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Der kühle Regen hatte unsere Kleidung bereits komplett durchnässt. Die Haare klebten uns im Gesicht, und die Schuhe hatten eine matschbraune Farbe angenommen. Wir schwiegen den restlichen Teil des Wegs, und nur Josh versuchte ab und zu ein Gespräch zu beginnen. Ich ignorierte ihn und starrte einfach in die Luft, und blendete seine Existenz aus. Noah lief hinter mir, und ich spürte seine Blicke wie Dornen in meinem Rücken. Er sprach genauso wenig wie ich. "Wann sind wir endlich da?" fragte Dylan nach einer Weile des Schweigens. "Wir haben es bestimmt gleich geschafft," erwiderte Josh. "Das sagst du schon die ganze Zeit," jammerte Dylan weiter. "Wenigstens antworte ich überhaupt," konterte Josh, "was wir von zwei anderen Personen hier anscheinend nicht erwarten können." Noah seufzte. "Du möchtest also, dass ich dir antworte, ja?" "Ich korrigiere," zischte Josh und schaute an Noah vorbei, als wäre er nur ein Teil des Regens, "was wir von einer bestimmten Person nicht erwarten können." Noah seufzte ein zweites Mal, und ich wusste genau, dass dies der Moment war, in dem er sich wütend durchs nasse Haar strich und die Zähne zusammenbiss. "Seht ihr die Laterne dort drüben?" sagte ich und zeigte mit der Hand auf das rötliches Licht. "Das ist das Ende des Waldes." Ich legte einen Zahn zu, und die anderen taten es mir gleich. "Und woher weißt du das ?" fragte Dylan neugierig. "Geraten," ich zuckte mit den Schultern.

Als wir die Laterne erreichten, fing es plötzlich an zu blitzen. "Ich finde, wir sollten die anderen suchen und dann so schnell wie möglich von hier verschwinden," sagte Josh und schaute sich um. "Was wir hier machen, hat doch überhaupt keinen Sinn." "Du hast recht," antwortete ich und versuchte mit zusammengekniffenen Augen durch den Nebel zu blicken. "Wir gehen am besten nach links. Kommt, Leute." Ohne auf die Meinung der anderen zu warten, lief ich voraus. Der Boden war nun nicht mehr weich und erdig; beim Laufen hinterließen wir eine braune, matschige Spur auf dem glatten Stein. "Da hinten ist das Hauptgebäude," rief ich den anderen zu und wischte mir den Regen aus den Augen. "Und wo sind die anderen?" rief Josh zurück. Ich konnte ihn kaum mehr erkennen. "Ich geh sie holen, wartet ihr am besten einfach bei der Laterne, okay?" Ich drehte mich um und beschleunigte meine Schritte. Ich wusste, was ich nun zu tun hatte. Ich lief quer über den rutschigen Boden, kam dann auf der regendurchnässten Erde ins Rutschen und kam gerade noch so zum stehen. Aus der Ferne war Donner zu hören und ganz plötzlich trübte sich mein Blickfeld. Alles um mich herum verblasste. Da war kein Regen mehr, keine Blitze und kein Donner. Nur eine weite grüne Wiese und eine strahlende Sonne. Ich sah sie überall: gut gelaunte Menschen, die über die Wiesen liefen, doch keiner von ihnen sah zu mir herüber. Ich drückte mir die Hand auf die Schläfe. Das ziehen war wieder da, und mein Kopf pochte. "Claire," sagte jemand genervt, und ich schaute auf. Eine kleine Gruppe von Leuten in Uniform lief an mir vorbei. Ein Mädchen mit roten Haaren hielt mir die Hand hin. "Du bist so ein Tollpatsch," sagte sie und verdrehte die Augen. "Immer fällst du, oder bist kurz davor zu stürzen." Mein Herz rutschte mir fast in die Hose, als ich nach ihrer Hand griff. Wer war dieses Mädchen? "Warum guckst du so komisch?" fragte sie. Ich musterte ihr Gesicht, studierte ihre Züge, die Art, wie sie mich ansah – nichts davon kam mir bekannt vor. Die Leute, die hinter ihr standen, sahen mich abwartend an, doch auch keines ihrer Gesichter kam mir auch nur im geringsten bekannt vor. "Komm, Babe," sagte ein gut aussehender Junge mit kurzen, dunklen Haaren und legte seinen Arm über meine Schulter. "Ist doch halb so wild, Leute, kann doch jedem passieren." Er roch nach einer Mischung aus Parfüm und Apfel. Ich starrte ihn verständnislos und mit offenem Mund an. Ich riss mich los und schlug seinen Arm von mir weg. "Verdammt, Claire, du tust mir weh!" Keuchend rang ich nach Luft und blinzelte. Die Welt um mich herum wurde wieder dunkel. Ich blickte auf die Person, die vor mir stand, und erkannte Noah, der mich besorgt musterte. "Was war das gerade mit dir?" fragte er und strich sanft mit der Hand über meine Wange. "Ich weiß es nicht. Auf einmal waren da Menschen – eine Menge Leute in Schuluniformen. Sie haben gelacht und mit mir geredet, und da war dieses Mädchen mit roten Haaren und dieser komische Junge." Mein Herz begann wie wild zu pochen, und ich schreckte auf, als erneut der Donner über uns hin wegrollte. "Das war nur eine Erinnerung, Claire. Jetzt ist alles wieder gut, okay?" Ich nickte und beruhigte mich. "Josh glaubt, er hätte die anderen gesehen, und ist so schnell wie möglich losgelaufen, um sie zu holen. Dylan macht sich Sorgen um Demi. Er war sogar fast schneller als Josh, und das hat was zu bedeuten, glaub mir." Ich war dankbar für Noahs Ablenkungsversuche. "Ich hab ihn noch nie rennen gesehen," sagte ich und lächelte. Noah erwiderte mein Lächeln und griff nach meiner dreckverschmierten Hand. "Also, Prinzessin, da das hier ja von Anfang an deine Idee war – wie wär's, wenn du mich endlich mal in den Plan einweihst?" Erschrocken sah ich ihn an."Ich wollte nur mal vorbeischauen und mir das Internat angucken, mehr nicht." "Wenn du lügst, guckst du immer unsicher zur Seite, weißt du das?" "Was?" fragte ich und starrte ihn ungläubig an. "Ich will damit nur sagen, dass ich ganz genau weiß, dass du mich anlügst." "Na schön!" zischte ich. "Ich hab Leyna manipuliert, okay? Ich wollte sie dazu bringen, herzukommen.  Ich wollte mich von euch trennen und mir das abgebrannte Schulgebäude genauer ansehen." Noah nickte und sagte dann einfach nur: "Okay." "Okay? Mehr nicht?" Er schüttelte den Kopf. "Okay." Ich riss meine Hand aus seiner und stapfte wütend zurück zu der Laterne. "Also doch kein Besuch in das Gebäude?" "Nope," äffte ich ihn nach. Wir schwiegen und liefen angespannt den Weg zurück zu dem Licht. "Die anderen sind nicht da," sagte ich und schaute mich um. "Hab ich ja gar nicht bemerkt," erwiderte Noah und lehnte sich gegen die Laterne. Ich biss mir auf die Unterlippe. "Ich kann Josh sehen," sagte er dann plötzlich und zeigte mit dem Finger in die Richtung. "Dylan, Demi und Josh." "Und der Rest?" fragte ich und versuchte ebenfalls, etwas zu sehen. "Nicht dabei," antwortete Noah. "Wo ist der Rest?" rief ich und kniff die Augen zusammen, als sie näher kamen. "Die sind wieder zurück!" rief Demi zurück, und ich runzelte die Stirn. Langsam konnte ich die drei genauer sehen. "Was meinst du mit 'zurück'?" fragte ich. "Leyna hatte keine Lust, auf uns zu warten, also sind sie schon vorgelaufen. Sie haben das verbrannte Gebäude ganz rechts erkundet und dann sind sie zu dem anderen Haus auf der linken Seite geschlichen. Ich glaube, jemand hat uns aus dem Fenster beobachtet. Jedenfalls haben wir sie in dem andere Gebäude gefunden und sind rein. Leyna ist die ganze Zeit wie eine Verrückte umhergeirrt und hat nach irgendwelchen geheimen Sachen gesucht. Ich glaube aber, dass es in dieser verkohlten Schule keine interessanten Sachen gibt." "Und wo sind sie jetzt?" fragte Noah. "Die anderen wollten zurück und eine Küche finden und Essen stehlen." "Wow," entfuhr es Noah, "was für ein Geniestreich." "Was machen wir jetzt?" fragte Dylan und nahm sich die nasse Kapuze vom Kopf. Sie machte keinen sinn mehr, bei dem stürmischen Regen. "Wir gehen," antwortete Josh schulterzuckend. "Wir können sie doch nicht allein lassen!" fuhr Demi dazwischen, und ich hob eine Augenbraue. "Du meinst, so allein, sie uns gelassen haben?" Demi sah mich verwirrt an, sagte aber nichts.  "Was steht ihr da so rum?", sagte ich. "Na los doch!" Noah blieb abrupt stehen, und ich lief fast in ihn hinein. "Was ist los?" fragte ich. Noah hob seine Hand, sagte aber nichts. Wir hielten ebenfalls an und schauten uns um. Fast gleichzeitig umflutete uns das grelle Licht einer Taschenlampe. Jemand war im Wald. "Hallo?" rief die fremde Gestalt von weitem, und leuchtete mit der Taschenlampe wild umher. Das weiße Licht strich erneut über uns hinweg. "Schnell weg!" flüsterte Josh und schaute sich überfordert um. Es gab jedoch nur den einen Weg, und der führte geradeaus. "Wir können nirgendwohin gehen," sagte Noah leise und hielt sich die Hand vor die Augen. "Spielt einfach mit."

Durch den grellen Lichtschein hindurch versuchte Noah, die Person zu erkennen, die uns im Weg stand. "Wer ist da?" rief der fremde Junge und lief zögernd in unsere Richtung. "Seid ihr Schüler?" "Was für eine dumme Frage?" rief Noah zurück, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, einem Typen im Wald zu begegnen, der Fragen stellte und Smalltalk führen wollte. "Oh Gott, ich dachte schon, ihr seid diese Gangster, die gekommen sind, um uns alle abzufackeln," erwiderte der Junge lachend und kam näher. "Was macht ihr eigentlich hier draußen? Es ist gefährlich im Wald." "Was machst du denn hier draußen?" erwiderte Josh misstrauisch. "Die alte Miss Johnson hat aus dem Fenster beobachtet, dass sich hier irgendwo Leute aufhalten", sagte er. "Ach, die alte Miss Johnson und ihre Späße," sagte Dylan nervös und fügte ein wirklich sehr überzeugend wirkendes "Ah-ha-haha" hinzu. "Halt die Klappe, Dylan," flüsterte Demi leise, und ich seufzte. "Da wir das jetzt geklärt haben, können wir ja weiter. Wir haben es nämlich eilig." "Die Schule ist aber in diese Richtung." Der Junge, der immer noch im Schatten der Bäume stand, knipste seine Taschenlampe erneut an und leuchtete in die Richtung hinter uns. "Ja, aber wir wollen abhauen, bisschen feiern und Spaß haben, weißt du?" erwiderte Noah. "Das würde ich lassen," antwortete der Junge. "Ihr wisst genau, dass wir das nicht mehr können. Nicht seit dem Vorfall." Seine Stimme brach bei dem letzten Satz. "Ja, alter, klar wissen wir was los ist, aber scheiß drauf." Josh versuchte lässig zu klingen und scheiterte kläglich. Die Taschenlampe, die eigentlich auf den Boden gerichtet war, leuchtete nun mit voller Wucht in unsere Gesichter. "Ihr seid doch überhaupt nicht auf dieser Schule, Mann!" Der Junge kam wütend auf uns zu. Ich konnte überhaupt nichts mehr sehen und hielt die Hand vor mein Gesicht, um meine Augen vor dem Licht zu schützen. "Was wagt ihr es eigentlich, so 'ne Scheiße zu labern?" schrie er laut, und da begann es wieder wie aus dem Nichts zu blitzen. "Was wagt ihr euch überhaupt..." rief er und unterbrach sich dann. Ganz abrupt hörte das Licht auf, uns zu blenden, und die Lampe fiel auf den Boden. "Claire?" keuchte er, und ich weitete die Augen, als ich meinen Namen hörte. "Claire, bist du das?"







Lost in a Perfect NightmareWo Geschichten leben. Entdecke jetzt