"Hello Babygirl", spazierte meine beste Freundin herein und schlenderte die Tür zu.
"Frohes Neues, mein Schatz", lächelte sie und zog mich in eine lange Umarmung. Ich ergriff kurz das Wort und wünschte ihr ein frohes neues Jahr.
"Ich hab da was gehört", fuhr sie fort und blickte mit konzentrierten Schlitzaugen zu mir.
"Was denn?", fragte ich ungewiss, aber schmunzelte.
"Du und Erdem, gestern, Silvester verbracht. Offensichtlich läuft zwischen euch was, mhhh?", sagte sie und wackelte mit ihren arabischförmigen Augenbrauen.
"Er ist nur gekommen, um sich zu entschuldigen. Mehr war da nicht."
"Er hat voll nach dir gerochen."
"Aylin!"
Ich wurde abrupt rot und sah zur Seite.
Sie lachte sich tot, aber fuhr fort.
"Ich warte auf den Tag, andem ihr beide Hand in Hand zu mir kommt und mir von eurer Romeo und Julia Lovestory erzählt."
"Warte du nur. Es läuft nichts", sagte ich und lenkte vom Thema ab.
Woher wusste sie, dass er da war? Hat er ernsthaft nach mir gerochen? Nein, als ob. Ich hatte ganz wenig Parfüm drauf, was mir Erdem zu Weihnachten geschenkt hatte.
"Erzähl mir von Serhat."
"Wir hatten ein Neujahreskuss."
"Neeein", sagte ich erstaunt und riss meine Augen auf.
"Oh doch Schatz! Es war traumhaft."
So traumhaft wie der gestrige Abend mit Erdem.
"Er hat mich erst ganze zehn Minuten umarmt."
Wie mich gestern Erdem von hinten umarmt hatte.
"Dann hat er mir seine Liebe zu mir ins Ohr geflüstert."
Wie Erdem mir ins Ohr geflüstert und gefragt hat, ob ich ihm verzeihe.
"Erde an Özlem", sagte sie und bewegte ihre Hände vor meinen Augen.
"Sorry", entschuldigte ich mich und hörte ihr achtsam zu, bis sie zum Ende kam.
"Das heißt, ihr seid zusammen?"
"Ja und Erdem hat ihn näher kennengelernt."
"Das ist doch perfekt", freute ich mich und umarmte sie.
Wenn sie glücklich war, dann war ich es auch für sie.
"Achja, Erdem schaut gleich nach dir."
"E-er schaut gleich nach mir?", stellte ich mir die Frage selbst.
"Ja. Wahrscheinlich vermisst er dich."
"Aylin es reicht! Es ist da nichts!", sprach ich in einer autoritären Tonlage.
Sie hingegen grinste süffisant und provozierte mich weiter, bis sich die Tür öffnete.
Blitzschnell verstummten wir.
"Ich bin es nur", lachte er und kam herein.
Schleunigst schloss ich meine Augen, atmete tief durch und öffnete sie wieder.
Mach dir keine Hoffnungen, das er Interesse für dich empfindet. Er war höchstwahrscheinlich nur angetrunken, also mach dir nichts draus, redete ich mir ein und blickte hoch.
Immernoch brannten die Stellen, an die er mich berührt hatte. Immernoch spürte ich seine Berührungen auf mir. Immernoch wiederholten sich seine Wörter in meinem Hirn.
Er sah mich überheblich an und setzte sich auf den Tisch. Ich fühlte mich innerlich ein wenig getäuscht. Es waren Hoffnungen, die er mir nur in einer Nacht gemacht hatte.
"Erdem Abi ich muss los. Solange könnt ihr quatschen", kicherte sie, schenkte mir Liebesblicke und verschwand.
Verflucht seist du Aylin!
Ich schluckte und sah hinter ihm zur Wand, die interessanter wirkte. Es herrschte enorm dicke Luft im Raum. Vorallem die Anspannung, die von beiden Richtungen kam.
"Alles gut?", fragte er und platzierte sich auf dem Stuhl, worauf Aylin saß.
Ich nickte nur, worauf er eigentlich eine Antwort aus meinem Mund erwartet hätte.
Auch er wusste nicht, was er sagen soll, weswegen erneut unangenehme Atmosphären sich versammelten.
Er räusperte sich, doch ich schämte mich zusehr. Ich fühlte mich im Moment einfach nur scheiße. Die Röte im Gesicht konnte ich förmlich spüren.
Plötzlich öffnete sich die Türe. Meine Psychologin trat strahlend herein, begrüßte mich und übergab mir eine Karte für das Neujahr. Ich zuckte nur meine Mundwinkel in die Höhe und bat sie, sich neben mich auf das Bett zu setzen. Sie hatte mich aus diesem Status befreit.
Erdem war im Raum mit anwesend und befolgte unsere Gespräche. Davor fragte mich meine Psychologin, ob ich ihn während dieser Stunde hier haben will. Natürlich konnte ich nicht verneinen. Es wäre zu unhöflich.
Sie übergab mir ein Blatt und Stift, worauf ich wieder meine Gefühle frei in Lauf lassen sollte. Nicht jede Stunde tat ich dies, sondern, wenn sie es für richtig hielt. Die geschriebenen Blätter versteckte ich unter meiner Matratze, da ich Angst hätte, selbst wenn sie in den Mülltonnen wären.
Mein Kopf brummte und ich spürte, wie sich eine erfundene Bowlingkugel in meinem Kopf breit rollte. Plötzlich taumelte mein Kopf hin und her, doch ich ignorierte es und konzentrierte mich auf meinen fast vollendeten Satz.
Erdem und meine Psychologin unterhielten sich, worüber auch immer. Ich war selbst beschäftigt und lehnte mich nach hinten, als ich eine komplette Din A4 Seite vollgeschrieben hatte.
"Fertig?", lächelte sie.
Wie ich manche Menschen, die dauerhaft lächelten hasste. Es lag einfach daran, dass ich es nicht konnte, weil ich in diesem Schlamassel steckte.
"Özlem", katapultierte sie mich in die Realität.
"Was?", fragte ich versehentlich unbeugsam und zog meine Augenbrauen zusammen.
Rasch war ich wutgeladen. Was war bloß los mit mir?
Sie fragte, ob alles okay wäre und strich behutsam über meinem Arm.
Verdammt, es war nichts okay. Wieso fragten mich die Leute, wie es mir geht und ob alles im grünen Bereich ist?
Ich meine, immerhin befinde ich mich in einer Psychiatrie, wurde gezwungen hierhin festzusitzen und habe eine tragische Vergangenheit hinter mir.
Desto mehr die Sekunden vergingen, desto mehr verschnellerten und verschlechterten sich meine Atemzüge.
Rasant schloss ich meine empfindliche Augen, die brannten, als hätte ich zig Zwiebeln geschnitten.
Mal verschwand mein Blickwinkel, mal nicht. Ich hörte nur noch Rauschen, als wäre ich unter Wasser getaucht und bekäme nichts mit.
Plötzlich wurde an mir stark gerüttelt.
"Ich will schlafen",murmelte ich, schloss meine Augen und drang in die eiskalte Dunkelheit ein.
Nicht allzu lang war ich von der Realität ausbegrenzt, sondern öffnete meine Augen und erschrak, als Erdem mir in die Augen sah.
Ich hielt die Luft an und erwiederte seine Blicke, bis mein Schamgefühl auftauchte und ich weg sah.
"Was ist passiert?", flüsterte ich mit meinen trockenen Lippen.
"Die Ärzte kommen gleich. Die Psychologin ist auf dem Weg. Du bist kurz ohnmächtig geworden."
Ich nickte ratlos, doch hielt mich plötzlich am Kopf fest, da alles anfing zu stechen.
"Erdem", stoßte ich hauchend aus mir und fasste an seinen Arm. Es waren fürchterliche Schmerzen. So stark, dass ich Erdem brauchte.
"Was ist? Wo hast du Schmerzen?", fragte er hektisch und massierte an die Stellen, an die ich mich festhielt.
"Ich halt das nicht mehr aus", flüsterte ich flennend und versuchte meine schwache Seite zu kontrollieren.
Er drückte mich auf das Bett und gab mir etwas zu trinken. Er war überfordert, da er verwirrt starrte und sich dauernd auf die Lippe biss.
Für einen Moment könnte man denken, ich hatte Migräne. Aber niemals ist Migräne so qualvoll oder?
Blitzschnell umarmte mich der Bruder meiner besten Freundin und strich mir liebevoll über den Rücken.
"Die Ärzte sind gleich bei dir", hauchte er an meinen Hals.
Ich nickte unter Tränen und schloss fest meine Augen.
"Öffne deine Augen. Bleib wach", befiehl er mir.
Erdems Sicht:
Nach etlichen Minuten kam ein Arzt eilend herein und bat mich raus zu gehen. Verständnisvoll nickte ich und wollte gehen, doch wurde plötzlich am Arm gefasst. Özlem hatte ihre Augen halb geschlossen und meinte, ich solle bleiben, was ich ehrlich gesagt äußerst merkwürdig, dennoch süß fand.
Amüsant hielt ich ihre Hand und bekam dann auch die Erlaubnis. Wahrscheinlich kannte er Özlem und wusste, dass man mit ihr nicht diskutieren kann. Özlem war mittlerweile in einer völlig anderen Dimension, denn sie schlief tief und fest.
Der Arzt kontrollierte sie, doch fand nichts heraus.
"Da es zum ersten Mal aufgetaucht ist, könnte es halb so schlimm sein. Es waren die Zellen im Gehirn, die durcheinander wirbelten und ich sag mal so "für Chaos" sorgten. Sehen wir es als Kopfschmerzen an. Sollte es öfters in den vorkommenden Tagen passieren, so benachrichtigen Sie mich bitte. Hier sind normale Schmerztabletten. Ein mal pro Tag einnehmen und ausruhen. Schönen Tag noch."
Zügig verließ er das Zimmer und ließ mich mit ihr allein. Es herrschte Ruhe. Ich ließ ihre Hand los, als ich diese in meiner realisiert hatte und deponierte ihre Hand auf ihrem Bauch.
Grienig betrachtete ich ihr Gesicht. Mir fielen zwei Narben auf, die mir erst jetzt hervorstachend vorkamen. Eine war nah an ihrer Augenbraue, die andere seitlich unterm Ohr. Unterm Ohr bis zum Hals führte sie. Ob diese Narben einen Zusammenhang mit ihrer Vergangenheit haben? Trotz der Narben hatte sie meiner Meinung nach ein reines Gesicht.
Lächelnd fuhr ich mit meiner Hand über ihre Stirn und legte die Haare, die sich dort aufhielten nach hinten. Kaum zu glauben, dass ich ihr einen Kuss auf die Stirn gegeben hatte. Kein Wunder, das sie sich so schämte. Ihr würde ich morgen höchstpersönlich erzählen, dass sie meine Hand genommen hatte.
Lachend verließ ich den Raum, nachdem ich mich nocheinmal zu ihr gedreht hatte, doch knallte versehentlich gegen einen Mann.
Ich entschuldigte mich, doch wurde von dem Mann unterbrochen. Auch seine Frau starrte mich mit funkelnden Augen an.
"Sie sind?", fragte er mit perfektem Deutsch, obwohl er südländisch aussah.
Ich stellte ihm eine Gegenfrage, wer er sei. Er hatte gefragt, da ich aus dem Zimmer von Özlem gekommen war.
Plötzlich machte es Klick in meinem Verstand.
"Seid ihr Özlems Eltern?", fragte ich.
Er nickte. Wollten sie zu ihr? Özlem wäre am Boden zerstört, oder? Allein bei ihrem Bruder ging es ihr tagelang schlecht. Wie sollte ich die Eltern aufhalten? Ich tischte schnell eine Lüge auf.
"Sie ist grad in der Untersuchung. In ihrem Zimmer wird alles von der Putzfrau gereinigt, deshalb warte ich mit Ihnen."
Er nickte und wandte sich seiner Frau, die Özlems Kopie war. Sie sah echt fertig aus.
Schnell tippte ich eine Nachricht an Aylin und rief sie an, da ich mein Handeln nicht unfair durchführen wollte.
Ich wunderte mich, dass sie mich nicht kannten, denn unsere Eltern waren ziemlich gute Freunde. Wenn sie Aylin kennen, müssten sie mich doch kennen, oder?
Ich flüsterte ins Telefon, das ihre Eltern hier wären, als ich mich von beide meterweise entfernte.
"Was? Wo? Und wo bist du?"
"Wir stehen vor ihrem Zimmer. Ich habe sie angelogen, dass Özlem eine Untersuchung hat. Soll ich sie zu Özlem lassen?"
"Ich weiß nicht", murmelte sie verzweifelt.
"Wie du weißt nicht? Ihr seid doch beste Freunde!"
"Man ich weiß nicht genau! Vielleicht würde es ihr gut tun, weil sie beide vermisst. Aber andererseits wäre sie traurig, was sie ihr alles angetan haben", hauchte sie.
Entsetzt blickte ich die Wand an.
"Also soll ich?"
"J-ja, aber bleib mit. Falls beide etwas falsches sagen, schick sie schleunigst raus. Wahrscheinlich wollen sich beide nur entschuldigen, warum sonst sind sie gekommen?"
"Ja das stimmt. Ich gehe mit denen jetzt rein."
Nervös legte ich auf. Wieso war ich so nervös?
Ich lenkte beide etwas ab, sodass sie die Tür nicht sahen und die Lüge nicht aufgelöst wird.
"Bist du ihr Freund?", fragte mich die Mutter.
Schluckend nickte ich. Wieso musste ich in dieser Zwickmühle auch stecken?
Sie lächelte nett, doch es kam mir gespielt vor. Ehrlich gesagt blickte sie auch etwas arrogant und kalt durch die Gegend, der Vater war nicht anders.
"Ich glaube Özlem ist schon im Zimmer, nur wir haben es nicht mitbekommen", spielte ich und öffnete die Tür.
Lautlos begaben wir uns dem Raum, worin Özlem schlief.
Beide sahen sie kalt an, als wäre sie nichts besonderes. Ich hätte mehr Gefühle erwartet, sogar Tränen aus Freude die Tochter zu sehen, doch hier war es das Gegenteil.
"Steh auf!", sagte die Mutter laut und rüttelte an ihr.
Abrupt wurde ich sauer. Hatten sie ein Recht, sie so zu behandeln?
Özlem war mehr als verwirrt, da sie aus dem Schlaf gerissen wurde und blickte mit halb geöffneten Augen durch die Gegend, bis ihre die Eltern trafen. Mich hatte sie noch nicht gesehen, was besser war.
"Was fällt dir ein?", schrie die Mutter.
"W-was?", flüsterte Özlem immernoch geschockt und checkte die Profile ihrer Eltern ab.
Sie stand auf und hielt sich am Bett fest.
"Von einer Seite höre ich, dass du ein Freund hast und von der anderen, dass dich unzählige Männer besuchen und über Nacht bleiben?!", schrie der Vater laut.
"Was?", schrie Özlem zurück.
Ihre Augen waren weit aufgerissen und drohten in Tränen auszubrechen.
"Von wem habt ihr das gehört?", sprach sie brüchig.
"Abi?", fragte sie.
