13

5.7K 328 33
                                        

Leyna 

"Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden." Der Polizist, den ich unter anderen Umständen bestimmt gutaussehend gefunden hätte, schnallte mir gerade mit Handschellen die Hände hinter dem Rücken fest. "Sie verdammtes Arschloch," zischte ich und versuchte mich loszureißen. "Lassen Sie mich gefälligst los!" "Hören Sie auf, sich zu wehren," erwiderte er, ganz die Ruhe selbst, und drückte mich an den Wagen. „Das erschwert ihnen die Sache bloß." Ich war so verzweifelt, das ich einen Kloß im Hals bekam. "Was wollen Sie denn von mir? Da drinnen gibt es doch bestimmt noch andere heiße Mädchen, mit denen Sie Ihre Polizeospielchen spielen können." Er nahm einen Armbreit Abstand von mir. "Das ist kein Spiel, Miss." "Oh, jetzt bin ich also eine Miss? Behandelt man so etwa eine Lady?" Er antwortete nicht. "Und worauf warten wir jetzt noch?" „Auf meine Kollegen." Kurz und bündig. Nicht so gesprächig der große Bursche. Ich seufzte. "Du bist echt nicht gesprächig, oder? Sir?" "Sie könnten mir die Sache natürlich erleichtern und mir verraten, wo Ihre Freunde hin sind." Er beobachtete meine Reaktion ganz genau. „Ich meine, Sie wurden hier ganz allein zurückgelassen. Ist das heutzutage so unter Freunden?" "So alt bin ich nun auch wieder nicht, dass du mich siezt." Ich ging nicht auf seinen manipulativen Kommentar ein. Ich kannte solche Psychospielchen bereits von meinen Eltern und außerdem war es meine Idee gewesen, sich zu trennen, damit nicht alle geschnappt werden konnten. Ich und meine grandiosen Ideen. Eric wollte mich zwar nicht alleine lassen, aber nach meinen überaus effektiven Überredungskünsten war das schneller geregelt, als ich erwartet hatte, und Eric war über alle Berge. Hätte ich gewusst, dass Josh so dumm war, wieder zurück zu Claire und Noah zu rennen, dann hätte ich ihn nicht alleine gehen lassen. Und natürlich war ich ihm hinterhergerannt. Und natürlich wollte das Schicksal dann, dass genau in diesem Moment dieser superheiße Polizist aus dem Busch sprang und mich zu Boden riss. Wenigstens hatte Josh es geschafft, sich rechtzeitig zu retten, ganz im Gegensatz zu mir. "Was passiert jetzt mit mir?" wollte ich wissen, obwohl ich die Antwort schon längst kannte. "Wir bringen Sie auf das Revier." "Du weißt aber schon, dass ich nichts getan habe?" "Wer wegläuft, hat etwas zu verbergen." "Das klingt so, als würden du und deine Polizeifreunde denken, ich würde mit Drogen dealen oder so." Ich lachte und er antwortete nicht. "Warte mal, das denkt ihr doch nicht wirklich, oder?" "Wie gesagt, wer wegläuft hat..." "Jaja, was zu verbergen." Ich biss mir auf die Unterlippe. „Aber guck mich doch mal an. Könnte ich so etwas Schlimmes wirklich tun?" Wieder keine Antwort. „Ich war doch bloß auf einer blöden Party! Ich habe nichts mit dem Scheiß am Hut!" Lange sagte niemand etwas. Er musterte mich, und ich reckte zickig das Kinn in die Luft. Es dauerte nicht lange, da näherten sich weitere Polizisten. "Nein Miss, so sehen Sie wirklich nicht aus." Er hatte sich vorgebeugt und sprach schnell. "Sie sind eine Lady, Sie sind ganz allein auf dieser Party gewesen, sie hatten Angst und sind weggelaufen." Ich sah ihn bloß mit großen Augen an. Dann nickte ich.


Claire

 Ich hatte die langweiligste Polizeiflucht, die ein Mensch auf dieser Welt überhaupt haben konnte. Noah tippte nonstop auf seinem Handy herum und fluchte dabei zum ungefähr hundertsten Mal. "Verdammt." "Scheiße." und "Verdammte Scheiße." Wenn ich fragte, was los war, antwortete er nicht, was wiederum bedeutete, dass wir uns anschwiegen. Das Einzige, das ich nach dem Gefühlt hundertsten Mal fragen aus ihm herausquetschen konnte, war, dass Josh und Eric auf uns warteten. Als ich wissen wollte, was mit Leyna war, schwieg er mich wieder an. "Ich kann nicht mehr, okay?!" sagte ich und blieb stehen. Wir liefen jetzt schon fast eine Stunde! "Wir laufen erst seit 30 Minuten, Claire." Oh. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Wieder Schweigen. "Noah?" "Du nervst, weißt du das?" Noah seufzte. "Du lässt mir ja nichts anderes übrig." Er musterte mich eingehend, als er sagte: "Leyna wurde festgenommen. Josh war so schlau, noch einmal zurückzurennen, weil du geschrien hast. Leyna ist ihm hinterher und wurde erwischt. Josh will auf uns warten, aber..." Er verbesserte sich: „auf dich warten, aber Eric möchte herausfinden, ob Petra schon Bescheid weiß. Also sind sie vorgegangen." "Leyna wurde festgenommen?!" Ich hielt mir schockiert die Hand vor den Mund. "Habe ich doch gerade gesagt." "Aber... das bedeutet doch, dass ihre Eltern sie wegschicken, oder?" "Ja, Claire, das bedeutete es, wenn wir sie nicht rechtzeitig herausholen." Ich nickte und setzte mich wieder in Bewegung. "Wir sollten uns beeilen", sagte ich, „Ich dachte, du kannst nicht mehr." Er sah mir amüsiert dabei zu, wie ich meine Schritte beschleunigte. „Da musst du dich wohl verhört haben."

Lost in a Perfect NightmareWo Geschichten leben. Entdecke jetzt