Ein mulmiges Gefühl beschlich Cyriana, als der grübelnde Blick Tywens auf sie fiel. Der junge Mann distanzierte sich von ihr. Es versetzte ihr einen Stich im Herzen. Es war wie immer. Die Menschen wandten sich immerzu von ihr ab. Deshalb mied sie sie. Nähe brachte Schmerz. Sie ergriff die silbernen Kettchen an ihrem Hals. Sogleich beruhigte sie sich etwas.
Der junge fanatische Ordensritter hatte sie beide in ein großes schlichtes Bauwerk geführt. Sie hatte es sofort erkannt. Die Stadt beherbergte eine der bedeutendsten Bibliotheken des Landes, das Archiv. Immer wieder machten Gelehrte hier Rast, um ihr Wissen zu mehren, denn die ältesten Werke des Archivs stammten aus Zeiten, als noch nicht einmal das goldene Reich bestanden hatte. Granitfurt war erst später drum herum entstanden. Wer das Gebäude einst gebaut hatte, war im Dunkel der Geschichte verlorengegangen.
Ignatus bedeutete ihr und Tywen, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Der Bucklige hatte es sich an einem der Tische in einem der Lesesäle bequem gemacht. Vor ihm lagen mehrere Folianten, einige davon aufgeklappt.
Um sich genügend Respekt zu verschaffen, hatte er ihnen seinen Namen genannt. Ignatus vom goldenen Turm, Neffe des Königs, Wissenswahrer des Ordens. Der Prinz aus dem Reich Dryadengrüns war daraufhin etwas vorsichtiger geworden, hatte seine Wut und seinen Grimm bezähmt, auch wenn Cyriana spürte, wie sie weiterhin in ihm tobten, bereit jederzeit auszubrechen.
Ihr war nicht entgangen, dass Dairos sie aufmerksam gemustert hatte, als sich Ignatus vorstellte. Er versuchte sie zu lesen. Sie war sich bewusst, dass ihr Verhalten merkwürdig anmutete. Aber mit Obrigkeiten hatte sie schon längst abgeschlossen. Sie verdienten keinen Respekt. Ob Orden, Krone oder gar Götter. Sie alle folgten einzig und allein ihren eigenen Zielen, manipulierten die Menschen und hatten keinerlei Skrupel für ihre Machenschaften mit dem Leben anderer zu bezahlen.
Dairos und einige andere Ordensgardisten bauten sich bedrohlich hinter ihnen auf, darauf achtend, dass keiner Gelegenheit bekam zu flüchten. Tywen warf einen sehnsüchtigen Blick zum Ausgang. Dort hatte er seine Steinschlosspistole und das Langschwert ablegen müssen.»Setzt euch«, befahl Ignatus knapp und deutete auf zwei schlichte Holzschemel.Zögernd kamen sie seiner Aufforderung nach.
Die Situation erinnerte Cyriana an das unselige Treiben des Ordens längst vergangener Tage. Es war der Gestank der Inquisition, der sie missmutig das Gesicht verziehen ließ. Woher nahmen diese Menschen nur das Recht, über andere urteilen zu dürfen?
Ignatus' Blick wanderte von ihr zu Tywen und zurück. Sichtlich genoss er es, Ankläger, Richter und Henker in einer Person zu sein. Auf einen kurzen Wink hin, legte ihm Dairos die zurückliegenden Geschehnisse in der Herberge detailliert dar. Als er berichtete, dass sie mit Tywen von deren Hütte hierhergeritten war, stöhnte der Wissenswahrer enttäuscht auf und murmelte etwas von einem Knecht, an den er eine Münze verschwendet hatte.
»Was ist mit dem anderen Prinzen?«, erkundigte sich der Bucklige bei dem jungen Ordensritter.»Die Kräuterkundige hat ihn in Schlaf versetzt.«»Und er ist tatsächlich ein Sohn des Regenten? Seid ihr euch sicher?«»Ich habe keinen Zweifel.«
Ignatus starrte Tywen missmutig an. Da dieser von adeligem Blut war, konnte er seine Ordenskarte nicht so ohne weiteres ausspielen. Cyriana grinste. Sie las in dem Buckligen wie in einem offenen Buch. Dumm gelaufen, Herr Inquisitor, ihr könnt ihn jetzt nicht mehr so einfach foltern ... und mit etwas Glück auch mich nicht, denn ich bin die Heilerin des Prinzen ...
Der Bucklige richtete seinen Kneifer. »Unerfreulich«, seufzte er und warf einen kurzen Blick in einen der Folianten. Murmelnd verinnerlichte er mehrere Textstellen. Schließlich sah er auf, schob den Zwicker nach vorne. Über das metallene Gestänge hinweg, musterte er sie und ihren Begleiter durchdringend.
»Wusstet ihr, dass das Archiv Granitfurts einzigartig im Reich ist, Kräuterkundige Cyriana?« Er erhob sich, umrundete den Tisch und baute sich in ihrem Rücken auf.
Seine Hände legten sich schwer und besitzergreifend auf ihre Schultern. Sie schluckte. Seine körperliche Nähe war unerträglich.
Natürlich wusste sie um die Bedeutung des Archivs. Hier sammelte man bereits seit Jahrhunderten alles Wissenswerte rund um den Schattenwald. Das war einer der Gründe, weshalb sie hier lebte. Sie und der dunkle Forst verband eine gemeinsame Vergangenheit. Dem Wissenswahrer schenkte sie keine Antwort.
Ignatus kratzte sich nachdenklich an der Stirn. »Der Bürgermeister erzählte meinem Ordensabt eine Geschichte, die wir nicht so recht einordnen können. Ein schlichtes Kräuterweib heilt zwei Kinder, die sich an Früchten des Walds vergiftet hatten. Beeren, die mittlerweile überall am Rand des Schattenwalds entdeckt werden und deren Genuss unweigerlich zum Tode führt.«
Er beugte sich zu ihr nach vorne. Sein Mund war nahe ihrem Ohr. Sie erstarrte. Geh weg!»Danach berichtet dieses Kräuterweib dem Amtmann von einer drohenden Gefahr, von einem Wurzelwerk, das sich unter der Erde ausbreitet. Von dem Hexenmyzel.«
Der Druck auf ihre Schultern verstärkte sich. Tywen, der neben ihr saß warf dem Wissenswahrer einen übelgelaunten Blick zu. Ihm missfiel sichtlich, wie dieser mit ihr umging, sagte aber nichts.»Und wisst ihr, was uns dort in der Ordensburg der göttlichen Hand einfach nicht in den Kopf geht?«
Wiederum schwieg Cyriana. Ignatus hörte sich selbst gerne reden. Es war unklug, ihn dabei zu unterbrechen.
»Warum, bei den Göttern der Ordnung, weiß diese Frau mehr als der Orden? Woher stammt ihr Wissen vom Schattenwald, von dessen Früchten, von dessen Wurzelwerk?«
Der bucklige Wissenswahrer umrundete sie, senkte etwas den Blick und sah ihr nachdenklich in die Augen. Was er wohl sah? Eine augenscheinlich junge, durchaus attraktive, schwarzhaarige Frau mit braunen Augen. Cyriana wurde sich bewusst, dass ihr jugendliches Äußeres eine weitere Hypothek darstellte.
»So jung noch, Cyriana. Wie alt seid ihr?«
Zunächst wollte sie nichts darauf erwidern, doch dann besann sie sich. Trotz würde ihr nicht weiterhelfen. »Ich habe meine Lenze seit einigen Wintern schon nicht mehr gezählt«, wich sie einer Antwort auf die Frage aus.
»Gemäß den Eintragungen des Archivs seid ihr vor fünfzehn Jahren hier aufgetaucht und habt das Anwesen eurer ...« Ignatus drehte sich um, griff nach einem der aufgeklappten Folianten und zog ihn zu sich. »...eurer Tante Ultiane übernommen, die in hohem Greisenalter verstarb.«Aus den Augenwinkeln nahm Cyriana wahr, dass sich Dairos von Ordon versteifte. Seine Mundwinkel zuckten. Er schien gleichsam erschrocken, wie auch überrascht.
»Hmmm, in den Schriften wird euer damaliges Alter nicht vermerkt, aber es gibt Hinweise, dass ihr etwa Anfang zwanzig gewesen seid. Dann müsstet ihr nun schon auf die vierzig Winter zugehen.«
Er kratzte sich nachdenklich an seinem Kinn. »Ihr habt euch gut gehalten, Kräuterweib«, stellte er fest. »Faszinierend. Mein Ordensabt wäre zutiefst neidisch auf euch.«
Der Bucklige lehnte sich gegen den Tisch und blätterte im aufgeklappten Folianten einige Seiten weiter. »Einige Bewohner Granitfurts hatten euren Anspruch auf das Land und die Hütte angezweifelt, da Ultiane nie von euch gesprochen hatte. Aber in der Tat war eure Tante euch wohl sehr ähnlich. Sie war selten in Granitfurt und lebte zurückgezogen. Aber sie hatte im Archiv eine Verfügung hinterlegt, die man dann ...« Er stockte und hob ungläubig eine Augenbraue. »... auf euren Fingerzeig hin fand, in welcher sie euch zu ihrer Erbin machte.«
Ignatus legte eine lange Pause ein, um seine Worte wirken zu lassen. Schließlich kehrte er aufseufzend zurück hinter den mächtigen Eichentisch und ließ sich auf seinen gepolsterten Sessel fallen.