"Natürlich nicht. Du kannst dir doch denken, wer es uns erzählt hat."
"Also glaubt ihr einem fast Unbekannten mehr als mir?", schrie sie und vergoss eine Träne.
"Dir kann man nicht vertrauen."
Die Mutter war hartnäckig. Özlem sah trotzdessen ihre Eltern mit ihrem wässrigen Sehorgan liebevoll an.
"Das heißt, ihr seid gekommen, um diese Frage beantwortet zu bekommen, obwohl ihr mir nicht glaubt?", flüsterte sie enttäuscht und senkte ihren Haupt.
"Nicht ganz. Wir brauchten nur eine Bestätigung und die haben wir bereits", sprach die Mutter und schnaubte wütend nach Luft.
"Anne, Baba ich hab euch vermisst", flüsterte sie kaum hörbar und schluchzte. Ich konnte ihr Gesicht nicht ganz sehen, da der Vater mir die Sicht versperrte.
"Das interessiert mich einen Dreck! Du bist nicht meine Tochter. Wie oft soll ich mich wiederholen? Wir verspotten dich!", schrie die Mutter und griff fest an ihrem Arm.
Özlem weinte nur noch mehr und entschuldigte sich tausende Male bei ihren Eltern, doch die Mutter warf ihr harte Vorurteile und Beschimpfungen an den Kopf, während der Vater sie emotionslos ansah und so aussah, als würde er sie gleich töten wollen.
"Bitte geht nicht!", schrie Özlem und hielt beide auf.
"Mama, bitte! Ich brauche deine Liebe, deine Zuneigung. Keiner hört mir hier zu und hilft mir vernünftig!"
Sie widmete sich ihrem Vater.
"Wer soll mir abends durch die Haare streichen und so liebevoll in den Schlaf schicken? Ich hab meine Fehler eingesehen! Bitte nimmt mich hier mit! Baba bitte, ich flehe dich an.."
Sie umarmte beide und weinte so laut sie konnte. Mir war Weinen zumute.
Die Mutter schubste sie nach hinten, sodass sie gegen die harte Bettkante knallte und stöhnte.
"Ich liebe euch", hauchte sie weinend wie ein Kind und rutschte runter.
"Bitte geht nicht. Ich halte es hier nicht aus", zitterte sie, obwohl sie weg waren.
Sie hatte mich wohl immernoch nicht gesehen. Wie konnte man die Eltern nach so harten Worten lieben, gar respektieren? Konnte man diese Wesen als Eltern bezeichnen? Was war der Grund dafür als Eltern die Tochter zu verabscheuen? Ein ganzes Jahr hatten sie sie nicht besucht. Plötzlich tauchen sie auf und das wegen einem Gerücht, das von wem auch immer in die Welt gesetzt wurde? Diese Unwesen waren die Freunde meiner Eltern?
Özlem weinte weiterhin pausenlos und ziemlich laut. Ihre ununterbrochene Schluchzer machten ihr es mit dem Atmen schwer zu schaffen.
Sollte ich zu ihr und sie trösten oder doch lieber allein lassen? Ich wusste nicht ob sie die Sorte von den Menschen war, die allein es viel besser hätten.
Unglaublich, ich schämte mich für dieses Auftreten der Eltern. Meine Eltern sprachen von ihnen, wie höflich sie waren.
Da ich die beste Freundin meiner Schwester selten, jedoch wenigstens paar mal getröstet hatte, schlich ich mich leise zu ihr und setzte mich neben sie.
"Wer bist du?", fragte sie mit den Nerven am Ende.
"Erdem", lächelte ich leicht.
"Hast du alles m-mitbekommen?"
Ich bejahte.
"Verzieh dich, sofort!", schrie sie und zeigte mit erhobenem Kopf zur Tür.
"Özlem-
"Verlass mich, wie es jeder andere tut. Ich will nicht mehr Leben, verstehst du?"
Ich blieb sprachlos.
