Lilly:
„Warum hast du nichts gesagt?", Jonahs Augen sind geweitet.
Er greift bestärkend enger meinen Knöchel, der in seinem Schoß verweilt.
Seine Locken drücken sich platt, als er sich mit dem Rücken gegen die Scheibe meines Giebelfensters lehnt. Er hasst es, wenn ich ihm etwas verheimliche. Ihn ausschließe.
„Ich will daraus nichts Größeres machen, als es ist.", erwidere ich und seufze, als ich meine Füße in den Kuschelsocken aneinanderreibe und ihm symbolisiere weiterzumachen.
Er rollt mit den Augen, legt seine Hände jedoch trotzdem an meinen Fußballen und massiert weiter.
Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee war, Jonah von Shawns und meinem Zusammentreffen vor ein paar Wochen zu erzählen. Ihn damit zu überrumpeln, dass Shawn mich gegen meinen Willen berührt hat und zu verwirren, da ich wieder mit ihm zusammen bin.
„Kein Wunder, dass Dylan ihn verprügelt hat. Hätte ich eine Chance gegen ihn, würde ich dasselbe tun.", erwidert er und atmet entsetzt ein.
Nachdem Marie vorhin beim Abendessen die Wunden an Dylans Fingerknöcheln bemerkt hat, wusste Jonah, dass gestern etwas mit Shawn vorgefallen ist.
Es überrascht mich nicht, dass Jonah 1 und 1 zusammenzählen konnte. Dylan prügelt sich nicht einfach so. Wenn er auf jemanden losgeht, hat es immer einen Grund. Das Shawn dieser Grund war, lag auf der Hand.
„Eine Frage habe ich dennoch.", Jonah richtet sich mit seinen grün-blauen Augen hoch. „Warum bist du wieder mit Shawn zusammen, wenn er dich so verletzt hat?"
Ich habe Jonah nur das nötigste erzählt. Es wird nicht dazu kommen, dass ich die ganze Geschichte aufrolle, warum ich mit Dylan Schluss gemacht habe, um wieder mit Shawn zusammen zu sein.
Dennoch brauche ich einen Grund.
„Meine Mom. Du weißt wie sehr sie mich und Shawn zusammen sehen will.", er schließt seine Augen und presst kopfschüttelnd seine Lippen zusammen.
Er glaubt mir. Er hat keinen Grund es nicht zu tun. Er weiß, dass ich nur eine Marionette meiner Mutter bin. Dass ich nickend und lächelnd alles hinnehme, was sie mir entgegenwirft. Das hier ist nur ein weiterer Stein in meinem Weg. Diesmal von meinem Dad gelegt, aber dieses Detail braucht er nicht wissen.
„Lilly..."
„Es ist okay, J.", ich lächle und drücke seine Hand. „Es war ein Ausrutscher und wird nicht wieder passieren. Ich hab's Shawn klar gemacht.", spreche ich weiter und will mich selbst Ohrfeigen.
Ich hasse es, dass ich wie ein naives Mädchen aussehe, mit dem man einfach alles machen kann.
„Lilly, du verdienst es, dich mit Menschen zu umgeben, die dich sicher fühlen lassen. Nicht den Überlebensinstinkt in dir auslösen.", seine Stimme ist ruhig und warm.
Er verachtet meine Entscheidungen. Hasst, wie ich mit meinen Problemen umgehe. Dennoch macht er nicht mich dafür verantwortlich. Nie.
Er bemitleidet mich. Behandelt mich, als müsste man mich in Watte packen, weil die Welt mich dazu zwingt kälter zu sein, als ich sein müsste. Ich wünsche mir so sehr, dass er Recht hat. Dass ich einfach nur ein Produkt meiner Umstände bin. Nicht wirklich so kaltherzig und schroff. Kein Monster.
Ich habe genug davon, ihm etwas vorzuspielen. Jedem... nur nicht ihm. Wenigstens eine Person sollte wissen, was in mir vorgeht. Wenigstens mein bester Freund.
„Ich werde Shawn nicht mehr die Macht dazu geben, Jonah. Er ist präsent, wenn er es sein muss. Wird an meiner Seite stehen, wenn unsere Eltern irgendein tolles Event geplant haben und unsere Freunde Partys schmeißen, aber das war's. Ich habe es satt, so zu tun, als wäre er mehr als ein Mittel dazu, meine Relevanz in der Welt zu sichern.", offener als je zuvor spreche ich das aus, was mir in den Kopf kommt, wenn ich an meine Beziehung mit Shawn denke.
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Keeping Secrets
Teen FictionLilly Matthews hat alles, wovon ein junges Mädchen träumt. Eine reiche Familie, einen perfekten Freund und einen unkaputtbaren Ruf als Fall River's Prinzessin. Sie manipuliert und intrigiert rücksichtlos. Eiskalt und undurchdringlich, um Geheimnis...