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Lilly
Er wirkt fertig. Ich kann ihn im dunklen nicht gut erkennen, aber seinen starrenden, kargen Blick sehe ich von hier.
Ich lasse die Jalousie fallen und drehe mich um.
"Es ist Shawn.", flüstere ich und deute Dylan mit meinem Finger auf dem Mund still zu sein. Er nickt.
Es gibt einiges, was Shawn und ich klären müssen, aber das jetzt und hier zu tun ist genau das, was ich nicht will. Ich kann ihn nicht mal in mein Zimmer holen, denn hier ist Dylan.
Ich fühle mich schrecklich. Meine Hände zittern und meine eben noch perfekte Stimmung verwandelt sich in ein ungutes Gefühl in der Magengegend.
Shawn und ich sind eigentlich noch zusammen. Wir haben seit drei Tagen nicht gesprochen, oder geschrieben. Er hat keine Ahnung was für einen Sturm an Emotionen ich in den letzten 72 Stunden durchlebt habe, aber wir haben nie Schluss gemacht.
Ein Teil von mir hat gedacht, dass er ein für alle Mal keine Lust mehr auf mich hat und mein Gefühlschaos über Dylan, aber das war wohl einfach nur meine naive Einstellung und die Hoffnung. Im Grunde war mir bewusst, dass er mich niemals so einfach fallen lassen würde. Dafür bin ich viel zu wichtig für ihn. Für seinen Plan. Für das Leben, dass er sich zusammenbastelt, wenn er an seine Ziele denkt.
Deshalb steht er hier. An die 30 Rosen in seinen Händen, mitten in der Nacht, auf meiner Auffahrt.
Ich öffne das Fenster und stelle mich an die Wand, um durch den Spalt zu ihm rauszugucken.
"Was tust du hier?", frage ich verwirrt und erschöpft.
Dieses Trauerspiel raubt mir all meine Energie.
"Mich entschuldigen. Bitte mach auf. Ich muss mit dir reden.", antwortet er und bringt mich völlig um den Verstand.
Ich will, dass er geht, aber ich weiß nicht, wann ich das nächste Mal die Gelegenheit bekomme, mit ihm zu sprechen und da ich ihm ohne mein Handy nicht schreiben kann, muss ich es endlich erledigen. Ich muss Schluss machen, bevor es noch schlimmer wird. Bevor ich die Chance verstreichen lasse und er Dylan und mich erwischt.
"Die Haustür ist auf. Wir treffen uns unten im Flur.", meine Stimme ist heiser und er nickt, als ich mein Fenster schließe und mich zu Dylan drehe.
Als die Jalousie zu ist und ich das Fenster geschlossen habe, steht er auf.
"Schaffst du das?", einfühlsam legt er seinen Arm um meinen Rücken und drückt mich an sich. Gibt mir einen sanften Kuss auf meine Schläfe.
"Ich muss.", erwidere ich leer. Es führt kein Weg dran vorbei. "Bleib du hier. Du darfst keinen Mucks von dir geben, egal ob wir uns streiten, oder sonst was.", rede ich weiter.
Dylan nickt zögerlich, zieht seine Augenbrauen zusammen.
"Ich bin sicher bei Shawn. Es darf nur nicht dazu kommen, dass er merkt, dass du hier bist.", mit forderndem Blick schaue ich ihn an und wieder nickt er.
"Ich verspreche es.", bestätigt er mir, aber ein Teil von mir traut ihm immer noch nicht.
Als ich aus meinem Zimmer gehe, nehme ich den Schlüssel mit und schließe leise von außen ab. Es darf nicht dazu kommen, dass Dylan rauskommt. Shawn wird sauer werden, wenn ich ihm die Wahrheit erzähle, aber wenn er mitbekommt, dass Dylan hier ist, wird er allen erzählen, dass ich ihn betrogen habe, und meine Mom wird mich hinrichten.
Der Weg nach unten fühlt sich wie ein endloser Marsch an. Als ich die letzten Stufen hinunter tapse und Shawn im Foyer sehe, wird mir flau im Magen. Ich wollte ihn nie hintergehen. Shawn ist eine der wenigen Personen, die mich verstehen. Vielleicht kennt er nicht jede Facette von mir, aber er versteht die Rolle, die ich spiele. Weiß, dass das Selbst was ich jeden Tag Preis gebe nicht das ist, was sich eigentlich hinter den schnippischen Bemerkungen und fiesen Blicken verbirgt.
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Keeping Secrets
Teen FictionLilly Matthews hat alles, wovon ein junges Mädchen träumt. Eine reiche Familie, einen perfekten Freund und einen unkaputtbaren Ruf als Fall River's Prinzessin. Sie manipuliert und intrigiert rücksichtlos. Eiskalt und undurchdringlich, um Geheimnis...