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~Fianna~

Die Augen können lachen, wenn das Herz weint. Der Mund kann schweigen, wenn die Seele schreit. Der Geist kann brechen, wenn der Körper heilt...

...

Tristans kalte, meerblaue Augen starren mich an. Er sitzt auf einem kleinen klapprigen Bett - ähnlich dem im Turmzimmer. Um seinen linken Fuß schlingt sich eine metallene Fessel, die mithilfe einer Kette in der Wand hinter ihm verankert ist. Hass ist ganz eindeutig in seinen Zügen zu lesen, aber die Angst scheint zu überwiegen und ihn von impulsiven Handlungen zurückzuhalten.

Aber was macht er hier?! Wieso hat Blake Tristan einsperren lassen?

Anscheinend hält seine Furcht Tristan nun doch nicht mehr zurück, denn er steht auf und kommt, soweit die Kette es ihm erlaubt, auf mich zu und lehnt sich noch ein Stück weit nach vorn. »Du dreckige, verlogene...«, setzt Tristan an, verstummt allerdings, als ich ihm meine Fangzähne zeige.

»Was macht er hier?«, zische ich Blake flüsternd zu, wende den Blick jedoch nicht von Tristan ab, der mich mit ebenso viel Abscheu mustert, wie ich ihn.

»Hätte ich ihn dort gelassen, hätte er als Zeuge getaugt. Also sei lieber froh, dass ich ihn hierher gebracht habe.«, flüstert Blake zurück.

Tristan sieht - aufgebracht, dass wir ihn aus dem Gespräch ausschließen - zwischen mir und Blake hin und her.

»Wenn ihr schon über mich richtet, würde ich gern auch mit einbezogen werden!«, knurrt Tristan.

»Hmm.«, macht Blake überrascht. »Er scheint sich schnell von dem Schock erholt zu haben.«

»Allerdings.« Auch ich bin verblüfft, wie schnell er sich mit der Existenz von Vampiren abgefunden hat. Und damit, dass er eingesperrt wurde.

Als ich jedoch wieder in seine Augen sehe, vernehme ich immer noch die Furcht darin - und einen dünnen, glänzenden Schleier. Er mag sich kühn verhalten, aber in seinem Inneren sieht es anders aus. Wie schon immer, wird mir klar. Selbst damals, als ich das erste Mal sein widerwärtiges Lächeln sah, wusste ich, dass ihm nicht danach zumute war. Wenn man die richtigen Zeichen erkennt, kann man in Tristan lesen, wie in einem offenen Buch.

Oh Mann, ich will kein Mitleid mit ihm haben. Um keinen Preis. Aber... »Was wird mit ihm passieren?«, frage ich Blake.

»Das ist deine Entscheidung.«, erwidert dieser. »Aber damit dir eines klar ist, gehen lassen können wir ihn nicht. Er hat zu viel gesehen.«

Ich höre Kettengerassel, als Tristan sich wieder zurückzieht und auf das Bett sinken lässt. So verwundbar habe ich ihn zuvor nie gesehen. Verdammt noch Mal! Kein Mitleid! Er hat es nicht verdient! Niemals!

»Was wäre denn möglich?«, hake ich weiter nach. Muss man die Details immer so aus ihm herausquetschen?

»Na ja, du kannst sein Blut trinken. Jetzt, wenn es noch frisch und warm ist, oder ich zapfe es dir ab, falls du das nicht über dich bringst. Du kannst ihn aber auch in dieser Zelle verrotten lassen.« Ich versuche nicht das Gesicht zu verziehen, bei Blakes Vorschlägen.

»Ich bin hier! Ihr könnt auch direkt mit mir reden, statt über mich!«, ruft Tristan.

Blitzschnell stehe ich vor ihm und setze meine Hände an seine Kehle. »Du hast auch immer nur über mich geredet!« Seine Worte haben mich zu wütend gemacht, das konnte ich nicht bei mir behalten. »Und wenn dir dein Leben lieb ist, gibst du dir besser ganz viel Mühe, mich nicht zu reizen.«

Sign Of The Crescent Moon | Those Void Words Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt