Kapitel 21

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Am nächsten Tag im Labor

„Was ist los, Calleigh?“

„Was sollte denn sein, Eric?“ fragte Calleigh, die gerade etwas auf einen Block schrieb.

„Ich habe dich schon dreimal gefragt, ob du heute mit mir etwas zu Mittag essen gehen willst, aber ich kriege einfach keine Antwort.“ Eric lächelte sie nett an.

„Tut mir leid“, seufzte Calleigh. „Ich habe heute Nacht wenig geschlafen und schaffe es kaum, mich auf die Arbeit zu konzentrieren.“ Dass ihr noch etwas Anderes im Kopf herumging, sagte sie nicht.

„Ja, ich habe es von Frank gehört. Eine schlimme Sache, die deiner Schwester da widerfahren ist. Wenn du jemanden zum Reden brauchst, bin ich für dich da, Cal. Was war denn da los?“

„Eric, kann ich dich mal was fragen?“ wich die blonde CSIlerin ihm aus.

„Klar, immer doch.“ Eric sah sie neugierig an. Calleigh und er waren ein Paar gewesen und trotz der Trennung vor gut einem Jahr immer noch Kollegen und gute Freunde. Sie wusste, dass sie mit allem zu ihm kommen konnte.

„Was würdest du tun, wenn du Informationen in einem Fall hättest, die du eigentlich nicht haben dürftest?“

„Du meinst, ob ich diese Informationen dann für mich verwenden würde, um den Fall zu lösen oder voran zu bringen?“

Calleigh nickte.

„Kommt ganz darauf an. Was genau sind es denn für Informationen?“ fragte Eric.

„Informationen über einen Täter.“

„Du meinst, du wüsstest, wer die Tat begangen haben könnte?“

Calleigh nickte erneut.

„Dann bräuchte ich nicht lange zu überlegen. Ich würde die Informationen weitergeben. Zurückhalten würde ich sie auf keinen Fall. Du würdest dich damit strafbar machen.“ Eric lachte auf. „Du kennst doch die Vorschriften.“

Calleigh legte ihren Kugelschreiber auf den Tisch. „Und wenn es um einen Verwandten von dir ginge?“

Langsam begriff Eric. „Es hat etwas mit heute Nacht zu tun, oder? Es geht um deine Schwester. Calleigh, raus mit der Sprache.“ Nun klang Eric schon ernster.

„Trish weiß, wer versucht hat, sie zu vergewaltigen.“

„Und sie sagt es nicht? Ist es das, was dir zu schaffen macht?“

Calleigh schüttelte den Kopf. „Sie hat es mir gesagt, aber sie will nicht, dass Horatio davon erfährt.“

„Warte mal. Dass ich dich jetzt richtig verstehe.“ Eric stützte sich mit beiden Händen auf die Tischplatte. „Trish hat dir gesagt, wer es ist, und du sollst es nicht Horatio sagen?“

„Ja, Zwickmühle, oder?“ Calleigh war noch unsicherer als vorher.

„Calleigh, du weißt, was das bedeutet, oder? Wenn herauskommt, dass du davon gewusst hast und wissentlich diese Information vor Horatio geheim gehalten hast, kann dich das deinen Job kosten. Calleigh, ich muss dir doch die Vorschriften nicht in Erinnerung rufen, oder? Du kennst sie von uns allen hier am besten.“

„Eric, ich weiß, aber …“ Wie konnte sie es ihm begreiflich machen, ohne ihm die ganze Wahrheit zu verraten?“

„Calleigh, ich weiß, du hast Trish sehr gerne, aber was man ihr gestern antun wollte, darf nicht ungesühnt bleiben. Dieses Schwein muss dafür bestraft werden. Oder willst du, dass er es anderen Frauen auch antut?“

„Eric, es geht um weit mehr als das. Wie erkläre ich dir das bloß?“ Sie kratzte sich an der Augenbraue. „Ich möchte dich da ungern mit reinziehen, Eric.“

„Ich stecke schon viel zu tief drin, als dass du jetzt einen Rückzieher machen könntest, Cal. Also raus mit der Sprache“, forderte Eric sie auf.