»Was für eine glückliche Fügung«, ergänzte er trocken.
Etwas wich die Spannung. Aber nicht viel. Cyriana blickte sich um. Dairos und zwei weitere Ordensritter standen regungslos hinter ihr. Tywen starrte immer noch aufs Äußerste verärgert ins Leere. Ob das an ihr, seinem Bruder oder dem einfachen Schemel lag, auf dem er Platz nehmen musste, wusste sie nicht. Vermutlich an allem ...
»Wollt ihr mir das Geheimnis eurer Jugend verraten, junge Dame?«
Cyriana sah sich in die Enge gedrängt. Anders, als im südlichen Teil des goldenen Reichs, war im Norden nicht nur die Hexerei, sondern gleichwohl die Magie geächtet. Dennoch blieb ihr keine Wahl, als sich zu offenbaren. Stück um Stück fiel ihre Fassade.
»Ich bin Druidin, Herr Ignatus. Ich bin tatsächlich älter als ich aussehe. Jede Frau will jünger wirken. Eine Druidin hat ihre Mittel.«
Durch die versammelten Ordensgardisten ging ein leises Raunen. Druiden waren selten. Sie waren aber, anders als Hexen sehr oft geachtete Mitglieder einer Gemeinschaft. Das gründete darin, dass fast alle von ihnen geborene Heiler waren.
»Hmmh, ... eine Druidin demnach ... so sagt ihr jedenfalls. Der Orden verfolgt jegliche Magie. Sie ist der Keim des Bösen.«
Cyriana unterdrückte den Impuls aufzuspringen und Ignatus anzuschreien. Ob er dies auch dem König so an den Kopf werfen würde, der sich mit Heerscharen von Magiern umgab, die das Reich beschützten? Doch sie bezähmte sich und nickte stattdessen artig. »Ich tue nichts Unrechtes. Wie ihr wisst, ehrenwerter Wissenswahrer, wird die Druidenmagie geduldet, gar geachtet. Wir sind Heiler und helfen den Menschen. Von uns geht keinerlei Gefahr aus. Sogar der Orden toleriert uns.«
Die Druidin spürte eine Bewegung hinter sich und dann ein leises Murmeln. Rezitierte der Ordensritter Dairos tatsächlich gerade die vier Richtlinien des Gleichmuts? Sie straffte sich. Dass sie über die Bräuche des Ordens sehr gut Bescheid wusste, durfte Ignatus nicht wissen. Das wäre Öl auf dem Scheiterhaufen, den der Bucklige geradewegs für sie errichtete. Sie hatte längst durchschaut, welchen Ausgang er für die Befragung plante.
»So, so.« Ignatus griff nach einem Weinkelch und nahm einen kurzen genießerischen Schluck daraus. »Ihr habt Recht, Druiden werden vom Orden, obgleich nicht von allen Ordensleuten ...«, er legte eine vielsagende Pause ein, »... gebilligt. Im Gegensatz zur dunklen Nekromantie oder ... Hexerei.«
Nun war es heraus. Er gab einem Ordensgardisten ein verabredetes Zeichen. Dieser trat vor und überreichte ihr einen Holzbecher mit einer unangenehm riechenden Flüssigkeit.
»Trinkt aus, Cyriana!«, forderte er sie auf.
Sie starrte voller Ekel in den Kelch. »Hexenwasser? Im Ernst?«
»Ist das ein Problem für euch?«
Über das Gesicht des Wissenswahrers huschte ein Grinsen, das jedoch sofort erlosch. Mit einem einzigen Schluck kippte Cyriana das Gebräu, welches laut gängiger Meinung Hexen zum sofortigen Erbrechen brachte, hinunter. So kalt, wie irgendwie möglich, lächelte sie ihn an. Das Getränk war widerlich.
Ignatus versuchte, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Grimmig beugte er sich nach vorne. »Nun, die Wirkung des Hexenwassers ist auch nicht wirklich belegt, Cyriana.«
Die missglückte Hexenwasser-Probe verfehlte nicht die Wirkung. Die Ordensleute traten nervös auf der Stelle, sahen sich unsicher an. Sie hatten mit einem anderen Ergebnis gerechnet.
»Schlachtet ihr alle ab, die sich beim Trinken dieser widerwärtigen Brühe übergeben?«
Er verschränkte seine Finger und lehnte sich zurück. »Nur die Hexen, Cyriana, nur die Hexen.«»Ihr wisst, dass Hexenwasser umstritten ist. Sogar im Orden.«
»Ich wollte nur ein wenig gegen den Busch klopfen. Ihr müsst wissen, viele Hexen weigern sich, weil sie Angst haben, enttarnt zu werden.«
»Viele weigern sich, weil sie Angst vor dem Brechreiz haben, da es einfach widerlich mundet.«
Er zuckte mit den Schultern. »Ihr hattet keine Furcht. Musstet ihr schon einmal davon kosten? Standet ihr in der Vergangenheit bereits im Verdacht, eine Hexe zu sein?« Er legte eine kurze Pause ein. »Wusstet ihr somit, dass es nicht wirkt?«
Cyriana ließ den Becher achtlos fallen. Er fiel auf den Boden und rollte scheppernd unter den Tisch. »Als Kräuterkundige bin ich so manches gewöhnt.«
Sie starrten sich unversöhnlich an.
»Ihr seid sonderbar Cyriana und ich verhehle nicht, dass ich euch am liebsten sofort dem Scharfrichter übergeben würde. Ihr weicht dem Glanz des Ordens aus.«»Die Sonne reicht mir. Euer Glanz ...« Sie schluckte »... kann mir gestohlen bleiben.«
Ignatus ließ sich nicht aus seinem Konzept bringen. »Gebt mir etwas, das ich für euch verwenden kann. Es würde sich mildernd auf eure Strafe auswirken.«
Cyriana senkte ihren Kopf und schloss die Augen. In ihr tobte ein Gefühlssturm. Offenbarte sie ihm ihre Geheimnisse, würde er sie auf der Stelle hinrichten. Schwieg sie, war Granitfurt in schrecklicher Gefahr.
Sie hob ihren Blick und starrte ihm trotzig in die Augen. »Wessen bin ich denn überführt? Oh, ich vergaß, der Orden hat dies nicht nötig. Er urteilt stets, wie er es für richtig hält.«
»Wie klären wir das nun, Ignatus?«, hörte sie Dairos' grimmige Stimme. Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass der junge Ordensritter seine Hand am Griff des Schwerts hatte. Er würde nicht zögern, es zu ziehen, um ihr den Kopf abzuschlagen, sollte sie sich als Hexe erweisen.
Er kam an ihre Seite, so dass sie überrascht bemerkte, wie ungemein erregt er war. Seine Hand mit der er den Schwertknauf umkrallt hatte, zitterte. Die Fingerknöchel traten weiß hervor. Ich habe ihn aus dem Gleichgewicht gebracht, durchzuckte sie die Erkenntnis. Aber wie das?
»In der Tat, Dairos, ist sie ein Mysterium. Aber bitte lasst euer Schwert stecken. Ich fasse zusammen. Eine sehr junge Druidin erscheint aus dem Nichts und übernimmt das Anwesen der Ultiane. Sie offenbart erstaunliches Wissen, welches weder im Archiv zu finden ist, noch in der Ordensburg der göttlichen Hand. Da Ultiane schon vor der Ankunft Cyrianas in Granitfurt verstorben ist, kann sie nicht von ihrer Tante darin eingeweiht worden sein. Woher hat unsere Kräuterkundige also ihre Kenntnisse? Sowohl die als Kräuterkundige selbst, wie auch die über den Schattenwald.«
»Und als man ihren Anspruch anzweifelt, taucht auf wundersame Weise eine Nachlasserklärung auf«, ergänzte Dairos von Ordon heiser. Ihn schien die Nachfolge schwer zu beschäftigen. »Sie hat sich womöglich die Hütte einfach unter dem Nagel gerissen.«
Ignatus nahm einige der Folianten und legte sie auf Cyrianas Schoß, häufte sie zu einem kleinen Turm auf. Er seufzte. »Das sind alles Bücher über die Natur des Schattenwalds. Die Beeren, die die Kinder vergiftet haben, sind nirgends erwähnt. Das Hexenmyzel zählt zum Wissensfundus des Ordens. Der Allgemeinheit steht dieses Wissen nicht zur Verfügung.«
»Meine Familie hat mich hierher gesandt, als sie von Ultianes Tod hörte. Ich wurde von ihr und auch von meiner Tante, die mich öfters besuchte, jahrelang zu einer Kräuterkundigen ausgebildet.«
Cyriana nahm Buch für Buch von ihrem Schoß und legte es zurück auf den Tisch. »Ihr sucht nach einer Hexe, Ignatus, leider an der falschen Stelle. Vielleicht werden die Granitfurter erleichtert sein, wenn ihr mich richtet, weil ich Magie ausübe. Aber bedenkt, dass eine Druidin durchaus auch gern gesehen ist. Der Glanz des Ordens könnte fleckig werden«, versetzte sie hart, achtete dabei auf jede Bewegung in ihrem Umfeld. Sie hatte nicht das Gefühl, dass Dairos beschwichtigt war. Er war immer noch aufgewühlt und in seinem blinden Hass auf Hexerei unberechenbar.