"Geh zu deinen Eltern und werd glücklich, statt die Zeit mit mir zu verschwenden."
"Geh, für immer", flüsterte sie und zeigte mir die kalte Schulter.
Wie hart muss das Leben sein? Vor zwei Stunden dachte ich, alles geht den Berg hinauf. Auch Özlem hatte es viel leichter, doch genau in diesem Moment haben ihre Eltern sie in die Depression geraten.
Sie war wieder die alte und das wegen einer Familie. Sie war wieder diejenige, die nur noch weinen würde.
"Ich bleib bei dir."
"Wie willst du das schaffen? Ich bin betrunken vor Trauer, habe mich verlaufen. Überschätz dich nicht."
Ich kniete mich hin und nahm ihr zierliches Gesicht zwischen meinen Händen.
"Mag sein, dass deine Eltern dich nicht fair behandeln oder derart was gleiches. Ich weiß, dass du unschuldig bist und bleibe bei dir."
"Hast du es gesehen. W-wie sie mich angeguckt haben?", flüsterte sie verdattert. Sie war völlig aus dem Häusschen.
Sie weinte stark. So stark, dass sie ihre Gesichtszüge nicht unter Kontrolle hatte, sondern leicht schmollte. Wie ein kleines Kind.
Ich nickte.
"Sie hassen mich", stellte sie fest und sah nach unten, da die Kraft an meinen Händen nach dieser Feststellung versagt hatten.
"Tun sie nicht. Sie sind deine Eltern."
"I-ich hab so einen großen Fehler gemacht."
"Ich habe den Ruf meiner Familie zerstört, dabei wollte ich nur frei sein. Er hat mir-
Augenblicklich unterbrach sie sich selbst und seufzte empört aus ihrem vor Schock geöffnetem Munde.
Wollte sie sich ernsthaft mir öffnen? War sie kurz davor mir ihre Vergangenheit zu beichten? Die Neugier machte sich in mir bekannt."Wer ist er?", fragte ich übermütig."Bringst du mich zu meinen Eltern?", piepste sie kleinlaut und schüchtern.
"Wieso willst du zu deinen Eltern?", fragte ich und strich ihr die Sträne aus dem Gesicht.
"Ich will zu meiner Mutter", flüsterte sie, legte ihren Kinn auf ihren Knien und versuchte ihre schmollende und enorm bebende Lippe zu beherrschen.
"Özlem..", brummte ich und legte einen Arm um sie.
"Ich dachte aller ernstes, sie hätten mich besucht, um zu sehen, wie es mir geht."
Wiederrum schluchzte sie und weinte miserabel dabei, als hätte sie versagt.
Ihr Gemütszustand war geschwächt.
Zwar dachte ich, ich wär gefühllos, doch diesen Stand konnte ich nicht mithalten. Es hatte mich ziemlich mitgenommen. Wenn es mir als Zuschauer so geht, wie ginge es wohl Özlem? Doch die größte Frage in meinem Kopf war, wie ich handeln soll und ihr Inneres dazu bringen soll, nicht zu beginnen, die Alte zu werden. Meine Denkfähigkeit hatte nachgegeben.
Sie fühlte sich fehl am Platz, betrübt. Das Verhalten der Eltern, damit war sie unzufrieden. Ich als reifer Mann sage sogar, dass ich mit dem Hass meiner Eltern gegenüber mir nicht klarkommen würde.
"Wer ist er?", platzte aus mir.
Wenn es der Bruder oder Vater nicht sein konnte, wer war er? Ich wollte der Sache auf den Grund gehen, jetzt sofort.
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Özlem
RomanceÖzlem, ein depressives und auf sich allein gestelltes Mädchen. Ihr Schicksal hat sich in einer Psychiatrie verheddert.Sie hat niemanden, bis auf ihrer besten Freundin. Was passiert, wenn die beste Freundin eines Tages ihren Bruder mit zu dem Besuch...