„Trish sagte, es wäre dieser Clavo Cruz gewesen. Er hätte ihr das nur antun wollen, um Horatio in Rage zu bringen, damit er etwas Unüberlegtes tut und dadurch seinen Job verliert.“ Endlich war es raus.

Eric überlegte eine Weile. „Und Trish denkt, wenn Horatio nichts davon erfährt, sitzt sie am längeren Hebel, Cruz bekommt nicht das, was er will und alles ist gut?“

„Ja, sie will Horatio auf keinen Fall in Schwierigkeiten bringen und dass er seinen Job verliert, wenn er Hals über Kopf zu Cruz fährt. Du kennst seinen Vater. Seine Anwälte boxen ihn da in Null Komma Nichts raus. Clavo will Horatio hängen sehen.“

„Ja, er ist ihm schon länger ein Dorn im Auge“ murmelte Eric. „Und was wirst du jetzt tun, Calleigh?“

„Ich habe es Trish versprechen müssen, nichts zu sagen. Aber ich will Horatio nicht anlügen oder sein Vertrauen missbrauchen. Ebenso kann ich Trish verstehen, dass sie Horatio nicht in Gefahr bringen möchte, aber sie weiß nicht, in welcher Gefahr sie selbst schwebt. Wie soll Horatio sie vor Clavo beschützen, wenn er nichts davon weiß?“

„Wirklich verfahren“, bemerkte Eric. „Ich wünschte, ich hätte eine Lösung für dich, Cal. Und wenn du noch mal mit deiner Schwester redest?“

„Ich weiß nicht, ob das was bringt, aber ich kann es gerne noch mal versuchen.“

Dass Calleigh nicht mehr mit ihrer Schwester sprechen musste, wusste sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Etwas später im Labor..

Eric hatte etwas Bammel, als Horatio ihn in sein Büro zitieren ließ. Wusste er etwa von dem Gespräch mit Calleigh? Ahnte er etwas und versuchte er nun, etwas über ihn herauszukriegen?

Als er Ryan und einen Unbekannten in Horatios Büro sitzen sah, verflogen seine Zweifel langsam.

„Eric, darf ich dir jemanden vorstellen? Es ist ein alter Kollege von mir und wird unser Team ab sofort unterstützen.“

Eric sah den Neuen, der neben Horatio stand, freundlich an und reichte ihm unter Horatios Blick die Hand. „Ich bin Eric Delektorsky. Aber alle nennen mich nur Delko.“

Jesse lächelte. „Schon klar, ist auch viel einfacher. Ich bin Jesse. Jesse Cardoza.“

„Was wird denn dein Aufgabengebiet bei uns sein? Du ist doch in Ordnung, oder?“

Jesse vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Hauptsächlich das DNA-Labor. Aber ich freue mich schon auf jeden Außeneinsatz. Und ja, Du ist okay. Ich habe schon gehört, dass ihr euch hier alle duzt.“ Als er das sagte, schaute er Ryan an.

„Na dann. Alles Gute bei uns. Ich muss weiter zu Alexx in die Pathologie.“

„Ja, man sieht sich.“ Jesse sah dem braungebrannten Mann mit dem Dreitagebart und den kurz geschorenen Haaren nach.

„Ryan, was hälst du davon, wenn wir Jesse jetzt das Labor zeigen?“

Ryan grinste nur. Er freute sich, dass Horatio so schnell Ersatz für Valera gefunden hatte. Dabei hatte sein Boss jetzt ganz andere Probleme. Die Nachricht, dass man Calleighs Schwester überfallen hatte, war wie ein Lauffeuer im Labor herumgegangen. Die wildesten Gerüchte kursierten, aber nur Calleigh und Horatio wussten, was wirklich passiert war, redeten aber nicht darüber.

Csi Miami (Neuanfang)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt