Kapitel 20

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Es waren bereits 5 weitere langweilige und vorallem ereignislose Tage vergangen. In diesen Tagen habe ich mich eher im Zimmer aufgehalten und auch Aylin drum gebeten, mich nicht zu besuchen. Ich hatte mich komplett von der Außenwelt abgeschaltet und entfernt. Meine Psychologin war bereits wie abgemacht, jeden dritten Tag, also eben, hier. Ich beschloss auch heute nichts zu machen und lag auf meinem Bett. Ich hatte immernoch keine Klingen, dafür hatte ich mich bereit erklärt, welche aus der Küche der Krankenschwestern zu klauen, was mir nur zu einfach gelang.

Schnell bindete ich mir ein Verband über die neugeschnittenen Narben und überdeckte all das mit meinem Langärmel.

Die Krankenschwester trat herein und meinte ich hätte Besuch, obwohl ich ganz genau wusste, dass ich kein Besuch erwartet hatte? Aylin und Erdem wurden klar und deutlich informiert, mich in den nächsten Tagen in Ruhe zu lassen. Vielleicht war es doch Erdem. Bei ihm weiß man nämlich nie.

Ich nickte nur und wartete. Langsam öffnete sich die gruselige Tür, die laut quietschte. Mein Magen zog sich enorm zusammen und meine Sinne waren wie verschwunden. Das war nicht wirklich mein Bruder, nein. Es war bestimmt eine Halluzination! Immernoch mit weiten Augen sah ich gerade aus zu meinem Bruder, der selbst nicht die beste Reaktion von sich gab. Meine emotionale Seite gab sich Preis und klatschte mir Wasser in die Augen, während meine Fäuste mich selbst kniffen und meine Augen nach Flucht suchten. Das war einer der schlimmsten Momenten in meinem Leben. Es war ein riesengroßer Messerstich im Herzen. Es hatte mich äußerst im Herzen erwischt. Ich wollte mich einfach nur in Luft auflösen, aber das war nunmal unmöglich. Bevor ich hier noch in Depressionen gerate, stellte ich mich etwas selbstsicherer hin, kreuzte meine Arme vor meine Brust und sah meinen Bruder wütend und durchbohrt an. Sollte er sehen, dass ich ohne ihn klar kam. Sollte er sehen, dass ich angeblich Hass gegenüber ihn verspürte, obwohl mein Inneres höllisch brannte und ich nichts wie gern doll weinen würde.

"Mazlum Abi", flüsterte ich entsetzt.

Als wäre ich eine Hoheit, sprach er meinen Namen aus, Unmöglichkeit in seiner Stimme. Er war wahrscheinlich noch am realisieren, dass seine kleine Schwester vor ihm stand.

Allein wie er meinen Namen aussprach, war ein weiterer Grund in Tränen zu schwimmen. Ich würde ihm kalt wie möglich erscheinen wollen. Perplex sah ich ihm tief in die Augen und zeigte ihm Hass, Enttäuschung und Trauer. Trauer, das er mir nicht beistand, sondern mich qualvoll litten ließ.

Er kam mir näher und griff nach meinem Arm. Dies war ein falscher Moment, denn meine Narben brannten, als er fester wurde.

Sein schräges Lächeln sorgte für mehr Hass in mir.

"Was willst du?", sprach ich laut, obwohl es recht schwer war.

Fest schubste ich ihn nach hinten und strich über meinem Arm.

"Ich bin gekommen um nach Verzeihung zu bitten."

Mein Bruder war männlicher geworden. Seine Stimme hatte mir die Sprache verschlagen.

"Özlem..ich war vor knapp zwei Wochen hier, aber dein Freund hat mich aufgehalten. Irgendwie habe ich es nicht ausgehalten und bin hierhin gekommen, um mich zu entschuldigen. Es fiel mir schwer hierher zu kommen. Ich wusste nicht, wie ich gegenüber dir auftreten soll, dich ansprechen soll."
Aber dein Freund hat mich aufgehalten.

"Welcher Freund?", flüsterte ich kaum hörbar.

"Aylins Bruder."

Ach du verdammte Scheiße. Das war nicht deren Ernst. Die Tatsache, dass Erdem mir das verheimlicht hatte.

"Schön und gut, dass du deinen Sprit für mich verbraucht hast, aber verzieh dich. Du bist in meinen Augen kein Bruder mehr. Ohne dich komme ich klar!", schrie ich laut und atmete schnell.

ÖzlemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt