Noah, einige Stunden zuvor.
Nach meiner Begegnung mit Claire, an dem Abend in der Küche, nahm ich mir vor, wieder Abstand von allem zu nehmen. In letzter Zeit hatte ich aus einem unerklärlichen Grund wieder zu viel Zeit in der WG verbracht und das musste ich ändern. Ich wusste nicht wieso meine Schutzmauer langsam wieder anfing zu bröckeln und wieso dieses zerbrechliche, kleine Mädchen mich dazu brachte, öfter nach Hause zu kommen, als mir lieb war. Nicht, dass man diese WG als Zuhause bezeichnen konnte. Nicht solange Josh einem ständig über den Weg lief. Wie oft hatte ich schon überlegt einfach abzuhauen und nie wieder zurückzukommen. Irgendwohin, ganz weit weg. Ich legte mich auf mein Bett und schloss die Augen. Schlafen konnte ich nicht. Nicht ohne die Alpträume in Kauf nehmen zu müssen, die mich jede Nacht aufs neue quälten. Ich schob das Kissen zur Seite, wo meine Schlaftabletten mir entgegen lächelten, wie ein süßer Fluch. Seit Wochen hatte ich sie nicht mehr genommen. Nur um mir selbst zu beweisen, dass ich stärker war. Stärker als die Tabletten, die meinen Körper über Stunden unter Kontrolle hielten und mich zum Schlaf zwangen, nur weil ich es alleine nicht schaffte. Wie lächerlich. Anstelle der Tabletten griff ich nach meinem Handy. Ich brauchte etwas, dass mir Ablenkung bescherte. Ich würde einfach losfahren und den Jungs bescheid geben. Ich verdeckte die kleinen, harmlosen Tabletten wieder mit dem Kissen. Irgendwas musste ich heute Abend noch unternehmen, das mich vom Schlafen abhalten würde.
Claire
Leyna machte sich in ihrem Zimmer fertig, während ich schnell etwas zum Anziehen aus meinem Zimmer suchte. In Eile griff ich nach einer schlichten, dunklen Jeans und einem Trägertop und lief damit zu Leyna ins Zimmer zurück. Sie stand vor ihrem Spiegel, der vom Boden bis an die Decke reichte und die gesamte rechte Seite der Wand einnahm und schminkte sich die Augenlider. Dabei fielen ihr die gelockten Haare wild um die Schulter. Ich warf die Sachen, die ich ausgesucht hatte, auf ihr Bett und setzte mich auf den bunten Hocker, der auf dem Boden stand. Das war das erste Mal, dass ich in ihrem Zimmer war und mittlerweile konnte ich sogar behaupten, dass es sehr gut zu ihr passte. An den beige gestrichenen Wänden hingen viele abstrakte Bilder und über ihrem Schreibtisch konnte man kaum noch die Wand sehen, so viele Polaroids hingen daran. Ein paar von Eric und Josh, aber auch welche mit Noah und anderen Leuten, die ich nicht kannte. Und überall standen Kerzen in den verschiedensten Größen und Formen. Ein riesiger Traumfänger hing über ihrem Bett und ein Teppich im Aztekenmuster bedeckte den kompletten Boden. "Der Traumfänger in meinem Zimmer, ist der von dir?" "Ich habe mich schon gefragt, wann es dir auffällt." Sie legte den Pinsel beiseite und begann ihre Wimpern zu tuschen. "Was hast du dir für ein Outfit ausgesucht?" Ich hielt die Sachen in die Luft und Leyna musterte sie durch den Spiegel. "Ist das ein Unterhemd?" "Nein, ein Party-Top." Sie schüttelte den Kopf, murmelte irgendwas Unverständliches vor sich hin und erhob sich dann ächzend vom Boden. Dann wühlte sie wie wild geworden in ihrem Kleiderschrank herum. "Hier", sagte sie und bewarf mich mit einem schwarzen Stofffetzen. "Was ist das?" fragte ich und hielt ihn vor mich ans Licht. "Die Art von Kleid, die du in den Müll geworfen hast." Sie selbst zog sich gerade ein weißes bauchfreies Top und einen engen Rock über und sagte dann:"Glaub ja nicht, dass ich das nicht gesehen hätte." Ich zog die Brauen zusammen und tat so, als hätte ich sie nicht gehört. "Ich will aber kein Kleid anziehen." "Na los jetzt." Sie tat ebenfalls so, als hätte sie mich nicht gehört. "Ich will endlich mit deinem Make-up anfangen."
Noah, Die Party
Jakes Villa war so voll wie noch nie.
Seine Eltern waren für eine Woche in die Karibik geflogen, um sich etwas Auszeit vom anstrengenden Alltag zu gönnen, denn mal ehrlich, wer wäre nicht gestresst davon gewesen, so viel Geld zu besitzen, dass man sich damit für den Rest seines Lebens den Arsch abwischen könnte?
Die Party war bereits vor Wochen geplant worden, kein Wunder also, dass Jakes Villa voller war als je zuvor. Die Tanzfläche füllte sich und ich sah das ein oder andere Mädchen, für das es sich lohnen würde, sich unter die Menge zu mischen. Es machte mir nichts aus, wie leicht es war. Jeder konnte machen was er wollte. Und wenn jeder machte was er wollte, und spaß dabei hatte, umso besser. Ich wollte Spaß. Ich brauchte es.
Ich näherte mich einem Mädchen und schenkte ihr ein lächeln. Sie lächelte zurück. Wir würden unseren Spaß haben.

DU LIEST GERADE
Lost in a Perfect Nightmare
De TodoWisst ihr wie es ist die Neue zu sein? Ganz von vorne Anzufangen und sein Altes Leben hinter sich zu lassen? Claire tut es, denn sie ist diejenigen, die ihr altes Leben hinter sich lassen muss, um neu anzufangen. Und eine Wahl hatte sie nicht .