Der Finger Ignatus' trommelte nachdenklich auf den Tisch. »Die Frage, ob ihr eine Hexe seid oder nicht, wird anderntags weiterbehandelt.« Er winkte einen der Gardisten herbei und flüsterte ihm etwas zu. Daraufhin stakste dieser aus dem Raum.
Ignatus vom goldenen Turm lächelte zufrieden, woraufhin Cyriana sich fragte, welche Teufelei der Bucklige nun ausheckte. Er wollte sie der Hexerei überführen. Sein Urteil stand fest und nur ein kurzer Schritt trennte sie vom Scheiterhaufen.
Die Glut des Feuers kroch über ihre Haut. Sie roch verbranntes Fleisch, hörte Schreie und Schwertergeklirr. Aus dem Nebel schälte sich ein wundervolles rothaariges Antlitz, starrte sie anklagend an. Warum, Schwester? Im nächsten Augenblick brachen die Augen in dem viel zu jungen Gesicht. Ein gerüsteter Ritter lachte hämisch.
»Nun wird es hoffentlich interessanter.« Ignatus wandte seine Aufmerksamkeit dem Ritter aus Dryadengrün zu. »Erklärt mir doch mal, Prinz Tywen aus Dryadengrün, was ihr in Fels Karabatos getrieben habt.«
Mit einem Schlag schleuderten Ignatus' Worte sie aus ihrem Wachtraum. Cyriana ließ sich nichts anmerken. Ihr Mund fühlte sich trocken an. Sie kannte die Antwort auf die Fragen des Wissenswahrers bereits. Aber würde Tywen seine Geschichte erzählen? Sie zweifelte daran. Wenn sie Recht behielt, würde er alles verlieren, was er gewonnen hatte.
Tywen reckte seinem Peiniger trotzig das bärtige Kinn entgegen. »Über was sollte ich berichten? Ihr habt kein Recht, etwas von einem Prinzen Dryadengrüns einzufordern.«
Der bucklige Gelehrte nickte, scheinbar verständnisvoll. »Ihr verkennt die Lage. Fels Karabatos ist entvölkert. Man fand dort nur verkohlte Leichen. Der Ort wurde ausradiert, Prinz Tywen. Ihr werdet auf der Stelle alles über die Vorgänge offenbaren, denn sonst werde ich, beim Glanze und der Reinheit des Ordens nicht zögern, euch und euren Bruder gnadenlos zum Schafott zu zerren. Dabei spielt es keine Rolle, ob ihr ein Prinz seid oder nicht. Die Auslöschung eines ganzen Dorfs ist nicht hinnehmbar ... und wenn Dryadengrün seine Hände im Spiel hat, wird der Krieg nicht ausbleiben.«
Tywen erbleichte und schüttelte fassungslos den Kopf. »Davon weiß ich nichts. Als wir von Fels Karabatos aufbrachen, waren alle wohlauf.«
»Dann erzählt, werter Prinz. Ich will die ganze Wahrheit hören, weshalb ihr dort wart und vor allem ...« Seine Stimme wurde leiser und scharf wie eine Klinge. »... was ihr dort getan habt.«Cyriana blickte zu Tywen, dessen Gesicht aschfahl wurde. Auch sie war erschüttert. Fels Karabatos ausgelöscht? Tiefe Verzweiflung packte sie.
Sie ist also bereits auf der Suche, erkannte sie bestürzt. Sie wird dem Artefakt nachjagen ... Bei allen Dämonen, wir sind hier nicht mehr sicher. Wir müssen fliehen ...
Und dann begann der Armbrustschütze aus Dryadengrün zu erzählen.
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Hexendämmerung - Die Legende der Bluthexe (Band 1)
FantasyBand 1: Vor hunderten von Jahren hat einst eine Bluthexe Tod und Zerstörung über die Dörfer am Schattenwald gebracht. Erst durch das Einschreiten des mächtigen Ordens, angeführt vom legendären Gorald von den tiefen Auen, konnte die Gefahr gebannt we...