fingen an zu rauchen.
"Gehts dir besser?", fragte ich sie, da mir wieder ihr Blutdruck in den Sinn kam.
Sie nickte und ging kurz ins Bad.
"Was hatte sie?"
"Kreislaufprobleme."
Er nickte und zog am Schlauch.
Als sie wieder kam, legte sie sich wieder ins Bett und unterhielt sich mit Tarik während ich diese Chance nutzte und sie wieder betrachtete.
Sie wird schon bald meine Frau, meins. Schon bald wird diese Frau vor mir mit mir in meinem Benz sitzen.
Özlems Sicht:
Ich nutzte die Zeit und griff nach meinem Handy. Wie jedes Mal versuchte ich Aylin zu erreichen, denn ich konnte nicht mehr ohne sie. Sie fehlte mir.
Doch wie jeden Tag schlug dieser Versuch fehl, die Mailbox. Ich nahm mir danach eine Dusche und wartete auf Mazlum Abi, da wir in die Stadt mit seinen Freunden zusammen abhängen würden.
Überrascht darüber, dass mein Handy klingelte ging ich ran. Es war eine private Nummer, doch ich hatte die Hoffnung, das es Aylin sei.
"Hallo?", fragte ich in den Hörer und hörte unangenehmes Rauschen.
"Özlem", hörte ich sie. Sie war es tatsächlich. Es war Aylin.
Mein Herz rutschte mir in die Hose, als ich ihre ruhige zerbrochene Stimme hörte.
"Es tut mir so Leid, das ich dich erst nach so vielen Anrufen von dir anrufe, aber ich muss dich sehen", brachte sie aus sich.
Eine Träne lief mir entlang. Ich würde sie nach Wochen wieder sehen.
"Kommst du zum Park in der Nähe meines Hauses?", fragte ich sie.
"Jetzt?", fragte sie, was ich bejahte.
Schnell legten wir auf. Eilig zog ich mich um und machte mich auf dem Weg zum Park. Mit gemischten Gefühlen. Mit Angst, das es unser letztes Treffen wird. Ich wartete zehn Minuten und dachte, sie würde doch nicht kommen, da ich sie eher als Mensch kannte, der recht pünktlich da war.
Von Weitem sah ich sie und lief auf sie zu. Fest umarmte ich sie und fing an zu schluchzen. Ich hatte meine Schwester wieder.
"Özlem", flüsterte sie in meine Schulter.
Schmerz breitete sich in mir aus.
Fest drückte ich sie an mich und weinte mit ihr. Die Fragerei ließ ich sein, denn sie war kaputt, ich hatte sie noch nie so weinen sehen.
Ich setzte sie auf die Bank und drückte sie an mich, als sie wieder einen Ausbruch erlitt und ihre Tränen nicht stoppten.
"Es tut mir so Leid Aylin", hauchte ich weinend.
"Es war meine Schuld, dich nie zurück gerufen zu haben", flüsterte sie zerbrochen.
Ich schüttelte sofort meinen Kopf und wusch über ihre Wangen.
"Wo warst du Aylin?", fragte ich sie und versuchte mich zu beherrschen, da mir erst jetzt klar wurde, was für eine große Rolle sie in meinem Leben spielte. Von Anfang an meiner Geschichte war sie dabei. Jeden Tag hat sie mich besucht. Jeden Tag war sie bei mir, um mir zu zeigen, dass ich jemandem wichtig bin. Trotz ihrer Arbeit, gab sie mir Zeit. Trotz ihrer stressigen Tagen war sie bei mir.
"Bei Serhat. Es kann nicht mehr so weiter gehen. Ich kann nicht mehr", sagte sie mit versenktem Haupt.
"Lass uns zu dir. Ich komme mit dir mit. Erdem ist grad unterwegs", versuchte ich ihr zu helfen, doch sie schüttelte ihren Kopf.
"Ich traue mich mittlerweile nicht mehr."
"Ich brauche dich am meisten. Das ich dich habe, ist schon unvorstellbar."
Fragend sah ich sie an.
"Ich hab gedacht, dass es dir Erdem verbieten würde."
Um ehrlich zu sein hatten wir schonmal dieses Gespräch. Er hat gemeint, ich soll mich von ihr fernhalten.
"Er hat mir nichts gesagt, bezüglich auf dich", log ich, damit sie sich nicht schlechter fühlt, denn so wie ich beide kannte, liebten sie sich.
Sie nickte und schwieg. Ihr Handy klingelte. Wer es war und warum sich ihre Gesichtszüge so veränderten, wusste ich nicht. Nach zwei Minuten legte sie auf und sah zu mir.
"Serhat meint, dass er mich abholt", lächelte sie kurz.
"Wir reden morgen. Ich werde dich anrufen", umarmte sie mich fest, als wäre diese unsere letzte Umarmung.
"Soll ich dich begleiten?"
"Nein du fährst mit. Er setzt dich bei dir ab", nahm sie meine Hand und bewegte sich in irgendeine Richtung. Ich schüttelte nur meinen Kopf und stoppte sie.
"Ist ok. Ich will zu Fuß gehen", kullerte mir eine Träne herunter, als ich zu ihrem leicht gerundeten Bauch sah.
Unerwartet nahm sie meine Hand und legte diese auf ihrem Bauch.
Auch sie verlor eine Träne, die ich wegwusch und sie in den Arm nahm.
"Wir schaffen das", ermutigte ich sie und löste mich von ihr.
Unsere Wege trennten sich und da es schon fast dunkel war, beschleunigte ich meine Schritte. Der Weg war nicht lang.
Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken, diese kam mir bekannt vor. Ein kurzer Blick huschte nach links und mein inneres klappte auf. Meine Gesichtszüge entgleisten und der Wind, der an mir vorbei wehte, fühlte sich wie ein kalter 180 Km/h schneller Tornado an, der sich in mir breit machte und ich dem zusammenbrechen nah war. Adern froren ein, mein Bauch schmerzte vor Angst. Meine Tränen hielt ich gerade noch zurück, denn er hatte mehrere Personen um sich, während ich auf der anderen Straßenseite allein und verzweifelt da stand, wie ein Opfer. Wie ein Opfer starrte ich ihn mit feuchten Augen an und brach keinen Ton aus mir während mein Zukünftiger Spaß mit Bahar hatte.
"Özlem warte", lief er mir hinterher, als ich um die Wette rann und weg wollte. Weg von ihm.
Weg von der Angst, das er alles ruinieren würde.

ÖzlemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt