A guy that takes his time

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Lilly

Jeder Schritt federt nach, als ich über den Pfad mit dicken Holzspänen laufe. Die Bäume ziehen an mir vorbei, während ich der Straße immer näherkomme. Dort wo die Bäume sich spalten endet der Wald und mir ist es möglich wieder Luft zu holen.

Natürlich hätte ich lügen können. Sagen, dass ich laufen gehe und die Zeit für etwas anderes nutzen. Mom hätte es gemerkt. Sie hätte gesehen, dass ich nicht verschwitzt bin, oder dass meine Laufschuhe nicht dreckig sind. Auf lange Sicht hätte sie vermutlich sogar mein Gewicht bemerkt, dass sich nicht verändert.

Deswegen bin ich gezwungen mich darum zu kümmern. Den Speck zu verlieren, den sie gestern so charmant erwähnt hat.

Meine Füße tragen mich automatisch voran. Das Einzige, was ich am Laufen liebe. Man muss nicht nachdenken, oder sich konzentrieren. Einfach nur einen vor den anderen Fuß setzen und laufen. Als ich auf dem gepflasterten Bürgersteig trete, werde ich langsamer. Atme tief ein und laufe aus.

Mein Herz tut weh. Die Luft füllt und verlässt meine Lungen so rasant, dass es sticht.

Ein kühler Luftzug pfeift an mir vorbei und stellt die Haare in meinem Nacken auf. Die Sicht verschwimmt, als eine Hand sich von hinten auf meine Augen legt. Nur die dünnen Linien zwischen den Fingern spenden Licht, als mein Po sich gegen die Person presst.

Schreiend reiße ich meinen Ellbogen zurück, lande ihn geradewegs in einem harten Bauch und ernte ein schmerzerfülltes, männliches Grunzen von ihm. Als die Hand sich von meinen Augen löst, fahre ich herum und springe ein paar Schritte zurück.

"Verfluchte Scheiße, Dylan.", brülle ich und spüre den Puls in meinem Hals gegen die Haut hämmern.

Meine zusammengepressten Lippen ziehen sich zu einem Lächeln, als ich ausatme. "Fuck, hast du mich erschreckt.", ich lege meine Hand auf die Brust und spüre das wild pochende Herz darunter. Müde falle ich zwei Schritte nach vorn und fasse an seine Schultern, während er sich aufrichtet.

"Hätte ich gewusst, dass dein Ellbogen meine Rippen streift, hätte ich mich vorher angekündigt.", witzelt er mit schmerzerfüllten Augen und einem Grinsen, als ich meine Hände zu seinen Wangen hochfahren lasse und meine Fingerkuppen in die Haut hinter seinem Ohr drücke.

"Geht es?", frage ich mitfühlend, während seine Hände an meine Taille wandern.

"Ich werds überleben.", erwidert er grinsend und die altbekannten Grübchen schmeicheln seinen Wangen, während er mit seinem Blick zu meinen Lippen wandert.

Er schaut wieder in meine Augen und zieht mich näher zu sich, nur um meine Taille noch enger in seinem Griff zu malträtieren. Mein prüfender Blick fährt herum und erkundet die Straße. Es ist eine Hintergasse, mit einem Haufen Mülltonnen. Ein Mitarbeiter des italienischen Restaurants bringt gerade einen großen blauen Sack raus und schaut kurz zu uns rüber, aber abgesehen von ihm ist die Gasse menschenleer.

"Woher wusstest du wo ich bin?", frage ich flirtend und drehe mit meinem Finger seine Haare im Nacken ein.

"Hab dich in den Wald laufen sehen und wusste dass du hier raus kommen würdest.", antwortet er und streicht mit seinen Fingern über meinen unteren Rücken, wo sich mein Top etwas nach oben gerollt hat.

Seine Berührungen fühlen sich so gut an. Mit ihm fühle ich mich besser als je zuvor.

"Woher?", frage ich lächelnd, weil er mich zuvor schonmal laufen gesehen haben muss.

Dieser Weg ist nicht der Durchschnittsweg. Nicht der, den die anderen Jogger gehen. Irgendwann muss er mich hier schon gesehen und es sich gemerkt haben.

Keeping SecretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt