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~Fianna~

Fünf Jahre zuvor...

Ich bin traurig. Soraya redet seit Tagen nicht mit mir. Dabei habe ich überhaupt nichts getan, was sie hätte verärgern können. Oder doch? Aber wenn, wieso redet sie nicht mit mir darüber? Sie ist meine beste Freundin, warum sollte sie so lange Funkstille zwischen uns wahren? Ich muss sie fragen. Ich muss sie fragen, was los ist.

Die Pausenglocke klingelt. Mein Herz rattert in meiner Brust. Warum auch immer bin ich nervös. Aber dafür gibt es keinen Grund. Also ignoriere ich es.

Soraya steht zusammen mit einem blonden Jungen auf der Wiese. Seine Augen sind so grün wie Malachit - und machen mir Angst. Sein Lächeln wirkt so... erzwungen. Als wollte er gar nicht Lächeln. Das verstehe ich nicht. Wieso lächelt er, wenn er es doch so offensichtlich nicht will? Nun gut, es geht mich nichts an, somit gehe ich weiter auf Soraya zu. Sie unterhält sich mit ihm. Scheint jedoch, im Gegensatz zu ihm, tatsächlich amüsiert.

»Hey, Soraya. Können wir kurz reden?«
Sie sieht mich nicht an. Sie ignoriert mich buchstäblich.

»Soraya?« Ich lege ihr meine Hand auf die Schulter. Vielleicht hat sie mich nicht gehört.

»Was?«, fragt sie, dreht sich allerdings sofort wieder zu dem Jungen um.

»Wieso redest du seit Tagen nicht mit mir?« Es ist mir jetzt egal, dass wir nicht alleine sind. Ich will eine Antwort, denn das ganze macht einfach keinen Sinn.

»Die kleine hat ihre Phasen, sorry.«, sagt sie mit einem Lächeln zu dem Jungen.

»Kleine? Dein Ernst? Was soll das?« Ich gehörte zwar nie zu den größten, aber Soraya überragt mich selbst kaum um einen Zentimeter.

Sie beugt sich leicht zu mir vor und flüstert mit drohendem Ton: »Wag es ja nicht noch einmal, mich vor Tristan anzusprechen. Sonst war es das mit dem Frieden.«

Ich bin verwirrt. Aber ich bin auch empört und wütend. Und da die Wut überwiegt, akzeptiere ich nicht, dass sie mir gerade anscheinend wegen eines blöden Jungen die Freundschaft gekündigt hat.

»Was redest du da?«, sage ich laut und zornig. »Ich kann nicht fassen, dass du mich wegen dem da behandelst, als würdest du mich nicht kennen. Nein, als würdest du mich hassen

Soraya scheint vor Wut zu explodieren und Tristan sieht mich mit finsterem Blick an.

»Das wirst du noch bereuen.«, sagt sie.

»Ach ja?«, erwidere ich herausfordernd.

»Du bist ein Nichts! Dich wird niemand je wollen und das wirst du auch sehr bald begreifen.«

Ich weiß, dass das so nicht sein dürfte, aber ihre Worte treffen mich mehr, als ich je jemandem gestehen werde. Es ist dumm und peinlich, ja, aber ich kann nicht anders, als die Beine in die Hand zu nehmen und davon zu rennen. Es schmerzt so. Wieso tut sie mir das an? Was habe ich falsch gemacht? Ich laufe hinter die Schule und verstecke mich zwischen den Müllcontainern und hinter den großen Mauern. Ich spüre die Tränen, die mir über die Wangen laufen und beobachte, wie sie auf den Beton unter mir treffen. Was habe ich bloß getan? Mir fällt nichts ein. Es tut einfach nur weh, als würde mein Herz sich immer weiter zusammenziehen.

Ich weiß nicht, wie lange ich dort sitze und weine. Aber ich kann sehen, wie langsam Mittag wird, als die Sonne immer höher an den Himmel steigt und schließlich wieder sinkt.

Plötzlich höre ich ein Flüstern. Ich drehe mich vorsichtig herum und sehe... Tristan. Er lacht. Und er lacht immer lauter, als er mich tränenüberströmt und verängstigt sieht. Neben ihm steht Soraya... und sie lacht auch. Es tut so weh. So unfassbar weh. Aber dann setzt mein Überlebensinstinkt ein, als ich das Messer in Tristans Hand sehe. Würde er wirklich...?

Sign Of The Crescent Moon | Those Void Words Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt