Pflaster

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Y/n's Sicht:

Zuhause angekommen, war es schon komplett dunkel draußen geworden. Elizabeth als auch mein Vater waren ausgegangen und in der Wohnung war Stille. 

Das war gut, weil Travis sich im Gegensatz überhaupt nicht still verhielt. Als ich ihn zum Beispiel kurz losgelassen hatte um seine Jacke aufzuhängen ist er einfach in den Glaskasten hineingerannt. Zum Glück ist nichts kaputt gegangen. 

Nun setzte ich ihn auf meinem Bett ab und beauftragte ihn damit seinen Hoodie auszuziehen, während ich mich auf die Suche nach dem Verbandskasten machte um seine Verletzungen zu behandeln. Während ich am Gang verschwand dachte ich darüber nach woher er sie wohl hatte. Larrys Worte waren klar und deutlich in meinem Kopf zu hören. 

Als ich mit dem kleinen Koffer in mein Zimmer zurück kam, stand Travis vor meinem Bett und beäugte interessiert meine Poster. Süß. 

Ich schubste ihn vorsichtig auf mein Bett und strich seine Haare nach hinten, damit ich ihn besser ansehen konnte. 

Sein weißes kurzärmeliges Shirt, welches er trug, hatte ein paar rote Flecken am Kragen und war unten bei seiner Taille ein weinig zerrissen. 

Travis hatte sich irgendwie einen Schnitt in seiner Augenbraue eingefangen, welche ich gerade mit einem Tuch abtupfte. Er beobachtete mich dabei, mit seinen blauen Augen. Sein blondes Haar und seine hellen Augen waren ein schöner Kontrast zu seiner dunklen Haut. 

Um sein rechtes Auge hatte sich ein Veilchen gebildet und in seinem Auge war eine Ader geplatzt, vermute ich, denn dort war ein roter Fleck zu erkennen. Ich seufzte, da ist man einmal nicht da und er sieht so ramponiert aus. 

Als ich mit seinem Gesicht fertig war, kniete ich mich vor ihn hin und kümmerte mich um seine Hände. Seine Fingerknöchel sahen schlimmer aus, als beim letzten Mal. Ich tupfte sie ab und er zischte auf. Mit einem entschuldigendem Blick sah ich zu ihm auf, führ aber meine Arbeit fort. 

Als ich fertig war, waren keine Pflaster mehr im Erstehilfekoffer übrig. Sie waren verteilt auf Travis Händen und ein paar hatten ihren Weg in sein Gesicht geschafft. Was teilweise nicht so einfach war, da er sich immer wieder wegdrehte, da ich ihm anscheinend weh tat. 

Ich setzte mich neben ihn aufs Bett und es lag eine Stille zwischen uns, wir beide dachten nach. Nach ein paar Minuten legte er vorsichtig seinen Kopf auf meine Schulter und ich legte daraufhin meine Hand auf sein Bein was die Geste „Ich bin für dich da" ausdrücken sollte. Ich konnte den Alkohol riechen. 

„Willst du mir erzählen was passiert ist ?", fragte ich dann. Es war wieder ruhig. Ich wollte gerade meine Frage noch einmal stellen, da ich dachte er hätte sie nicht registriert, doch auf einmal schluchzte er. Ich spürte mein Herz wie es fiel. 

Er führ sich mit seiner rechten Hand ins Gesicht und versuchte sein Weinen zu unterdrücken, doch er schaffte es nicht. Alkohol macht emotional. Ich frage mich wie lange diese Emotionen schon in ihm vergittert eingesperrt waren. 

Sofort rutschte ich an der Bettkante nach vor und drehte mich zu ihm. Ich schien von Ratlosigkeit umgeben zu sein, denn er gab mir eine Antwort. Eine Antwort die ich mir schon ausmalen konnte. Eine Antwort die mich dennoch gefrieren lies. 

„Mein Dad...", er schluchzte und sein Satz war somit beendet. Tränen liefen seine Wangenknochen hinunter und tropften auf seine schwarze Baggy-Jeans. 

Travis muss meinen entsetzten Blick gesehen haben, denn er sah mich jetzt nicht mehr an. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und es tat mir weh ihn so zu sehen. 

Vorsichtig löste ich seine Arme von seinem Gesicht und er fiel in meine Umarmung. Er umarmte mich fest, aber es tat nicht weh oder war unangenehm. Es fühlte sich gut an. Es half uns beiden.

Unsere Umarmung hielt so lange an bis er aufgehört hatte zu weinen. Sein Gesicht war in meiner Schulter vergraben und nun lag wieder Stille im Zimmer. Nur das Ticken einer alten Standuhr am Gang war zu hören. 

Irgendwann lies er mich los. Er stand auf und flog dabei fast um, da er immer noch sehr weit von Nüchtern entfernt war. „Ich mussss nachhause", lallte er und fing seine Stabilität halbwegs wieder. 

„Nichts da, du schläfst hier", sagte ich in einem sicheren Ton, damit das klar und deutlich bei ihm ankommt. Ich stand auf und bahnte meinen Weg an ihm vorbei zu meinem Kleiderkasten. Dort zog ich eine Jogginghose, die ich aus der Männerabteilung hatte, aber nie angezogen habe, da sie mir wirklich viel zu groß war und ein oversized Black Sabbath Bandshirt heraus und drückte ihm alles in die Hand. 

Mit „Zieh dich um, und schau, dass du dir dabei nichts brichts. Bin gleich wieder da", verließ ich das Zimmer und ging ins Badezimmer. Dort nahm ich mein Makeup herunter und sah noch einmal in den Spiegel. 

Zurück in meinem Zimmer lag Travis irgendwie komisch verdreht auf meinem Bett und starrte das Nirvana Poster an der Zimmerdecke an. Mein Bandshirt stand ihm aber eigentlich richtig gut. 

„Steh kurz auf", befahl ich ihm und so stand er auch schon neben mir, hielt sich aber dann ruckartig an mir mit einer Hand fest damit er nicht umfiel. Ich zog die Decke weg damit er sich darunter legen konnte und solange er es sich bequem machte holte ich ihm ein Glas Wasser aus der Küche. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es mittlerweile schon eine halbe Stunde nach Null war. Die Zeit war schnell vergangen. 

In meinem Zimmer stellte ich das Glas neben meinem Bett auf dem Nachtkästen ab und musste mir ein Grinsen verkneifen, als ich Travis ansah. Unbeholfen lag die Decke wahllos auf ihm. Ich seufzte und deckte ihn ordentlich zu. Ich fühlte mich wie eine Mutter. Als ich alles gerichtet hatte, sah ich ihn nochmal an. 

„Danke", murmelte er und hob seine Hand ein Stück. Ich lächelte schwach und er fragte mich „Wo schläfst du ?", seine Stimme war rau und leise geworden. 

Ich schüttelte einfach den Kopf und setzte mich an meinen Schreibtischsessel, legte meine Beine auf dem Tisch ab. Zum Glück hatte ich eine weite Jeans an die mir das ermöglichte. Ich knipste das letzte Licht das übrig geblieben war, nämlich das meiner Tischlampe ab. 

Ich stellte die Helligkeit meines Handys so weit wie möglich hinunter, damit es nicht zu hell für Travis war, der sich mittlerweile zur Wand gedreht hatte.

An Schlaf für mich war nicht zu denken, denn erstens machte ich mir Sorgen wegen Travis, denn falls etwas sein sollte bin ich sofort da und zweitens machten mir mein Vater und Elizabeth zu schaffen. Seit kurzem verstehen sie sich wieder, keine Ahnung wieso. Und das besorgte mir schlaflose Nächte. 

Eine Nachricht blinkte auf meinem Handy auf. „Wieso bist du noch online? Kannst du nicht schlafen?" Es war Sally. Ich schrieb zurück: „Das Gleiche könnte ich dich auch fragen mein Lieber." Wir schrieben ein bisschen über dieses und jenes, bis Sally mir eine gute Nacht gegen drei Uhr wünschte. 

Und so saß ich da die ganze Nacht, im Mondschein, welches durch mein Fenster fiel an meinem Schreibtisch.

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So ein bisschen längeres Kapitel :). Hoffe ihr habt Gefallen daran. Wünsche, Kommentare und Fragen sind immer erwünscht ^^

And remember

you are valid

and you are loved.

Masken (Sally x reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt