Kapitel 26

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Wenige Wochen später war es soweit. Die Uni fing an. Wir hatten zwar noch keine optimale Lösung gefunden, aber eine vorrübergehende. Wir gingen einfach beide auf unsere Unis und an den Wochenenden besuchten wir uns gegenseitig. Sollte heißen, dass immer einer beim anderen übernachtet und unter der Woche mussten wir uns mit Telefonanten zufrieden geben. Was die Sache mit der Schwangerschaft und dem Verlust angeht; das war wahnsinnig schwierig, halt ich korrigiere, es ist wahnsinnig schwierig. Shane gibt sich die Schuld, weil er denkt, dass er mir zu viel zugemutet hat, im Sinne von, dass er mir das alles über seine Familie und sein Erbe erzählt hat. Er macht sich wahnsinnige Vorwürfe und es ist Schwerstarbeit ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Ich hingegen mache mir noch viel mehr Vorwürfe. Ich werfe mir selbst vor, dass ich sein Kind verloren habe. Ich werfe mir vor, dass ich mich selbst zu viel unter Druck gesetzt hatte. Ich bin der Überzeugung, dass es nach wie vor meine Schuld ist, immerhin wäre es doch meine Aufgabe gewesen, dieses Leben in mir zu beschützen und nicht, es zu verlieren. Unsere Eltern versuchen immer uns wieder aufzurichten und reden uns ständig ein, dass wir nicht Schuld sind. Sie sagen immer wieder, dass es in diesen frühen Stadien immer passieren kann. Sie sagen, dass man es schlicht nicht verhindern könnte, wenn es passiert dann passiert es. Es ist nur leider so, dass sich unsere Beziehung seitdem anders anfühlt. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben sollte, aber seitdem fühlt es sich irgendwie komisch an. Eine Weile dachte ich wirklich, dass es vorbei ist. Aber wie durch ein Wunder hat es überlebt, haben wir überlebt. Aber ich habe so ein ganz böses Bauchgefühl, dass es jeden Moment vorbei sein könnte. Ich weiß nicht wieso und ich will es auch nicht, aber ich hab da so ein Gefühl und bislang lag mein Gefühl noch immer richtig. Tja, wir wollen ja nicht den Teufel an die Wand malen. Heute begann ein neues Leben. Ich verstaute meine Sachen im Auto, verabschiedete mich noch einmal von meinen Eltern, stieg ein und fuhr los. Nun ging es los. Es ging nach Berlin um dort das zu studieren, was ich schon immer wollte. Ich hatte ein tolles WG Zimmer in der Nähe des Campus gefunden, das ich mir leisten konnte und war nun schon ganz aufgeregt.

Nach ein paar Stunden Fahrt war ich dann endlich in der City. Ich war froh, dass ich den Weg zur Wohnung schon kannte, da ich ja schon mal hier war um das Zimmer zu besichtigen und meine Mitbewohner schon im Vorfeld kennenzulernen. Ich wohnte mit zwei Pärchen zusammen. Einmal waren da Alex und Bella und zum anderen gab es noch Nick und Alice. Beim letzten Mal waren sie alle locker drauf und ziemlich symphatisch. Ich konnte nur hoffen, dass das zusammenwohnen mit ihnen genau so war. Aber ich machte mir gute Hoffnungen und freute mich schon. Ich fuhr also zur Wohnung, suchte einen Parkplatz und ging nach oben. Die Wohnung lag im dritten Stock, aber da es Altbau war, gab es leider keinen Aufzug. Hier würde ich wohl noch ziemlich fit werden. Oben angekommen klingelte ich und Bella öffnete mir freudig die Tür. Sie bat mich herein, wir begrüßten und umarmten uns alle. Dann übergab sie mir offiziel meinen Schlüssel und alle halfen mir, meine Sachen hochzubringen. Da ich nicht viel besaß, musste jeder nur einmal gehen. Wir stellten alles in mein Zimmer. Bereits vorhanden waren ein Bett und ein kleiner Kleiderschrank von der Vormieterin. Anschließend setzten wir uns alle in die Küche und plauderten.

>>Hattest du eine gute Fahrt?<<, fragte Alex.

>>Ja, Gott sei Dank<<, antwortete ich.

>>Freust du dich schon auf die Uni?<<, fragte Alice.

>>Oh ja und wie. Wie siehts bei euch aus, immerhin wisst ihr ja schon wies läuft<<, entgegnete ich.

Bella sagte: >>Also ich freu mich schon. Immerhin öffnet es mir mehr Türen.<<

Die anderen stimmten zu.

Nach einer Weile fragte Alice: >>Hast du eigentlich einen Freund?<<

Ich antwortete: >>Ja.<<

>>Interessant. Erzähl. Sieht er gut aus? Was studiert er? Wieso ist er nicht mit dir gekommen?<<, fragte Bella.

Ich antwortete: >>Ja, er sieht wahnsinnig gut aus. Er studiert Betriebswirtschaft, Rechnungswesen und Marketing. Und er ist nicht mit mir gekommen, weil er in Köln studiert und das schon lange vor meinen Plänen feststand, eigentlich stand es schon fest, bevor wir überhaupt zusammen gekommen sind.<<

>>Wow. Mit diesen Fachrichtungen, hat er ja so eingies vor. Will er mal in ne große Bank oder so was?<<, fragte Nick.

Ich antwortete: >>Er soll mal das Unternehmen seines Vaters übernehmen.<<

>>Wow. Und hast du ein Foto, wenn er so wahnsinnig gut aussehen soll, wie du sagst, brauchen wir auch Beweise<<, sagte Alex.

Ich suchte in meinem Handy nach meinem absoluten Lieblingsfoto. Auf dem Foto waren wir in Dubai und posierten vor dem Hotel in dem wir wohnten. Ich zeigte es ihnen und sie betrachteten es ganz genau.

>>Woe. Ich muss dir rechtgeben Julia, der ist echt zum Anbeißen<<, sagte Alice.

>>Oh ja, da gebe ich ihr vollkommen recht<<, stimmte Bella zu.

Nick und Alex warfen sich einen Blick zu und sagten: >>Vergesst besser nicht, mit wem ihr beiden zusammen seid. Und außerdem wollt ihr Julia sicher nicht den Freund ausspannen.<<

>>Nein<<, sagten die beiden Mädels im Chor.

Nick fragte: >>Blöde Frage, aber wie oft könnt ihr euch nun sehen, wenn du hier bist und er in Köln?<<

Ich antwortete: >>Tja, so wie es aussieht nur an den Wochenenden. Ich hoffe, dass es klappt.<<

>>Das wird es sicher<<, ermutigte mich Bella.

Wir quatschten noch eine Weile und über dies und das und jenes. Irgendwann war es spät und ich ging in mein Zimmer. Ich war froh, dass ich mein Bett zu Hause noch überzogen hatte und nun einfach ins Bett fallen konnte. Morgen fing die Uni an und ich musste fit sein. Ich hatte die Sachen, die ich brauchte bereits in eine Tasche gepackt und war gut vorbereitet. Ich war ziemlich nervös. Ich schrieb meinen Eltern noch, dass alles gut war und wünschte ihnen eine gute Nacht. Kurz bevor ich einschlafen konnte, klingelte mein Handy. Es war Shane.

Ich ging ran und sagte: >>Hallo Fremder.<<

>>Hallo Fremde<<, begrüßte auch er mich.

>>Wie geht's dir?<<, fragte ich.

>>Gut, die Jungs in meiner WG sind ziemlich locker drauf. Und bei dir?<<, entgegnete er.

Ich antwortete: >>Ja, alles gut. Ich lebe mit zwei Pärchen zusammen. Ist doch ironisch, oder nicht?<<

>>Oh ja<<, stimmte er zu.

Wir unterhielten uns eine Weile und ich merkte, dass ich ihn jetzt schon wie verrückt vermisste. Vielleicht lag es auch daran, dass wir in den letzten Monaten regelrecht aneinander geklebt hatten und ich es nun nicht mehr anders gewohnt war, als ihn um mich zu haben. Ich liebte es, dass er immer gleich da war, wenn ich ihn brauchte, aber das gab es nun nicht mehr. Nun waren wir mehrere Stunden Autofahrt voneinander getrennt. Ich stellte mir wirklich die Frage, wie lange wir eine Fernbeziehung überstehen würden, aber ich wollte nicht negativ denken und versuchte zuversichtlich zu sein. Also ließ ich mit nichts anmerken und unterhielt mich ganz normal mit ihm. So wie es zu Hause auch immer war. Irgendwann wünschten wir uns noch eine Gute Nacht und legten auf. Ich legte das Handy neben mich, starrte die Decke an und irgendwann fielen mir dann die Augen zu.

Mit all deinen NarbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt