Neues Jahr, neues Glück

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34. Neues Jahr, neues Glück

Juna

Einen Tag später sitzen Jamie und ich im Flugzeug zurück nach London. Jamie ist noch immer nachdenklich, was seinen Schwager angeht und weiß nicht so wirklich, wie er sich verhalten soll. Er hat für morgen ein Gespräch mit seinem Anwalt vereinbart. Aber eigentlich weiß er schon schon, dass er nicht viel machen kann. Das ist eben Pressefreiheit. Ich kann nur hoffen, dass sein Schwager noch etwas von seinem Gewissen besitzt und Jamie nicht ausschlachtet, wie eine Weihnachtsgans.
Wir kommen in London an und fahren mit dem Taxi zu ihm nach Hause. Millie hat er bereits angeschrieben. Und kaum sind wir zuhause, klingelt es und ich kann das laute Lachen seiner Mädchen hören und wie eine der Drei nach mir fragt.  
Nur Momente später kommt Alberta ins Wohnzimmer auf mich zugelaufen. „Juna!!!“ freut sie sich und fällt mir in die Arme. „Hey mein Spatz. Wars schön bei Oma?“ frage ich sie. „Ja, Kuh streichelt“ berichtet sie. „Du hast eine Kuh gestreichelt? Wie schön.“ „Bella streichelt.“ „Ist Bella die Kuh?“, frage ich sie und sie nickt eifrig. Da kommen auch Elva und Dulcie zu mir, die mich herzlich begrüßen. „Schön, dass ihr wieder da seid. Habt ihr eure Ferien genossen?“, frage ich sie. „Ja! Oma hat jetzt eine Kuh. Sie heißt Bella. Sie ist ganz weich! Und wir durften sie füttern“, berichtet Elva und ich streiche ihr lächelnd übers Haar. „Das ist super“, freue ich mich. „Und ich durfte auf Amino reiten. Er ist Omas großes Pferd. Und ich bin im Galopp nicht runtergefallen“, erzählt DD. „Klasse, bin stolz auf dich“, freue ich mich und merke, wie sehr ich die drei vermisst habe. Sie sind mir so sehr ans Herz gewachsen. „Ist Liva auch da?“ fragt die Älteste mich dann. „Nein Schatz. Die ist noch bei ihrem Papa“, erkläre ich und DD schaut traurig. „Schade.“ „Ihr seht euch bestimmt bald wieder“, versichere ich ihr.
Jamie und Amelie kommen zu uns und Amelia zieht mich in eine kurze Umarmung und setzt sich dann zu mir. „Na, wie geht’s deinem Knöchel?“ fragt sie mich. „Ganz ok. Nur wenn ich über den Tag mehr gelaufen bin, ist er am Abend geschwollen. Viel mehr tun mir die Hände vom Krückenlaufen weh“, berichte ich. „Oh, das kann ich mir vorstellen. So ging es mir nach meiner Knie OP auch. Wie lange brauchst du die noch?“ „Ich habe Freitag einen Termin beim Arzt. Mit Glück darf ich dann anfangen zu belasten.“ „Ich drücke dir die Daumen.“
Jamie kommt mit Gläsern und Wasser aus der Küche und gesellt sich zu uns. Er setzt sich neben mir und nimmt meine Hand, verschränkt die Finger mit meinen.
„Jamie meinte, du hättest einen kleinen Disput mit Gwen gehabt. Ich sollte mich für sie entschuldigen. Sie wollte mich nur in Schutz nehmen“, spricht Millie dann an. „Das habe ich bemerkt. Leider hat sie damit auf Jamies Gefühlen rumgetrampelt“ stelle ich klar. „Es tut mir leid. Ich werde mit ihr reden, versprochen“, meint sie und ich nicke. „Gut. Ich denke, ich lasse euch dann mal alleine. Habt noch ein paar schöne Tage“, wünscht sie und erhebt sich. „Danke, du auch.“
Millie verabschiedet sich von ihren Kindern und Jamie bringt sie zur Tür.

Jaime

Was bin ich froh, meine Mädchen endlich wieder bei mir zu haben. Endlich ist es vorbei mit der Ruhe. Ich habe diesen Trouble im Haus vermisst.
Ich konnte Juna überreden, wenigstens bis Mittwoch zu bleiben, dann jedoch musste sie nach Hause und das verstehe ich. Ich hatte kurz überlegt, sie mit den Kindern zu begleiten, aber das wollte ich meinen Mädchen nicht zumuten. Soviel reisen sie sonst nie umher und außerdem ist Elva ganz wild darauf, ununterbrochen mit ihrem Puppenhaus zu spielen. Und ich habe auch noch einiges zu tun und wenn Juna in meiner Nähe wäre, würde ich zu nichts kommen, das weiß ich genau. Ich muss mir den Vertrag mit Mercedes vornehmen, aber vor Allem muss ich mich endlich auf meine Rolle vorbereiten.
Juna ist erst ein Tag weg und doch fehlt sie mir schon gewaltig. Am Abend bekomme ich eine Mail von Sam. Es ist ein Artikel über mich und Juna erschienen. Na ganz toll. Ich atme tief durch und klicke den link zum Artikel an.
„Jamies Neue kommt aus Deutschland und hat ein transexuelles Kind“, lese ich. Scheiße. Normalerweise lese ich mir Artikel über mich nie durch. Nur wenn Sam mich darum bittet, Stellung zu nehmen, oder wenn es eben um Menschen in meinem Umfeld geht. Es ist mir egal, ob sie lügen über mich schreiben, aber wenn es um andere geht, hört für mich der Spaß auf.
Ich überfliege also den Artikel. „Ihr Name ist Juna und sie hat ein Kind im pubertären Alter. Laut Insidern wurde dieses Kind als Junge geboren und identifiziert sich nun als Mädchen. Jamie Dornan ist also nicht nur gutaussehend, sondern auch noch tolerant.“ Gott, wenn ich so einen Scheiß schon lese… Ich überfliege den Rest. Mehr steht da nicht wirklich. Nur das wir turtelnd in Belfast gesehen worden sind und ein Foto ist auch dabei. Sie und ich am Hafen von Belfast. Ich nehme an, Michael hat dieses Foto gemacht. Als Quelle wird „Privat“ angegeben. Man erkennt Juna nicht, also besteht für sie keine Gefahr. Livas Name wird nicht erwähnt und auch kein Nachname. Keine Gegend woher Juna stammt. Nicht mal ihre roten Haare sieht man, die werden von ihrem Mantel und der Mütze verdeckt, die sie trägt. Es könnte also jede Juna in ganz Deutschland sein. Ich mache mir keine wirklichen Sorgen, werde aber nun ein Auge auf die Nachrichten haben.
Ich schreibe Juna, dass ein Artikel erschienen ist. „Okay. Irgendetwas, was ich wissen sollte?“ fragt sie mich. Sollte ich ihr sagen, das ein transexuelles Kind erwähnt wurde? Nein, ich will sie nicht verrückt machen. „Nein, alles halb so wild“, versichere ich ihr, denn so empfinde ich es. „Gut. Ich vertraue dir“, schreibt sie und ich lächle. „Ich liebe dich“, schreibe ich und lege mein Telefon zur Seite, widme mich wieder dem Vertrag zu. Alles gut soweit. Ich habe keine Einwände. Nur wann es losgehen kann, kann ich noch nicht zusagen. Ich bitte meinen Anwalt, den Termin offen zu halten und Mercedes davon zu informieren. Mit allem anderen bin ich einverstanden. Es soll nicht nur ein Shooting gemacht werden, sondern auch bis zu drei Werbespots gedreht werden für das Internationale Fernsehen. Und ein Imagefilm ist im Gespräch, den sie mit mir machen wollen. Selbst eine Modelinie ist geplant, und ich soll ihr Aushängeschild werden. Das ist ein riesen Auftrag. Eine richtig große Nummer und die Gage ist horrend.

Das tapsen kleiner, nackter Füße lässt mich aufsehen. Alberta kommt zu mir gelaufen und klettert auf meinen Schoß. Ich lege das Skript zur Seite und schaue sie an. „Na, mein Babygirl, fertig gespielt? Wo sind denn deine Strümpfe?“ frage ich sie. „Im Bad“ sagt sie. „Und warum? Die sollten an deinen Füßen sein, die werden doch ganz kalt“, erkläre ich und wärme ihre Füßchen mit meinen Händen. „Sind nass.“ Ich werde hellhörig. „Nass? Warum sind die nass?“ „Wanne ist voll. Daddy, ich hab Hunger“, sagt sie und ich starre sie an, höre das Wasser rauschen. Dann werde ich schnell. Ich setze Alberta auf die Couch neben mir und renne nach oben. „Jesus! Was soll die Scheiße!“ fluche ich, stelle das Wasser ab und stehe in einer ziemlich großen Pfütze.  Albertas Strümpfe liegen wie gesagt mitten im Raum. „Herrgott nochmal!“ Ich ziehe den Stöpsel und ziehe sämtliche Handtücher aus dem Schrank. „Was hast du gemacht, Daddy?“ fragt mich DD, die in der Tür steht. „Ich? Das war eine deiner Schwestern“ schnaufe ich, knie mich hin und wische den Boden trocken, wringe die Handtücher in der Wanne aus. Dann steht auch Elva im Badezimmer. „Oh oh“ macht sie und ich schaue sie an, hebe eine Augenbraue. „Ist das dein Werk?“ frage ich sie. „Äh…. Bertie wollte baden“, murmelt sie. „Elva…“ sage ich in wartenden Ton und sie senkt den Kopf, schielt mich an. „Ich wollte meine Puppe banden und hab vergessen, das Wasser abzustellen“ gibt sie schließlich zu uns ich seufze. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ihr nicht mit Wasser spielen sollt. Du hast eine Wanne für deine Puppen. Ich hätte dir Wasser gegeben“ tadle ich. „Komm, mithelfen!“, fordere ich und sie hilft mir ohne Kommentar. Es dauert ein ganze Weile, bis der Boden wieder trocken ist. Dafür sind sämtliche Handtücher nass. Ich bringe sie runter, werde sie direkt in die Waschmaschine und stelle sie an.
Als ich in die Küche komme und kriege ich einen Herzinfarkt. Bertie steht auf einem Stuhl an der Arbeitsplatte und will einen Apfel schneiden. Mit dem größten und schärfsten Messer, was ich habe. Ich kann es ihr grade noch aus der Hand nehmen. „Herrgott, was ist bloß los mit euch?“ Schimpfe ich und schnaufe. „Hab Hunger!“, schimpft Bertie. „Da musst du ein bisschen warten. Keine Messer!“ erinnere ich sie und hebe sie vom Stuhl. „Ich ziehe mich um, und mache dann Abendessen. Du bleibst brav stehen. Verstanden?“ frage ich genervt. „Ja“ mault sie und sieht mich böse an. Was hat meine Mädchen heute Abend bloß gestochen? Wird Zeit das Schule und Kindergarten wieder losgehen.
Ich ziehe mir trockene Sachen an, sage meinen beiden Großen, dass es in einer halben Stunde Abendessen gibt und gehe dann nach unten in die Küche, wo Bertie noch immer an Ort uns Stelle steht. Ich ziehe ihr neue Socken an. „Möchtest du mir beim Abendessen machen helfen?“ frage sich sie und ihre Augen beginnen zu leuchten.
Gemeinsam reiben wie den Parmesan für die Carbonara und auch die Eier schlagen wir zusammen auf.
„Magst du DD und Elvi zum essen holen?“ bitte ich meine Kleinste. „Jap“ sagt sie und flitzt hoch. Ich decke den Tisch und dann essen wir gemeinsam. So chaotisch meine drei Mädels auch manchmal sind, ich liebe sie unendlich. Und sie lenken mich von dem Wahnsinn in meinem Umfeld an. Und dann weiß ich, alles wird irgendwann gut.

Wenn das Leben dir Zitronen gibtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt