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~Fianna~

Vertrauen ist die Grundlage jeder Freundschaft. Und wenn es nicht mehr da ist, führt es ebenso zu ihrem Ende.

...

Ich schlafe die Nacht nicht. Ich bin nicht müde und vielleicht braucht man ja auch gar keinen Schlaf mehr, wenn man tot ist. Aber auch das Heimweh nagt an mir. Natürlich habe ich schon auf Klassenfahrten geschlafen, aber dort weiß ich, dass ich wieder nach Hause komme. Gewissheit zu haben, dass ich kein Zuhause mehr habe - nie eines hatte - ist etwas ganz anderes. Diese Gedanken plagen mich die ganze Nacht und ich fühle mich einfach nur davon erschlagen.

Am Morgen habe ich tatsächlich noch ein paar Stunden geschlafen. Dennoch fühle ich mich weiterhin nicht wirklich müde nur... erschöpft. Auf dem kleinen Tisch am Fuße des Bettes steht jetzt ein Glas, das mir klar macht, dass Blake hier gewesen sein muss, während ich geschlafen habe. Ich rieche das Blut darin. Ich will gar nicht wissen, wie er es bekommt. Ich hebe es an meine Lippen und nippe daran. Es ist mir immer noch unbegreiflich, wie so etwas Abstoßendes so unglaublich schmecken kann. Ich fühle mich danach gleich viel kräftiger.

Daneben entdecke ich einen handgeschriebenen Zettel, der wohl ebenfalls von Blake stammen muss. Stirnrunzelnd betrachte ich das vergilbte Papier. Er scheint wohl schon länger kein neues mehr gekauft zu haben.

Ich hab mir das Recht rausgenommen, dir dein Frühstück zu bringen. Du kannst mir später danken. Wir treffen uns, sobald du kannst, vor dem Palast.
Blake

Na gut, so schlimm kann es nicht werden. Zaghaft verlasse ich das Bett und merke erst, als ich duschen möchte, dass das wohl auch nicht mehr so oft nötig sein wird. Schließlich kann ich wohl kaum schwitzen, wenn ich tot bin, oder? Jetzt wäre es ohnehin egal, denn ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo sich in diesem Palast ein Bad befinden könnte. Meine Klamotten möchte ich allerdings sehr wohl wechseln.

In dem Schrank, der an der gegenüberliegenden Wand steht, finde ich weitere aus Leder gefertigte Kleidung. Ich hoffe, es ist Kunstleder, denn ich finde es absolut nicht in Ordnung, Tiere für ein paar Kleidungsstücke zu töten. Aber ich habe einen Menschen getötet... Ich weiß nicht, ob das besser ist.

Die Sachen passen mir wie angegossen. Ob Blake sie auch gebracht hat? Diese Fürsorglichkeit passt irgendwie nicht in mein Bild von ihm. Allerdings ist es auch beunruhigend, dass er weiß, welche Größe ich habe...

Die Sonne steht hoch am Himmel, als ich den Palast verlasse. Der Wind weht um mich, jedoch friere ich nicht. Die Sonne auf meiner Haut fühlt sich im Gegensatz dazu sehr warm an. Ich höre Autos hupen, Menschen klagen und Fenster, die durch den Wind zu schlagen. Plötzlich werde ich nach hinten gerissen und in den Häuserschatten gezogen, wobei ich gegen eine Wand falle.


»Hey!«, fahre ich Blake zornig an. »Warum hast du das gemacht?!«

»Ich dachte, du würdest ungern gleich einen weiteren Menschen töten, weil dir das Blut ausgeht.«, knurrt Blake. Ich ziehe verwirrt die Augenbrauen zusammen. Er seufzt. »Die Sonne vernichtet dich zwar nicht sofort, aber sie lässt alle Flüssigkeit in deinem Körper in Rekordzeit verdunsten. Dann bräuchtest du schnell neues Blut oder du bist richtig tot.«

Richtig tot.

Ich schweige. Ich traue mich nicht etwas zu sagen, denn eigentlich hat er mir geholfen. Allerdings frage ich mich langsam, warum er mich hierher beordert hat.

Blake öffnet einen Anthrazitfarbenen Sonnenschirm und tritt aus dem Schatten. Mir hält er ebenfalls einen hin. Ich öffne ihn und folge Blake.

Nach ein paar Minuten frage ich ihn: »Wohin gehen wir eigentlich?«

Sign Of The Crescent Moon | Those Void Words Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt