Kapitel 9 - Erkenntnisse

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Olivia

Ich saß mittlerweile auf meinem Bett, das Notizbuch vor mir liegend und auf die Skizze starrend. Ich hatte alle Informationen aufgeschrieben. Alles, was ich wusste. Alles, was ich vermutete. Und jetzt saß ich hier, vor nicht vollendeten Tatsachen und Zusammenhängen, die ich nicht wirklich verstand. Wieso hat mich der Wolf im Wald nicht in Ruhe gelassen? Warum war er allein unterwegs? Was hat Noah damit zu tun und von wem hat der Alpha gesprochen? Wie hängt das alles zusammen? Ich saß bereits seit drei Stunden in meinem Zimmer und kam zu keinem Fortschritt. Meine Beine fingen schon an zu kribbeln und signalisierten mir, mich zu bewegen. Vieleicht hilft ein kleiner Spaziergang im Wald. Die frische Luft, die Bewegung. Das regt die Nerven an und hilft mir vielleicht beim Nachdenken. Also stand ich von meinem Bett auf, klappte das Notizbuch zusammen und zog mir etwas warmes und gemütliches an, ehe ich die Treppen nach unten lief und in meine Boots schlüpfte. Zum Schluss nahm ich mir noch meinen Schlüssel mit, ehe mich die kühle Nachtluft empfing. Das letzte Mal bin ich Richtung Süd-Osten gelaufen, vielleicht sollte ich heute Richtung Norden laufen. Also machte ich mich auf und erkundete die Umgebung, in der nie die Sonne schien. Es war bereits später Abend, weswegen die Rufe der Eulen die Nacht erhellten. Ab und zu raschelte eine Maus oder ein Hase im heruntergefallenen Laub. Ich genoss die Frische Nachtluft, ehe ich mich dazu entschied Kopfhörer in die Ohren zu stecken und den Wald mit Musik zu erkunden.

Das half mir schon immer dabei, endlich wieder klar im Kopf zu werden. Ich balancierte also auf umgefallenen Bäumen, sprang über Hügel, fühlte die Baumrinden unter meinen Fingern und blickte in die dunkle Nacht. Der Himmel war tiefschwarz gefärbt. Die Sterne flackerten und der Mond erhellte die Umgebung. Ein Bild, welches ich mir nur zu gern ansah. Ich lehnte mich an einen Baumstamm und genoss die tiefen Klänge der Musik, welche meinen Körper zum beben brachten. Jedes Mal, wenn ich Musik höre, fangen meine Muskeln an zu zucken. Ich bekomme eine Gänsehaut und hab das Bedürfnis mitzusummen. Mich zu der Melodie im Takt zu bewegen und diesen Moment festzuhalten. Diese Momente sind die wenigen, in denen ich loslassen kann, also tat ich es. Ich hielt das Handy in der Hand, balancierte auf Steinen, sprang über umgefallene Bäume und bewegte mich zum Takt der Musik. Ich fühlte den Moment und war ganz ich selbst. Doch als plötzlich Running With The Wolves von Aurora angespielt wurde, blieb ich abrupt stehen. Ich riss mir die Kopfhörer aus den Ohren und blickte mich panisch um. Ich drehte mich im Kreis und versuchte den Wald abzusuchen. Gerade als ich dachte nichts außergewöhnliches entdeckt zu haben, wollte ich meinen Gang fortsetzten als sich mir ein großer schwarzer Wolf in den Weg stellte. „Hallo, Menschlein." Vor Schreck ließ ich mein Handy fallen, welches natürlich direkt auf einen Stein fiel.

„Scheiße verdammt! Warum erschreckst du mich so?!" Fuhr ich den Wolf an und fasste mir an mein wild pochendes Herz. „Ach, jetzt sind wir schon beim DU?" Lachte mich das Monster vor mir an und ging einen Schritt auf mich zu. „Bleib mir fern!" Keifte ich und wischte mir über die Stirn. „Du hast da was fallen lassen." Wies er mich auf mein Handy hin, welches immer noch auf dem Boden lag. Ich hob es auf und fluchte leise vor mich hin. Das Display war komplett zersplittert. Ein Wunder, dass es noch anging. Ich steckte es also wütend in die Tasche und lief zurück Richtung Haus. „Ist alles in Ordnung?" Fragte mich der Wolf und folgte mir. „Habe ich dir nicht gesagt, dass ich dich nicht wiedersehen will?" Paffte ich ihn an und setzte meinen Weg fort. „Nein hast du nicht. Ich zitiere: Auf nimmer wieder sehen. Doch wie es der Zufall so will, sind wir uns wieder über den Weg gelaufen." Ich konnte seinen Schwanz praktisch wedeln hören. Seine Aussage brachte mich jedoch dazu stehen zu bleiben. „Wie es der Zufall so will? Du meinst wohl dich! Immerhin hast du dich mir in den Weg gestellt, weswegen ich mich zu Tode erschrocken habe! Und deswegen ist jetzt auch noch mein Handy schrott!" Ich sah ihn kurz wütend an, ehe ich mich wieder umdrehte und weiterlief. „Also wenn du mich fragst, hast du genug für heute angerichtet. Du kannst gerne wieder gehen."

Der Hass meiner Gefährtin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt