Heilige Scheiße

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Heilige Scheiße

Juna

Ich sitze da uns starre auf das Telefon. Die Stimmung war merkwürdig, also haben wir das Gespräch beendet. Will ich wirklich wissen, wer er ist? Was erwartet mich, dass er solch eine Angst hat? Ist er ein korrupter Politiker? Ein Pornostar? Bei letzterem muss ich lachen. Nun ja. Selbst das sind im Grunde ganz normale Menschen mit einem Privatleben. Ich öffne Google und gebe seinen Vornamen ein. Dass mir da Millionen Beispiele angezeigt werden ist mir klar, also gebe ich seinen Geburtsort ein. Ich hadere mit mir. Will ich das? Auf der einen Seite will ich dieses Geheimnis lüften und auf der anderen Seite ist es nicht legitim. Er hat mir so viel anvertraut.
Anstatt auf die Lupe zu tippen, schreibe ich ihm zunächst eine Nachricht. „Mir ist egal, wer du bist. Egal, was mir die Suchanmaschine anzeigen wird, es spielt keine Rolle. Dessen solltest du dir bewusst sein. Ich nehme dich so, wie ich dich kennenlernen durfte“, schreibe ich ihm und es dauert nicht lange und ich habe eine Antwort. „Google einfach“, schreibt er und hat ein Lachsmiley dazu geschickt. Hat er das getan, weil es alles halb so schlimm ist? Aber das würde seine Reaktion nicht erklären. Hat er ihn geschickt, um es runterzuspielen? Ich werde es wohl erst erfahren, wenn ich mich auf die Suche mache. Schließlich tippe ich wieder Jamie und Belfast in die Suchzeile und öffne die Seite. Als erstes wird mir der Film angezeigt. Der von Kenneth Branagh, mit Caitriona Balfe von Outlander und dem Schauspieler aus Shades of grey. Wie hieß er noch gleich? Jamie Dornan. Jamie…. Kann das sein? Nein, es wäre wohl Zufall, dass gleich die erste Suche erfolgreich sein würde. Dennoch tippe ich auf den Namen und mir wird ein kurzer Steckbrief angezeigt.

James Peter Maxwell Dornan geboren am 1. Mai 1982. Er hat mit Liva zusammen Geburtstag.
Geboren in Belfast. Da ist es.
Ehepartner…
Eltern…
Kinder: Dulcie, Elva und Alberta.

Du heilige Scheiße! Das nenne ich mal Volltreffer. Ich muss lachen. Warum zum Kuckuck hat er denn solche Angst? Ja, er hat diese supersexy Filme gedreht, die ich ziemlich gern mag. Aber da ist doch nichts bei. Ja, ich weiß einiges von ihm, wovon die Öffentlichkeit wohl noch nichts weiß. Die weitere Suche jedenfalls schreibt nichts davon, dass Amelia abgehauen ist und er sich nun allein um die Mädchen kümmert. Der Tod seines Vaters wird thematisiert. Auch der frühe Tod seiner Mutter.  Ich schaue mir weitere Bilder an. Ja, er ist attraktiv. Sehr sogar. Auf eine sehr natürliche Art und Weise. Ich schließe Google und öffne seinen Chat. „Soso, ich habe es also mit Mr. Grey zu tun.. Wenn du mir nicht mit der Peitsche kommst, habe ich keine Probleme damit, dich in mein Haus zu lassen. Nein, wirklich Jamie. Ich weiß nicht, wovor du solche Angst hast“, schreibe ich ihm und bekomme eine Sprachnachricht. „Sehr witzig. Ich kann dich beruhigen. Ich besitze nicht mal eine Peitsche. Oh doch, warte. DD hat eine Reitgerte“, sagt er und lacht. „Wovor ich Angst habe? Tja, dass du nicht mehr so zu mir bist, wie bisher. Anfängst mir Honig um den Mund zu schmieren, oder viel schlimmer noch, dass du der Presse Dinge über mich verraten könntest. Ich bin bisher drum herum gekommen, mir Fragen über mich und Millie ergehen lassen zu müssen.“, gibt er zu und ich antworte ihm  ebenfalls mit einer Sprachnachricht. „Was hätte ich denn davon, Jamie? Ich habe keinen Bedarf daran, jemanden vorzuführen oder jemandem anders zu schaden. So ein Mensch bin ich nicht. Und sei dir gewiss, dass ich sicher nicht anfangen werde, dir den Arsch zu Puder, nur weil du dieser supersexy Schauspieler bist. Das kannst du knicken“, sage ich und send es ab.

Jamie

Ich lache, als ich ihre Nachricht abhören. Einerseits weil ich unglaublich erleichtert bin, und zum Anderen, weil sie mich als supersexy betitelt hat. Ich glaube ihr. Ich will ihr vertrauen. Ich schicke ihr eine weitere Nachricht. „Hast du mich grad als supersexy betitelt?“ frage ich lachend. „Glaub mir, wenn du mich sehen würdest, änderst du deine Meinung auf der Stelle. Ich trage meine älteste ausgefladdertste Jogginghose, ein altes, löchriges Shirt, habe mal wieder eine Rasur nötig und meine Haare mal wieder dringend einen Haarschnitt “, sage ich. „Ha, das kann jeder sagen! Ich will Beweise sehen!“ fordert sie mich heraus. „Hättest du wohl gern. Erst zeigst du mir, wie du aussiehst. Du bist sicher aus dem Ei gepellt, schließlich wolltest du eigentlich ausgehen. Ich bin neugierig. Du bist mir weit voraus. Du hast mich vermutlich schon nackt gesehen und ich weiß nur, dass du rote Haare hast.“ Die Antwort kommt prompt und lachend. „Na du stellst Vergleiche an. Aber du hast recht, ich habe dich schon nackt gesehen. Zumindest weitgehend. Du willst echt ein Foto von mir?“ will sie wissen. „Oh ja!!!“ schreibe ich. Es dauert ein bisschen, dann erscheint ein Foto, welches ich herunterlade und gleich antippe. Wow. Sie ist eine Schönheit. Ihre Augen groß und Blau. Volle Lippen, auf denen ein leichtes, schüchternes Lächeln liegt. Und ihre Haare sind der Wahnsinn. „Du bist eine wahre Schönheit!“ schreibe ich und meine es Ernst. „Quatschkopf. Du bist dran!“ Spinnerin. Ich schüttle den Kopf, öffne die Kamera und gehe in den Selfiemodus. Ich mache so gut wie nie Selfie von mir. Ich stecke die Zunge raus und mache ein Foto. Ohne es anzusehen, schicke ich es ihr. Ich sehe eh scheiße aus. Die Antwort kommt prompt. „Ein bisschen zerzaust, aber noch immer attraktiv. Lass den Bart dran. Höchstens ein bisschen stutzen“, meint sie. „Soso, du stehst wohl auf bärtige Männer, was?“ ulke Ich. „Das kommt ganz auf den Mann an“, schreibt sie und packt einen Lachsmiley dazu. Ich bin froh und erleichtert, dass unser komisches Gespräch vorhin nichts zwischen uns kaputt gemacht hat. Ich mag sie sehr, obwohl wir uns nicht wirklich kennen und das möchte ich gern ändern. Bald haben die Mädchen Herbstferien. Und wenn Juna dann noch immer möchte, dass wir sie besuchen kommen, dann werden wir das vielleicht tun.
Dulcie ruft nach mir und hört sich weinerlich an. Ich gehe hoch zu ihr und sie steht jammernd in der Zimmertür. „Was ist los, mein Spatz?“ frage ich sie und beuge mich zu ihr runter. Sie umklammert meinen Hals. „Ich hab wieder Bauchweh“, weint sie und ich hebe sie hoch. „Soll ich dir einen Tee machen?“ frage ich. „Nein“, murmelt sie. „Musst du spucken?“ Sie schüttelt den Kopf. „Ich will bei dir sein“, murmelt sie an meiner Brust und ich streiche ihr übers blondes Haar. „Gut Süße. Ich bringe dich schon in mein Bett und mache unten die Lichter aus, mache dir noch ein Kirschkernkissen warm und dann kuschel ich mich zu dir, okay?“, schlage ich ihr vor und sie nickt. Ich bringe sie in mein Zimmer und sie kuschelt sich schon in mein Bett. Ich gehe runter, lege das Körnerkissen in die Microwelle und bringe die Gläser in die Küche, mache überall die Lichter aus und schreibe dann Juna. „Dulcie ist wach geworden und möchte, dass ich bei ihr bleibe. Wir hören uns morgen wieder, okay? Gute Nacht. Ich bin froh, dass ich mit meiner Paranoia keinen Schaden angerichtet habe“, schreibe ich und nehme das Körnerkissen, bringe es nach oben und gebe es meiner Großen. „Ich hab Pepper vergessen“, murmelt sie müde. „Ich hole sie dir“, verspreche ich und gehe in ihr Zimmer, hole ihr kleines Plüschhäschen, welches sie seit ihrer Geburt hat. Ohne Pepper geht nachts gar nichts.
Ich lege mich zu ihr und sie kuschelt sich augenblicklich an mich. Ich hauche ihr einen Kuss auf den Kopf. „Schlaf gut, Prinzessin“, sage ich leise. „Nacht, daddy. Hab dich lieb“, sagt sie und bringt mich damit zum lächeln. „Ich dich auch Prinzessin. Bis zum Mond und zurück“ versichere ich ihr und ziehe sie noch etwas enger an mich. Meine kleine Zaubermaus. Schon, seit ich sie das allererste Mal in den Armen gehalten habe, bedeutet sie mir die Welt. Und sie hat mich voll und ganz um ihren Finger gewickelt.

Wenn das Leben dir Zitronen gibtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt