Kapitel 24 - Verpestete Luft

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Olivia

Nachdem ich mich im Wald wieder einigermaßen gefasst hatte und mir sicher war, ich würde den Nachhauseweg ohne Probleme durchstehen, schleppte ich mich Richtung Haus, ehe ich die Tür aufschloss und mich gegen diese lehnte. Was war das bitte für ein Abend? Stellte ich mich selbst zur Rede, ohne wirklich eine Antwort darauf zu haben. Dieser verdammte Typ und sein wölfisches Getue gehen mir langsam aber sicher auf den Keks. Ich habe es satt, wie ein Objekt behandelt zu werden, welchem die Entscheidungsfreiheit genommen wird. Noch deutlicher kann ich es ja wohl nicht machen. Ich habe ihm gesagt, das ich nichts mit ihm und dieser Verbindung zu tun haben will. Habe ihm gezeigt, dass er mich kein Stück interessiert und ihn ignoriert. Langsam fällt mir echt nichts mehr ein, was ich noch tun könnte, um ihm zu verdeutlichen, dass das zwischen uns niemals funktionieren wird. Während ich mich also langsam meiner Jacke sowie meinen Stiefeln entledigte, lief ich ruhigen Schrittes in Richtung Gewächszimmer, wo ich die gesammelten Setzlinge einpflanzte und goss, ehe ich nach oben lief und mich bettfertig machte. Meine Vorhänge waren mittlerweile seit über einer Woche dauerhaft zugezogen. Ich konnte einfach nicht mit dem Gedanken einschlafen, dass er in mein Zimmer sehen konnte. Wer weiß, was ihm dann wieder einfallen würde. Wahrscheinlich würde er das noch als Einladung interpretieren und hier hochkommen. Nein, danke. Das brauche ich nun wirklich nicht.

Ich legte mich also sowohl erschöpft als auch frustriert in mein Bett, während ich mir Gedanken darüber machte, wie ich ihn weiterhin auf Abstand halten kann. Irgendwie muss ich es schaffen, dass er mich hasst. Ich muss etwas tun, was er unter keinen Umständen und niemals gutheißen darf und kann. Etwas, was sowohl ihm als auch seine Sippe von Wölfen schadet. Ich muss ihn verletzten, tief im Herzen. Nur so werde ich es schaffen, dass er mich freiwillig gehen lässt. Während ich also bereits Pläne schmiedete, wie ich das am Besten anstellen könnte, holte mich meine Müdigkeit langsam ein, bis ich letztendlich die Augen schloss und von der Dunkelheit eingenommen wurde.


Am nächsten Morgen bin ich nicht wirklich ausgeschlafen und nach einer unruhigen Nacht, widerwillig aufgestanden, ehe ich mich in das Bad geschleppt hatte, wo ich mich halbwegs ansehnlich herrichtete. Anschließend zog ich mir meine Standardklamotten an, was so viel bedeutet wie eine weite Jeans sowie einen gemütlichen Hoodie. Zum Schluss schnappte ich mir noch meinen Rucksack, welchen ich schulterte, bis ich die Treppen nach unten lief, um mir aus der Küche was kleines zum Essen mitzunehmen. Meine Mutter wird noch die nächsten drei Tage unterwegs sein, weswegen ich allein zuhause sein werde. Was mich jedoch nicht weiter stören sollte. Immer hin bin ich alt genug, um auf mich selbst aufzupassen.

Xavier

Ich stand nur einen Kilometer von dem Haus entfernt. Ich wollte nicht, dass sie mich sah oder meine Anwesenheit aufgrund der Gefährtenbindung spürte. Durch meine wölfischen Fähigkeiten war es mir aber dennoch möglich, trotz der Entfernung, jedes noch so kleine Detail zu erkennen und zu erspüren. Ich sah, wie sie in ihrem Zimmer herumwirtschaftete. Hörte wie sie die Treppen nach unten lief, ehe sie die Tür zuzog und sich auf ihr Fahrrad schwang, um davon zu radeln. Ich wartete noch kurz, bis sie außer Reichweite war und zeitlich gesehen in Ballymahon angekommen sein sollte, ehe ich mich auf den Weg zu dem Waldhaus machte. Dort angekommen, stellte ich noch einmal sicher, dass es wirklich leer war, klingelte an der Tür und sah durch alle Fenster. Nachdem ich alles überprüft hatte, kletterte ich auf den Baum, nur wenige Meter von ihrem Fenster entfernt, ehe ich über einen dicken Ast zu ihrem Fenster gelang. Ich überprüfte, ob sie das Fenster abgeschlossen hatte oder sogar ein Schloss angebaut hatte, was ihr durchaus zuzutrauen war, ehe ich mithilfe meiner Kralle das Scharnier knackte und mich über die Fensterbank in ihr Zimmer schwang. Drinnen angekommen, sah ich mich kurz um, ehe ich ihren intensiven Duft einsog. Baumwolle, Wildblumen und noch etwas. Ein Hauch von Lilien. Ich schloss die Augen, bis ich mich wieder daran erinnerte, wieso ich eigentlich hier war. Ich sah mich also genauer in dem Raum um und dachte darüber nach, wo man etwas Medikamentenartiges verstauen würde.

Als erstes kam mir das Bad in den Sinn, also trat ich durch eine Tür in ihrem Zimmer in dieses und durchsuchte die Schränke, bedacht darauf, nichts zu verändern oder gar umzustoßen und kaputt zu machen. Doch bis auf Hygieneartikel und Putzzeug konnte ich nichts außergewöhnliches entdecken. Also ging ich zurück in ihr Zimmer und sah mir ihren Nachtschrank genauer an. Dort standen eine Lampe sowie eine Uhr. Bei dem Rest handelte es sich um unnützes zeug, was Frauen ebenso besaßen. Ich durchwühlte also auch die Schubkästen, doch bis auf Bücher, Taschentücher und Frauengedöns fand ich nichts, was mich interessieren könnte. Ich drehte mich also mehrfach und sah mich ein weiteres Mal um. Im Kleiderschrank wird sie wohl kaum eine Kräutermischung verstecken. Mein Blickt schweifte also zum Schreibtisch, auf welchen ich zuging. Zuerst widmete ich mich der Tür, welche sich links befand. Dort waren aber nur leere Blöcke, loses Papier oder Schulbücher zu finden. Ich schnaufte bereits frustriert auf, da meine Suche bisher wenig Ergebnisse hervorbrachte. Ich schloss also die Tür und widmete mich den drei Schubfächern rechts, wobei ich oben anfing. Im ersten Fach fand ich nur Büroklammern, einen Locher sowie Tacker und jede Menge Stifte aller Art. Ich schob dieses Schubfach also wieder zu, ehe ich mich dem zweiten widmete. Doch auch dort fand ich nichts spannendes, weswegen ich es etwas gewaltsamer zu schob.

Ich atmete tief ein und aus und versuchte mich zusammenzureißen. Sei doch froh, wenn du hier nichts findest. Dann hat sie zu mindestens kein Mittel entwickelt, welches die Existenz deiner Spezies gefährdet. Damit wäre das andere Problem zwar immer noch nicht geklärt, aber dafür hätten wir dann genug Zeit. Ich öffnete also wieder die Augen, welche ich unbewusst geschlossen hatte, ehe ich das letzte Schubfach öffnete. Dort befand sich ein Notizbuch, welches ich zunächst nicht beachtete, bis mir eine grüne Blechkiste ins Auge stach. Ich zog sie also heraus und öffnete sie, als mich der Schlag traf. Mir schoss ein stechender Geruch entgegen, welcher mir meine Nasenhaare verätzte. Ich kniff die Augen automatisch zusammen und stellte die Kiste auf dem Schreibtisch ab, ehe ich etwas Abstand nahm. Was zum Teufel, dachte ich mir als ich den Inhalt näher betrachtete. Dort drinnen befanden sich abgerissenes Papier, welches beschrieben wurden, getrocknete Blätter, Blüten und Wurzeln, welche sich zu einem grausamen Geruch vermischten. Ich hielt mir den Arm vor die Nase und setzte eine Sonnenbrille auf, welche ich auf dem Kopf trug. Anschließend trat ich auf die Kiste zu und musterte den Rest des Inhalts. Dort befanden sich kleine Probengläschen, in denen Flüssigkeiten gelagert wurden. Ich nahm sie widerwillig in die Hände, bedacht darauf mit keiner dieser Flüssigkeiten in Kontakt zu treten und tröpfelte jeweils einen Tropfen auf eine Glasscheibe, welche mir Atlas mitgegeben hatte. Anschließend versiegelte ich sie, wie er es nannte und steckte sie in eine Hülle.

Innerlich betete ich zur Mondgöttin, dass es nicht das war, was ich glaubte, doch insgeheim kannte ich die Antwort bereits. Nachdem ich die Fläschchen dann wieder zurückgelegt hatte, sah ich mir noch schnell die Zettel an, welche anscheinend mit chemischen Formeln beschrieben wurden, da ich davon jedoch keine Ahnung hatte, fotografierte ich diese schnell ab, ehe ich alles wieder zurück an Ort und Stelle legte. Doch gerade als ich das Fach schließen wollte, fiel mir eine dunkelgrüne Flasche auf, mit einer spitzen gummiförmigen Kappe. Ich nahm auch dieses Gefäß in die Hand, als mich ein Kribbeln in den Fingerspitzen erreichte. Im Gegensatz zu den Funken, welche ich spürte, wenn ich Olive berührte, war dieses Gefühl nicht angenehm, sondern zwickte leicht. Ich schloss frustriert die Augen und musste mich zusammenreißen, diesen Glasflakon nicht in der Hand zu zerdrücken. Ich kannte dieses Gefühl nur allzu gut und wusste daher genau, was es war. Wolfswurz. Mein Vater hat es mir so lange gespritzt, bis ich immun dagegen wurde. Im Gegensatz zu anderen Werwölfen, verletzt es mich jedoch nicht und tötet mich auch nicht. Nach dieser ersten „erfolgreichen Behandlung", so wie er es nannte, machte er das gleiche mit flüssigem Silber. Ich erinnere mich noch heute an meine Schmerzensschreie, welche nächtlich die Zellen erfüllten, in denen er mich eingeschlossen hatte. Ich tröpfelte also auch von dieser Flüssigkeit etwas auf ein Glasplättchen, ehe ich es versiegelt zu den anderen in die Transportbox legte.

Nachdem ich fertig war, stellte ich alles zurück, was mir mehr als schwerfiel. Am liebsten hätte ich alles aus dieser Kiste verbrannt. Doch ich musste jetzt diplomatisch handeln und die gesammelten Proben von dem Labor auswerten lassen. Erst nachdem ich die Ergebnisse erhalten habe, kann ich mir Gedanken machen, wie ich mit der ganzen Sache umgehe und mich um die Umsetzung der Konsequenzen kümmern. Bis dahin heißt es abwarten und Ruhe bewahren. Was einfacher gesagt war als getan. Denn Xenon drehte gerade durch, bei dem Gedanken daran, dass uns Olivia durch diese Kräutermischung auf Abstand hielt und der Verbindung strotzen konnte. Natürlich war er auch enttäuscht aber genauso wütend. Ein Glück war immer ich der klügere von uns beiden, welcher nicht immer aus einer Laune heraus handelte. Auch wenn das Alphas nur zu gern nachgesagt wird. Nachdem ich also alles hatte, was ich brauchte, verließ ich das Zimmer und lief die Treppen nach unten, um einen kurzen Blick in ihr Gewächshaus zu werfen. Atlas hatte mir ebenfalls empfohlen, eine paar Bilder von den dort ansässigen Pflanzen zu machen. Wer weiß, was sie dort noch alles anbaute und zusammenbraute. Wir können uns nicht um noch mehr mysteriöse Substanzen kümmern, welche unsere Existenz bedrohten. Eine reicht dabei völlig aus, sollte es das sein, was ich vermute. Nachdem ich also alles abgelichtet hatte, verschloss ich auch diese Tür wieder, ehe ich über die Haustür das Haus verließ. Mithilfe eines verwandelten Fingers drehte ich das Schloss wieder zurück und machte mich auf direktem Weg zum Rudel, um Atlas die Proben zu übergeben.

Olivia

Nach einem anstrengenden Tag in der Uni machte ich mich völlig übermüdet auf den Nachhauseweg und versuchte bereits im Bus ein paar Aufgabe zu erledigen. Der ganze Tag bestand eigentlich nur aus Klausuren, Präsentationen sowie Experimenten. Von acht bis sechzehn Uhr, was definitiv meine Aufmerksamkeitsspanne überschritt. Beim Experimentieren hätte ich sogar fast die falschen Substanzen miteinander vermischt, wenn mich mein Laborpartner nicht noch in letzter Sekunde davon abgehalten hätte. Ich sollte in Zukunft definitiv früher schlafen gehen und aufhören an diesen blöden Wolf zu denken, welcher mir meinen kostbaren Schlaf raubt. Ja, richtig verstanden. Es reicht ja nicht aus, dass er mich schon in meinem wachen Zustand zur Weißglut treibt, nein. Er verfolgt mich bis in meine Träume und raupt mir kostbare Schlafenszeit. Während ich also meine Notizen zuschlage, da ich mir eingestehen muss, dass da heute nichts gescheites mehr aus meinem Kopf heraus kommen wird, schmiede ich weiter an meinem Plan, Xavier dazu zu bringen mich zu hassen. Und ich muss zugeben, dass ich echt einen verdammt guten Plan ausgetüftelt habe, bis jetzt zu mindestens. Natürlich gibt es noch ein paar Feinheiten, welche durchdacht und geplant werden müssen, aber ansonsten bin ich mir ziemlich sicher, dass ich ihn so endgültig von mir fernhalten kann und er danach sicher nichts mehr mit mir zu tun haben will.

Der Hass meiner Gefährtin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt