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~Fianna~

Es gibt die Fehler, aus denen wir lernen. Und es gibt jene, die unverzeihlich sind.

...

Frische Luft umfängt mich und der Wind säuselt in meinen Ohren. Ich habe es geschafft. Ich kann es selbst kaum fassen, dass ich den Ausgang aus diesem riesigen Gebäude gefunden habe - ohne dabei von Blake erwischt zu werden. Erschöpft stütze ich mich mit den Armen auf den Knien ab und versuche mich zu beruhigen. Aber es geht nicht. Ich kann das, was passiert ist, nicht einfach vergessen. Es ist zu gravierend.

»Warum bist du weggerannt, Darling?« Plötzlich steht Blake vor mir. Er sieht nicht aus, als hätte er mich gesucht. Also war das auch wieder nur eines seiner Spielchen, um mich in Sicherheit zu wiegen. »Du sahst aus, als hättest du vor irgendwas Panik bekommen.«

Ich zeige ihm den Mittelfinger. Er weiß ganz genau, warum ich aus dem Raum gestürmt bin. Es war doch nur eine Frage der Zeit. Trotzdem fühle ich mich jetzt so verzweifelt. Denn ich glaube, dass er mich nicht gehen lassen wird, wenn er das nicht will.

»Ooh, Wut. Ein beschwingendes Gefühl, findest du nicht?« Seine Stimme strahlt wieder dieselbe Lässigkeit aus wie zuvor.

»Lass mich in Ruhe!« Er hat recht, Wut ist ein beschwingendes Gefühl. Und es fühlt sich verdammt gut an meinem Zorn Luft zu machen, indem ich mich auf ihn stürze. Er ist so verblüfft, als ich ihn auf den Boden werfe, dass er sich nicht wehrt. Ich hole aus und ziele mit der Faust auf sein Gesicht. Doch bevor sie auf Haut und Knochen trifft, schafft Blake es, sich mir zu entziehen und meine Faust macht unangenehme Bekanntschaft mit dem Beton. Kleine Steinchen und Dreck bohren sich in meine Haut. Ich atme scharf ein, während ich meine Hand ausschüttele. Es dauert allerdings nur wenige Sekunden, bis die Rötung zurückgeht und der Schmerz nachlässt, bis er vollständig abklingt.

Ich sehe meine Hand verwundert an, gleichzeitig beginnt Blake hinter mir zu sprechen und ich wende mich um: »Ich wollte dich bloß warnen, aber dann eben nicht. Du wirst es in Kürze ohnehin selbst herausfinden.« Mit diesen kryptischen Worten verschwindet er wieder in dem wohl größten Anwesen der ganzen Stadt.

...

Wieder bin ich hier. Und wieder könnte ich auf dem Boden zusammenbrechen. Ich war nur kurz Zuhause, habe meinen Eltern einen Zettel geschrieben, mir das Blut vom Mund gewischt und meine Schultasche geschnappt.

Ich spüre, wie mein Magen sich verknotet und presse die Lippen aufeinander. Ich frage mich, warum mein Puls nicht rast, wie sonst immer, aber ich fühle da gar nichts mehr. Mein Herz schlägt nicht. Trotz dessen kommt mir die letzte Nacht wie ein Traum vor. Wie ein Albtraum. Allerdings weiß ich, dass das nicht stimmt.

Ich atme einmal tief durch, dann trete ich durch die großen Flügeltüren in das Schulgebäude ein. Ich schließe die Tür hinter mir und sperre damit die ersten paar Sonnenstrahlen des Morgens aus. Ich bin spät dran, was es nicht besser macht, auch wenn wenigstens die Flure leer sind. Mein Atem geht flach, aber ich schaffe das. Ich muss.

Als ich den Unterrichtsraum betrete, merke ich, wie mir der Schweiß ausbricht, als alle Köpfe sich zu mir umwenden. Miss Frioll sagt nichts zu meinem verspäteten Aufkreuzen und wendet sich wieder der Tafel zu. Ich kann mich nur mit dem Gedanken beruhigen, dass sie weder die Flügel noch sonst irgendetwas bemerken können. Es ist dasselbe Starren, dass meine Mitschüler auch sonst an den Tag legen.

Sign Of The Crescent Moon | Those Void Words Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt