Kapitel 55

6.1K 286 27
                                    

Mir geht es nun viel besser. Erdem hatte mir nicht ganz die Geschichte erzählt, aber ich habe auch nicht nachgehakt. Der Arzt meinte, dass ich mir eine mittelstarke Gehirnerschütterung geholt hatte und gebrochen hatte ich ebenfalls. An Erdems Fußballspiel konnte ich mich überhaupt nicht erinnern, obwohl ich mich so oft angestrengt hatte, um mich irgendwie daran zu erinnern. Erdem meinte nur, dass mich jemand ausversehen mit dem Ball abgetroffen hatte. Naja was solls.
Gestern war unser Versprechen, Söz. Ich wurde gestern an Erdem versprochen. Es war wunderschön und auch wirklich jeder war dafür, bis auf meine Mutter, doch nur mir hat sie das anmerken lassen.
Die Hochzeitsplanungen liefen perfekt, obwohl uns wenig Zeit bis dahin blieb. In fast zwei Monaten wird es soweit und beschlossen hatten wir, dass wir die Standesamthochzeit beziehungsweise die Trauung im Hochzeitssaal führen werden. In wenigen Wochen wird die Verlobungsfeier stattfinden. Die Hallen waren jeweils schon gemietet. Jeder Tag verlief hektisch, doch da das meiste schon geklärt war, war jeder etwas erleichtert. Die Aufregung stieg Tag zu Tag und dass ich Erdem Tag zu Tag immer weniger sah, ließ mich noch mehr zappeln, da er nun regelmäßiger arbeitete und die Firma selbstständig führte, weil der Vater auf Geschäftsreise war und er nun alles in der Hand hatte. Wenn bei ihm nicht viel los war, besuchte ich ihn auch und seine Kollegen waren ziemlich nett.
Mit Aylin hatte ich weiterhin sehr guten Kontakt und ihre Schwangerschaft lief super. Die Beziehung mit Serhat lief ebenfalls problemlos, was mich erleichterte. Er stand ihr dauerhaft bei und versuchte sie abzulenken, da sie ihre Familie ziemlich vermisste. Leider ist sie mit ihm nach Bielefeld gezogen, da beide studieren wollten und sie weg wollten. Frankfurt war für beide gestorben, da sie hier nicht mehr zurecht kamen. Tagtäglich telefonierten wir und ich vermisste sie mehr als alles andere. Mit meiner Psychologin hatte ich mich auch nicht mehr getroffen. Sie hatte angerufen, wir sprachen unsere letzten Worte, schon war der Kontakt gebrochen. Mir ging es super und ich die Narben verheilten, obwohl es nunmal Narben waren und die Vergangenheit eine unvergessliche Zeit für mich war, doch Erdem und Aylin machten mich überglücklich. An meinem Aussehen hatte ich ebenfalls gearbeitet. Ich hatte nun mehr Kilos zugenommen. Zwar war ich noch untergewichtig, doch man sah mir die Magersucht überhaupt nicht mehr an. Ich sah quasi normal aus und Erdem freute sich natürlich."Dir würde mehr Speck stehen, weil du so schöne Kurven hast", waren seine gestrigen Worte zu mir. Er motivierte mich einfach mehr zuzunehmen. Paar Mal dachte ich über mein Gewicht nach, doch dagegen tat ich nichts. Das Verhältnis zu meiner Mutter blieb gleich, doch da ich mich gewohnt hatte, spürte ich kaum Schmerz, kaum.
Gerade faltete ich meine Kleidung zusammen, die ich eben frisch gebügelt hatte, weil auch dies meine Mutter nicht macht. Gestern war ich den ganzen Tag mit Mazlum Abi unterwegs, weswegen ich mir starken Muskelkater geholt hatte. Den Abend lang hatten wir stundenlang gejoggt.
Erdem würde gleich Feierabend haben und da ihm meine Lasagne gefiel, würden wir heute bei ihm essen. Ich nahm nurnoch schnell das komplette Essen mit und wurde von Mazlum Abi dahin gefahren.
"Bleib nicht zulange, sowas gehört sich eigentlich nicht. Abends allein in einer Wohnung", sprach er zänkisch.
"Wir essen nur, mehr nicht", gab ich nur von mir. Brüder halt.
Ausgestiegen wollte er mir helfen, doch irgendwie schaffte ich es. Ein Erdem im Anzug stand vor mir.
"Kommst perfekt. Ich geh schnell duschen", sprach er eilig, begrüßte mich erst dann mit einem Kuss und ging wieder.
"Bereite schonmal alles vor", rief er.
Während er duschte, wärmte ich die Lasagne nochmal auf. Den Besteck legte ich ebenfalls bereit und beschäftigte mich mit meinem Handy.
Plötzlich nahm ich etwas nasses an meiner Schulter war und stand automatisch erschrocken auf.
"Man, du hast mich erschreckt!", meckerte ich.
Seine Haare waren pitschnass. Er hatte sie bestimmt nicht einmal abgetrocknet.
"Ich hab so schlimmen Hunger Özi", schmollte er und wimmerte gespielt.
Kurz lächelte ich und setzte mich mit ihm an den Tisch.
Zusammen aßen wir und genossen die ruhige Stimmung. Nebenbei erzählte er mir, wie es in der Firma heute war und das er nächste Woche ein wichtiges Meeting hätte.
"Das schmeckt so geil", sagte er verträumt, worauf ich ein Danke von mir gab.
Ich bemerkte öfters seine Blicke an meinem Ring, den ich an unserem Versprechen bekommen hatte. Unerwartet nahm er meine Hand und strich über meinen Handrücken.
"Ich gehe gleich shishan, kommst du mit?", scheisste er sowas von in der romantischen Atmosphäre rein, worauf ich laut lachte.
"Dein Ernst? Alles war so schön und dann kommst du damit und nein", lachte ich weiter.
"Komm schon", flehte er mich an, doch ich schüttelte meinen Kopf.
"Ich muss heute früher nach Hause und du weißt was ich davon halte."
"Ich nehme Erlaubnis von deinem Vater, bitte Özi bitte. Ich muss nämlich mit dir reden."
"In einer Shishabar?"
"Du wirst schon sehen. Aber ja in der Shishabar", grinste er über beide Ohren. Das war eine typische Ausrede von ihm.
"Bitte", ergänzte er zu seinem Flehen und machte einer seiner Hundeblicke.
"Nagut", gab ich schließlich von mir und räumte, nachdem wir fertig gegessen hatten, das Geschirr weg, während er wie der faulste Sack auf Erden auf dem Stuhl saß und mich mit seinen Blicken durchbohrte.
"Ist dir was an meinem Gesicht aufgefallen?"
Ich drehte meinen Haupt zu ihm und sah mir sein Gesicht genauer an. Es hatte sich etwas an seinem Gesicht verändert, doch ich kam nicht darauf. Länger sah ich ihm ins Gesicht und schüttelte ahnungslos meinen Kopf.
"Ich hab meinen Bart gekürzt man!", gab er beleidigend von sich. Tatsächlich. Doch er hatte ihn mindestens um wenige Millimeter gekürzt, denn so sehr fiel es nicht auf. Immerhin war sein Bart immernoch sehr schwarz und er hatte einen vollen Bart.
"Oh, steht dir", kicherte ich.
Plötzlich zog er mich zu sich auf seinem Schoß und hielt mich fest, sodass kaum Ausweichechance bestand.
Ich wusste worauf er voraus will und um ehrlich zu sein hatte ich es vermisst, ihn länger zu küssen. Langsam nahm er alle Strähnen und legte diese hinten ab, sodass mein Gesicht frei war und er mit der Hand zu meiner Wange gelang.
Vorsichtig zog er mich näher an sich und hielt mit der Hand meinen Hintern fest, worauf ich abrupt ohne Kontrolle über mich rot wurde.
Mit seinen übertrieben weichen Lippen liebkostete er meine Lippen, die ich rhythmisch zu seinen bewegte und sich eine Explosion in mir bekannt machte. Mir wurde schweineheiß. Mir fehlte die Luft zum atmen.
Nur schwer lösten wir uns voneinander. Wieder roch ich sein Aftershave bis hin zu mir und war benebelt. Er roch so gut.
Da der Kuss so lang gedauert hatte, waren seine Lippen dementsprechend angeschwollen, was ihn so süß wirken ließ und ich innerlich wie ein Teenager schwärmte.
"Du wolltest in die Shishabar", holte ich ihn in die Realität und stand von seinem Schoß auf.
"Kommst du wirklich mit?", fragte er überrascht.
"Ja?"
"Zum ersten Mal konnte ich dich überzeugen. Respekt an mich", lobte er sich stolz.
Kurz sah ich zu meinem Outfit. Zum Glück war ich normal gekleidet, denn auf umziehen blieb mir keine Motivation.
Er nahm mich an die Hand, als wir ankamen. Ich mochte solche Orte nicht, doch Erdem dort allein lassen würde ich ebenfalls nicht. Zwar vertraute ich ihm, doch das Ereignis mit Bahar war noch in meinen Hintergedanken.
Angekommen erkannte ich schon Tarik und Harun, am Tisch saßen drei Mädchen. Was für Furien, freier ging es echt nicht. Ohne jeglichen Augenkontakt zu ihnen begrüßte ich die Jungs und setzte mich neben Erdem, der seinen Platz neben dem Mädchen fand. Es war unangenehm.
Vorsprung auf Verlobungsfeier:
Mein Magen kitzelte jede Sekunde. Vor dem Spiegel saß ich nun und sah der Visagistin zu, wie sie meine Haare zu einem eleganten Dutt machte, mit mehreren Perlen und Locken drin. Ich sah so anders aus. Lag wohl daran, dass ich mich so selten schminkte, denn ich war stärker geschminkt. Mit meinem Bruder fuhr ich zum Saal, wo Erdem bereits in der Nähe wartete, da wir den Saal zusammen betreten wollten. Hinter einem Gebäude parkte mein Bruder. Tarik und Erdem grinsten wie Idioten. Auch ich schmunzelte und spürte, wie aufgeregt wir beide waren. Mit kurzen Schritten näherte ich mich ihm und bekam einen Kuss auf die Stirn.
"Siehst so gut aus", flüsterte er, sodass nur wir es hören konnten. Ich bedankte mich und erwiderte seine Komplimente.
"Wollen wir los?", fragte Tarik und ging mit meinem Bruder vor.
Wir verschränkten unsere Finger miteinander, doch ich war nicht so schnell wie er, da ich so hohe Schuhe trug und Angst hatte, hinzufallen. Schnell strich ich mein rosa Kleid glatt, der aus Reizstoff bestand.
Im Saal atmete ich noch einmal tief ein und sah am Eingang schon mehrere Personen stehen. Jeder klatschte und bewarf uns mit Rosenblättern. Wir traten herein und tanzten zuerst den Eröffnungstanz.
Danach wurden uns die Ringe drangemacht.
Jeder, wirklich jeder, gratulierte uns. Wenig später, nachdem viel getanzt wurde, schnitten wir gemeinsam den Kuchen. Ich erkannte viele aus meiner Verwandtschaft und es war ein so schönes Gefühl, sie nach langem wieder zu sehen. Wir tanzten pausenlos. Von Erdem hätte ich niemals gedacht, dass er so gut tanten könnte. Er meinte, dass Tarik ihm alles beigebracht hatte.
Plötzlich hörte beziehungsweise spürte ich trotz der lauten Musik mein Handy vibrieren, als ich mich kurz zur Pause hinsetzte und mein Handy heraus nahm.
Heute ist dein Tag mein Engel.
Ich wünsche dir alles, alles Gute! Feier schön, auch wenn das Tanzen Fußschmerzen verbreitet.
Geht das, wenn du kurz hinter dem Saal vor dem weißen Haus neben der Bäckerei kommst?
Schnell suchte ich eine Notlüge.
"Erdem ich komme sofort. Ich habe meine kleine andere Tasche im Auto vergessen. Und ich muss an die frische Luft.
"Warte ich sage Tarik, dass er sie holen soll", sagte er jedoch.
"Nein Erdem. Es ist stickig geworden, bitte."
"Nagut, mach schnell."
Ich küsste seine Wange und ging. Natürlich fragte mich jeder, wohin. Kurz beantwortete ich dies und ging. Da es weiter weg war, würde mich niemand hier sehen.
Vor der Bäckerei sah ich sie stehen. Mit schnellen Schritten lief ich auf sie zu und umarmte sie so fest wie nie. Sie weinte. Es steckte mich an. Es war nicht leicht, wenn deine beste Freundin nicht zu deiner Verlobung durfte.
"Du siehst so schön aus", drückte sie mich fester an sich.
In dem Moment tat sie mir so dermaßen Leid. Sie wollte so gern dabei sein. Ich weiß noch, wie wir uns die Zukunft gegenseitig versprochen haben.
"Ich werde deine Trauzeugin", sagte sie mir.
"Wir werden immer zusammen tanzen", sagte sie mir.
"Ausnahmsweise werde ich bei der Hochzeitsnacht nicht da sein", sagte sie mir.
Wie lang waren die Gespräche her? Wenige Jahre. Wir waren wie Teeanger.
Wir waren ein Paket zusammen. Uns gab es nie einzelnd. Sieh nun an. Wir treffen uns heimlich, damit sie meine Verlobung ein paar Minuten miterlebt.
"Du bist von Bielefeld hier hin?", fragte ich, nachdem wir uns lösten. Unter Tränen lächelten wir.
"Als ob ich deine Verlobung verpasse", grinste sie, doch bekam erneut Tränen.
"Nur weil ich heule, musst du nicht heulen, deine Schminke", fuhr sie mit einem Taschentuch über meine Tränen.
"Bitte hör auf", flüsterte sie und zog mich zu sich zu einer Umarmung.
"Komm mit rein. Du fehlst", hauchte ich frustriert.
Ich vermisste sie. So enorm.
"Du trägst sogar ein Kleid, perfekt", lachte ich, doch schluchzte auf.
"Nein, niemals. Ich weiß jetzt schon, wie es ausgehen würde. Ich wollte dich nur kurz sehen. Was hat Erdem an?"
Ich nahm mein Handy heraus und zeigte ihr seinen Anzug.
"Ein perfektes Paar. Unglaublich, dass ich ihn in die Psychiatrie geschleppt habe. Und dann, boom. Ihr beide habt euch zu einem Paar entwickelt, zum Verlobten und Verlobtin."
"Aylin bitte. Komm mit mir mit. Vor den Besuchern werden sie nichts machen. Aylin, bitte. Es ist mein Wunsch", flehte ich sie an.
"Sie sind alle so gut gelaunt, ich würde Regen in den Saal bringen."
"Niemals."
"Erdem wird austicken. Ich komme nicht."
Sie sah zu ihrem Bauch.
"Manchmal denke ich, was aus dem Kind wird. Es wird die Großeltern niemals kennenlernen. Ich habe einen Fehler gemacht. Ich weiß nichtmal, was aus mir wird. Serhat ist momentan die Hölle zu mir."
Meine zierliche Hand legte ich auf dem Bauch und strich darüber.
"Du bist so eine gute Mutter. Das Kind wird dich lieben. Serhat ist nur im Stress."
"Weißt du schon,was es wird?"
"Überraschung."
Skeptisch sah ich sie an.
"Du weißt es?!", schrie ich aus Freude.
"Überraschung. Ich werde es dir an einem besonderen Tag sagen."
"Ich hasse Überraschungen, aber mir sagt das Gefühl, das es ein Junge wird. Allein so von der Form her", scannte ich ihren Bauch ab.
Ihr Grinsen sagte es mir schon vor.
"Ein Junge?", schrie ich laut auf und umarmte sie.
"Ein Junge!", schrie sie ebenfalls und küsste meine Wange.
Plötzlich fiel mir ein, dass ich zurück musste.
"Komm mit mir mit, ich habe so ein gutes Gefühl dabei", zog ich sie mit.
"Komm schon Aylin, man sollte jedem eines Tages mal verzeihen. Ich kenne meine Schwiegermutter, sie ist eine so liebe."
"Aber Erdem", sprach sie leise.
" Ich rede mit ihm gleich, der wird nichts sagen."
Tatsächlich kam sie mit mir mit. Sie trug ein luftiges Kleid, sodass ihr Bauch flach wirkte und wir problem in den Saal gingen. Jeder, bis auf unsere beide Familien, reagierten normal.
Erdem wurde wütend.
Wir marschierten zu ihm.
"Wehe du sagst ein Wort zu ihr Erdem, wehe. Sie ist meine beste Freundin-
"Aber nicht meine Schwester, die hat hier nix zu suchen."
"Sie ist meine beste Freundin. Ich habe das Recht sie einzuladen und schau sie erst garnicht so wütend an. Ich sags dir nicht nochmal Erdem, lass sie", sprach ich streng und leise zu ihm rüber.
"Wir reden später darüber, lass tanzen. Tarik hat eben wie ein Verrückter getanzt", lachte er charmant.
Ich sah rüber zu Erdems Freunden, die Erdems Verlobung mehr als ihre eigene Hochzeiten feierten. Ich will nicht wissen, wie sie an ihren Hochzeiten abgehen würden.
Anfangs war Aylin schüchtern und saß nur hinten am Tisch, doch ich holte sie auf sie Tanzfläche und tanzte gemeinsam mit ihr. Sie lachte sogar und das brachte mein Herz zum lachen. Erdem und seine Freunde stiegen mit ein, weshalb der Spaß erst so richtig anfing und alle Jugendlichen mit uns tanzten. Es machte verdammt Spaß. Wenig später aßen wir. Da ich keinen Hunger hatte und meine schwangere beste Freundin Heißhunger hatte, übergab ich ihr heimlich mein Teller, den sie genüsslich aß.
Nach dem Essen tanzten wir zuletzt. Der Tag neigte sich zum Abend, die Besucher verabschiedeten sich von uns und somit wurde der Saal immer leerer. Aufräumen musste den Saal niemand, doch wir blieben als gemeinsame Familie eine Weile. Es war wegen Aylin, das war mir klar.
Bis auf Tarik gingen als letztes die Freunde, nachdem sie ein wenig den Saal zu Ordnung gebracht hatten.
"Was hast du hier zu suchen Mädchen?", schoss von Erdem wie aus einer Pistole heraus.
Heimlich zwickte ich ihn am Arm.
Die Eltern schwiegen.
"Sie ist meine beste Freundin, aber das ist nicht alles. So langsam wird es Zeit, denn es besteht Redebedarf. Wie lange wollt ihr jedem Lügen rumerzählen? Eines Tages wird sowieso rauskommen, dass Aylin hochkant rausgeschmissen wurde."
"Es wurden die letzten Worte gesprochen. Wenn du sie einlädst, dann tu das, aber wir wollen mit ihr nichts zu tun haben", gab der Vater enttäuscht zu sich.
"Es bedrückt euch doch alle. Ich seh doch, wie kaputt es euch gemacht hat, sie verloren zu haben."
Mein Vater fasste an die Schulter meines Schwiegervaters.
"Wenn ich ihr verziehen habe, dann solltest du es auch tun", sprach er ermutigend.
Ich liebe dich Baba, danke.
"Ja, sie hat einen Fehler gemacht, aber es ist nunmal passiert. Komm her Aylin", deutete er zu sich.
Sie stellte sich vor ihren Vater und sah ihn an.
"Verzeih mir", flüsterte sie leise.
"Baba nein", sagte Erdem, der neben mir stand.
"Nicht für diesen Fehler. Das ist nicht zu verzeihen", ergänzte er.
"Red nicht", flüsterte ich, sodass nur wir es hörten.
Er war wieder so aggressiv.
"Ich will dir verzeihen, aber sag mir wie? Wie soll es in Zukunft aussehen? Du wirst bald ein Kind auf die Welt bringen, obwohl du garnicht verheiratet bist."
"Mir reicht die standesamtliche Hochzeit völlig aus Baba."
"Es geht nicht darum. Betrachte es Allgemein. Aylin du hast einen riesen Fehler begonnen", sprach nun die Mutter entsetzt.
"Jeder ist gegen dich Aylin, verpiss dich jetzt."
Geschockt sah ich zu Erdem.
Wütend zog ich ihn mit voller Kraft nach draußen.
"Sag mal spinnst du?", fauchte ich ihn leise an.
"Sie ist deine Schwester, kannst du nicht einmal-
Er küsste mich. So sanft und schön wie nie. Unser erster Kuss nach der Verlobung.
"Du siehst so süß aus, wenn du wütend bist, einfach süß", grinste er und strich mit seinem Daumen über meine Lippen.
"Scheiß auf die, ich kann die garnicht mehr ernst nehmen. Findest du nicht auch, dass wir unsere Verlobung fett feiern sollten?"
"Es ist dunkel und in irgendwelchen Clubs gehe ich sicherlich nicht feiern", sprach ich gereizt.
"War klar du Spaßverderberin. Schlaf bei mir wenigstens-
"Nein-
"Ich sage deinen Eltern, das du eingeschlafen bist."
"Warte, ich geh erst kurz nach Aylin schauen", sprach ich und ging ohne auf ihn zu warten herein. Sie standen da an der gleichen Stelle.
"Anne, Baba, ich gehe mit Erdem spazieren. Aylin möchtest du mit?"
"Ich fahre zu meinen Eltern. Wir haben noch was zu klären", lächelte sie ehrlich was hieß, dass alles doch noch gut lief und sie der Versöhnung nah waren.
"Geht ihr schon spazieren", umarmte sie mich.
"Schreib mir dann", flüsterte ich und ging zu Erdem, der draußen wartete.
"Lass uns erst spazieren, das Wetter ist so frisch."
Er bejahte und nahm mich an die Hand.
"Schaffst du das mit den Schuhen?"
"Ja."
Beim Spazieren wehte der Wind leicht, wie ein Heilmittel für meine Seele. Die Nacht fühlte sich so beruhigend an. Mit ihm Hand in Hand in dieser traumhaften Temperatur einen Spaziergang zu wagen, war das Schönste, was es überhaupt gibt.
"Ich weiß nicht, ob ich ihr verzeihen soll", sagte er leise.

ÖzlemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt