Kapitel 52 - Doch keine so gute Idee

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Olivia

„Nur nochmal zu Protokoll: Ich bin immer noch nicht überzeugt von dieser Idee! Ich glaube auch nicht, dass uns irgendjemand diese Geschichte abkauft." Wir waren gerade dabei Xaviers Haus zu verlassen und auf direktem Weg zum Rudelhaus zu laufen. „Was soll schon groß passieren? Niemand wird es hinterfragen. Es wird schon gut gehen. Vertrau mir." Haa! Dass ich nicht lache. „Sehr witzig Mr. Obercool. Du musst ja nicht die Cousine dritten Grades spielen." Xavier nahm meine Hand und setzte einen Kuss auf diese. „Entspann dich. Alles wird gut. Du wirst schon sehen. Und außerdem.. wer wollte denn raus? Wir machen das hier nur wegen dir." Er sah mich schelmisch grinsend an, während ich ihm auf die Schulter schlug. „Wegen mir? Von wegen. Mir hätte auch was weniger .. aufregendes gefallen. Ich meine .. hallo?! Ich lerne dein Rudel kennen! Alle auf einmal! An einem Tag! Und das auch noch undercover! Das ist ja wohl mehr als nur beunruhigend." Meine Hände fingen an zu schwitzen, weswegen ich sie mir an der Jeans abwischte. >Ich bin so aufgeregt! Das wird der erste Auftritt als Luna für uns sein.< Oh nein! Sicher nicht. Wir sind hier nicht als Xaviers Gefährtin! Schlag dir das mal ganz schnell wieder aus deinem Erbsenhirn! „Hey? Olive ..? Olivia?" Ich drehte mich perplex um. „Was?" Doch Xavier schüttelte nur mit dem Kopf. „Bleib stehen." Ich stoppte in meiner Bewegung und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Was ist?" Er legte den Kopf schief und kam auf mich zu. „Komm her." Ich schüttelte den Kopf und blickte in die Ferne, doch da kam er bereits auf mich zu und drückte mich an seine warme Brust. „Du brauchst dir keine Gedanken zu machen. Absolut nicht. Ich werde immer in deiner Nähe sein und Lisa auch. Es wird nichts passieren." Ich rümpfte die Nase. „Sei dir da mal nicht so sicher." Er schüttelte lächelnd den Kopf.
„Und außerdem .. uns kauft erst recht keiner die Geschichte ab, wenn er uns hier stehen und uns gegenseitig umarmen sieht. Und wenn du ständig in meiner Nähe bist, werden doch auch manche Verdacht schöpfen." Ich sah durch meine Wimpern zu ihm auf und wartete seine Reaktion ab. „Ich bin immer noch der Alpha, schon vergessen? Niemand wird es wagen das, was ich sage oder tue in Frage zu stellen. Niemand." Ich seufzte resigniert. „Trotzdem sollten wir körperliche Berührungen auf das geringste beschränken. Ich will nicht, dass sie mich als deine Gefährtin betrachten oder als Luna des Rudels. Ich will einfach nur Olivia sein. Nur Olivia." Sein lächeln verblasste aber er nickte verstehend. „Ich verstehe. Dann sind wir ab jetzt Xavier, der Alpha und Olivia, eine Fremde." Ich schlug ihm wieder spielerisch auf die Schulter. „So fremd nun auch wieder nicht." Wir lachten beide und liefen weiter Richtung Rudelhaus.

