Schön, dass du hergefunden hast. Viel Spaß mit dem ersten Kapitel.
LGWenn das Leben die Zitronen gibt
1. Krebs ist ein Arschloch
Juna
An manchen Tagen fehlt er mir besonders. Dann sitze ich da und schaue mir Fotos und Videos von ihm an, oder ich höre mir zum 100 Mal seine Sprachnachrichten an. Seit über einem Jahr ist er nicht mehr da und er fehlt mir wie am ersten Tag. „Ach Papa“, seufze ich, und ohne das ich wirklich darüber nachdenken, tippe ich eine Nachricht an ihn. Er war mit Leib und Seele Schotte, kam nur wegen Mama damals nach Deutschland. „Du fehlst mir so sehr. Was würde ich dafür geben, dich noch einmal in die Arme nehmen zu dürfen“, shreibe ich. Ohne es abzusenden, lege ich das Telefon zur Seite und gehe zu Hintertür, als es bellt. Ich lasse unsere Hündin Elli rein, die sich freut mich zu sehen, sich erstmal Streicheleinheiten abholt, dann fressen geht und schließlich ins Wohnzimmer verschwindet. Ich gehe in die Küche, um nach dem Mittagessen zu sehen. Liva wird bald aus der Schule kommen. Ich rühre den Eintopf um und stelle den Herd runter, decke schon mal den Tisch. Ich schaue nach draußen. Es regnet und ist grau. Der Herbst kündigt sich an. Vorbei das Barfußlaufen und T-Shirt tragen. Ich liebe den Sommer. Ich liebe es, leicht bekleidet herumlaufen. Keine Socken an den Füßen. Im Pool liegen und die Wärme genießen. Oder einfach mit meiner Tochter ans Meer oder zum See zu fahren.
Ich sehe meine Tochter mit dem Fahrrad den Holperweg heranführen und stelle den Topf auf den Tisch. „Hallo Mama“, begrüßt sie mich wenig später und gibt mir einen Kuss auf die Wange, so wie immer. „Hallo mein Schatz", begrüße ich sie und helfe ihr mit der schweren Schultasche. Dann geht sie in die Hocke, um Elli zu begrüßen, die fiepend um ihre Aufmerksamkeit buhlt. Anschließend geht Liva ihre Jacke aufhängen und setzt sich dann zu mir an den Küchentisch. „Wie wars in der Schule?“ frage ich sie. „Gut. Hab die Deutscharbeit wiederbekommen.“ „Oh und?“ will ich wissen. „Ich habe eine zwei bekommen.“ „Toll Schatz. Ich bin stolz auf dich“, sage ich erfreut. Sie hat sich viel Mühe beim lernen gegeben und ihre Noten sind wirklich gut. Seit diesem Jahr besucht sie eine neue Schule in einem anderen Ort, zu der sie mit dem Bus fährt. Seit dem geht es ihr besser. Sie ist kein gewöhnliches Mädchen. Auf dem ersten Blick schon. Sie hat lange Blonde Haare, trägt gern Pink und Lila und liebt Pferde und singt für ihr Leben gern. Doch sie wurde als Junge geboren. Aber schon im Alter von vier Jahren war klar, eigentlich ist sie ein Mädchen. Ich habe sie darin unterstützt, während Mike damit überhaupt nicht klar kam. Er wollte seinen Sohn behalten. Mir jedoch war es wichtig, ein glückliches Kind zu haben. Egal welches Geschlecht es hat. Vor vier Jahren haben wir mit der Hormonterapie begonnen und aus Levi wurde Liva. Mike ist abgehauen und seit dem kümmere ich mich allein um meine Tochter.
Bis letztes Jahr lebte mein Vater bei uns. Als er krank wurde legte ich meine Arbeit auf Eis, damit ich für ihn da sein konnte. Letztes Jahr im Mai, nur einen Tag nach Livas Geburtstag verlor er den Kampf gegen den Krebs. Er hat ein riesiges Loch hinterlassen. Liva liebte ihren Opa abgöttisch und auch für mich bedeutete er alles.
„Mama, guck nicht wieder so traurig“, bittet mich meine Tochter und ich schenke ihr ein sanftes Lächeln. Ich weiß, sie macht sich Sorgen, aber dass muss sie nicht. Es geht mir gut und ich komme klar. Ich habe etwas Zeit gebraucht, zurecht zu kommen, aber ich finde mich langsam wieder zurück. Seit einem knappen halben Jahr habe ich meine Arbeit wieder aufgenommen und arbeite nun drei Tage die Woche für jeweils 6 Stunden. Es tut gut wieder zu Arbeiten, wieder unter Leute zu kommen.
„Mama, darf ich heute Nachmittag zu Michelle?“, fragt Liva mich dann. „Ja, natürlich. Soll ich dich bringen?“ „Nur wenns regnet“, bittet sie und isst ihren Teller leer. Ich habe auch aufgegessen und wir beide räumen den Tisch ab. Ich Räume die Spülmaschine ein und schicke Liva hoch, ihre Hausaufgaben machen. Ich hole mein Handy aus dem Wohnzimmer und sehe, dass ich eine Nachricht habe. Als ich mein Handy entsperre und nachschaue, bleibt mein Herz stehen. Papa hat geantwortet. Wie bitte? Ich habe doch die Nachricht gar nicht abgeschickt. Elli! Sie muss es gewesen sein, als sie aufs Sofa gesprungen ist. Mit zittrigen Fingern öffne ich die Nachricht. „Ich enttäusche sie nur ungern, aber ich denke, sie haben die falsche Nummer. Ich hoffe, ihr Kummer ist nicht allzu groß“, hat jemand geantwortet. Natürlich war es nicht Papa. Soll ich etwas dazu schreiben? Ich denke ich sollte mich erklären. „Es tut mir wirklich leid. Mein Hund muss die Nachricht abgeschickt haben. Ich wusste nicht, dass die Nummer meines Vaters neu vergeben wurde. Er starb letztes Jahr“, schreibe ich und rechne nicht damit, dass ich nochmal eine Antwort bekomme. Doch nur wenige Minuten später meldet sich mein Telefon mit einem leisen „Pling". „Was für ein intelligenter Hund, wenn er WhatsApp Nachrichten versenden kann“, schrieb die Person und bringt mich damit zum lachen. Dann kommt gleich eine weitere Nachricht rein. „Das mit ihrem Vater mir leid. Ich kann ihren Schmerz verstehen. Mein Vater starb auch letztes Jahr.“ Oh. „Mir tut es auch leid. War ihr Vater krank?“ schreibe ich. Warum, weiß ich nicht. „Nein, eigentlich nicht. Er erkrankte am Covid Virus. Was war mit ihrem Vater? “ Schrieb die Person. Wie schrecklich. „Das muss ein Schock gewesen sein. Mein Vater starb an Krebs.“
Eine Weile kommt keine weitere Nachricht und ich lege mein Telefon zur Seite, gehe dann hoch zu Liva, die nach mir gerufen hat.
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Wenn das Leben dir Zitronen gibt
RomanceJamie und Juna. Zwei Menschen aus verschiedenen Welten. Juna schreibt eigentlich nur eine Nachricht an ihren verstorbenen Vater, die jedoch an Jamie geleitet wird. Sie kommen in Gespräch und zwischen ihnen entsteht eine besondere Freundschaft. Oder...