Als wir nach knappen zehn Minuten dort angekommen sind, herrschte bereits ein reges Treiben. Kein Wunder. Heute Abend war es bereits so weit, also musste bis dahin alles fertig werden. Dieses Event, die Wintersonnenwende scheint hier ein echtes Erlebnis zu sein. Eine Art Zeremonie, welche eine neue Saison einläutet. So zu mindestens Xavier. Was auch immer das alles bedeuten sollte. Ich verstand davon noch nicht wirklich viel. Jedenfalls näherten wir uns der großen Eingangstür und ich spürte bereits die ersten Blicke auf mir und Xavier. Ganz zu schweigen von dem ganzen Getuschel. „Ahhh! Da seid ihr ja! Man ist das schön dich wieder zu sehen! Wie lange ist es jetzt schon her? Viel zu lange, wenn du mich fragst!" Eine kreischende Lisa kam auf mich zu gerannt und drückte mich ganz fest an sich. „Danke, dass du meine kleine Cousine vom Bahnhof abgeholt hast, Xavier." Lisa zwinkerte meinem Gefährten zu, was er mit einem Kopfnicken abtat. „Keine Ursache. War eh ein Weg." Ich konnte nur mit den Augen rollen. „Von wegen ein Weg." Doch Lisa pikste mir sofort in die Seite. „Pssst. Spiel einfach mit." Xavier nickte erneut. „Guut, ihr wisst ja was zu tun ist. Lisa, zeigst du Olivia bitte, wie es hier so zugeht? Es gibt noch genügend zu tun." Mit diesen Worten verließ uns Xavier und ließ mich mit der breit grinsenden Lisa zurück.

„Na komm! Ich zeig dir alles. Das wird bestimmt spaßig. Wir haben uns so viel zu erzählen!" Und schon zog sie mich mit sich und fing an willkürlich durch die Räume zu laufen und mir alles zu erklären. „Hier ist der Speiseraum. Und da die Küche. Nebenan ist das Büro von Xander und gegenüber das von Xavier. Am anderen Ende des Flurs findest du die Toiletten. Da geht es raus zum Garten und dort oben wohnen die übrigen Rudelmitglieder." Sie sprach ohne Punkt und Komma. Ich machte mir manchmal sogar schon Gedanken, ob sie überhaupt atmete. „Sooo und hier werden wir jetzt helfen." Sie deutete auf den Speisesaal, welcher riesig erschien. Der Boden war mit Parkett im Fischgrätenmuster ausgelegt, während die Decken meterhoch und mit Stuck verziert waren. Man konnte durch die großen, bodenhohen Fenster in den Wald hinaussehen, welche zeitgleich bei Tage genug Licht in den Raum ließen. An den Decken hingen riesige Kronleuchter, die bei Nacht die Aufgabe des Tageslichtes übernahmen. Doch mir blieb kaum Zeit mich weiter umzusehen, da mich Lisa bereits zu einer großen Kiste schob, in der Unmengen an Dekorationen verstaut waren. „Das ist nicht dein Ernst." Erwähnte ich leicht weinerlich und sah mir die Massen an Kerzen, verknoteten Lichterketten und Blättergirlanden an. „Oh doch und du wirst mir helfen. Denn ich darf leider nicht auf die Leiter rauf. Verbot vom Beta des Rudels!" Sie grinste mich schelmisch an, was mich die Unterlippe vorschieben ließ.

„Wenn der Beta zeitgleich dein Ehemann ist, verliert das Argument an Gewicht." Doch sie wank nur ab. „Willst du etwa die Führung in Frage stellen?" Ich zog eine Augenbraue hoch. Dann lachten wir beide. Ich hatte schon mehr als einmal „die Führung" in Frage gestellt. Das war schon lange nichts neues. Nachdem wir uns also wieder beruhigt hatten, hielt sie mir die erste Girlande hin, welche ich entmutigt entgegennahm. Dann mal los, dachte ich mir und stieg die Leiter rauf, um die Dekoration an den dafür vorgesehenen Haken und Ringen zu befestigen, ehe ich das Gleiche mit der Lichterkette tat. Auch wenn ich sowas mehr als verabscheue, so hatte das alles dennoch einen Vorteil. Denn während dieser ganzen Dekorationsaktion, hatte ich genug Zeit, um meine Sinne zu schärfen und auszutesten, so wie es Ophelia bezeichnete. Sie meinte, ich hätte das schon viel zu lange hinausgezögert und würde einiges verpassen. Von wegen. Auf das, was ich bis jetzt gehört hatte, konnte ich auch gut und gerne verzichten. Ich stieg also ein weiteres Mal von der Leiter herunter, um mir weitere Girlanden und Lichterketten zu schnappen, als eine kleine Frau auf Lisa zugestürmt kam und sie eilig mit sich zog. „Kommst du alleine klar?" Rief sie mir noch hinterher, doch ich hatte keine Chance zu antworten. Hatte ich denn überhaupt eine Wahl? Dachte ich mir und stieg die Treppen wieder rauf. Doch was daraufhin in meine Gehörgänge gelangte, machte mich aufmerksam und neugierig nach mehr.

„Hast du schon die Neue gesehen?"
„Ja. Sie ist heute Morgen angekommen."
„Mit dem Alpha! Ist das zu glauben?"
„Sowas macht er doch sonst nie."
„Ja, er hat gar keine Zeit dafür."
„Einfach so eine beliebige, dahergelaufene Wölfin abholen."
Ich rollte nur mit den Augen, wenn die wüssten.

„Hat er bestimmt nur wegen seiner Schwägerin gemacht."
„Genau."
„Als ob er Interesse an ihr hätte."
„Seht sie euch doch mal an."
„So dürr und abgemagert."
„Meine Kurven mochte er damals."
„Und meine Größe erst."
„Oh jaa!"
„Sowie deine schönen, blonden Haare, Süße."

Ich verschluckte mich leicht an meiner eigenen Spucke und hustete auf dem Weg nach unten. „Nicht mal atmen kann sie." Jetzt lachten alle vier Barbies als hätten sie den Witz des Jahrhunderts gerissen. Dennoch ließ mich ihr gesagtes nicht los. Meine Kurven mochte er? Und meine Größe? Schönen blonden Haare? Ich versuchte mich zu beruhigen und mir nichts daraus zu machen. Dennoch musste ich mir selbst eingestehen, dass ich weder Kurven noch Größe und schon gar keine blonden Haare hatte. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, redeten sie schon weiter.

„Ich bin ja so neidisch. Ihr hattet wenigstens eine Saison mit ihm. Ich hingegen durfte ihn immer nur aus der Ferne beobachten."
„Ach Samantha!"
„Komm schon! So besonders war das nun auch nicht!"
„Genau!"
„Belügt euch ruhig weiter!"
„Ich wäre gerne die Luna dieses Rudels. Nur um jeden Tag mit diesem Gott von einem Werwolf Babys zu machen."

Und wieder lachten sie. Okay, das wird mir jetzt zu viel. Ich kletterte die Leiter so schnell herunter, wie ich konnte und lief aus dem Speisesaal. Doch was mich auf dem Flur erwartete, machte die ganze Situation nur noch schlimmer.

„Ich wette sie ist seine Auserwählte für die Saison."
„Ich wäre auch so gerne mal eine von seinen Auserwählten."
„Das muss ein tolles Gefühl sein."
„Na ja .. und wenn sie vorbei ist .. sieht er dich nicht mal mehr eine Sekunde an."
„Ich wette er lässt sie genauso fallen, wie die anderen. Cousine hin oder her."
„Ja, wahrscheinlich."
„Habt ihr gesehen, wie er sie vorhin angesehen hat?"
„Oder? Als wäre sie ein Stück Fleisch .. na ja .."
„Fleisch ist wohl etwas übertrieben!"
„Genau, die ist ja nur Haut und Knochen!"
„Also ich weiß wirklich nicht, was er mit der will. Ich könnte es ihm viel besser besorgen."
„Wahrscheinlich ist sie sogar noch Jungfrau!"
„Das würde das dann aber sein Interesse erklären."
„Stimmt. Wir wissen ja alle, wie Xavier ist."
„Jungfrauen hat er am liebsten zum Frühstück."

Und wieder lachten sie. Ich hatte mich die ganze Zeit bedeckt gehalten, doch jetzt war es endgültig vorbei. Ich lief schnellen Schrittes an ihnen vorbei und steuerte die Toiletten am anderen Ende des Flures an. Dort stürmte ich in die letzte Kabine und verriegelte diese, ehe ich mich auf dem Toilettensitz zusammenkauerte und meinen Kopf in meinen Knien vergrub. Danach fing ich auch schon an zu schluchzten.

Der Hass meiner Gefährtin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt